Teil2
Die Vernunft würde es gebieten, über St. Martin zurück auf die Weinstraße zu fahren und den Weg Richtung Landau fortzusetzen. Aber ich biege auf die Totenkopfstraße ab, was zeigt, wie schlimm es um mich steht ;-)
Durch das "Stille Tal" komme ich auf einem schmalen Sträßchen mit angenehmer Steigung nach Iggelbach. Bezeichnender Weise überholen mich hier die einzigen beiden Autos, denen ich im gesamten Pfälzer Wald begegne.
Dann zieht die Steigung jedoch wieder dramatisch an und ich leide erneut. Glücklicherweise bin ich noch geistesgegenwärtig genug um anschließend via B48 den direkten Weg nach Annweiler zu nehmen. Auf der gut 15km langen Abfahrt kann ich mich gut erholen und erreiche zur Geisterstunde Annweiler. Mich gelüstet nach einem deftigeren Spätimbiss, aber hier sind bereits alle Bürgersteige hochgeklappt...
Zur Fahrt durch die Rheinebene lässt sich nicht viel sagen, denn viel gibt es hier ja Nachts nicht zu sehen. Aber es hat sich auf angenehme 20°C heruntergekühlt und ich komme wieder gut voran. Das Stück zwischen Zeilskam und Germesheim über einen Wirtschaftsweg gefällt mir gut. Nachdem ich in Germersheim eine Tankstelle "ausgeraubt" habe, quere ich um 2Uhr erneut den Rhein. Jetzt erinnere ich nur ewig lange Stücke auf Radwegen entlang größerer Straßen. Nachts kein Problem, tagsüber durch den Verkehrslärm vielleicht etwas nervig.
Ich beschließe, mir den Schlenker über Sinsheim zu sparen und folge zunächst der B3 nach Norden. Über diverse Radwegausschilderungen und mit Hilfe meiner digitalen Karte schlage ich mich schließlich bis Meckesheim durch und bin wieder auf der Originalstrecke.
Während eines Zwischenhaltes in einer Ortschaft zur Orientierung werde ich plötzlich von hinten angesprochen. Damit rechnet man ja mitten in der Nacht eher weniger. Es ist die Rennleitung. "Warten Sie hier auf jemanden?" Ähm, nein, ich plane mein weiteres Vorankommen. "Sie machen also eine Radtour?!" Hallo? Ja wonach sieht es denn sonst aus...
Ein schönes Morgenrot kündigt den neuen Tag an. Zu diesem Zeitpunkt hab ich mich bereits entschieden, in Heidelberg den Heimweg anzutreten. Ein gemütliches Ausrollen über Neckargemünd kommt aber nicht in Frage, jetzt will ich auch noch auf den Königstuhl.
Noch vor dem Beginn der Stoppo-Strecke muss man bis Waldhilsbach eine Mörder-Rampe bezwingen. Am Stoppomat dann der Hinweis, dass das Pendant am Gipfel nicht funktioniert. Mann möge seine Zeit dort per Hand eintragen. Haha!
Der Aufstieg beginnt gemach, aber nach den zwei Kehren zieht es für die nächsten 2,5km deutlich an, bevor es wieder etwas moderater wird. Der Aussichtspunkt ist super, auch wenn man von Heidelberg selbst nicht allzu viel sieht. Für die Abfahrt in die Stadt sind bestens funktionierende
Bremsen nicht nur angebracht, sondern zwingend erforderlich...
Epilog: Während dem Frühstück in Heidelberg hab ich entschieden, wenigstens noch nach Hause zu radeln. Allerdings auf flachem Weg entlang von Neckar und Rhein. Bis Mannheim lief es prima, dann wurde es zäh und über die letzten Kilometer ab Worms decke ich den Mantel des Schweigens. Es waren wohl die schlimmsten Stunden, die ich je auf dem Rad verbracht habe und ich war zweimal kurz davor, in die Bahn zu steigen...