Renner der Woche Gravel Bike Selbstbau mit Big Forest Frameworks

Stahl als Rahmenwerkstoff fand er „superspannend“ und eigentlich wollte er schon seit 30 Jahren selber einen Rennradrahmen bauen. Bei einem Rahmenbaukurs bei Big Forest Frameworks verwirklichte „Gravelfriend“ aus der Rennrad-News Community seinen Traum und lötete eigenhändig den Renner der Woche, den wir euch heute hier vorstellen – mit einem Einblick in den Schöpfungsprozess. Viel Spaß mit diesem Renner der Woche.
Titelbild

Renner der Woche

Big forest frameworks – Eigenbau – Columbus Stahlrohre (Spirit, Life, Zona, Cromor), gelötet, gravelfriend

Rennrad-News.de: Hallo gravelfriend. Wie bist Du zu dem Rad gekommen, das wir heute als Renner der Woche vorstellen? Warum hast Du Dich für genau diesen Aufbau entschieden?

Die Idee meinen eigenen Rahmen zu bauen hatte ich schon seit über 30 Jahren. Auf der einen Seite wollte ich schon lange einen „Maßrahmen“ haben, auf der anderen Seite komme ich ursprünglich aus dem Handwerk und liebe es, Dinge mit den eigenen Händen zu erschaffen. Ich habe schon ein Gravelbike zu einer Zeit gesucht, als man von den Fahrradhändlern belächelt wurde „was das denn für ein neumodischer Trend wäre und warum man nicht ein Rennrad oder ein Mountainbike kaufen wolle“. Stahl als Rahmenwerkstoff finde ich super spannend und alles andere als altmodisch. Bei dem Rahmenbaukurs bei Robert Piontek von Big Forest Frameworks konnte ich mit jedem Handgriff, den ich gemacht habe, einen direkten und unmittelbaren Einfluss auf das Aussehen und die Qualität des fertigen Rahmens und somit auch des Rades ausüben. Bei den Komponenten hatte ich auf der einen Seite mit den Lieferengpässen zu kämpfen gehabt und auf der anderen Seite habe ich auch einen Schwenk von Shimano zu SRAM, von mechanisch zu elektronisch, sowie von 2-fach zu 1-fach durchgeführt (und bis jetzt nicht bereut).

Bis der selbstgebaute Gravel Bike Rahmen aus Stahl soweit war, war es ein weiter Weg
# Bis der selbstgebaute Gravel Bike Rahmen aus Stahl soweit war, war es ein weiter Weg - eigentlich begann er schon vor 30 Jahren, hier zeigen wir den letzten Abschnitt.
Diashow: Renner der Woche: Gravel Bike Selbstbau mit Big Forest Frameworks
So war am ersten Tag des Kurses schon eine Auswahl an geeigneten Rohren und Komponenten zusammengestellt.
Zur Vermeidung des Spacer-Turms ist das Steuerrohr ein wenig länger gewählt.
Auch bei der Biegung und Länge der Sitzstreben wurde eine Schablone genutzt.
Vollendet: der fertige Rahmen vor dem Lackieren.
Der Big Forest Frameworks-Baum am Sitzrohr darf natürlich nicht fehlen.
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Vor der dem Rahmenbaukurs gab es schon unzählige (E-Mail) Abstimmungen zu Einsatzzweck, Geometrie, Zugverlegung und weiteren wichtigen Entscheidungen,
# Vor der dem Rahmenbaukurs gab es schon unzählige (E-Mail) Abstimmungen zu Einsatzzweck, Geometrie, Zugverlegung und weiteren wichtigen Entscheidungen,
So war am ersten Tag des Kurses schon eine Auswahl an geeigneten Rohren und Komponenten zusammengestellt.
# So war am ersten Tag des Kurses schon eine Auswahl an geeigneten Rohren und Komponenten zusammengestellt.

Was zeichnet das Rad für Dich besonders aus? Wenn es ein Selbstaufbau oder Tuning ist: Worauf hast Du besonders geachtet?

Natürlich habe ich mittlerweile das ein oder andere Gravelbike – hier wollte ich aber ein auf mich abgestimmtes sehr minimalistisches Rad bauen, was für schnelle Touren, aber auch längere Ausfahrten passen soll. Befestigungen an Stellen wo ich sie benötige und alles andere habe ich einfach weggelassen. Zum Beispiel bin ich auf eine elektronische Einfach- Schaltung umgestiegen und habe dafür die Zugführung für den Schaltzug und Umwerfer weggelassen. Außerdem läuft die hintere Hydraulikleitung komplett durch den Rahmen, was durch ein T47 Tretlager realisiert werden konnte.

Bleibt jetzt alles so oder wird es weitere Ausbaustufen geben?

Grundsätzlich bin ich mit dem fertigen Rad super zufrieden und sehe derzeit keinen Bedarf an großen Änderungen.

Was wiegt Dein Renner der Woche?

Das fertige Fahrrad wiegt mit Pedalen, Flaschenhalter und Tacho genau 9300 Gramm – der Stahlrahmen selbst hat ein Gewicht von 1960 Gramm. Sicherlich könnte ich das Gewicht durch einfache Tuningmaßnahmen wie ein leichteres Lenkerband, leichtere Reifen u.s.w. reduzieren, jedoch würde das auf Kosten des Komforts, der Zuverlässigkeit oder Langstreckentauglichkeit gehen.

Die Kettenstreben wurden mithilfe einer 1:1-Schablone individuell auf die gewünschte Reifenfreiheit – in Abhängigkeit von der Kettenblattgröße – angepasst.
# Die Kettenstreben wurden mithilfe einer 1:1-Schablone individuell auf die gewünschte Reifenfreiheit – in Abhängigkeit von der Kettenblattgröße – angepasst.
Auch bei der Biegung und Länge der Sitzstreben wurde eine Schablone genutzt.
# Auch bei der Biegung und Länge der Sitzstreben wurde eine Schablone genutzt.
Der fertig gerichtete Rahmen, vor dem Schleifen.
# Der fertig gerichtete Rahmen, vor dem Schleifen.
Bevor eine weitere Rahmenkomponente gelötet wurde, erfolgte immer wieder die Kontrolle auf Passgenauigkeit.
# Bevor eine weitere Rahmenkomponente gelötet wurde, erfolgte immer wieder die Kontrolle auf Passgenauigkeit.
Vollendet: der fertige Rahmen vor dem Lackieren.
# Vollendet: der fertige Rahmen vor dem Lackieren.

Wo fährst Du mit diesem Rennrad? Welche Rennen, RTF oder andere Veranstaltungen hat es schon bestritten?

In meiner Jugend haben wir fast jedes Wochenende RTF- Veranstaltungen besucht, jedoch ist das Radfahren neben dem Laufen für mich „nur noch“ eine aktive Erholung. Das Rad ist dafür da, über die sogenannten Wald-Highways, schnelle Radwege oder einsame Landstraßen zu fahren. Auf der anderen Seite möchte ich damit auch längere Ausfahrten oder Overnighter machen.

Wie würdest Du das Fahrverhalten des Rades charakterisieren?

Die Geometrie ist perfekt, ich habe mich sofort zuhause gefühlt, absolut keine Umstellung, alles passt. Sozusagen wie für mich gemacht (was es ja ist – aber trotzdem bin ich froh, dass das Rahmenbau-Experiment funktioniert hat.) Der Rahmen ist steif und direkt / agil – aber nicht nervös und dämpft wie bei Stahl üblich ein wenig subtil (und das ist gut so).

Wie und wann bist Du zum Rennradfahren gekommen?

Tatsächlich durch meinen Vater. Mit meinem Konfirmationsgeld habe ich mir dann mein erstes Rennrad gekauft und liebe es seitdem – auch wenn ich eine familien- und berufsbedingte Pause von 10 Jahren eingelegt hatte und erst seit 2015 wieder aktiv unterwegs bin.

Wie würdest Du Dich jetzt selbst als Rennradfahrer charakterisieren?

Früher immer Attacke, heute suche ich eher die Micro-Abenteuer, wobei mich die Strava-Segmente auch nicht kalt lassen.

Was ist deine persönliche Lieblings-Trainingsrunde?

Das ist eine meiner Lieblingsrunden auf Komoot – eine Mischung aus Asphalt und guten Schotterwegen mit vielen kleinen Highlights entlang der Strecke.

Wie bist Du zum Forum von Rennrad-News gekommen?

Tatsächlich verfolge ich sehr regelmäßig die Berichte über den „Renner der Woche“ und bin meist begeistert über die Kreativität und die Liebe zum Detail der vorgestellten Räder.

Was macht für Dich den Reiz des Rennradfahrens aus?

Freiheit und Leichtigkeit

Dein Verhältnis zur Radbranche – immer das neuste oder am liebsten noch mit Rahmenschalthebel?

Ich verfolge die Entwicklungen sehr genau und überlege dann, ob es mir einen Vorteil bringt. Zum Beispiel wollte ich nie eine Scheibenbremse haben – bis ich diese einmal Probe gefahren bin. Umgekehrt kann ich mit meinem Mountainbike von 2000 ebenfalls mit viel Freude durch den Wald fahren ohne etwas zu vermissen.

Und dann der große Moment
# Und dann der große Moment - das fertige Rad vor der ersten Ausfahrt.
Das T47-Lager mit einem Cane Creek Innenlager und den weichen Übergängen des "Fillet Brazed"-Lötverfahrens.
# Das T47-Lager mit einem Cane Creek Innenlager und den weichen Übergängen des "Fillet Brazed"-Lötverfahrens.
Den Ritchey Venture Max-Lenker hat Gravelfriend jetzt schon am dritten Rad verbaut und ist immer wieder begeistert, wie angenehm und sicher es sich damit fahren lässt.
# Den Ritchey Venture Max-Lenker hat Gravelfriend jetzt schon am dritten Rad verbaut und ist immer wieder begeistert, wie angenehm und sicher es sich damit fahren lässt.
Zur Vermeidung des Spacer-Turms ist das Steuerrohr ein wenig länger gewählt.
# Zur Vermeidung des Spacer-Turms ist das Steuerrohr ein wenig länger gewählt.
Die maximale Reifenfreiheit beträgt ca. 45 mm.
# Die maximale Reifenfreiheit beträgt ca. 45 mm.
Der Big Forest Frameworks-Baum am Sitzrohr darf natürlich nicht fehlen.
# Der Big Forest Frameworks-Baum am Sitzrohr darf natürlich nicht fehlen.
Statt einer Seriennummer hat Gravelfriend Axel die Messing-Plakette individuell angefertigt und nach dem Pulvern wieder freigelegt.
# Statt einer Seriennummer hat Gravelfriend Axel die Messing-Plakette individuell angefertigt und nach dem Pulvern wieder freigelegt.

Technische Daten: Big forest frameworks – Eigenbau – Columbus Stahlrohre (Spirit, Life, Zona, Cromor), gelötet

Rahmen: Big forest frameworks – Eigenbau – Columbus Stahlrohre (Spirit, Life, Zona, Cromor), gelötet
Gabel: Columbus Futura Gravel – Carbon
Schalthebel: SRAM Force AXS etap
Umwerfer: einfach
Ritzelkassette / Abstufung: SRAM XPLR 12fach – 10 bis 44
Tretkurbel / Abstufung / Innenlager: SRAM Force Wide 44 Zähne, Cane Creek Hellbender 70 T47Pedale: Shimano XTR
Kette: SRAM Force flat top
Bremsen: SRAM Force
Laufräder: HUNT Gravel Race
Reifen: Schwalbe G-One R tubeless
Sattel / Sattelstütze: Ergon SR Allroad Core Pro Men / Ritchey WCS Carbon Zero
Vorbau / Lenker: Ritchey WCS C220 84D – 90 mm Ritchey WCS VentureMax Road 42cm
Sattel / Sattelstütze: Ergon SR Allroad Core Pro Men, Ritchey WCS Carbon Zero Sattelstütze
Lenkerband: BBB Cycling Gravel Ribbon
Sonstiges (Licht, Gepäckträger, Dynamo, integrierte Funktionen):

Über den Renner der Woche

Die letzten Renner der Woche findet ihr hier:

Wie gefällt euch der Renner der Woche?

Fragen: Jan Gathmann / Fotos: privat

18 Kommentare

» Alle Kommentare im Forum
  1. Och, mach Dir da lieber keine großen Illusionen: Muffen ohne rausgesabbertes Lot erfordern meiner Meinung nach genauso viel Übung, wie ordentliche Fillets. Ganz ohne Nacharbeit klappt keins von beiden. Nie. smilie

    Fillets zurechtfeilen und -schleifen dauert bei mir auch jedes Mal einen ganzen Tag, obwohl die nach dem Löten und Abspülen des Flussmittels oft ganz gut aussehen (große Fillets mache ich mit ca. 30 %igem Silberlot, das verläuft sowieso mehr oder weniger glatt).
    Wenn die "handwerkliche Ästhetik" egal ist und nur das lackierte Ergebnis zählt, kann man aber durchaus auch ein wenig Spachtel über weniger gut nachbearbeiteten, kleineren Fillets hinnehmen.
    Ok - Du hast mich überzeugt. Aufwand ist beides, aber unsauber arbeiten und spachteln kommt für mich nicht in Frage. Die Belohnung des Schleifens ist, wenn man zum Schluss mit dem Finger über die Lötstellen fährt und alles so schön fließend ist😉
  2. Das denke ich auch jedes Mal - bis ich dann die Grundierung mit "Kontrollschwarz" schleife. Hier stellvertretend eine Delle im Rohr:

  3. @gravelfriend Darf man fragen, wieviel sowas kostet und wie lang es dauert?
    Man bezahlt den Kurs und den Rahmen extra, oder ist das im Kurspreis inklusive?
    Das Pulvern geschieht dann zu einem anderen Zeitpunkt, nehme ich an?
    Könnte man aufs Pulvern verzichten, wenn man Nasslack bevorzugen würde?
    Schönes Ergebnis übrigens. smilie
  4. @isartrails
    Klar, das Rad hat mich ziemlich genau 6.000 € gekostet. Alleine die Beschaffung von den Brems- Schaltgriffen über eBay Kleinanzeigen (das war die einzige Chance so etwas zu bekommen) hat das Budget zum 650€ geschmälert😔. Der Kurs hat 5 Tage gedauert, dann war der Rahmen fertig. Dazu kam ca. eine Woche für dad Pulverbeschichten ( von Abgabe bis Abholen) und ein Tag für das Aufbauen.
    Nasslack ist natürlich auch möglich, aber wurde mir für den Einsatzzweck abgeraten.
  5. Jetzt hast du aber die Sparfüchse verschreckt…. 😱 smilie

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