Rennrad-News

Bergamont Grandurance RD 5.0 im Test
Die rollende Wundertüte

Das Bergamont Grandurance RD 5.0 ist das Einstiegsmodell der Commuter-Renner der Hamburger. Für 999 Euro bringt es Gepäckträger, Licht, Schutzbleche und eine Optik mit Kiez-Touch mit. Was sich im Alltag und beim Sport aus ihm herausholen lässt? Das haben wir getestet.

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Steckbrief: Bergamont Grandurance RD 5.0

EinsatzbereichTour, Commute, Reise
RahmenmaterialAluminium
GabelAluminium
Gewicht (o. Pedale)13,0 kg
Stack581 mm
Websitebergamont.com
Preis: 999 Euro

Wer regelmäßig mit dem Rad zur Arbeit fährt und auf Rennlenker fixiert ist, hat die Wahl: teures Material verschleißen für das gute Gefühl, immer so schnell wie möglich unterwegs zu sein? Oder das einfachere Zweitrad nehmen, sich eben etwas langsamer vorkommen und dafür auch mal das Rad mit ruhigem Gewissen vor dem Supermarkt stehen lassen? Und möglicherweise auch mit trockenen Kleidern ankommen, weil Schutzbleche Spritzwasser fangen? Vielleicht sogar den Rücken vom Rucksack mit den Wechselklamotten befreien und sogar im Winter nicht ständig ans Batterielicht (laden!) denken?
# Bergamont Grandurance RD 5.0 - Den Preis von 999 Euro sieht man dem Commuter-Racer nicht an, die Herkunft aus Hamburg St. Pauli mit etwas Fantasie schon

All das können zum Beispiel aufgerüstete Cyclocrossräder oder alte Stahlrenner leisten. Aber: Allein der Anbau von Nabendynamo-Licht, Gepäckträger und Schutzblechen im „Mach-Dein-Ding“-Stil wird grob überschlagen und ehrlich gerechnet um die 200 Euro Materialkosten fordern.

Tipp: Falls dich die Variante ohne Schutzbleche als reines Gravel-Bike interessiert: Test Bergamont Grandurance 6 Gravel Bike

Ausstattung

Genau 999 Euro ruft Bergamont für das Grandurance RD 5.0 auf. Es hat dafür alles, was ein Commuter-Rennrad braucht und besitzt einen zeitgemäßen Alu-Rahmen mit Design-Anspruch. Auf seinem Rahmen- und Gabelset beruhen auch die höherwertigen, sportlichen Modelle des Bergamont Grandurance, die allerdings mit Steckachsen ausgestattet sind. An den vollausgestatteten RD-Modellen drehen sich die Räder um Schnellspannachsen. Alle nötigen Befestigungsösen für Träger und Schutzbleche sind integriert – alternativ zum Urban-Gepäckträger mit 15 kg Maximal-Zuladung lässt sich auch ein Modell mit 2 Streben an den Sitzstreben festschrauben. Sogar für einen Seitenständer am Hinterbau sind Befestigungspunkte vorhanden. Das fein verarbeitete Rahmenset trägt dazu bei, dass das Gewicht mit 12,95 kg trotz einfachster Ausstattung noch akzeptabel bleibt. Gespart hat Bergamont auch nicht bei der Entwicklung des Rahmens. Alle Ösen sind so eingebaut und platziert, dass die Anbauteile sich nicht gegenseitig im Weg stehen und ohne Adapter auskommen. Für Radreisende: Lowrider-Ösen an der Gabel gibt es nicht.

# b+m Onefive LED-Scheinwerfer mit 50 Lux - Mehr als hell genug für die Stadt und für dunkle Straßen bis Tempo 30 auch noch gut zu nutzen
# Kiez-Design... - ...aber keine Ghetto-Scheibenbremse. Die mechanische Disc von Shimano stoppt gut
RahmenAluminium, konifiziert, für 135 mm Schnellspanner
GabelAluminium, tapered, A-Head, Schutzblech-Ösen
Gewicht12,95 kg (gewogen ohne Pedale), 55 cm
Entfaltung2,17 - 9,88 m pro Kurbelumdrehung
Zulässiges Gesamtgewicht (Rad & Fahrer)115 kg
SchalthebelShimano Claris 2x8 STI
Umwerfer / SchaltwerkShimano Claris / Shimano Claris (langer Käfig)
Kurbel / ZähneShimano Claris, 170 mm / 34-50 T
Ritzel / ZähneShimano CS HG 31-8/ 11-34 T
InnenlagerBSA / Hollowtech
KetteKMC X8
Bremsen Shimano BR-R317 mech. Scheibenbremse, v./h.: 160 mm
LaufradsatzShimano Nabendynamo DH-T4050 + Shimano TX 505, bgm Hochprofilfelgen 32 Speichen
Reifen / GrößeSchwalbe G-One Allround, Faltreifen, 35-622, Reflex
Lenkerbgm Alu, oben 400 / unten 400 mm breit
Vorbaubgm, 100 mm
SattelSelle Italia X-Base
Sattelstützebgm, Alu, Jochklemmung
BesonderheitenAlu-Schutzbleche, b+m Onefive IQ2 Scheinwerfer, Standlicht, Hermans H-Trace Mini Rücklicht, bgm Gepäckträger (max. 15 kg), griffiges Lenkerband, Ausfallende für Ständermontage vorbereitet

Die Lichtanlage wartet mit dezent kleinen, aber für den Stadtbetrieb locker ausreichend lichtstarken LED-Leuchten von b+m und Herrmans (hinten) auf. Der Nabendynamo gehört zu den günstigen Shimano-Trekkingmodellen, was seinen Leerlauf-Betrieb etwas kraftraubender macht als bei den Top-Modellen der Japaner oder deutscher Hersteller. Sehr wertig und solide montiert wirken die Alu-Schutzbleche. Sie haben einen Vorteil gegenüber den an stylischen Stadträdern ebenfalls beliebten Alu-Radschützern von Curana: Sie sind an der Seite heruntergezogen und schützen so besser vor Spritzwasser. Ein Highlight in dieser Preisklasse sind die Schwalbe G-One Allround Faltreifen, in denen außerdem noch Leichtschläuche stecken.

# Shimano Claris 8-fach STI - 3 Gänge weniger als der Mittelklassestandard, aber ergonomisch und in Sachen geringe Bedienkräfte auf Augenhöhe
# Recht geschmeidige Blattwechsel - Claris-Kurbel und Umwerfer harmonieren gut
# Hohe Felgen und breite Reifen - Die Kombi bringt Komfort und Fahrstabilität, bietet aber auch dem Wind eine gute Angriffsfläche
# Weit über dem Standard der Preisklasse - Gute Schutzbleche, soilde und klapperfrei angebracht
# Der für Bergamont gemachte Tubus-Träger schafft 15 kg Zuladung

Der Kompromiss, den man für den Preis eingehen muss, ist eher die Shimano Claris 2×8-Gruppe. Die in Deutschland bisher weitgehend unbekannten Teile sind international der Standard im Rennrad-Einstiegsbereich. Wie man mit dem Kompromiss leben kann, sollte der Test klären.

Geometrie: gemäßigt sportlich

Im Sattel sitzend fühlt sich das Bergamont Grandurance sofort an wie: ein Rennrad. Die Sitzposition fällt keineswegs betont gemütlich für die Stadt oder für Bummeltouren aus. Der Griff an den in der Mitte bequem abgeflachten Oberlenker führt die Hände recht weit unter die Sattelhöhe. Dabei bietet das griffige Gummi-Lenkerband übrigens auch bei Nässe und ohne Handschuhe einen guten Halt. Der Bergamont Lenker besitzt einen gehörigen Drop von 151 mm, macht also den Griff zum Unterlenker zur Sprintsache.

# Im Sattel wirkt das Bergamont Grandurance RD 5.0 nicht wie ein Commuter

Den Geometrie-Eindruck bestätigt der STR-Wert von 1,50 in Testradgröße 55. Er steht für eine gemäßigt-sportliche Auslegung der Sitzposition. Auf den kleineren Rahmen sitzt man tendenziell sportlicher, auf den größeren aufrechter. Bei den Kurbeln orientiert sich Bergamont eher am MTB- und Trekking-Standard. Am Testrad war die Claris-Kompaktkurbel mit 175 mm Länge angebracht. Der Radstand wiederum richtet sich eher nach Rennradmaßstäben und ist Richtung Wendigkeit getrimmt. Die 1.026 mm am Testrad sind mehr Cyclocross als Reiserad. Insgesamt hinterließ die Geometrie einen harmonischen Eindruck und eine zum Einsatzbereich passende Auslegung: Eckenfegen und Sprints von Ampel zu Ampel in der Stadt – oder auf dem Parkweg zum Spaß.

Rahmenhöhe cm4953555761
Sitzrohrlänge mm475510535555585
Oberrohr horizontal mm515530555570590
Steuerrohr mm115135160180200
Lenkwinkel Grad71,071,571,572,072,5
Sitzwinkel Grad74,574,073,573,573,5
Kettenstrebe mm425425425425425
Tretlagerabsenkung mm7070707070
Radstand mm9991005102610361051
Gabelvorbiegung mm5050505050
Stack mm537558581602623
Reach mm366370388392405
STR1,471,501,501,541,54

Auf dem Kurs

Zur eher sportlichen Geometrie passt der Fahreindruck mit dem Bergamont Grandurance RD 5.0, der auf der typischen Rennrad-News-Teststrecke sowie Testfahrten mit Gepäck im Alltag geformt wurde. Hervorstechendste Eigenschaft: Das Grandurance ist unglaublich fahrstabil. Es lässt sich durch rein gar nichts aus der Ruhe bringen. Das mag sowohl an dem steifen Alurahmen und der breitschultrigen Alugabel liegen als auch an den höherprofiligen Felgen mit vielen Speichen. Das Resultat erfährt man in jeder Kurve: anpeilen und durchziehen! Dabei sind die 40 mm dicken G-One Allround-Reifen (im Test auf der Straße mit 4 bar gefahren) in Kurven ein schönes Sicherheitsplus. Denn Rillen und Schlaglöcher bringen weniger Unruhe in die Lenkung und das Vorderrad neigt weniger zum Versetzen. Nur starker Seitenwind kann schonmal unerwartet heftig in die Lenkung greifen. Die Kombi aus höheren Felgen und dicken Reifen ist von der Angriffsfläche vergleichbar mit Aero-Laufrädern.

Die Allroundreifen mit Mini-Stollen rollen zwar etwas schlechter als schmale Rennpneus. Aber das nimmt man umso lieber in Kauf, je länger die Fahrt dauert. Denn der Komfort ist durch die Luftdämpfung höher als es selbst die besten Carbon-Dämpfungs-Konzepte bei schnellen Rennrädern erlauben. Sehr kommod ist auch der Sattel mit einer straffen, aber deutlich wahrnehmbaren Polsterung – an einem Rad dieser Preisklasse eine kleine Überraschung.

# Der Sprint auf dem Arbeitsweg liegt dem Bergamont Grandurance

Eine Rakete ist das Bergamont Grandurance RD 5.0 selbstverständlich nicht, auch wenn es mit den Hochprofilfelgen ein wenig so aussieht. Bergauf ziehen die beinahe 13 Kg Gewicht doch ordentlich an den Kräften. Gut, dass das hintere Ritzelpaket mit einem großen Rettungsring ausgestattet ist. Die Übersetzung reicht dadurch auch weniger trainierten Fahrern, um längere Berge mit leichtem Gepäck zu erklimmen. Allerdings ist der Sprung vom „Rettungsritzel“ zum nächstkleineren Zahnkranz hinten sehr groß. So pedaliert man am Berg im Zweifel lieber zu leicht und fährt etwas langsamer.

Die mechanischen Shimano-Scheibenbremsen stoppen erstaunlich gut. Obwohl der Belag nur von einer Seite an die Scheibe geführt wird, bremsen sie dabei nicht fühlbar schlechter als teurere mechanische Modelle. Die Verzögerung ist vergleichbar mit guten Felgenbremsen. Die Jagwire CGX SL Zugaußenhüllen verschaffen außerdem auch einen guten Druckpunkt – in dieser Hinsicht sind die Shimano-Disc-Bremsen jedoch sowohl den aktuellen Felgenbremsen der Mittelklassegruppen und ganz besonders den hydraulischen Scheibenbremsen am Rennrad unterlegen.

# Die Reifen erlauben auch Kiesweg-Passagen
# Tunnel? Einfach reinfahren – Licht ist immer dabei

Positiv fällt das Schaltverhalten der Claris-Gruppe auf. Die Gangwechsel verlaufen zwar etwas geräuschvoller, aber exakt und mit den gleichen geringen Handkräften wie bei etwas teureren Ensembles. Vor allem die Leichtigkeit, mit der die Kette vorne auf das große Blatt wandert, imponiert. Da kann manche teure Tuningkurbel nicht mithalten.

Trotz der kleinen Stollen sind die Fahrgeräusche gering. Nur auf Kieswegen erhöhen Steinchen, die sich unter dem Schutzblech aus Metall einfädeln, die Geräuschkulisse deutlich. Der Vorteil der sehr soliden Konstruktion: Klappern tritt nicht auf, auch bei Schlaglochdurchfahrten bleibt alles ruhig.

Haltbarkeit

Das Bergamont Grandurance RD 5.0 hat einige prinzipielle Pluspunkte in Sachen Haltbarkeit. Sie hängen – man staunt – auch mit dem Einstiegspreisbereich zusammen. So besitzt der Rahmen ein BSA-Gewindetretlager. Es gilt zwar nicht als High-Tech, neigt aber meist weniger zum Knacken und ist leicht zu tauschen. Zudem baut die 8-fach-Kette gegenüber 9-, 10-, und 11-fach-Strängen breiter, verspricht also längere Haltbarkeit bei gleichzeitig geringeren Ersatzteilkosten. Gleiches gilt für die simple 8-fach-Kassette. Es gibt sie ab 10 Euro in einer Vielzahl von Abstufungen, auch engeren als der montierten Variante. Und nicht zuletzt sind die Beläge der Shimano-Scheibenbremsen günstig nachzuordern.

Auf der geringen Testdistanz stellte sich bei keinem der genannten Teile Verschleiß ein. Überraschend pannenfrei hielten sich auch die eher dünn gummierten G-One Gravelreifen, die von Schwalbe selbst ein hohes Pannenschutznivau bescheinigt bekommen. Von der dünnen Gummischicht sind allerdings keine hohen Laufleistungen zu erwarten – hier liegt viel Tuningpotenzial in Richtung Dauerläufer oder Schnellläufer. Wenig Probleme sind auch von der Schaltung zu erwarten, die mit einer durchgehenden Schaltaußenhülle mehr Reserven für dauerhaft gute Funktion besitzt als manches viermal so teure Gruppenpaket mit schlechten Zugwegen. Das Lichtkabel ist sauber und recht sicher vor Schäden im Rahmen und unter dem Schutzblech verlegt. Und der Sattel besitzt sogar einen sinnvollen Kantenschutz.

# Guter Griff - Das Lenkerband bietet auch bei Nässe sicheren Halt
# Guter Kantenschutz - Selle Italia Sattel
# Schön gelöst - Gepäckträgerbefestigung über eine Strebe unter dem Schutzblech
# Wertige Verarbeitung - Sauberer Übergang von der breitschultrigen Alugabel zum Rahmen mit innenliegenden Kabeln und Zügen

Eines der seltenen, nicht nur oberflächlichen Schnäppchen im absoluten Einstiegsbereich! Das Bergamont Grandurance RD 5.0 bietet für 999 Euro alles, was ein Commuter-Rennrad braucht, sieht wertiger aus und ist vor allem im Detail richtig gut verarbeitet – für Vielfahrer sind außerdem die geringen Ersatzteilkosten ein starkes Argument. Die Fahreigenschaften sind souverän, eher ein Commuter-Racer für eilige Pendler als für gemütliches Cruisen. Für die Eisdiele reicht das Prestige der Claris-Gruppe nicht, aber an der Funktion gibt es nichts auszusetzen. Der geringe Preis lässt einigen Spielraum für gezieltes Tuning am Charakter über Reifen und Räder.

Pro / Contra

Pro

  • vollständige Commuter-Ausstattung
  • sehr gutes Preis/Leistungsverhältnis
  • bis in Details gute Verarbeitung
  • extrem fahrsicheres, vielseitiges Rahmenset
  • sicheres Fahrverhalten mit Tasche
  • sieht teurer aus als es ist

Contra

  • etwas höheres Gewicht
  • Scheinwerfer für hohes Tempo zu schwach
  • Laufräder seitenwindanfällig

Preisvergleich Bergamont Grandurance

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