Das neue Specialized Roubaix 2020 hat eine schwere Aufgabe – kaum auf dem Markt, muss es bei Paris-Roubaix beweisen, dass es seinen Namen verdient. Alle von Specialized gesponserten Teams sollen am Sonntag in der Hölle des Nordens auf der nächsten Generation des Endurance-Roadbikes antreten. Für die harte Prüfung wartet das Roubaix mit einstellbarem Future Shock System, besserer Aerodynamik und mehr Dämpfung am Sattel auf. Wir konnten das Roubaix bereits auf dem Pflaster von Paris-Roubaix und an Hellingen der „Ronde“ testen.
Specialized Roubaix 2020 Infos
- Aerodynamischer als das Specialized Tarmac
- Neues einstellbares Future Shock 2.0: Hydraulik-Dämpfung im Steuerrohr mit 20 mm Federweg
- Mehr Komfort am Sattel durch neue Pavé Sattelstütze und mehr Auszug
- Fact11R Carbonrahmen mit Gewicht unter 900 g (Größe 56)
- Fact11R Rahmen 170 g leichter als am Vorgänger-Roubaix
- „Beyond Gender“ – das Roubaix ist für Männer und Frauen
- 11 Rahmengrößen, davon 3 Team-Varianten mit aggressiverer Geometrie
- Reifenfreiheit bis 700x33c
- Serienmäßig Tubeless-Ready ausgelegt
Modelle und Preise
- S-Works Roubaix SRAM Red eTap AXS 2×12: 11.199 €
- S-Works Roubaix Dura Ace Di2 2×11: 10.999 €
- Roubaix Pro Sram Force eTap AXS 2×12: 6.999 €
- Roubaix Comp Shimano Ultegra Di2 2×11: 4.799 €
- Roubaix Comp Shimano Ultegra 2×11: 3.799 €
- Roubaix Sport Shimano 105 2×11: 2.799 €
- Roubaix Tiagra 2×10: 2.799 €
- Roubaix S-Works Rahmenset: 3.999 €
- Verfügbar ab sofort
- Infos www.specialized.com
Im Detail
Specialized gab unlängst bekannt, dass das Unternehmen Sponsor von Paris-Roubaix wird. 6 Siege wurden auf Specialized-Rädern bereits im Stadion von Roubaix erzielt – so viele wie mit keiner anderen Radmarke. Klar, dass das neue Roubaix das Rennrad sein soll, dass die Siegesreihe fortsetzt. Dazu drehte Specialized mit viel Aufwand (3 Jahre Entwicklungszeit nennt die Marke) an zwei Stellschrauben: der Aerodynamik und dem Komfort – letzterer war bereits eine Stärke des „alten“ Roubaix. „Können wir mit dem neuen Roubaix so gut oder besser sein wie mit dem aktuellen Tarmac“, nennt Aero-Forschungs- und Entwicklungschef Chris Yu die Zielvorgabe bei der Entwicklung des Roubaix.
Einsatzbereich | Tour, Rennen |
---|---|
Rahmenmaterial | Carbon |
Gabel | Carbon |
Stack | 605 mm |
Website | www.specialized.com |
Aerodynamik: besser als das Tarmac
Man konnte. Das neue Roubaix ist nach Specialized-Messungen im eigenen Windtunnel in einigen Windsituationen schneller als das Tarmac SL6, vor allem, wenn der Wind direkt von vorne kommt – man denke an lange Solofluchten Richtung Velodrom. Dabei maßen die Kalifornier den Widerstand mit dem Hover Bar Serienlenker mit Aufwärtsbiegung am Oberlenker und Serienlaufrädern. Wohlgemerkt: in der identischen Fahrerposition, obwohl die Position auf dem Endurance-Roadbike im Normalfall aufrechter ausfällt. Anders wäre ein Vergleich der Technik kaum möglich.
Bei der Entwicklung griffen die Ingenieure auf ein Konzept zurück, das bereits beim aktuellen Venge zum Einsatz kam.
=> Hier findet ihr alle Infos zum aktuellen Specialized Venge
Futureshock: mit Öl-Dämpfung und einstellbar
Wie Peter Sagan bei Paris-Roubaix 2018 an seinem Vorbau schraubte, ist vielen noch in Erinnerung. Laut Specialized fuhr Sagan bei seiner Siegfahrt bereits einen Vorläufer des neuen Future Shock Systems. [UPDATE 11.04.2019] Den Inbus in der Hand benötigte er nur, um den Vorbau zu fixieren. Er nutzte zum An- und Abstellen der Federung bereits einen Drehschalter über dem Steuerrohr.
Damit ist eine wichtige Neuerung des Future Shock Systems bereits genannt. Die Dämpfung ist einstellbar (nicht abstellbar, wie bei Sagans Prototyp), sehr verkürzt gesagt: Es ist wählbar, wie schnell der Vorbau ein- und ausfedern kann. Wer es nicht kennt: Das Future Shock System ist eine Art umgedrehte Mini-Federgabel-Einheit im Gabelschaft mit 20 mm Federweg und unserer Meinung nach das derzeit effektivste Stoßdämpfungs-System am Straßenrennrad.
Der Vorbau federt dabei ein und aus, die Geometrie und damit das Lenkverhalten ändern sich aber im Unterschied zur Federgabel nicht. So profitiert man von weniger Stößen an den Händen, hat aber trotzdem immer das Rennrad typische Lenkverhalten. Am neuen Roubaix dient ein griffiger Knopf über dem Vorbau zur Einstellung; wir zählten 8 Raststufen. Radprofis benötigen offenbar keine derart feine Abstufung. Am Rad des belgischen Meisters Yves Lampaert war der Drehknopf gegen ein eher schalterähnliches Custom-Modell ausgetauscht. Tatsächlich sagte Lampaert, dass er entweder „An“ oder „Aus“ fahre. Wobei „An“ der Standard sei und „Aus“ nur an Bergen oder für Sprints zum Einsatz käme. Womit schon viel darüber gesagt ist, wie nützlich sich das System macht.
Komfort am Hinterbau: Pavé-Stütze und neue Klemmung
Das Gefälle vom außerordentlichen Komfort an den Händen zum – daran gemessen – nur guten Komfort am Sattel war einer der Hauptkritikpunkte am „alten“ Roubaix, auch bei unserem Test. Specialized entschied sich für den Hinterbau gegen eine aktive Federung nach dem Vorbild des Future-Shock, nachdem man damit experimentierte. Ausprobiert wurde auch, welche Federbahnen sich im Verhältnis zum Future Shock ausbalanciert anfühlen. Man strebte schließlich eine Bewegung im 45-Grad-Winkel zur Rad-Längsachse an, die den Tretzyklus am wenigsten stört. Zuständig dafür ist eine neue Pavé Carbonsattelstütze im Zusammenspiel mit der tief angesetzten Stützen-Klemmung. Die Pavè Stütze hat eine D-Form wie beim Tarmac (und bei anderen Carbon-Dämpfungskonzepten). Ihr Rohr soll im oberen Bereich stark flexen können. Mit dem neuen Roubaix geht auch die charakteristische „Z-förmige“ CG-R Carbon-Sattelstütze.
Ausstattung: Neuer Rahmen auch für Einsteiger
Da im Carbon-Rahmen des Specialized Roubaix 2020 ein Haufen Neuerungen stecken, war die Frage spannend, wie die Ausstattungs-Niveaus liegen werden. Vorweg: Während auf der Specialized Webseite zuletzt das günstigste 2018er Modell das „Sport“ für 2.699 € mit Shimano 105 war, gibt es das 2020er Roubaix wieder mit Tiagra 10-fach für 2.299 Euro, wobei Specialized noch keine Angaben zur Bremssausstattung des Rades machte. Erfreulich: Dank „Beyond Gender“ ist das Roubaix in einer Vielzahl von Farbavarianten zu haben, die über das gängige Schwarz-Weiß-Plus X Schema hinaus gehen.
Den neuen Carbonrahmen erkennt man auch im Vorbeifahren – so deutlich unterscheidet er sich optisch vom Vorgänger. Mit den neuen Aero-Rohrformen verschwanden auch die schwellenderen Linien des Vorgängers. Nicht nur aerodynamisch, sondern auch optisch ist das neue Roubaix näher am Tarmac, was ihm sehr gut tut. Charakteristisch ist die kleine „Heckflosse“ unterhalb des Oberrohrs. Sie sieht schnell aus, aber sie verkleidet auch eine willkommene Neuerung. Die Stütze wird jetzt innen geklemmt, statt per Doppelschrauben-Klemmung, die sich in unserem letzten Test als anspruchsvoll in der Handhabung erwies. Geblieben ist die tiefer gesetzte Klemmung, so dass der Hebel der Sattelstütze zum Federn um den Drehpunkt der Klemmung groß ausfällt, was sie schon bei geringeren Kräften nachgeben lässt.
Auch das Future Shock System wurde aufgeräumter gestaltet, unter anderem mit einem Vorbau, dessen Design speziell auf die Federung abgestimmt ist. Kurz: Alles wirkt auf uns glatter, gefälliger und schneller – weniger Endurance, mehr Race…
Fact11R Carbonrahmen spart 170 g Gewicht
Dazu passt, dass auch unsichtbares Know-how im neuen Carbonrahmen steckt. Specialized sparte einiges Gewicht ein. Unter 900 g in Größe 56 und damit 170 g weniger als der Vorgänger soll der neue Fact11R Carbonrahmen der S-Works Modelle wiegen. Wie gehabt, bleibt den S-Works-Modellen der leichtere Fact11R Rahmen vorbehalten, der aus hochwertigeren Fasern gefertigt wird. Ab Pro-Niveau kommt die Fact10R Variante zum Einsatz, die aber ebenfalls etwas erleichtert wurde. Einen ersten Eindruck an der Waage konnten wir mit Kompletträdern inklusive Flaschenhaltern und Pedale gewinnen. Dort wog das 54er Roubaix Pro mit Fact10R Rahmen und SRAM Force etap AXS 8,32 kg mit 350 g schweren Vector Pedalen.
Das Specialized Roubaix 2020 ist insgesamt in 8 Ausstattungs-Niveaus zu haben, darunter auch die Pro Version mit neuer SRAM Force eTap AXS, die wir gefahren sind. Allen gemeinsam ist der Einsatz von Tubeless-fähigen Laufrädern und Reifen, letztere in der Breite bis 28 mm. Nominell bis zu 33 mm breite Reifen sollen im Roubaix ausreichend Platz finden. Sprich: Da der 28 mm Specialized Gripton-Reifen am Testrad auf den Felgen mit 21 mm Maulweite schon 31 mm breit lief, bleibt viel Platz! Ebenfalls allen gemeinsam ist die Aussattung mit der Specialized Hover Bar.
Geometrie: 11 Größen für Alle
Mit dem Roubaix macht es sich Specialized nicht einfach. Die Marke, die das Endurance-Roadbike populär machte, schickt ihr neues Roubaix auch als Speerspitze einer neuen Modellpolitik ins Rennen, die mit Venge bereits eingeläutet wurde: Keine getrennten Modelle mehr für Männer und Frauen. Damit nicht genug: Mit der Premiere des Roubaix bringt die Marke aus Morgan Hill, Kalifornien, auch ein Video, das in der Forderung nach einem Paris-Roubaix-Rennen für Frauen gipfelt und damit direkt auf die Rennprogramm-Gestaltung des Veranstalter-Giganten A.S.O. abzielt.
Während Anpassungen der A.S.O. Zukunftsmusik bleiben, hatte die neue Philosophie für die Geometrie des Roubaix Konsequenzen. Die greifbarste: Das Frauenmodell Ruby ist passé. Der stark vereinfachte Hintergrund dazu ist, dass Specialized die Daten aus dem eigenen Retül Bikefitting-System bei der Neu-Entwicklung analysiert. Dabei fand man heraus, was R&D Chef Chris Yu so zusammenfasst: „Wir haben gelernt, dass es wahrscheinlich zwischen 2 Männern größere Unterschiede gibt, als zwischen einem Mann und einer Frau.“.
Mit dem Wegfall des Ruby kommt das neue Roubaix gleich in 8 Rahmengrößen. Neben den 8 Standardgrößen bietet Specialized außerdem 3 Rahmengrößen einer „Team“-Version an. Sie entspricht dem Profi-Rad mit „aggressiverer“ Sitzposition. Hier sind laut Specialized Stack und Reach wie beim aktuellen Tarmac. Dafür fällt zum Beispiel das Steuerrohr bei allen Team-Rahmen circa 25 mm kürzer aus.
Rahmengröße cm | 44 | 49 | 52 | 54 | 56 | 58 | 61 | 64 (nur Expert) |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Sitzrohrlänge mm | 410 | 410 | 446 | 465 | 485 | 505 | 547 | 568 |
Oberrohrlänge mm | 512 | 525 | 533 | 545 | 563 | 579 | 595 | 609 |
Steuerrohrlänge mm | 90 | 100 | 112 | 125 | 143 | 170 | 205 | 215 |
Sitzwinkel Grad | 74 | 74 | 74 | 74 | 73,5 | 73,5 | 73,5 | 73 |
Lenkwinkel Grad | 70 | 71,5 | 72 | 72,5 | 73,5 | 73,5 | 74 | 74 |
Nachlauf | 71 | 62 | 59 | 61 | 55 | 55 | 52 | 52 |
Kettenstrebenlänge | 413 | 413 | 413 | 415 | 415 | 418 | 418 | 418 |
Radstand | 981 | 982 | 986 | 988 | 996 | 1014 | 1024 | 1033 |
Tretlager-Absenkung | 77,5 | 77,5 | 77,5 | 76 | 76 | 74,5 | 74,5 | 74,5 |
Stack mm | 540 | 555 | 570 | 585 | 605 | 630 | 665 | 675 |
Reach mm | 353 | 363 | 368 | 376 | 384 | 392 | 398 | 404 |
Stack to Reach (StR-Wert) | 1,52 | 1,52 | 1,55 | 1,56 | 1,58 | 1,61 | 1,67 | 1,67 |
Obwohl das Roubaix 2020 auch für Bestzeiten gemacht ist, bleibt Specialized der ziemlich aufrechten Auslegung der Sitzposition treu. Die Stack-to-Reach Werte beginnen schon in den kleinen Rahmenhöhen bei komfortablen Werten um 1,5 und überschreiten bei den 60er Rahmenhöhen deutlich die 1,6. Noch aufgerichteter macht das Sitzen der Hover Bar, wie der am Oberlenker um 1,5 cm zum Fahrer empor gebogene Lenker bei Specialized heißt. Er ist an allen Modellen bis hin zum S-Works die Standardausstattung.
Vergleicht man die Geometrie des neuen Roubaix mit dem alten Roubaix, das wir 2018 getestet haben, fallen die Unterschiede in der verglichenen Größe 56 sehr gering aus. Am markantesten sind das um mehr als 1 cm kürzere Sitzrohr und das ebenfalls kürzere Steuerrohr (7 mm). Bedeutet: Mehr Auszug für die Sattelstütze und dadurch mehr Möglichkeiten zum Flexen einerseits. Andererseits kann der Lenker doch fühlbar tiefer positioniert werden als beim Vorgänger. Unser Testrad war außerdem mit einem „S-Works Short and Shallow“ Lenker noch mehr Richtung geneigte Sitzposition getuned, so dass zu einer rennmäßigen Auslegung nicht mehr viel fehlte.
Specialized Roubaix 2020 erster Eindruck
Es gibt sicher wenig schlechteres Kopfsteinpflaster als das auf den Pavés bei Paris-Roubaix. Gegen die in die Felder gestreuten Brocken in der Hölle des Nordens wirken die Steine auf den Hellingen der Flandernrundfahrt wie eine deutsche Straße nach dem Winter gegen eine Radrennbahn. Dort, wo das Roubaix im Wettkampf seinen Platz hat, strecken sich manche „Kindsköpfe“ höher aus dem Boden, als das Roubaix Federweg hat. Hinzu kommt die Geschwindigkeit. Bei den Profis, die mit 60 km/h und mehr in den Wald von Arenberg knallen (und am Anfang ist das Kopfsteinpflaster mit am lückenhaftesten), befindet sich das Future Shock System deshalb dauerhaft in einer Art Vibrationszustand kurz über dem „Anschlag“. Bei der Entwicklung ging es für die Pros darum, dass es nicht zu sehr ausfedert, damit das Gefühl für die Lenkung konstant bleibt, und darum, dass der Anschlag nicht zu hart ist.
Der Fortschritt des Future-Shock 2.0 gegenüber dem alten System, das wir am Specialized Roubaix noch 2018 getestet haben, macht sich auf dem Kopfsteinpflaster für Profis bemerkbar. Yves Lampaert, der bei Deceuninck-Quick-Step einer der Testfahrer für alle Neue ist, bezeichnete es als spürbaren Fortschritt und setzt es aktiv ein. Er hatte seinen Stellknopf mit Grip-Tape getuned, um trotz vom Kopfsteinpflaster gefühlloser Händen mit der Handinnenfläche umzuschalten.
Am deutlichsten wird der Sprung von 1.0 zu 2.0 für Nicht-Pros aber in anderen Fahrsituationen. Auf dem Kurs von Paris-Roubaix sind das die Enden der Pavés, wenn das Pflaster aufhört und es oft in die 90-Grad-Kurve geht. Die Lenkung bleibt dort voll berechenbar, es gibt keine Ausschläge der Federung, die am Steuer einen Hauch von Irritierung bringen können. Alles fühlt sich wie bei einem sehr guten Rennrad an, nur sehr viel komfortabler.
Auf dem Roubaix „frisst man das Pflaster“ – wie man in Flandern sagt – leichter. Es rüttelt zwar auch hier gewaltig, aber es ist einfacher, die Linie im Blick zu behalten und anzusteuern (und die Linie spielt hier eine Rolle). Es reizt, immer noch ein paar mehr Watt aus den Waden zu kitzeln, sich noch etwas tiefer über den Lenker zu beugen und gegen den Wind auf den Feldern anzugehen, einfach, weil es besser läuft. Und das obwohl es mit einem recht kurzen Radstand und nur mäßig „beruhigten“ Lenkwinkel ansonsten ein agiles Rennrad ist.
Und das Roubaix ist leiser. Man braucht schon ordentliche Steine, um das zu merken, aber es fällt auf. Welchen Anteil daran, die leichte Entkopplung des Fahrers hat – schwer zu sagen. Leicht auszumachen ist dagegen der Anteil der neuen SRAM Force eTap AXS. Ihr neuer Fluid-Schaltwerksdämpfer verhinderte das Schlagen der Kette gegen die Carbonstreben auch unter den grausamen Bedingungen im Arenberger Wald. Überhaupt nahmen wir die eTap AXS beim Geratter über die Steine als Vorteil wahr. Es besteht wegen der klaren Aufgabenteilung zwischen den Hebeln gar keine Gefahr, dass die zitternden Hände den falschen Hebel erwischen.
Auch die feine Abstufung der Kassette passt gut zum Anforderungsprofil der „Königin der Klassiker“. Serienmmäßig ist am Roubaix Pro die 46-33 Kurbel mit der 10-33 Kassette gepaart. Mit der 1:1 Übersetzung kamen wir an den Anstiegen der Flandernrundfahrt nicht in Kraftnöte. Eine noch leichtere und gleichzeitig fein abgestufte Alternative für Rennradfahrer bietet das SRAM eTap AXS-System derzeit noch nicht – falls die „Hellingen“ mit längerem „Anlauf“ angefahren werden, könnte das aber durchaus hilfreich sein. Auch bei den mit Shimano ausgestatteten Modellen, die alle mit Kompaktkurbel kommen, ist 1:1 die leichteste Übersetzung.
=> Hier findet ihr einen ausführlichen Test der SRAM Force eTap AXS
Sehr gut gewachsen waren unserer Kopfsteinpflaster-Probe auch die 32 mm hohen Roval CL32 Disc Carbonlaufräder mit den 28 mm breiten Turbo Pro Gripton Reifen im Tubeless Set-up. Gefahren sind wir auf der „Ronde“-Runde mit 5 bar und auf dem Pflaster um Roubaix mit 4,5 bar. So befüllt tanzten die Reifen nicht so sehr auf dem Pflaster, erhöhten aber die Griffigkeit auf den nassen Steinen. Die auch bei Profis gefürchteten Durchschläge blieben aus.
Am Berg zahlt sich Future Shock 2.0 aus. Bergab neigte etwa das alte System bei starken Bremsungen ein „Klonk“ Geräusch als Folge des Eintauchens, das jetzt abgestellt ist. Überhaupt taucht der Vorbau nicht mehr so schnell weg. Im Wiegetritt an den hochprozentigen Steigungen der Hellingen heißt es, Drehknopf auf maximale Dämpfung – und die Federbewegungen reduzieren sich auf ein so geringes Maß, dass man vergisst, dass sie da sind. In der Summe: Man merkt während der Fahrt nicht, dass man gefedert unterwegs ist, wenn man nicht für den Test darauf achtet. Aber man merkt es, wenn man nach der Fahrt entspannter wieder absteigt.
Überhaupt muss man eigentlich gar nicht über das Pflaster nach Roubaix fahren, um die große Stärke des Systems zu erkennen: Die fortwährende Entlastung von kleinen und kleinsten Stößen führt auch auf normalen (will sagen: normal schlechten) Straßen zu weniger Belastung der Hände.
Wurde die Federung des Roubaix 2020 in der Praxis ausbalancierter durch den neuen Hinterbau? Für uns ja, schon allein, weil das Future Shock System weniger „sprunghaft“ wirkt und damit dem Gefühl am Sattel näher kommt. Auch überzeugte die neue Pavé Stütze mit dem Federkonzept besonders dann, wenn viele eher starke Schläge vom Untergrund kommen, sprich: Kopfsteinpflaster, wo wir einen Komfortvorteil zum Vorgänger spüren konnten. Unklar ist jedoch zum Beispiel, welchen Anteil der Power-Sattel daran hatte, der am Vorgänger-Modell nicht gefahren wurde.
Fazit Specialized Roubaix 2020
Specialized hat es mit dem neuen Roubaix tatsächlich geschafft, den Klassiker für die Klassiker noch besser zu machen. Die versprochenen Aero-Vorteile, aber vor allem das neue Future Shock-System lassen wenig Argumente, zur Race-Maschine statt zum Endurance-Rennrad zu greifen. Das spürbare Plus an Komfort gibt man nicht gerne auf, wenn man es einmal kennt. Was für Manchen auch entscheidend ist: Das Roubaix 2019 sieht nicht mehr langsam aus. Und wer tatsächlich Spaß darin finden kann, so schnell wie es geht, über Kopfsteinpflaster zu bügeln, findet derzeit kaum eine Maschine, die mit dem Roubaix Schritt halten kann. Die SRAM Force eTap AXS am Roubaix Pro erschien im Test als ein Perfect-Fit für das Einsatzgebiet, macht das Rad aber ziemlich teuer. Schön, dass es auch eine Einstiegsversion gibt, die die teure Roubaix-Technik, zumindest einigermaßen erschwinglich macht.
Pro / Contra
Pro
- Überlegene Future Shock Federung vorne
- Sehr guter Komfort am Sattel
- Keine Aero-Nachteile gegenüber Race orientiertem Rad
- Große Auswahl an Rahmengrößen
- Sitzposition für viele Fahrertypen geeignet
- Team Geometrie für sportliche Fahrer
- Vielseitig dank viel Reifenfreiheit
- Sehr hohe Verarbeitungsqualität
Contra
- Federungstechnik hat ihren Preis
Was denkt ihr über das neue Specialized Roubaix 2020?
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