no*dice
shit sucks!
Quäl dich, du Sau!
von Thorsten Fuchshuber, aus KONKRET Heft 7 - Juli 2007
Am deutschem Wesen soll auch der Leistungssport genesen: Die aktuelle Dopinghysterie ist geprägt von deutscher Ideologie mit antisemitischen Zügen. Von der grundsätzlichen Verlogenheit einer Debatte um Hochleistungssportler, die lediglich die Vorgabe der Leistungsgesellschaft erfüllen, das Äußerste aus sich herauszuholen, einamal abgesehen.
Konfrontierte bereits im 2003 die Berichterstattung über den Tour de France-Zweikampf zwischen Lance Amstrong und Jan Ulrich den amerikanischen „Radsport-Roboter“ mit dem „als Mensch und Sportler größer gewordenen Deutschen“ und dessen authentischen Leistungen, ist der aktuelle Skandal vollendens vom Wahn des „sauberen Hochleistungssports“ („FAZ“), vom Triumph des puren Willens beseelt. Unter Schweiß, Schmerz und Tränen soll der Sportler seinen Sieg erringen.
Darin offenbart sich nicht nur die Lustfeindlichkeit der Kommentatoren, die wohl kaum in erster Linie um die Gesundheit der Sportler besorgt sind. Vielmehr geht es ihnen um die Vorstellung, daß bestimmte Substanzen womöglich das Leiden der Athleten durch Glücksgefühle ersetzen können. Die so „erschlichenen, übernatürlichen Erfolge“, meinen etwa die Kommentatoren der „FAZ“, zeugen von „Scheinheiligkeit und Gier“, von „organisierter Heuchelei“. Eine solche Radsportwelt, in der „Gewinn alles Ethik nichts zählt“, ist „von innen heraus verfault“.
In diesem Jargon offenbart sich ein Ressentiment, das dem antisemitischen verwandt ist. Der Antisemit stellt sich das Kapitalverhältnis als ominöse Einrichtung zwecks betrügericher Vermehrung des Geldes vor, wobei er als Akteur den jüdischen Wucherer halluziniert, um diesem „raffenden Kapitalisten“ dem im Schweiße seines Angesichts „schaffenden“ Kapitalisten entgegenzustellen. Ähnlich phantasiert man in der aktuellen Debatte über die betrügerische Vermehrung der Kräfte des Sportlers durch Dopingmittel und die dadurch ausgelösten biochemischen Prozesse. Mit hilfe dieser Substanzen würden „all die fairen Fahrer, die nie gespritzt, sondern nur hart trainiert haben ... von Gaunern um die Früchte ihrer Arbeit gebracht“ („Kölnische Rundschau“). Daß es so oder so der Körper des Sportlers bleibt, der rücksichtslos ausgebeutet wird , ist egal.
Da der politische Diskurs unter Beobachtung steht, flüchtet sich das antisemitische Ressentiment in die Alltagskultur. Dort findet es sein Residuum in der Sprache, wie Adorno sagte, und harrt der des Jargons kundien Empfänger. Der Deutsche Olympische Sportbund fordert von seinen Mitgliedern derweil „die sogenannte Endkampfchance“ („FAZ“) - was bedeutet daß ein deutscher Sportler auch ohne Dopingmittel gegen die gedopte Konkurenz bestehen muß. Das „weltumspannende Lügenkartell des Radsports“ („Stuttgarter Nachrichten“) steht scheint`s, kurz vor Berlin. Und dann muß man auch noch auf den „Frontfahrer Jan Ullrich“ (Nürnberger Nachrichten“) verzichten. Aber so ist das eben, wenn „der Mammon das menschliche Handeln“ („Westfälische Nachrichten“) regiert.
von Thorsten Fuchshuber, aus KONKRET Heft 7 - Juli 2007
Am deutschem Wesen soll auch der Leistungssport genesen: Die aktuelle Dopinghysterie ist geprägt von deutscher Ideologie mit antisemitischen Zügen. Von der grundsätzlichen Verlogenheit einer Debatte um Hochleistungssportler, die lediglich die Vorgabe der Leistungsgesellschaft erfüllen, das Äußerste aus sich herauszuholen, einamal abgesehen.
Konfrontierte bereits im 2003 die Berichterstattung über den Tour de France-Zweikampf zwischen Lance Amstrong und Jan Ulrich den amerikanischen „Radsport-Roboter“ mit dem „als Mensch und Sportler größer gewordenen Deutschen“ und dessen authentischen Leistungen, ist der aktuelle Skandal vollendens vom Wahn des „sauberen Hochleistungssports“ („FAZ“), vom Triumph des puren Willens beseelt. Unter Schweiß, Schmerz und Tränen soll der Sportler seinen Sieg erringen.
Darin offenbart sich nicht nur die Lustfeindlichkeit der Kommentatoren, die wohl kaum in erster Linie um die Gesundheit der Sportler besorgt sind. Vielmehr geht es ihnen um die Vorstellung, daß bestimmte Substanzen womöglich das Leiden der Athleten durch Glücksgefühle ersetzen können. Die so „erschlichenen, übernatürlichen Erfolge“, meinen etwa die Kommentatoren der „FAZ“, zeugen von „Scheinheiligkeit und Gier“, von „organisierter Heuchelei“. Eine solche Radsportwelt, in der „Gewinn alles Ethik nichts zählt“, ist „von innen heraus verfault“.
In diesem Jargon offenbart sich ein Ressentiment, das dem antisemitischen verwandt ist. Der Antisemit stellt sich das Kapitalverhältnis als ominöse Einrichtung zwecks betrügericher Vermehrung des Geldes vor, wobei er als Akteur den jüdischen Wucherer halluziniert, um diesem „raffenden Kapitalisten“ dem im Schweiße seines Angesichts „schaffenden“ Kapitalisten entgegenzustellen. Ähnlich phantasiert man in der aktuellen Debatte über die betrügerische Vermehrung der Kräfte des Sportlers durch Dopingmittel und die dadurch ausgelösten biochemischen Prozesse. Mit hilfe dieser Substanzen würden „all die fairen Fahrer, die nie gespritzt, sondern nur hart trainiert haben ... von Gaunern um die Früchte ihrer Arbeit gebracht“ („Kölnische Rundschau“). Daß es so oder so der Körper des Sportlers bleibt, der rücksichtslos ausgebeutet wird , ist egal.
Da der politische Diskurs unter Beobachtung steht, flüchtet sich das antisemitische Ressentiment in die Alltagskultur. Dort findet es sein Residuum in der Sprache, wie Adorno sagte, und harrt der des Jargons kundien Empfänger. Der Deutsche Olympische Sportbund fordert von seinen Mitgliedern derweil „die sogenannte Endkampfchance“ („FAZ“) - was bedeutet daß ein deutscher Sportler auch ohne Dopingmittel gegen die gedopte Konkurenz bestehen muß. Das „weltumspannende Lügenkartell des Radsports“ („Stuttgarter Nachrichten“) steht scheint`s, kurz vor Berlin. Und dann muß man auch noch auf den „Frontfahrer Jan Ullrich“ (Nürnberger Nachrichten“) verzichten. Aber so ist das eben, wenn „der Mammon das menschliche Handeln“ („Westfälische Nachrichten“) regiert.