Zipp 858 NSW – Infos und Preise
- Hookless Aero-Laufrad für Tubeless-Reifen
- Optimiert zur Nutzung mit 28 mm breiten Reifen
- 243 Gramm leichter als Vorgängermodell
- Aufgedruckte Logos und Grafiken
- Nur in 700c erhältlich, keine Version in 650b
- Unbefristete Garantie für Erstkäufer
- Felgenmaterial Carbon
- Felgenhöhe 82 mm / 85 mm
- Felgenbreite 27 mm
- Maulweite 23 mm
- Minimale Reifenbreite 25 mm
- Maximale Reifenbreite 32 mm
- Bremsstandard Centerlock
- Speichen Sapim™ CX Ray J-bend
- Speichenanzahl 20 (vorn + hinten)
- Nabe Zipp Cognition V2 (54 Eingriffspunkte)
- Freilauf-Optionen Shimano oder SRAM XDR (ohne Aufpreis), Campagnolo separat erhältlich
- Gewicht 1.535 g (Satz v+h), 712 g (Vorderrad), 823 g (Hinterrad) (gewogen, inkl. XDR-Freilauf, tubeless Ventil und Felgenband)
- Maximales Systemgewicht 115 kg
- Verfügbar ab sofort
- Preis 4.000 € (Satz), 1.775 € (Vorderrad), 2.225 € (Hinterrad), jeweils einzeln erhältlich
- Info www.sram.com/de/zipp
Was steckt hinter „Total System Efficiency“?
Zipp verfolgt den „Total System Efficiency“-Ansatz schon seit einiger Zeit und stellte ihn bereits im Jahr 2020 beim Zipp 303 Firecrest vor. Ein Jahr später folgten die Zipp 353 NSW und wenig später schließlich auch die Aero-Allrounder 404 Firecrest und 454 NSW. Die hohen Laufräder für Triathlon und Zeitfahren 808 Firecrest und 858 NSW erhielten damals nur ein Update mit neuen Naben.
Jetzt wurden auch die Aero-Boliden, für die Zipp in erster Linie in der Triathlon-Szene einen legendären Ruf genießt, auf die neue Technologie umgestellt. Vorrangig geht es darum, nicht mehr die Aerodynamik allein zu betrachten, sondern die Kombination von Laufrad und Reifen in realer Umgebung zu beurteilen. Und dabei spielt nun mal nicht nur die Aerodynamik eine Rolle.
Aerodynamik nicht allein betrachten
„Willst du eine bessere Aerodynamik haben, oder willst du schneller werden?“, das sei die entscheidende Frage, die sich ein Athlet stellen müsse und das sei auch die Frage gewesen, die sich die Zipp Techniker gestellt hätten, erklärt Nathan Schickel, Product Manager bei Zipp. „Aerodynamik ist unsere Kernkompetenz und sie spielt nach wie vor eine herausragende Rolle bei der Entwicklung unserer Laufräder, aber wir betrachten immer das komplette System und sind bereit kleine Abstriche bei der Aerodynamik in Kauf zu nehmen, wenn wir dafür signifikante Fortschritte an anderer Stelle machen können.“
Willst du eine bessere Aerodynamik haben, oder willst du schneller werden?
Diese Herangehensweise und zahlreiche Tests auf der Straße und im Labor haben dazu geführt, dass man jetzt auch bei den Aero-Laufrädern auf breitere Reifen setzt und dafür kleinere Einbußen in Sachen Aerodynamik in Kauf nimmt.
Realer Rollwiderstand im Fokus
Der Rollwiderstand von breiteren Reifen bei entsprechend niedrigerem Druck nimmt laut den Messungen von Zipp so drastisch ab, dass man mit der aktuellsten Generation von Laufrädern auf eine Reifenbreite von 28 mm setzt. Das bringt bei frontaler Anströmung zwar einen Nachteil von 1 bis 2 Watt gegenüber einem 25 mm Reifen am Vorderrad, spart dafür jedoch um die 4 Watt beim Rollwiderstand. Und zwar nur durch die Form des Reifens in Kombination mit geringerem Druck.
Auf herkömmlichen Prüfständen, mit denen der Rollwiderstand von Reifen oft gemessen wird, könne man diese Unterschiede oft nicht messen, weil sie die Realität zu schlecht abbilden. Zipp hat eine Radstrecke in einem Park in Indianapolis genau vermessen und die Beschaffenheit des Asphalts auf einen Prüfstand mit dem Namen „Rolling Road“ übertragen. Danach wurden reale Tests auf der Straße mit den Prüfstandergebnissen verglichen, um die Ergebnisse besser einordnen zu können.
Ein wichtiges Ergebnis dabei war, dass die vielen sehr kleinen Auf- und Abbewegungen des Reifens auf Asphalt eine Menge Energie „fressen“, die natürlich vom Fahrer aufgebracht werden muss. Mit breiteren Reifen und geringerem Luftdruck reduzieren sich diese Auf- und Ab-Bewegungen deutlich und die gesparte Energie kann in Geschwindigkeit umgesetzt werden. Als willkommener Nebeneffekt erhöht sich der Komfort deutlich, somit bleibt man länger frisch und kann seine Leistung über einen längeren Zeitraum erbringen oder beim Triathlon geschonter in den Marathon starten.
4 bar Luftdruck ist der neue Standard
Wenn die Zipp-Techniker dabei von geringerem Luftdruck sprechen, dann reden sie nicht von 6 bar oder 5,5 bar, sondern je nach Reifenbreite und Gewicht von Fahrer und Bike von deutlich geringeren Drücken. In meinem Fall bei einem Körpergewicht von 68 kg und 28 mm Reifen auf den neuen 858 NSW Felgen von 3,8 bar vorn und 4 bar am Hinterrad. Das sind Werte, die vor einigen Jahren völlig undenkbar waren und auch heute noch so manchen Traditionalisten und Technik-Zweiflern tiefe Falten auf die Stirn zaubern. Je nach Gewicht können die empfohlenen Drücke natürlich auch deutlich höher ausfallen.
Die Messwerte vom Zipp Prüfstand und unzähligen Testfahrten in der Realität sprechen jedoch eine andere Sprache. Für das beschriebene Set-up gilt: Ein 28er Reifen mit entsprechendem Luftdruck rollt deutlich leichter als ein 25er. Je geringer der Luftdruck, desto geringer der Rollwiderstand. Hier gilt es jedoch zu beachten, dass sich ab einer gewissen Grenze, die in erster Linie vom Systemgewicht abhängt, auch das Fahrverhalten gravierend ändert. Interessant auch: Auf der Zipp Felge bringt eine weitere Vergrößerung der Reifenbreite auf 30 mm nur noch minimale Verbesserungen von deutlich unter einem Watt. Insgesamt betrachtet lassen sich im Vergleich zur Vorgängerfelge mit Haken und 25er Reifen im Vergleich zur breiteren hakenlosen Felge mit 28er Reifen bis zu 7 Watt einsparen.
Den richtigen Luftdruck finden
Aufmerksame Leser*innen werden es also schon festgestellt haben: Es gilt den richtigen Luftdruck für das individuelle Setup zu finden, um optimale Rollwiderstände in Kombination mit einwandfreiem Fahrverhalten zu kombinieren. Prinzipiell kann man das über persönliche Tests herausfinden, bei denen man den Druck so lange absenkt, bis das Fahrverhalten schwammig wird. Schneller geht es jedoch mit dem SRAM Tire Pressure Guide, der für jeden frei zugänglich ist. Dort kann man sehr genau das persönliche Setup definieren und bekommt genaue Startpunkte für eigene Versuche. In unserem Fall haben die Vorgaben in der Regel ausgezeichnet gepasst. Übrigens, auch mit ganz anderen Felgen und Reifenbreiten auf anderen Rädern.
Bemerkenswert und sehr löblich, dass SRAM diese Daten jedem kostenlos zugänglich macht und nicht hinter einer Bezahl-Schranke oder einer APP, die nur mit persönlichen Zugangsdaten funktioniert, versteckt. Wer dort ein wenig herumspielt und mit seinem eigenen Equipment testet, wird eines schnell feststellen: Die Zeiten von 8 bar Luftdruck sind, zumindest mit modernem Equipment, ein für alle Mal vorbei. Es sei denn ihr fahrt Rennen in einem Velodrom mit perfekt glattem Untergrund.
Noch ein Tipp zum SRAM Tire Pressure Guide: der einzige nicht auf Anhieb selbst erklärende Faktor ist vielleicht das „Tire Casing“. Damit ist die Struktur des Reifens gemeint. Für Rennrad und Triathlon gilt hier in der Regel „Standard“, außer ihr fahrt echte Rennreifen, wie zum Beispiel den Schwalbe Pro One TT oder Continental GP 5000 TT TdF, dann ist „Thin“ die richtige Wahl. Die anderen beiden Wahlmöglichkeiten sind eher für Mountainbiker interessant.
Zipp 858 NSW – Details
Enorme Gewichtsreduktion
In der Regel können durch Feintuning und kleinere Änderungen in der Produktion oder auch durch die Verwendung anderer Carbon-Qualitäten bei der Neuauflage eines Rennrad-Laufradsatzes ein paar Gramm eingespart werden. Zipp hat beim Relaunch der 858 NSW jedoch sagenhafte 243 Gramm am Laufradsatz gespart. Und die kommen hauptsächlich von den Felgen. „Durch den Entfall es Felgenhakens, können wir die Felge ganz anders konstruieren und fertigen“, erklärt Schickel.
Die Carbonlagen wurden anders strukturiert und nur noch dort verstärkt, wo die größten Kräfte auftreten. Zudem können jetzt bei der Produktion Metallformen eingesetzt werden, die wiederum höhere Drücke erlauben und so eine festere Materialstruktur bringen. Zuvor mussten aufgrund des Felgenhakens zumindest partiell zerstörbare Formen eingesetzt werden, die Einschränkungen beim Druck während dem „Backen“ mit sich brachten. Letztlich ist die Produktion auch nachhaltiger, weil die komplette Produktionsform jetzt wiederverwendbar ist.
Ein paar Gramm zusätzlich wurden gespart, indem man die Anzahl der Speichen auf 20 reduziert hat. Zudem sind die Felgen natürlich konsequent auf den Einsatz mit Scheibenbremsen konstruiert.
Hookless bringt viele Vorteile
Neben der Gewichtseinsparung durch die geänderte Produktion bringt die Hookless-Technologie viele weitere Vorteile mit sich. Wie oben beschrieben, wird die Produktion vereinfacht und die Formen sind komplett wiederverwendbar. Das spart deutlich an Kosten und so konnte Zipp den Preis der 858 NSW um 400 Euro pro Satz senken. Freilich sind die Aero-Boliden aus Indianapolis auch mit 4.000 Euro UVP bei Weitem kein Schnäppchen.
Ein weiter entscheidender Vorteil der Felgen ohne Haken ist die Form, die sie dem Reifen geben. Durch den fehlenden Haken, steht die Reifenflanke deutlich gerader im Felgenbett, der Reifen wird nicht „eingebeult“ und formt sich dadurch nicht wie ein Ballon. Diese Form kann die auftretenden Kräfte direkter auf die Felge übertragen und sorgt so dafür, dass sich das Fahrverhalten auch mit sehr niedrigen Drücken nicht negativ wandelt. Das Handling bleibt trotz des niedrigen Drucks scharf und aggressiv mit gutem Feedback.
Wo viel Licht ist, fällt allerdings auch Schatten, das soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden. Hakenlose Felgen können nur mit dazu passenden Reifen gefahren werden. Das sind aktuell in der Regel Tubeless-Modelle. Wer sich überhaupt nicht mit dieser Technologie anfreunden mag, kann auch Tubeless-Reifen mit Schläuchen fahren. Verwendet man TPU-Schläuche wie zum Beispiel von Tubolito oder den Schwalbe Aerothan, sind die Aufschläge beim Gewicht gar nicht mal so hoch. Richtig Sinn ergibt die ganze Sache aber eigentlich erst, wenn man sich auf tubeless einlässt.
Gesamtsystem optimiert
Ein weiterer Vorteil der Hookless-Felgen, den wir im Kapitel oben nicht erwähnt haben, ist ein kleiner aerodynamischer Vorteil. Denn durch das Fehlen des Hakens lässt sich der Übergang zwischen Reifen und Felge glatter gestalten, was je nach Auslegung einen Vorteil bei der Aerodynamik bringen kann. Zipp sagt, dass auch dieses kleine Detail beim neuen 858 NSW dazu geführt habe, dass die neuen Laufräder trotz deutlich größerer Breite aerodynamisch mindestens so gut sind wie die Vorgänger. Allerdings versehen mit dem Bonus, dass man beim richtigen Setup 6-8 Watt Rollwiderstand einsparen kann.
Auch in Sachen Gewicht hat sich das Gesamtsystem deutlich verbessert. Denn die neuen Laufräder sind selbst unter Berücksichtigung des Mehrgewichtes der breiteren Reifen deutlich leichter und bewegen sich mit einem Satz-Gewicht von nur 1.535 Gramm in Regionen, die bisher nur mit deutlich flacheren Felgen bespielt werden konnten. Sie sind so leicht, dass man auch ernsthaft über einen Einsatz auf dem Rennrad nachdenken kann. Ähnlich hohe Laufräder, die auch nur annähernd in diese Gewichts-Region kommen, konnten wir bei einer kurzen Recherche nicht finden.
Zipp geht im Bereich der hohen Aero-Laufräder mutig voran und wendet die Hookless-Technologie auch in diesem Bereich als einer der ersten Hersteller an. Die Argumente und Daten klingen sehr überzeugend, denn die Performance des Gesamtsystems konnte deutlich gesteigert werden.
Zipp 858 NSW – auf der Straße
4 bar Luftdruck in der Praxis – es funktioniert!
Kann man mit nur 4 bar Luftdruck auf dem Rennrad oder Triathlonrad fahren, ohne ein merkwürdiges Fahrverhalten in Kauf zu nehmen? Ja, und zwar völlig problemlos, vorausgesetzt das Material ist aufeinander abgestimmt. Ich muss zugeben, dass ich zunächst skeptisch war, als mich die Zipp Jungs beim legendären Lunch Ride in Indianapolis mit einem Rennrad mit den neuen 808 Firecrest mit 28 mm Reifen und 3,8 bar vorn und knapp 4 bar am Hinterrad losgeschickt haben. Der Aha-Effekt hat sich jedoch sehr schnell eingestellt. Das Fahrverhalten war genauso wie bei meinem persönlichen Setup zu Hause mit 25er Tubeless-Reifen auf Hookless-Felgen mit 19 mm Maulweite, gefahren mit 5,6 bar Luftdruck. Allerdings nur in Sachen Handling und Gefühl in Kurven. Der Federungskomfort war deutlich besser als mit meinem gewohnten Rad.
Es folgten zwei weitere Testfahrten auf der gleichen Runde, einmal mit 4,6 und 4,9 bar und ein zweites Mal mit 3,3 und 3,6 bar. Mit dem erhöhten Druck, der nach bekannten Maßstäben ja immer noch sehr niedrig ist, verschlechterte sich der Komfort deutlich spürbar, ohne dass sich das Fahrverhalten verbessert hätte. Das Rad ließ sich weder aggressiver einlenken, noch verbesserte sich das Feedback in Kurven. Mit dem deutlich abgesenkten Druck wurde das Handling jedoch schwammiger, das Einlenken wurde träger, das Gefühl in schnellen Kurven nicht mehr so definiert. Allerdings bei weiter verbessertem Komfort. Unterschiede beim Rollwiderstand konnte ich hingegen keine spüren. Wobei das auch für sehr sensible Naturen kaum möglich sein dürfte. Schließlich reden wir hier laut den Zipp Technikern von Unterschieden um ein Watt.
Wir hatten während des Testes die Luftdrucksensoren Quarq Tirewiz im Einsatz und haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Sensoren lassen sich problemlos mit dem Radcomputer verbinden und zeigen nach der Erstinstallation sehr zuverlässig den Luftdruck an. Allerdings sind sie mit einem Preis von fast 300 Euro pro Stück auch kein Schnäppchen.
Die Fakten im Vergleich zum Vorgänger
Nach dem kurzen Besuch in Indianapolis hatte ich noch für einige Wochen zu Hause Gelegenheit mit den neuen Zipp 858 NSW, ausgestattet mit 28 mm Good Year Eagle F1 Reifen, zu fahren. Zusätzlich hatte ich eine direkte Vergleichs-Möglichkeit zu den bisherigen Zipp 858 NSW, ausgestattet mit tubeless Reifen in 25 (vorn) und 28 mm (hinten) Breite.
Zunächst einmal zu den Fakten. Die Gewichtsangaben von Zipp bestätigten sich auf unserer Redaktionswaage ziemlich genau, die enorme Gewichtsreduktion ist also Realität. Und sie führt dazu, dass unser Setup mit den neuen Felgen und 28 mm Reifen um 130 Gramm leichter war als das bisherige mit den Vorgänger-858 NSW und 25er/28er Continental GP5000 STR. Natürlich jeweils identisch gewogen, mit Milch und montiertem Ventil.
Der Good Year Eagle F1 baut auf den Zipp 858 NSW genau 28,9 mm breit, während der 25er Continental Vorderreifen auf den deutlich schmäleren Felgen genau 24,4 mm aufbaut. Folglich stehen also exakt 4,5 mm Breite mehr im Wind. Soviel zu den nackten Zahlen, jetzt zum Fahreindruck:
Gute Beherrschbarkeit bei Wind
Ob die Aerodynamik funktioniert, wie mit den bunten Grafiken gezeigt, ist auf dem Rad nur schwer zu beurteilen. Freilich spürt man, ob die Laufräder prinzipiell funktionieren wie gewünscht, aber ob sie nun zwei oder drei Watt schneller sind als die Vorgänger, lässt sich beim Fahren nicht erfühlen. Was sich jedoch sagen lässt, ist, dass die Zipp 858 NSW sehr moderat auf Seitenwind reagieren. Bei dieser Felgenhöhe lassen sich Böen und starke Winde von der Seite natürlich nicht kaschieren, aber entscheidend ist, wie das Laufrad darauf reagiert.
Unangenehm sind schnelle, hektische Bewegungen zur Seite, die einem förmlich den Lenker aus der Hand reißen. Viel besser fühlt es sich hingegen an, wenn der Druck von der Seite zwar spürbar ist, aber sich in überschaubarer Geschwindigkeit aufbaut. In dieser Hinsicht funktionieren die neuen 858 NSW – genau wie ihre Vorgänger übrigens – sehr angenehm. Auch starke Böen verursachen verhältnismäßig überschaubare Reaktionen am Vorderrad. Freilich sind so hohe Felgen nichts für Anfänger oder ängstliche Naturen, denn sie reagieren zwangsläufig auf den Wind.
Erfahrene Pilot:innen freuen sich jedoch über vorhersehbare Reaktionen mit den 858 NSW. Der Druck durch den Seitenwind baut sich so auf, dass man rechtzeitig reagieren und gegensteuern kann, ohne dass einem direkt das Adrenalin durch die Adern schießt. Ich empfand die Zipp 858 NSW während dem gesamten Test als gutmütig und hatte kein einziges Mal eine brenzlige Situation, auch nicht bei starkem Wind, Böen oder viel zu nahen Überholvorgängen von rücksichtslosen LKW-Fahrer:innen.
Enormer Komfortgewinn
Ich habe es bereits weiter oben erwähnt – es ist zumindest ungewohnt und gewöhnungsbedürftig mit nur 4 bar Luftdruck zu fahren, aber es funktioniert! Auf perfekten Straßen ist der Effekt nicht unbedingt zu spüren, fährt man jedoch auf wirklich rauem Asphalt, liegen Welten zwischen dem Hookless-Setup mit den neuen 858 NSW und entsprechend niedrigem Reifendruck zu einem klassischen Setup mit einer Felge mit 19 oder 20 mm Maulweite und Hakenkonstruktion.
Durch den fehlenden Haken in der Felge steht die Reifenflanke sehr gerade und kann dadurch die Seitenkräfte vorwiegend in Kurven besser und direkter übertragen. So bleibt das Fahrverhalten messerscharf, aber der Komfort und der Rollwiderstand auf schlechten Straßen verbessert sich enorm. Auf wirklich rauem Asphalt ist tatsächlich zu spüren, dass die 28 Reifen mit nur 4 bar deutlich leichter rollen als 25 Pneus mit 6 bar oder mehr.
Auf meiner Hausstrecke befindet sich eine Passage, auf der so rauer Asphalt ist, dass die ganze Fuhre mit starken Vibrationen über die Straße rattert. Man spürt mit einem klassischen Setup, wie man förmlich eingebremst wird. Mit den neuen Zipp 858 NSW und dem beschriebenen Setup, schwebt man förmlich über den Asphalt und stellt kein erschwertes Vorwärtskommen fest. Auf solchen Passagen werden die Vorteile extrem gut erfahrbar.
Das lässt zumindest darauf schließen, dass sich der Effekt, wenn auch in kleinerem Maße, wohl auch auf weniger kaputten Straßen einstellt. Nach rund 300 Kilometern bin ich überzeugt von dem Ansatz und konnte bisher keinen echten Nachteil erkennen. Falls möglich, werde ich die Laufräder noch länger behalten, um weiter Erfahrung damit zu sammeln.
Die tubeless Montage mit den Good Year Eagle F1 gestaltete sich übrigens völlig problemlos. Die Reifen ließen sich per Hand montierten, fanden mit einer normalen Standluftpumpe ihren Sitz im Felgenbett und hielten sehr zuverlässig die Luft.
Leichter ist besser
Zum Abschluss noch ein Wort zum Gewicht. Aero-Laufräder mit Felgenhöhen um die 80 mm sind keine Leichtgewichte. Sie machen ein Rad träge und haben gravierende Auswirkungen auf das Handling, vom Windeinfluss gar nicht zu sprechen. Dass es Zipp geschafft hat, die neuen Laufräder trotz der deutlich breiteren Dimension dermaßen abzuspecken ist beeindruckend und wirkt sich auch in der Praxis aus. Daher klingen die Empfehlungen von Zipp, die 858 NSW auch auf dem Rennrad einzusetzen, nicht unbegründet.
Zipp 808 Firecrest – Infos und Preise
Neben dem Top-Modell 858 NSW wurden auch die 808 Firecrest komplett erneuert. Die 808 Firecrest sind sozusagen die kleinen Geschwister des 858 NSW und verzichten auf einige teure Features der 858 NSW. So gibt es bei den 808 Firecrest kein Sägezahnprofil, die Felgen sind etwas schwerer und die Logos und Grafiken werden nicht aufgedruckt. Auch die Naben und Speichen sind nicht ganz so hochwertig wie beim Spitzenmodell 858 NSW.
Die Vorteile aus dem „Total System Efficiency“-Ansatz finden sich jedoch auch beim 808 Firecrest und zwar zum deutlich günstigeren Preis. Die 808 Firecrest hatten wir nicht im Test, ich konnte jedoch während des Besuches bei Zipp in Indianapolis einige Kilometer mit dem neuen Laufradsatz auf einem Rennrad fahren und kann bestätigen, dass im Wesentlichen das Gleiche gilt, wie im Test zu den 858 NSW erwähnt. Auch hier ist der Gewichtsunterschied zu den Vorgängermodellen mit 280 Gramm enorm. Und die große Maulweite von 23 mm mit Hookless Felgen eröffnet neue Wege in Sachen Reifenbreite, Luftdruck und Rollwiderstand. Hier die Fakten zum Zipp 808 Firecrest.
- Hookless Aero-Laufrad für tubeless-Reifen
- Optimiert zur Nutzung mit 28 mm breiten Reifen
- 280 Gramm leichter als Vorgängermodell
- Aufgeklebte Logos und Grafiken
- Nur in 700c erhältlich, keine Version in 650b
- Unbefristete Garantie für Erstkäufer
- Felgenmaterial Carbon
- Felgenhöhe 80 mm
- Felgenbreite 27 mm
- Maulweite 23 mm
- Minimale Reifenbreite 25 mm
- Maximale Reifenbreite 32 mm
- Bremsstandard Centerlock
- Speichen Sapim™ CX Sprint J-bend
- Speichenanzahl 20 (vorn + hinten)
- Nabe Zipp ZR1 (66 Eingriffspunkte)
- Freilauf-Optionen Shimano oder SRAM XDR (ohne Aufpreis), Campagnolo separat erhältlich
- Gewicht 1.635 g (Satz v+h, Herstellerangabe)
- Maximales Systemgewicht 115 kg
- Verfügbar ab sofort
- Preis 2.500 € (Satz), 1.225 € (Vorderrad), 1.275 € (Hinterrad), jeweils einzeln erhältlich
- Info www.sram.com/de/zipp
Fazit von Rennrad-News.de
Maximale Geschwindigkeit auf dem Rennrad oder Zeitfahrrad mit 28 mm Reifen und nur 4 bar Luftdruck - kann das wirklich wahr sein? Ja, es funktioniert! Auch wenn es zumindest bei einigen Zeitgenossen viel Überzeugungsarbeit kosten wird. Hakenlose Felgen mit großer Maulweite sind auch im Aero-Bereich auf dem Vormarsch und könnten eine kleine Revolution anzetteln. Im Allround-Bereich ist Zipp schon vor zwei Jahren in die Breite gegangen, jetzt wenden die Amerikaner die gewonnenen Erkenntnisse auch konsequent bei den hauseigenen Aero-Boliden an. Das ist nicht ungefährlich, denn 858 NSW und 808 Firecrest genießen bei Triathlet:innen und Aero-Freaks einen legendären Ruf. Die neuen Dimensionen und sehr niedrige Reifendrücke werden viel Erklärungsarbeit erfordern, dürften sich aber aufgrund der vielen Vorteile durchsetzen. Ich finde die neuen Zipp 858 NSW so gut, dass ich sie bereits bei einem Triathlon gefahren bin. Mit dem Relaunch hat Zipp einen mutigen Schritt in die Zukunft gemacht, der sich auszahlen dürfte.
Pro / Contra
Stärken
- Für die Kategorie überragender Komfort
- Sehr niederiges Gewicht
- Hohe Aero-Performance
Schwächen
- Trotz Preisreduktion sehr hoher Preis
- Eingeschränkte Reifenwahl
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165 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumFahren tun die Scheiben übrigens höchst unterschiedlich und irgendwie hat jede auf ihre Art Vorteile und Nachteile.
Klar auf Paves alles chique, nur was passiert bei Popoglattem Asphalt oder eben im Wiegetritt? Egal, die Trias kaufen's. 🤪
Den kann man sich bestimmt im Asphaltmischwerk herstellen lassen. In langen Testreihen finden die schon die optimale Mischung für bestimmte Rennradreifen. Vielleicht sollte man auch andere Materialien testen. Beton ist vielleicht ähnlich gut aber nicht so teuer.
Mischung X für Black Chili Gummi, Mischung Y für Graphen, und so weiter.
Daraus dann eine Straße bauen und sich über gesparte Watt freuen.
Bis zu XXX Watt bedeutet: im besten Fall. Es kann auch sein dass Du in ungünstigen Situationen nur 1,3 Watt oder 0,8 Watt sparst.
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