Steckbrief: Sturdy Cycles Fiadh
Einsatzbereich | Tour, Rennen |
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Rahmenmaterial | Titan |
Gabel | Titan |
Gewicht (o. Pedale) | 8,3 kg |
Stack | 563 mm |
Website | www.sturdycycles.co.uk |
Preisspanne | ab 9.300 Euro (umgerechnet) |
Es klingt so banal: „Das Fiadh ist die Antwort von Sturdy Cycles auf das zuverlässige alltägliche Rennrad. Wir haben eine anpassbare Geometrie, die es uns ermöglicht, die Fahrqualität und das Handling auf Ihre individuellen Vorlieben abzustimmen“, heißt es auf der Sturdy Seite über das Bike, das wir hier testen wollen. Stände da nicht „ab 8.000 Pfund“ darüber, man könnte meinen, es ginge um ein einfaches Endurance-Rennrad mit Alltagsqualitäten und Custom-Geometrie. Aber am Sturdy Fiadh ist rein gar nichts alltäglich. Sondern alles ist besonders. Vom Rahmen, der laut Sturdy zwischen 1,2 kg und 1,4 kg wiegt, je nach Auslegung, über das integrierte Aero-Cockpit bis hin zur Kurbel und zu den Schaltröllchen ist alles aus Titan gedruckt, gezogen oder gefräst, poliert, mattiert oder anodisiert. Allein die Titan-Kurbel kostet 1.200 €. Das heißt nicht, dass das Fiadh im Rennrad-Alltag nicht brillieren könnte. Und das liegt auch an der Kombination aus geringem Gewicht – 8,25 kg wog unser Testbike – und einem Rennrad ganz aus beständigem Material, dessen Oberfläche auch tägliches Pendeln im tiefsten Winter wie neu überstehen dürfte.
Details
Wer mehr über Tom Sturdy erfahren möchte, wird in unseren Beiträgen zu den Craft Bike Days fündig. In der Riege der Vorstellungen der feinen Brands hätte auch das Fiadh in 2023 einen Platz gehabt. Aber Zoll und Logistik machte einen Strich durch die Rechnung.
Und so kam das Sturdy Fiadh zum Test in die Redaktion in der gleichen Verpackung, wie es auch die Kunden und Kundinnen der Marke erhalten – in der besten kompakten Radverpackung, die wir je öffneten. Das allein schon, weil der Lenker darin in der finalen Montageposition Platz findet. Aber auch die perfekte Fixierung des Bikes in einem Holzrahmen und das Öffnen wie bei einer Servierglocke machen die Sturdy-Box erhaben über andere Lösungen. Soviel nur nebenbei.
Zu erwarten war, dass der mit Titankomponenten vollgepackte 3D-Druck Titanrahmen auch ein Augenschmaus ist. Überraschend war aber doch, wie sehr die vielen kleinen Details, die Oberflächen, die Übergänge an den beweglichen Teilen für den Seh- und Tastsinn einen Unterschied zu exklusiven Serienrahmen dieser Preisklasse machen. Die filigranen Schaltröllchen, die Verästelungen des Mono-Kettenblatts, der Übergang vom Steuerrohr (IS42 oben) zum Titan-Cockpit, die viel kürzere Kurbel am Testrad – alles reizt zum genauer Hinsehen.
Übrigens sind alle Titan-Bauteile im Preis für das Rahmenset enthalten: Die Titan-Kurbel in der gewünschten Länge, das Titan-Innenlager, das Titan-Cockpit, die Sattelstütze und die Schrauben und Steckachsen, ja, auch die – in unserem Fall blauen – Anodisierungen.
Die Farbschriftzüge entstehen übrigens auf dem Titan durch das Anlegen einer elektrischen Spannung und sind ebenso haltbar wie das Metall selbst. Aufpreis kosten die Bremshebel aus Titan an den SRAM Force AXS-Shiftern. Und auch die Gewinde für die Schutzblechmontage an Gabel und Ausfallenden sind eine Option. Seit neuem bietet Sturdy auch Cerakote Beschichtungen an.
Am Fiadh sind auch die technischen Details einen zweiten Blick wert: So ist das Tretlager universell als T47-Bauart mit BSA-Gewinde ausgeführt, das Innenleben ist zugleich schlanker, um Platz für die interne Verlegung der Leitungen zu lassen. Die Innenlager-Schalen werden mit eigenem Werkzeug verschraubt, das eine große Kontaktfläche bietet und auch für die Disc-Rotor-Lockringe zum Einsatz kommt.
Sehr diskret ist die Sattelstütz-Klemmung versteckt. Trotz kleiner Schraube verrichtet sie ihre Aufgabe zuverlässig mit angebrachtem Drehmoment – es ist dabei ein beruhigendes Gefühl, dass Titan Nutzerfehler eher verzeiht als Carbon. Ein Highlight ist auch die Titan-Gabel, eine der wenigen Rennrad-Titangabeln auf dem Markt. Gabelscheiden und Krone sind aus drei Titan 3D-Druck-Teilen zusammengefügt. Der Gabelschaft aus Carbon wird eingeklebt.
Die Durchläufe an Gabel und Rahmen sind großzügig. Die Reifenfreiheit des Sturdy Fiadh liegt deshalb bei 35 mm in 700c.
Ausstattung: was vom Titan übrig blieb
Bei all der Titan-Opulenz bleibt nicht mehr viel, was über die restliche Ausstattung zu sagen wäre. Für die Gangwechsel und die Bremsvorgänge an unserem Testrad ist eine SRAM Force AXS Schaltgruppe zuständig. Statt der individuell kurzen Sturdy Kurbel, die dem Testbike-Besitzer aus dem Sturdy Team gehört, montierten wir später eine Sturdy Kurbel mit SRAM Kettenblättern in der Abstufung 48-35. Das passt in Kombination mit der 10-36 Kassette gut zur Vielseitigkeit des Fiadh.
Gleiches gilt für die DT Swiss ERC 1400 Laufräder in der 45 mm hohen Aero-Version. Mit ihrer Maulweite von 22 mm und 28 mm Außenweite bieten sie Allround-Charakter mit kleinem Tempo-Bonus – und am Testrad sind sie mit 28 mm breiten Continental GP 5000 Reifen aerodynamisch passend komplettiert. Mit ihrem Gewicht von knapp über 1.600 g tragen sie dabei auch dazu bei, dass unser Testbike nicht die 8-Kilo-Grenze knackt, was mit dem Rahmenset durchaus möglich ist.
Aber natürlich ist jede andere Laufrad- und Schaltungsoption an einem Custombike wie diesem denkbar. Über Sattel und Lenkerband müssen an einem derart individuell zusammengestellten Bike keine weiteren Worte verloren werden.
Geometrie: Experimente – schon abgeschlossen
Es macht wenig Sinn, lang über eine Geometrie zu schwadronieren, bei einem Rennrad, das je nach Geschmack mit verschiedenen Geometrien nach Kundenwunsch gebaut werden kann. Und es macht gerade einen Teil des Charmes von 3D-Druck bei der Rennrad-Rahmenproduktion aus, dass formschöne Anschlüsse für die verschiedensten Winkel ohne (zu) aufwendige Handarbeit umzusetzen sind.
Erwähnenswert sind aber 2 Dinge: Erstens, dass das Experimentieren mit Geometrien für den eigenen Bedarf ein Teil des beruflichen Werdegangs von Tom Sturdy zum Rahmenbauer ist. Und zweitens, dass Sturdy die Option eines Bike-Fittings am Firmensitz in Frome in Somerset den Kundinnen und Kunden ans Herz legt, die noch nicht wissen, wie sich ihre fahrerische Vorlieben und Körpermaße passend in Rahmenwinkel- und längen umwandeln lassen.
Wenn schon Custom, dann richtig, gilt auch für das Titan Cockpit. Drop, Vorbaulänge und Breite sind unabhängig voneinander wählbar. An unserem Sturdy Fiadh Testrad maß es zum Beispiel 400 mm an den Hoods bei 100 mm Vorbaulänge. Damit nicht genug: Sogar, wie der flache Cockpit-Teil am Oberlenker zum Fahrer angewinkelt ist, kann Sturdy individuell bestimmen.
Damit noch ein kurzer Blick auf die Geometrie unseres Testrades, das für einen ganz bestimmten Menschen für ganz bestimmte Fahrvorlieben gemacht ist: Mit 72,2° hat es einen leicht abgeflachten Lenkwinkel gegenüber einer klassischen Rennrad-Geometrie. Das Tretlager ist stark abgesenkt. Weil der Besitzer extra kurze Kurbeln fährt, konnte diese Maßnahme für einen tiefen Schwerpunkt ohne Nachteile ergriffen werden. Ein eher kurzer Reach für den 560er Stack und ein kurzer Vorbau spiegeln die Vorteile der Maßanfertigung für den Körper des Fahrers wieder.
Auf dem Kurs
Ein Aha-Effekt stellt sich schon ein, noch bevor ich eine Sekunde im Sattel des Sturdy Fiadh Testrades verbracht habe. Wenn man das Rad schiebt, dreht sich die Kurbel mit. Die Lagerung und das Gewicht der Kurbel erzeugen also einen geringeren Widerstand als der DT Swiss Ratchet EP-Freilauf. Etwas, das ich noch an keinem Testrad erlebt habe.
Traurig, dass wir es im Regen und im Winter testen mussten, andererseits ein grauer Nebeltag im Dezember passt hervorragend zum Rad. Alles ist leise wie in Watte gepackt und so leise läuft auch das Sturdy. Das edle Metall hält die Resonanzen im Zaum und die Verarbeitung ist selbstverständlich über jeden Zweifel erhaben. Selbstverständlich, dass es nirgendwo auch nur ansatzweise rappelt. Und selbst das Bollern der mittelhohen DT Swiss Aero-Laufräder im Wiegetritt klingt etwas dezenter, als ich es gewohnt bin
In Fahrt fühlt sich das Sturdy Fiadh Testrad schon wegen der Geräuscharmut an wie die dynamische und agile Version eines alten Stahlrenners. Alles wirkt geerdet, aber es geht dennoch schnell und quicklebendig nach vorne.
Als solide lässt sich auch der Komfort kennzeichnen. Wer aufgrund zahlreicher Markenversprechen von Titan eine Art auf Wolken gebettetes Fahrverhalten erwartet, wird aber enttäuscht sein. Auch Sturdy kann keine Wunder vollbringen. Die reine Dämpfung am Sattel ist den besten Carbonrahmen (und Sützen) gefühlt unterlegen. Macht nichts, denn der Gesamteindruck zählt. Und da wirk das Sturdy Fiadh ausgewogen und es scheint gerade die vielen kleinen Asphaltvibrationen besser zu filtrieren. Gut gedämpft und trotzdem unglaublich steif.
Stichwort Steifigkeit. Wenn ein Rennrad eine steife Front hat, dann dieses. Nach den Testfahrten mit dem Sturdy Fiadh muss ich meine innere Messlatte über die Lenk- und Wiegetritt-Steifigkeite von Rennrädern neu eichen. So direkt wirkte erinnert bisher kein Rad. Klar, dass auch die Lenkpräzision messerscharf ist, obwohl das Fiadh mit dieser Custom-Geometrie kein ausgesprochener Kurvenjäger ist, dafür bräuchte es etwas mehr Gewicht auf dem Vorderrad.
Das Custom Cockpit liegt sehr gut in der Hand und die Titanfläche fühlt sich an kühlen Tagen auch nicht zu kalt an. Ich hätte für meine Sitzposition einen anderen Winkel des flachen Teils im Oberlenker gewählt, aber diese Wahl ist ja sozusagen im Kaufpreis enthalten. Wie eigentlich jede individuelle Anpassung in formschöner Ausführung bei diesem Rennrad inbegriffen ist – und das relativiert den erheblichen Kaufpreis gerade im Vergleich zu anderen Highend-Rennrädern deutlich. Und weil das Sturdy so zeitlos aussieht, kann man sich auch viel leichter vorstellen, mit diesem Titan-Rennrad alt zu werden.
Fazit
Ein Rennrad wie das Sturdy Fiadh kann man eigentlich nicht testen, schon weil es immer nur genau auf die Anforderungen einer Person hin gebaut wird, wie auch unser Testrad, das nicht für uns gebaut war. Aber verlieben kann man sich. In die Formen, die Umsetzung einer Idee, die Leichtigkeit, mit der sich ein Rennrad aus Metall bewegen lassen kann. Das Sturdy Fiadh ist ein Rennrad, das man stundenlang am Wandhalter betrachten kann, aber auch tausende Stunden lang über Asphalt und Gravelwege bewegen kann. Und so lautet das Fazit des Tests: untestbar, aber einen Kauf wert, wenn man ein vielseitiges Performance-Rennrad fürs Leben mit außerordentlicher Liebe zum Detail und auf dem Stand der Technik im Titanrahmenbau sucht.
Pro / Contra
Stärken
- Custom Optionen bis zur letzten Länge und Winkel
- Hoher Anteil an Titan
- Gewicht
- Verarbeitung
- Langlebigkeit
Schwächen
Was sagt ihr zum Sturdy Fiadh Titan Dreambike?
62 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumAuf dem unteren Bild hat man dann die grobporige Oberfläche, muss man mögen, besonders, wenn die Rahmenrohre eine glatte Oberfläche haben.
Über die Stabilität kann ich mir aus fachlicher Hinsicht kein Urteil erlauben, aber optisch würde ich es tendenziell schon so haben wollen.
Das obere Bild ist auch nicht der 3D Druck. Das Finish ist in diesem Fall so, kann man aber frei wählen, brushed oder whatever. Ja klar ist das geschliffen. Ich wollte damit auch nur zum Ausdruck bringen, dass 3D Druck und „Verarbeitung“ besser geht als diese wulstigen Schweißnähte. Warum sollte das nicht stabil sein? Die Rohre werden rüber geschoben und verschweißt. Da hat die Naht 3 Kontaktpunkte. Was soll da ein Problem sein plan zu schleifen? Die üblichen Schweißnähte sind teilweise viel filigraner und haben nur 2 Kontaktpunkte. Der Rahmenbauer dieses 3D Drucks wird sich dabei schon etwas gedacht haben. Auch was die Sicherheit angeht. Im Grunde ging es mir auch nur um die Hässlichkeit der Verarbeitung, das es eben viel besser geht. Bei klassischen Rahmen ist für mich, was die Schweißnähte angeht, das Nonplusultra Binghambuild. Wer Instagram hat kann sich da gerne beeindrucken lassen.
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Wer schon immer mal ein Sturdy live sehen und anfassen wollte, hat dazu dieses Wochenende auf der Bespoked in Dresden die Gelegenheit. Wir zeigen u.a. ein Sturdy Cilla als Komplettrad bei uns auf Stand #3
Gruss, Felix
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