Knobi
Aktives Mitglied
Hallo Leute,
hier kommt eine Anleitung zum Einstellen des Lagerspiels bei industriegelagerten Naben, die nicht klassisch gekontert werden können, wie z.B. Vorderradnaben von Novatec und Chin Haur.
Diese Naben befinden sich unter "falschem Namen" in unzähligen, teils auch sehr teuren und hochwertigen Systemlaufrädern.
Hier erstmal der Ausgangspunkt: Powerway Solohomer Pro 2 aus Taiwan.

KinLin 300 Felgen, industriegelagerte Naben (hinten sehr gut gedichtet), bogenlose Pillar Aero-Speichen (HR 3G-gespeicht), Alunippel.
Der Satz wiegt ohne Schnellspanner ca. 1580 g laut Kern-Feinwaage und ist laut Aussage des Besitzers in allen Lebenslagen stabil genug.
Beim Hinterrad ist die Lagerung klassisch gekontert und damit jederzeit einstellbar, der Freilauf sitzt auf der Achse und seine Sperrklinken greifen außen im Nabenkörper in einen großen Ring aus gehärtetem Stahl - ein interessantes Prinzip, finde ich.
Beim Vorderrad trat bald leichtes Spiel auf, und da dort die Lagerung nicht über Kontermuttern eingestellt werden kann, muss man zu Passscheiben greifen.


Die Endstücke der Nabenachse sind nur aufgesteckt, werden bei ausgebautem Rad von O-Ringen gehalten und lassen sich von Hand abziehen:

Es zeigt sich eine Achse mit eingeschraubten Endstücken, wie man sie z.B. von Novatec kennt.

Also auf beiden Seiten einen 5 mm Inbusschlüssel rein und losdrehen - eine Seite löst sich, die andere bleibt vorerst fest.

Hier sieht man schon, wie die andere Seite aufgeht: Die Achse hat innen einen 6 mm Inbus.

Also ab damit.

Und nachmessen, wo genau das Lager sitzt. Das wird später vor allem dann wichtig, wenn es nicht bis zum Anschlag eingepresst sein sollte, wie es bei Novatec meistens der Fall ist (hier nicht, aber das weiß man jetzt ja noch nicht).


Nabenkörper schön gleichmäßig warm machen. Dabei soll natürlich nichts verschmoren, aber es darf schon deutlich mehr als handwarm sein - um so leichter geht der Rest.

Beide Endstücke wieder eindrehen (der besseren Führung wegen). Auf der Seite, wo das Lager raus soll, anziehen. Andere Seite einige mm rausgedreht lassen, Inbusschlüssel reinstecken und mit Gummihammer o.Ä. beklopfen.
Natürlich darf die Achse dabei NICHT mit der anderen Seite aufliegen und der Schlosserhammer ist auch unnötig: Das Foto ist also falsch und ich habe die Nabe zum Rausklopfen zwischen meine Knie gelegt. Das ließ sich nur nicht vernünftig fotografieren!
Prinzipiell können die Achsstummel natürlich auch ab bleiben, dann wird halt ein 6 mm Inbus in die Achse gesteckt und darauf geklopft. Dummerweise hatte ich keinen, der lang genug war - und mit eingedrehten Stummeln besteht nicht die Gefahr, dass die Achse verrutscht oder das ausgepresste Lager augenblicklich unterm Sofa oder im nächsten Gully verschwindet.
Nicht so schön: bei dieser Aktion überträgt sich die Kraft über die Lagerkugeln, aber anders geht es leider nicht. Daher auch ordentlich warm machen, damit alles schön leicht flutscht! Mit etwas Glück lässt sich das Lager auch mit Schmackes von Hand rausdrücken.


Und jetzt: Messen, wie breit das Lager selbst ist!


Natürlich auch beim Gegenstück: Wie tief sitzt der Anschlag in der Nabe?
Das wird dann wichtig, wenn das Lager nicht bis auf Anschlag eingepresst war: Der Rest von "Anschlagtiefe minus Lagerunterstand minus Lagerbreite" wird dann auf Seite 1 mit Unterlegscheiben exakt ausgeglichen. Hier entfällt das, weil das Lager tatsächlich am Anschlag saß.

Und jetzt kommt's:
Zwischen beiden Lagern sitzt das Mittelstück der Achse, exakt auf Maß gearbeitet, und liegt an beiden Lagern an. Zieht man nun die äußeren Achsstummel fest, spannt man dabei den inneren Lagerring gegen die Achse und alles ist fest miteinander verbunden.
In diesem Fall trat nach ein paar ausgiebigen Fahrten leichtes Lagerspiel auf - und da ja alles miteinander verschraubt und nicht einstellbar ist, muss mindestens eines der Lager einen Hauch weiter vom Mittelstück der Achse weg kommen.
Dafür gibt es Passscheiben, von denen der Industrielager-Fan immer ein paar Tüten rumliegen haben sollte, z.B. 0,1, 0,2 und 0,3 mm stark.
Hier sollten eigentlich 0,1 mm reichen:

Und wieder rein mit dem Lager, natürlich schön gefettet oder geölt überall dort, wo sich Stahl und Aluminium berühren.

Zum Einpressen immer nur auf den äußeren Lagerring drücken!
Zufällig passte dafür mein Kurbelabzieher. Lager bis auf Anschlag reindrücken bzw. -klopfen.

Anschließend Sichtprüfung:
Hier hat das leider noch nicht ganz gereicht, also habe ich das Ganze auf der anderen Seite wiederholt und dort ebenfalls 0,1 mm untergelegt. Anschließend war es in Ordnung, wobei natürlich auch 0,2 mm auf nur einer Seite das gleiche bewirkt hätten.
Zum Prüfen des Spiels bitte das Rad einbauen und den Schnellspanner wie gewohnt anziehen, Bremse entspannen und an der Felge nach rechts und links zerren. Dabei darf nix wackeln, knacken oder klappern.
Wer seine Schnellspanner gern voll anballert, kann eventuell bei ausgebautem Rad noch etwas Lagerspiel übrig lassen, kommt auf einen Versuch an.
Das Ganze ist übrigens nicht so aufwendig, wie es hier vielleicht wirkt und sollte auch ohne Übung innerhalb von 20 Minuten erledigt sein. Taiwan-Profis brauchen dafür nicht mal 5.
hier kommt eine Anleitung zum Einstellen des Lagerspiels bei industriegelagerten Naben, die nicht klassisch gekontert werden können, wie z.B. Vorderradnaben von Novatec und Chin Haur.
Diese Naben befinden sich unter "falschem Namen" in unzähligen, teils auch sehr teuren und hochwertigen Systemlaufrädern.
Hier erstmal der Ausgangspunkt: Powerway Solohomer Pro 2 aus Taiwan.

KinLin 300 Felgen, industriegelagerte Naben (hinten sehr gut gedichtet), bogenlose Pillar Aero-Speichen (HR 3G-gespeicht), Alunippel.
Der Satz wiegt ohne Schnellspanner ca. 1580 g laut Kern-Feinwaage und ist laut Aussage des Besitzers in allen Lebenslagen stabil genug.
Beim Hinterrad ist die Lagerung klassisch gekontert und damit jederzeit einstellbar, der Freilauf sitzt auf der Achse und seine Sperrklinken greifen außen im Nabenkörper in einen großen Ring aus gehärtetem Stahl - ein interessantes Prinzip, finde ich.
Beim Vorderrad trat bald leichtes Spiel auf, und da dort die Lagerung nicht über Kontermuttern eingestellt werden kann, muss man zu Passscheiben greifen.


Die Endstücke der Nabenachse sind nur aufgesteckt, werden bei ausgebautem Rad von O-Ringen gehalten und lassen sich von Hand abziehen:

Es zeigt sich eine Achse mit eingeschraubten Endstücken, wie man sie z.B. von Novatec kennt.

Also auf beiden Seiten einen 5 mm Inbusschlüssel rein und losdrehen - eine Seite löst sich, die andere bleibt vorerst fest.

Hier sieht man schon, wie die andere Seite aufgeht: Die Achse hat innen einen 6 mm Inbus.

Also ab damit.

Und nachmessen, wo genau das Lager sitzt. Das wird später vor allem dann wichtig, wenn es nicht bis zum Anschlag eingepresst sein sollte, wie es bei Novatec meistens der Fall ist (hier nicht, aber das weiß man jetzt ja noch nicht).


Nabenkörper schön gleichmäßig warm machen. Dabei soll natürlich nichts verschmoren, aber es darf schon deutlich mehr als handwarm sein - um so leichter geht der Rest.

Beide Endstücke wieder eindrehen (der besseren Führung wegen). Auf der Seite, wo das Lager raus soll, anziehen. Andere Seite einige mm rausgedreht lassen, Inbusschlüssel reinstecken und mit Gummihammer o.Ä. beklopfen.
Natürlich darf die Achse dabei NICHT mit der anderen Seite aufliegen und der Schlosserhammer ist auch unnötig: Das Foto ist also falsch und ich habe die Nabe zum Rausklopfen zwischen meine Knie gelegt. Das ließ sich nur nicht vernünftig fotografieren!
Prinzipiell können die Achsstummel natürlich auch ab bleiben, dann wird halt ein 6 mm Inbus in die Achse gesteckt und darauf geklopft. Dummerweise hatte ich keinen, der lang genug war - und mit eingedrehten Stummeln besteht nicht die Gefahr, dass die Achse verrutscht oder das ausgepresste Lager augenblicklich unterm Sofa oder im nächsten Gully verschwindet.
Nicht so schön: bei dieser Aktion überträgt sich die Kraft über die Lagerkugeln, aber anders geht es leider nicht. Daher auch ordentlich warm machen, damit alles schön leicht flutscht! Mit etwas Glück lässt sich das Lager auch mit Schmackes von Hand rausdrücken.


Und jetzt: Messen, wie breit das Lager selbst ist!


Natürlich auch beim Gegenstück: Wie tief sitzt der Anschlag in der Nabe?
Das wird dann wichtig, wenn das Lager nicht bis auf Anschlag eingepresst war: Der Rest von "Anschlagtiefe minus Lagerunterstand minus Lagerbreite" wird dann auf Seite 1 mit Unterlegscheiben exakt ausgeglichen. Hier entfällt das, weil das Lager tatsächlich am Anschlag saß.

Und jetzt kommt's:
Zwischen beiden Lagern sitzt das Mittelstück der Achse, exakt auf Maß gearbeitet, und liegt an beiden Lagern an. Zieht man nun die äußeren Achsstummel fest, spannt man dabei den inneren Lagerring gegen die Achse und alles ist fest miteinander verbunden.
In diesem Fall trat nach ein paar ausgiebigen Fahrten leichtes Lagerspiel auf - und da ja alles miteinander verschraubt und nicht einstellbar ist, muss mindestens eines der Lager einen Hauch weiter vom Mittelstück der Achse weg kommen.
Dafür gibt es Passscheiben, von denen der Industrielager-Fan immer ein paar Tüten rumliegen haben sollte, z.B. 0,1, 0,2 und 0,3 mm stark.
Hier sollten eigentlich 0,1 mm reichen:

Und wieder rein mit dem Lager, natürlich schön gefettet oder geölt überall dort, wo sich Stahl und Aluminium berühren.

Zum Einpressen immer nur auf den äußeren Lagerring drücken!
Zufällig passte dafür mein Kurbelabzieher. Lager bis auf Anschlag reindrücken bzw. -klopfen.

Anschließend Sichtprüfung:
- gegenüberliegende Seite zusammenschrauben, Achsstummel festziehen
- am Stummel wackeln und auf der unterlegten Seite durch das Lager die Achse anschauen: Sie sollte jetzt etwas "Luft" haben und sich hin und her kippeln lassen, was vorher nicht der Fall war.
- der andere Achsstummel zieht nun wieder den Innenring des Lagers gegen das Mittelstück der Achse und gleicht dabei 0,1 mm mehr Spiel aus, entsprechend der eingelegten Scheibe.
Hier hat das leider noch nicht ganz gereicht, also habe ich das Ganze auf der anderen Seite wiederholt und dort ebenfalls 0,1 mm untergelegt. Anschließend war es in Ordnung, wobei natürlich auch 0,2 mm auf nur einer Seite das gleiche bewirkt hätten.
Zum Prüfen des Spiels bitte das Rad einbauen und den Schnellspanner wie gewohnt anziehen, Bremse entspannen und an der Felge nach rechts und links zerren. Dabei darf nix wackeln, knacken oder klappern.
Wer seine Schnellspanner gern voll anballert, kann eventuell bei ausgebautem Rad noch etwas Lagerspiel übrig lassen, kommt auf einen Versuch an.
Das Ganze ist übrigens nicht so aufwendig, wie es hier vielleicht wirkt und sollte auch ohne Übung innerhalb von 20 Minuten erledigt sein. Taiwan-Profis brauchen dafür nicht mal 5.
Zuletzt bearbeitet: