Ich verstehe euren Standpunkt, und wenn ihr abnehmen könnt, ohne Disziplin, Planung und Hungergefühl, dann macht gottverdammtnochmal exakt so weiter!
Bei mir geht das nicht. Und auch theoretisch-physiologisch sollte das nicht gehen. Die Struktur im Gehirn, die die Nahrungsaufnahme steuert, ist der Hypothalamus. Der Hypothalamus reagiert kurzfristig auf die Dehnung des Magens oder auf den Anstieg des Blutzuckers. Aber das eben nur sehr kurzfristig. Das langfristige Niveau des Appetits hängt von der Versorgung des Hypothalamus mit Energie ab. D.h. dieser Teil des des Gehirns misst absolut genau, wieviel kcal ihr pro Tag esst. Wenn es weniger ist, als ihr verbraucht, dann hebt er die allgemeine Neigung zu Hunger und Appetit an. Noch fieser, da er Teil des Gehirns ist und gute Connections zum Cortex hat, der bewusste Prozesse steuert, kann er euch Heißhunger auf kalorienreiche Nahrungsmittel machen. Ich nehme an, wir alle kennen diesen Zustand...
Wie gesagt ist es rein neurophysiologisch betrachtet nicht möglich, langfristig in negativer Energiebilanz zu stecken, ohne vermehrt Hunger zu haben.
Ich will hier niemanden angreifen, der andere Erfahrungen gemacht hat. Wie gesagt, never change a running system. Aber die Typen, die langfristig eine gute Form halten, z.B. Leistungssportler, erzählen einem von Disziplin, Verzicht, Planung, und vor allem endlosem Hunger. Die Typen, die seit Ewigkeiten Lari-Fari-"Ernährungsumstellungen" machen und trotzdem immer gleich aussehen, die erzählen einem davon, wie toll satt sie ständig sind und wie super sich ihre Ernährung anfühlt, ohne dass sie je was planen oder abwiegen. Das sind gerne auch die Keto-, Paleo- oder Low-fat-Fundamentalisten.
Wie gesagt, noch erinnert mich hier niemand an den letztgenannten Typ. Manche geraten durch Ausnahmesituationen in ein Übergewicht hinein und graben sich da instinktiv selbst raus, weil ihre Hungerregulation eigentlich richtig gut funktioniert. Andere, so wie ich, essen gewohnheitsmäßig einfach zu viel, außer sie steuern bewusst dagegen und nehmen den Hunger in kauf. Seid einfach froh, wenn euer Gehirn eigentlich auf Schlankheit eingestellt ist - aber erzählt dem anderen Typus bitte nichts von Sattheit und verzichtfreiem Abnehmen. Die Mehrheit der Übergewichtigen ist da wo sie ist, weil ihr Hypothalamus falsch eingestellt ist. Da hilft es nichts, den Magen mit Gemüse und anderem niedrigkalorischem Essen zu füllen. Wir kriegen dann halt ne Stunde später Heißhunger auf süßes oder deftiges oder...
Manche von uns müssen einfach den bewussten Teil des Gehirns einschalten und gegen das natürliche Hungergefühl anplanen. Soweit ich informiert bin ist das leider die Mehrheit. Übergewicht wird in der Medizin genauso betrachtet wie die Sucht nach Alkohol oder Zigaretten. Die meisten kommen davon nicht los, aber wer es schafft, schafft es durch bewusste Intervention unter großem Aufwand. Alles andere ist Schönfärberei. Und Gott weiß, ich wünschte, ich müsste mich nur an leckeren Reispfannen so richtig sattessen, um abzunehmen... leider bin ich anders.