Der WTB CZR i23 im Test: Der erste Carbon-Gravel-Laufradsatz von Gravel-Reifen-Pionier WTB will Leichtigkeit und Robustheit kombinieren. Wir konnten die mittelbreiten und mittelhohen Laufräder bereits auf Kieswegen und leichten Trails ausprobieren.
Ende 2021 stellte der Gravel-Reifen-Pionier WTB zwei neue Carbon-Felgen vor: die CZR i23 und die CZR i30. Die leichten Felgen tragen die Maulweite im Namen: Es sind 23 mm für den Einsatz auf Gravel und 30 mm für den Einsatz am Enduro-MTB. Nun komplettiert WTB seine Carbon-Felgen mit Naben, Speichen und Nippeln und bietet ab sofort auch komplette CZR-Laufradsätze an.
WTB CZR i23 Gravel-Laufradsatz kurz & knapp
- Neuer Carbon Gravel-Laufradsatz
- Kostenloser Ersatz bei Felgendefekt
- Speichen-Zahl 28-Loch oder 24-Loch mit Pillar Racing Winged-Speichen
- Naben WTB Frequency, Hochflansch, Freilauf 5° im Eingriff
- Achs-Optionen Boost 12 x 148 mm und 15 x 110 mm, 12 x 142 mm und 15 x 100 mm
- Disc-Aufnahme Centerlock oder 6-Loch
- Freilauf-Optionen Shimano HG, Shimano Microspline, SRAM XDR
- Gewicht VR 704 g / HR 853 g / gesamt 1557 g (gewogen mit Ventilen und Tubeless-Band)
- Gewichtszulassung max. 120 kg Fahrer*innengewicht
- Verfügbarkeit ab Ende September
- www.wtb.com
- Preis Vorderrad 655 €, Hinterrad 740 €, Laufradsatz 1.395 € (UVP)
Details
Leicht und schnell, dazu dank Aero-Speichen windschnittig – all das soll der WTB i23 CZR in sich vereinen. Das ist aber noch nicht alles. Auch maximale Kraftübertragung bei hohem Fahrkomfort soll das Gesamtsystem aus WTB-Nabe, den tragflügelförmigen Speichen und der 331 g leichten Felge leisten. Dazu kann die Felge aufgrund der großen Maulweite von 23 mm mit sehr breiten Reifen gefahren werden.
Wie breit? Wer streng nach den Richtlinien der Normierungs-Instanz ETRTO geht, sollte mindestens 37 mm breite Gravel-Reifen fahren und könnte bis zu 62 mm breite Schlappen montieren. Einige große Reifenhersteller (unter anderem Schwalbe) empfehlen aber auch schon Reifen ab 25 mm für solche Maulweiten, sprich Rennrad-Reifen gehen auch.
=> Tipps – welche Gravel-Reifen-Breite ist am besten?
Mit 24 mm liegt das Felgenprofil genau in der Mitte zwischen flach und leicht erhöht – das hat Vorteile, wie sich später herausstellt. In die leichten Carbon-Felgen eingespeicht ist die WTB Frequency-Nabe. Die von WTB entwickelte Nabe besitzt ein eigenes Freilauf-Design und arbeitet als eine der wenigen Neuerscheinungen der jüngeren Zeit nicht mit einem Stirnzahnfreilauf. Stattdessen sollen zwei zueinander versetzte Sperrklinken-Reihen, mit jeweils drei Klinken pro Reihe, für einen geringen Einrastwinkel von 5° sorgen und gleichzeitig leichten Lauf bringen. Im Gravel-Laufradsatz sind leichte und leisere Sperrklinken eingesetzt. Alternativ gibt es robustere (und WTB zufolge lautere) Klinken, die im MTB-Laufradatz zum Einsatz kommen.
Thema Haltbarkeit: Große Abdichtungen und hochwertige Lager sollen für lange Laufleistung der Nabe sorgen. Und die Felgen? WTB steht hinter seinem Produkt und bietet dem*der Erstbesitzer*in für Schäden, die während der Fahrt entstehen, kostenlosen Ersatz. Zitat WTB: „Solange der Erstbesitzer oder die Erstbesitzerin zum Zeitpunkt des Defekts mit dem eigenen Bike unterwegs war, ersetzen wir die Felge kostenlos. Eure Freundinnen und Freunde mögen euch unter die Nase reiben, dass eure Linienwahl verbesserungswürdig ist – wir tun das nicht.“
In der Hand
Wir erhielten den CZR i23-Laufradsatz in einer robusten Variante mit 28 Speichen vorne und hinten – zudem noch ohne die tragflächenförmigen Pillar-Speichen, sondern mit runden. Schon beim Auspacken kann man sich einer gewissen Faszination von der gefühlten Leichtigkeit des Carbons und der matten Oberflächen nicht entziehen. Auf den zweiten Blick fallen feine Details wie die gelaserten Höhenlinien auf den Alu-Nabenkörpern ins Auge. Hohe Nabenflansche versprechen dabei eine „gesunde“ Seitensteifigkeit.
Tubeless-Ventile sind ebenso dabei wie ein spezielle „Solid-Strip“ unter dem eigentlichen Tubeless-Tape. Die zusätzliche Lage Band verhindert, dass sich das Tubeless-Tape in die Felgenlöcher drückt, was zu Löchern führen kann, und soll sogar Speichen-Durchstiche abwehren. Die Wölbungen an den Nippelsitzen erwecken Vertrauen in die Robustheit der Felgen – nicht dass das angesichts der großzügigen Ersatzgarantie allzu wichtig wäre.
Ganz so leicht, wie es scheint und wie WTB angibt, sind die Carbon-Gravel-Laufräder dann aber auf der Waage nicht. Mit 1.557 g inklusive allem Zubehör liegen sie fast schon auf dem Niveau leichter Aero-Allroad-Laufradsätze mit 20 mm höheren – allerdings schmaleren – Felgenprofilen. Darin enthalten ist aber bereits die beiden Lagen Band und die Ventile.
Positiv fällt die Information auf dem Felgen-Sticker am Ventil auf: Die empfohlene Reifenbreite ist ebenso vermerkt wie das maximale Fahrer*innengewicht. Das ist mit 120 kg okay, aber nicht generös für ein Gravel Bike, das vielleicht auch mal zum Bikepacking eingesetzt wird. Das Felgendesign ist tubeless-kompatibel und entspricht ISO 5775 – schön, dass WTB sich der Norm angeschlossen hat. Da es sich um eine Hakenfelge handelt, können alle Reifentypen gefahren werden. Wünschenswert wäre nur noch eine Empfehlung zum Maximaldruck, abhängig vom Reifentyp.
Da wir WTB-Reifen aus dem Gravel Reifen-Test 2021 zur Verfügung hatten, haben wir diese naheliegende Kombination getestet. Siehe da, auf den WTB CZR i23-Laufrädern hatten wir mit der Tubeless-Montage der Reifen keine Probleme. Beide Modelle (Raddler und Byway TCS Light in 40-622) ließen sich mit der Standpumpe mit einfachem Aufpumpen ins Felgenbett setzen und maßen rund 38 mm auf der CZR i23-Felge – auf einer 19c-Felge waren es 36 mm. In unserem Reifentest bereitete der Byway (zum WTB Byway im Test) dagegen auf verschiedenen, nach ISO hergestellten Felgen erhebliche Probleme. Die doppelte Lage aus Band und Solid-Strip könnte ein Grund für den Erfolg auf den WTB-Laufrädern sein. Richtig luftdicht abdichten ließen sich die Reifen auch hier nur mit Einsatz von Dichtmilch. Danach lag der Luftverlust der Kombination über mehrere Tage im guten Tubeless-Maßstab.
Praxis-Test: WTB CZR i23
Das Fahrgefühl von Laufrädern zu vergleichen, ist immer eine Gratwanderung – Rahmen, Reifentyp und Luftdruck spielen hier mit hinein. Fahren konnten wir die WTB CZR i23-Laufräder über mehrere Wochen im Bergischen Land auf typischen Gravel-Wegen, die in der Gegend auch mal sehr steinig sein können, sowie leichten Trails. Als Bezugs-Laufradsätze am gleichen Rad mit gleichen Reifen waren im Einsatz: ein Alu-Gravel-Laufradsatz mit vergleichbarem Gewicht, flacherer Felge und 21 mm Maulweite, ein Carbon Aero-Laufradsatz mit 24 mm Höhe, etwa 100 g höherem Gewicht und 22 mm Maulweite. Und das fiel uns auf:
Fahrdynamik: gegenüber dem Aero-Laufradsatz wirkt der WTB CZR i23-Gravel-Laufradsatz im Antritt etwas dynamischer. Hier dürfte sich das geringere Felgengewicht auswirken. Gegenüber dem Alu-Laufradsatz (mit nominell 430 g leichten Felgen aus gleichem Haus) war der Unterschied aber kaum zu spüren.
Freilauf: Der Klang des Freilaufs ist eher dunkel und mittellaut, mit anderen Worten, laut genug, dass Passant*innen das Herannahen aus etwas Entfernung hören, zu laut für Genießer*innen der Ruhe beim Graveln, aber eigentlich nicht auf der unangenehm aufdringlichen Seite. Der Eingriff ist so direkt, dass man auch an technischen Stellen nie Druck auf dem Pedal vermisst.
Komfort: Trotz optimiertem Carbon-Lay-up und „nur“ mittelhohem Felgenprofil – einen Komfortgewinn gegenüber dem Alu-Laufradsatz konnte ich nicht spüren. Eher war der Alu-Laufradsatz mit dünneren Speichen trotz weniger Maulweite noch einen Tick komfortabler, aber auch weniger seitensteif.
Steifigkeit: Wie gut die WTB CZR i23 das Halten der eingeschlagenen Fahrlinie unterstützen, ist ein großes Plus. Sie wirken sehr steif im Wiegetritt, aber dank der großen Maulweite sind sie dennoch anpassungsfähig genug, um auf grobem, felsigem Gelände nicht übermäßig Korrekturen zu fordern.
Reifen-Unterstützung: Noch ein großer Pluspunkt. Im Fahrtest konnte ich den Druck in den 40 mm breiten Reifen vorne auf 1,8 bar absenken, ohne Gefahr von Blurping (plötzlichem Luftverlust) oder zu geringem Seitenhalt in den Kurven.
Offroad: Ich habe den WTB CZR i23 auch mit hohem Tempo und Luftdruck um 2 bar über felsige Gravelabfahrten bewegt, ohne dass die Felgen, Speichen oder Nabenflansche dabei Schaden nahmen. Wie oben bereits erwähnt, stiften die Fahreigenschaften auf leichten Trails viel Vertrauen.
Onroad: Aufgrund des mittelhohen Felgenprofils fühlte ich mich bei höheren Geschwindigkeiten auf der Straße nicht übermäßig ausgebremst (wie es mit ganz flachen Felgen der Fall sein kann), aber auch nicht beschleunigt wie mit einem Aero-Laufradsatz. Trotzdem gibt es auch mit den hohen Gravel-Reifen keine Seitenwindanfälligkeit – was man ab Felgenhöhen von 30 mm mit Gravel-Reifen sonst häufig erleben kann und bei Aero-Laufrädern immer eine Rolle spielt.
Haltbarkeit
Nach den ersten 200 Testkilometern laufen beide Laufräder noch perfekt rund. Weder Höhen- noch Seitenschläge sind mit der optischen Prüfung im Zentrierständer festzustellen. Eine Kontrolle mit dem Speichen-Spannungsmesser fördert allerdings ein paar Spannungen im Gekreuz zutage: Hinten an der Ritzelseite liegen einzelne Speichen circa ein Drittel unter der durchschnittlichen Spannung im Laufrad. Vorne, an der Disc-Seite, ist das Bild ähnlich. Wir werden die Laufräder noch etwas weiter fahren und den Artikel dann ergänzen.
Fazit: Test WTB CZR i23
Der neue WTB CZR i23-Gravel-Laufradsatz findet eine goldene Mitte: recht geringes Gewicht (leider etwas mehr als erwartet) trifft auf Robustheit und herausragende Kontrolle abseits der Straße – Steifigkeit, Maulweite und Materialeigenschaften wirken im Gravel-Einsatz optimal ausbalanciert. Die generöse Ersatzgarantie für Erstkäufer*innen relativiert den hohen Anschaffungspreis ebenso wie die Offroad-Leistung. Unterm Strich eher ein Tipp für trail-orientiertere Gravelbiker*innen.
Pro / Contra
Pro
- Sehr gut ausbalanciertes Fahrverhalten
- Kostenloser Ersatz bei Defekt
- Dynamik durch leichte Felge
- Optimale Maulweite
Contra
- Preis
Würdet ihr Carbon-Laufräder für den Gravel-Einsatz wählen?
4 Kommentare