Wie immer hast Du in Deinen Betrachtungen weitgehend recht. Nur im folgenden Absatz muß ich Dich korrigieren, bzw. ergänzen:
Auf die Kurbellänge bezogen heißt das: Selbstverständlich hat die Kurbellänge einen Einfluß auf den Wirkungsgrad, weil über die Kurbellänge die Leistungserbringung über Kraft x Weg unmittelbar beeinflußt wird. Allerdings ist es offenbar so, dass der menschliche Bewegungsapparat relativ tolerant ist gegenüber unterschiedlichen Kurbellängen. Anders ist es nicht erklärbar, dass aus der Länge der Kurbel längst nicht so eine Wissenschaft gemacht wird (nicht abwertend gemeint) wie aus den sonstigen Geometrieparametern eines Rennrades. Auch steht die Variationsbreite der verfügbaren Kurbellängen in keinem Verhältnis zu den Unterschieden in der Körpergröße (175mm zu 170 mm Kurbellänge im vergleich zu 1,90m zu 1,60m Körpergröße). Damit bleibt dem geneigten Rennradfahrer auch gar nichts anderes übrig, als sich irgendwie mit einer der verfügbaren Kurbellängen zu arrangieren.
Insgesamt ist das Fahrrad recht wenig wissenschaftlich durchleuchtet, insbesondere, was die "Biometrie" betrifft: Da beruht vieles auf "mündlichen Überlieferungen" und vieles, was als neu gilt, wurde im "trial and error" - Verfahren entwickelt, wobei oft genug eine anschließnde Analyse einfach ausbleibt und bestimmte Dinge einfach "Modeerscheinungen" bleiben, verschwinden und nach einiger Zeit wieder auftauchen ( Ovale Kettenblätter z.B.).
Versuche, ein Fahrrad aus sich heraus "schneller" zu machen, scheitern zwangsläufig, weil dies nun einmal ein ausgesprochen passives Gerät ist. Ohne Fahrer tut es nichts, im Gegenteil zu den motorgetriebenen "Konkurrenten". Im Grunde ist es ja nur eine Art "Kraft-Wandler", "Kraft-Übersetzer", mit dem sich der menschliche Körper ausschließlich aus eigener Kraft ( Bergab-Fahrten mal ausgenommen

), schneller bewegen kann, als ohne Hilfe. Leistung erbringt nur der Fahrer, nicht das Rad.
Und eben dieser muß dann die Möglichkeit haben sich entsprechend bewegen zu können, damit die Muskelkraft effizient umgesetzt werden kann. Das geht natürlich auch mit entsprechenden Abstrichen, wenn die Position nicht optimal ist, die Kurbel zu lang oder zu kurz ist usw... ein Erwachsener kann auch ein 20" Kinderrad bewegen, aber mit Sicherheit damit nicht sein Leistungspotential entfalten.
Zurück zur Kurbel: Wenn du Wirkungsgrad sagst, gebe ich Dir ebenso wieder recht. Aber dieser muß nicht zwangsläufig mit der Kurbellänge wachsen. Wie schon erwähnt, nutzt eine 200mm Kurbel nichts, wenn der Fahrer den Pedalierkries nicht bewältigen kann, sprich: letztlich nur bei noch geringerem Ausschnitt des Pedalierkreises Kraft auf die Welle übertragen kann. Umgekehrt dürfte es wenig efizient sein, wenn ein 2,00Meter großer Fahrer mit einer 125mm Kinderkurbel nur einen Bruchteil seines möglichen "Hubweges" ausnutzt.
Anders ausgedrückt: Würde man den Fahrer/ seine Beine durch einen Zylinder / Kolben ersetzen kann der Mögliche Pedalierkreis nicht größer als der Weg sein, den der Kolben zurücklegen kann.
Dass die Kurbellänge ein variables Maß ist, ist indes nichts Neues, wobei es da eben so lange einerseits Überlegungen nur hinsichtlich der Körpermaße zugrunde liegen und natürlich auch immer wieder versucht wurde über die Kurbellänge "leistungssteigernde" Effekte zu erzielen.
Dass trotzdem die Masse mit einer einzigen Länge beglückt wird, liegt weniger an der "Toleranz" des menschlichen Bewegungsapparates, sondern einfach daran, dass Serienräder mit "Standardausstattungen" bestückt werden. Vorwiegend aus ökonomischen Gründen und auch aus schlichter Unkenntnis.
Die Bandbreite an Größen von Serienkurbeln ist allerdings größer ( aufgezählt werden halbwegs hochwertige Kurbeln): Jugendkurbeln von 125-165mm und Erwachsenenkurbeln von 150-220mm! Kennen eben nicht viele, weil die meisten Hersteller von Kurbelgarnituren zwar mit Modell-Vielfalt, aber eben mit "Größen-Einfalt" glänzen, weil hier schlicht die meisten verkauft werden. Schmiede-Werkzeuge oder Werkzeuge gar für CfK-Kurbeln sind schon eine kleine Investion......
Dennoch: im Prinzip gibt es alles............... im Zweifel auch auf Maß....................
Man kann natürlich eine Menge kompensieren: Gerade kleine Fahrer senken, um den übergroßen Pedalierkreis zu bewältigen, den Fuß stark ab ( wie ich schon beschrieben hatte.....). Kompensation hat aber nichts mit Toleanz zu tun.
Wollte man das Ganze richtig analysieren, dann wäre das mal ein nettes Forschungsprojekt für eine Sporthochschule. Aufgrund der extrem vielen Einflußgrößen könnte man aber meines Erachtens nicht erwarten, dass sich dabei einfache Antworten ergeben. Wenn ich allein bei mir sehe, wie sich über den Sommer meine "Wohlfühltrittfrequenz" erhöht und ich auch feststellen muss, dass die "Wohlfühltrittfrequenz" abhängig davon ist, ob ich Oberlenker oder Unterlenker fahre, jetzt noch die Kurbellänge als weiterer Parameter dazukommt, dann kann am Ende einer solchen Studie sicher keine einfache Formel in der Art "optimale Kurbellänge = Faktor * Beinlänge" herauskommen.
Es gibt leider sehr wenig. Eine kleine Studie ist eben jene, die ich weiter oben verlinkt habe.
Formeln haben immer die Delikatesse sehr reduziert zu sein und die Aussagekraft nur dann wirklich gegeben ist, wenn die zugrunde liegenden Voraussetzungen berücksichtigt sind, bzw. mitgedacht werden.
Kurbeln nur nach Beinlänge zu berechnen ist allerdings umstritten. Allerdings bleibt kaum etwas anderes übrig: Aus meiner Erfahrung ist es sinnvoll, seine Kurbellänge in dem Bereich irgendwo zwischen den geposteten formeln abzustecken. Und zwar als Maximallänge. Kürzer oder "zu" kurz fällt den meisten kaum negativ auf. Zu lang schränkt die Bewegung deutlich ein.....
Nach doch etlichem Informationsaustausch scheint es ohnehin so zu sein, dass der Bereich sinvoller Kurbellängen mit der Größe / Beinlänge des Fahrers wächst. Bei kleinen fahrern scheint der Range kleiner, allerdings ist auch nach unten nicht so viel Platz...................