Unbound Gravel, das vielleicht bekannteste Gravel-Event der Welt (früher unter dem Namen Dirty Kansa), sieht sich immer noch als Grassroots Event. Allerdings hat sich das Rennen seit dem Beginn mit 34 Startern in 2006 inzwischen um das Hundertfache vergrößert. Nach eigenen Angaben ist man auf 4.000 Teilnehmer gewachsen. Die Teilnehmer:innen können auf 6 verschiedenen Rundkursen ab der Stadt Emporia starten. Dabei geht das Hauptrennen über 200 Meilen, umgerechnet circa 320 km. Eher ein Ultra-Distance Event ist Unbound XL, das über rund 360 Meilen führt.
Auf dem 200 Meilen Kurs war die Präsenz von aktiven Rennrad-Profis und ehemaligen Tour de France-Fahrern wohl nie so hoch wie in diesem Jahr. Der diesjährige Gewinner Ian Boswell fuhr vor seinem Gravel-Unruhestand für Team Sky und zuletzt für Katusha-Alpecin. Der Zweite, Laurens ten Dam, von Boswell nur knapp im Sprint geschlagen, war ein Edelhelfer Tom Dumoulins beim Giro-Sieg und gewann wenig vorher ein anderes Gravelrennen in den USA. Nicht dabei waren dieses Jahr die EF-Profis, die in Europa Rennen fuhren. Dafür mischte der Amerikaner Matteo Jorgenson von Movistar ebenfalls in der Spitzengruppe mit. Mit Paul Voß war auch ein deutscher Ex-Profi und Punkte-Trikot Träger für einen Start in Kansas mit den neuen Schwalbe G One R-Reifen angekündigt, der aber nicht einreisen durfte (er wird stattdessen beim Belgian Waffle Ride in San Diego dabei sein, teilte er mit).
Mit einem Schnitt von rund 32 km/ auf der 320 km-Strecke liegen die Leistungen der Spitze bei Unbound Gravel entsprechend auf Profi-Niveau. Zwischen Platz 1 und Platz 12 lag im Ziel eine Stunde Zeitunterschied. Die Letzten erreichen das Ziel des Rundkurses in Emporia nach rund 20 Stunden – etwa 9 Stunden nach dem Sieger. Aber Alle kommen zu Ehren, auch wer an einem der Checkpoints aussteigt, erscheint in den Ergebnislisten. Angesichts der wachsenden Profi-Präsenz, bemühte sich Colin Strickland im Vorfeld um eine interessante Klarstellung, dass Gravel-Rennen in den USA eine Kultur pflegen, als der Straßenrennsport in Europa.
Schnellste Frau war in 2021 Lauren de Crescenzo. Sie kam nach 12:06:49 ins Ziel und erzielte damit im Gesamtklassement Rang 38. Sie fuhr etwa von Meile 100 an immer an der Spitze. Auf Platz 2 kam die die Vorjahressiegerin Amity Rockwell, die sich in diesem Video selbst als professionelle Gravel Racerin bezeichnet und auf einem Pinarello Grevil Gravel Bike unterwegs ist.
Frauen und Männer starten bei Unbound Gravel gemeinsam. Auch einige Gravel-Rennteams legen entsprechend viel Wert auf Gleichberechtigung. „Frauen und Männer trainieren bei uns gemeinsam“, sagt etwa der Leiter des Cinch Racing-Teams, für das die Gewinnerin De Crescenzo fährt.
Wenn man sieht, wie trotz der enormen Distanz von 320 km die Kurven in Renntempo genommen werden, das Sliden und Ausbrechen, wie die Steine auf den Abfahrten fliegen, dann ist klar, warum der Satz „es ist ein langer Tag, viel kann passieren“ bei den Starter:innen so oft fällt (hier im Video). „Die ersten 100 Meilen hatte ich nur mit Platten zu tun“, sagt der Zwölfte Dylan Johnson im Video.
Schaut man sich die Fotos von Unbound Gravel an, ist auf den zweiten Blick klar, dass Wasserversorgung und Proviant hier eine entschdeidende Rolle spielen. Dem Erfindungsreichtum scheinen keine Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, maximal viel Wasser an Gravel Bike und Mensch unterzubringen. Wer den Rücken entlasten will, führt Trinkblasen in Rahmentaschen mit sich. Auch an der Gabel und hinter dem Sattel ist Platz für Flüssigkeitstanks.
Mehr Infos https://www.unboundgravel.com/
Wie gefallen euch die Eindrücke vom Unbound Gravel – würdet ihr gerne einmal in Kansas mitfahren?
13 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumKlasse!
Der Unterschied der Veranstaltungen hierzulande und denen in USA: für die ist es ein Mordspass, hier artet es gerne zum Geschäft aus 😉
Und ein 320 km+ Gravelrennen gibt es hier meines Wissens auch nicht. Die Orbits gehen etwas in die Richtung, sind aber noch zu "technisch" - ist vielleicht auch wieder eine hiesige Unart (die aber auch in Ermangelung von ausreichend Schotter oft nicht anders geht.
Wenn ich 10-12 mal um den Fraport ballere, habe ich in etwa ein Unbound. Oder ich nehme gleich das Greffelründsche 😉
Niebelungen Gravelride bin ich schon gefahren, einmal solo einen Tag vorher (Rheinhessenrunde) und einmal die Pfalzrunde (regulär). War wirklich gut. Ich sehe das aber mehr als RTF/CTF, vom organisatorischen ist das meilenweit von den Amirennen wird. Klar, die sind teuer, aber da wird auch was geboten.
Wenn ich an die Eroica Germania denke, da waren die 85€ schon grenzwertig. Die Streckenverpflegung war zwar wirklich gut, aber das drumherum (und damals die Strecke, die nicht zum Track gepasst hat) haben das nicht unbedingt gerechtfertigt. Da ist der Name und der bestimmt das Geschäft.
Der Sieger der XL Strecke bei Trainerroad im Interview, nicht uninteressant
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