Die neue Focus Atlas 8 Gravel Bike-Serie erweitert die bewährten Alu-Modelle um zwei Varianten mit Carbonrahmen. Satte 1,7 kg spart das Material-Upgrade. Auch neues Bikepacking-Equipment bringt das neue Atlas für die Abenteuer zwischendurch mit. Wie sich die Schlankheitskur auswirkt, erfahrt ihr in unserem ausführlichen Test des Focus Atlas 8.8 mit Shimano GRX 800 Gruppe.
Focus Atlas 8 2023 – Infos und Preise
Die Focus Atlas 6er-Serie betrat 2021 die Gravel Bike-Bühne und hinterließ mit der konsequenten Abenteuer-Auslegung und Robustheit auch in unserem Test einen soliden Eindruck (zum Focus Atlas 6 Test). Jetzt schickt Focus ein deutlich leichteres Schwestermodell mit Carbonrahmen ins Rennen, das mit noch mehr Neuerungen aufwartet:
- Neue Focus Atlas Gravel Bike-Serie mit Carbon Rahmenset
- Bikepacking orientierte Auslegung
- Spart 1,7 kg gegenüber Focus Atlas Alu-Modellen
- Neues Cockpit mit integrierten Zügen und Leitungen (auch für mechanische Schaltungen)
- Neuer Gepäckträger als Zubehör
- Reifenfreiheit bis 45 mm in 700c
- Ausstattung SRAM Rival AXS, Shimano GRX 800 + MTB LRS, Shimano GRX 800
- Gewicht ab 8,7 kg
- Verfügbar sofort
Preise
Focus Atlas 8.7 2.999 €
Focus Atlas 8.8 3.499 €
Focus Atlas 8.9 4.299 €
Focus Atlas 8.8 Steckbrief
Einsatzbereich | Tour, Gravel |
---|---|
Rahmenmaterial | Carbon |
Gabel | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 9,2 kg |
Stack | 611 mm |
Rahmengrößen | XS, S, M, L, XL (im Test: L) |
Website | www.focus-bikes.com |
Preisspanne | 2.999 Euro bis 4.299 Euro |
Wir konnten das mittlere der 3 neuen Focus Atlas 8er-Modelle bereits ausführlich auf den Gravelpisten des Bergischen Landes testen, das Focus Atlas 8.8 mit Shimano GRX 800 2×11 Gruppe für 3.499 Euro. Ein Bikepacking-Einsatz war noch nicht drin, aber die Taschen konnten wir schon an den neu entwickelten Gepäckträger zurren. Dieser ist theoretisch ein Vorteil des neuen Focus Atlas, vereint er doch den Bikepacking-Grundgedanken kleinen Gepäcks mit schwingungsfreier Montage, aber tiefem Schwerpunkt. Ob das Atlas mit Carbonrahmen seinen satten Gewichtsvorteil von 1,7 kg gegenüber dem Atlas mit Alurahmen einlöst? Nicht ganz, denn unser Testrad in L pendelte sich bei exakt 9,15 kg ein, das vergleichbar ausgestattet Focus Atlas 6.8 im Test lag 1,5 kg darüber. Hier erfahrt ihr, was das leichtere Atlas dem Alu-Atlas noch voraus hat und wie es sich weiter schlug.
Details
C.I.S Cockpit für Integration
Eine weitere Neuerung der Focus Atlas 8er-Serie 2023 gegenüber den 6ern von 2021 ist die vollständig integrierte Zugführung, die bei Focus „C.I.S“ abgekürzt wird (Grüezi, ICS von BMC). Es besteht aus getrenntem Lenker und Vorbau, aber bündelt alle Leitungen und Züge intern. Das funktioniert auch bei mechanischen Schaltungen wie am Testrad. Der dazu entwickelte neue Vorbau sieht schlicht und schick aus. Er ist in Längen von 70 mm bis 120 mm zu haben. Gute Nachricht für Atlas 6er-Fahrer*innen: Der neue Vorbau ist auch am älteren Modell nachrüstbar, für einen sauberen Look.
Auch ein passender GPS-Geräte-Halter ist als Zubehör zu haben. Dazu gehören verschiedene Einsätze. Über sie können mittels GoPro-Mount auch Action-Cams oder Licht unter dem GPS-Gerät andocken.
Boost bleibt
Eine Besonderheit des Focus Atlas bleibt auch bei der 8er-Reihe der Boost-Standard des Rahmen- und Gabelsets. Das bedeutet, die Laufräder verfügen wie bei vielen MTB über breitere Achsen (110 mm / 148 mm). Das wiederum bringt mehr Seitensteifigkeit. Gut für das Offroad-Fahren mit Gepäck, schlecht, wenn man vorhandene Rennrad-Laufradsätze mit dem verbreiteten Rennrad-Standard 100 mm / 142 mm kombinieren will. Hier die anderen Rahmen-Standards:
- Innenlager-Bauart Press-Fit 86
- Steuerlager In-Set 52/286-IS52/40 (ICR)
- Bremsaufnahme Flat-Mount 160 mm / 160 mm
- Antrieb- /Schaltungs-Kompatibilität 1-fach und 2-fach, mechanische und elektronische Schaltungen
- Garantie k.A.
- Gewichtszulassung 120 kg
Erweiterte Bikepacking-Möglichkeiten
Gegenüber der Focus Atlas 6er-Serie besitzen die 8er-Modelle mit Carbonrahmen zudem erweiterte Transportkapazitäten. Das gilt zum einen für das zulässige Gesamtgewicht: Es liegt mit 120 kg nun auf dem üblichen Niveau. Es gilt aber auch für den möglichen Halter-Anbau. Neu ist ein passender Gepäckträger für 1 Packsack je Radseite. Für ihn gibt es passende Montagepunkte am Hinterbau, auf dessen Überbreite er auch ausgelegt ist.
So können bis zu 3 kg pro Seite hinten geladen werden. Noch einmal je 3 kg pro Seite können bereits vorn an der Gabel in Haltern mitreisen. In Summe ergibt sich damit ein stattlicher Laderaum. Und er ist noch dazu schwerpunktgünstig tief untergebracht. Am Focus-Träger lassen sich wasserdichte Packsäcke mit Zurrgurten sicher und rüttelfrei fixieren. An der Gabel können gängige Halter mit Dreipunkt-Befestigung eingesetzt werden.
Ansonsten finden sich zahlreiche weitere Montage-Punkte für Halter: unter dem Unterohr, auf dem Oberrohr und 2x im Rahmendreieck können Trinkflaschen-Käfige angebracht werden, respektive eine Snacktasche auf dem Oberrohr. An der Gabelkrone kann ein Scheinwerferhalter andocken. Und nicht zuletzt bietet Focus ein passendes Schutzblechset zum Wetterferstmachen an – das Umrüsten zum Rennrad für den Alltag stellt also kein Problem dar.
Werfen wir noch einen Blick auf den Rahmen: Alle gefährdeten Bereiche sind gut vor Steinschlag oder Kettenklemmern geschützt. Das ist leider auch bei der Gattung der härter beanspruchten Gravel Bikes leider noch keine Selbstverständlichkeit, wie wir wissen. Auffällig ist die Carbongabel mit ihren boxförmigen Gabelscheiden. Ihre Einbauhöhe entspricht übrigens der einer RockShox Rudy XPLR-Federgabel mit 30 mm Federweg – ein Umrüsten bei Bedarf sollte also möglich sein.
Ausstattung: sinnvoll, praktisch, gut
Unser Focus Atlas 8.8 im Test liegt genau in der Mitte des Spektrums der neu angebotenen Modelle, die alle auf dem identischen Carbon-Rahmenset basieren. Bei Anschaffungskosten von 3.499 € ist es etwa vergleichbar mit dem Rose Backroad GRX Di2 (3.599 €) oder dem Canyon Grizl CF SL7 eTap (3.399 €). Erwartbar bekommt man also bei den Direktanbietern etwas mehr, in dem Fall elektronische Schaltungen. Das Focus Atlas als Fachhandelsrad ist dagegen vielerorts Probe zu fahren, was kein zu unterschätzender Vorteil ist. Und auch sonst setzt Focus einen leicht anderen Fokus – den Gepäckträger mit passenden Mounts haben wir ja bereits erwähnt.
Interessant ist etwa, dass die Stuttgarter neben unserem Testrad zum Einstieg gleich noch ein Modell auf Shimano GRX 800-Niveau anbieten. Es ist ein halbes Kilo schwerer (Fokus) und unterscheidet sich vor allem durch einfachere Laufräder: Statt DT Swiss XM1900 MTB-Laufradsatz gibt es dort Novatec-Naben und -Felgen sowie eine Alu-Sattelstütze statt Carbon. Der Sprung zum nächsthöheren Modell bringt eine elektronische SRAM Rival eTap AXS 1×12 Schaltung. Außerdem gibt es noch einmal eine Gewichtsersparnis von 400 g. Dort ist dann zudem der leichtere und minimal schmalere DT Swiss GR1600 Gravel-Laufradsatz im Einsatz. Außerdem steuert man mit dem hochwertigen Easton EC70 AX-Carbon Lenker, der aber ergonomisch dem Alu-Modell entspricht.
Im Hinblick auf die Felgenbreite sind alle Modelle mit 24 mm innen (GR1600) und 25 mm innen gut für das Fahren mit breiten Reifen und Tubeless-Einsatz gerüstet. Die Focus Atlas 8-Serie im Überblick:
Focus Atlas 8.7 | Focus Atlas 8.7 | Focus Atlas 8.7 | |
---|---|---|---|
Preis | 2.999 € | 3.199 € | 3.799 € |
Gewicht | 9,6 kg | 9,1 kg | 8,7 kg |
Rahmen | Carbon, 12x148 mm Steckachse, 160 mm Flat-Mount | Carbon, 12x148 mm Steckachse, 160 mm Flat-Mount | Carbon, 12x148 mm Steckachse, 160 mm Flat-Mount |
Gabel | Carbon, 12x110 mm Steckachse | Carbon, 12x110 mm Steckachse | Carbon, 12x110 mm Steckachse |
Gruppe | Shimano GRX800 2x11 | Shimano GRX800 2x11 | SRAM Rival eTap AXS 1x12 |
Übersetzung | 46/30 - 11-34 | 46/30 - 11-34 | 40 - 10-44 |
Laufradsatz | Novatec, 25-622, Alu | DT Swiss XM1900, 25-622, Alu | DT Swiss GR1600, 24-622, 25 mm Höhe, Alu |
Reifen | WTB Riddler TCS, 700 x 45C, Faltreifen | WTB Riddler TCS, 700 x 45C, Faltreifen | WTB Riddler TCS, 700 x 45C, Faltreifen |
Besonderheiten | Carbon-Lenker, C.I.S. Vorbau für integrierte Führung, Carbon-Sattelstütze 27,2 mm, für Spezial-Gepäckträger vorbereitet | Alu-Lenker, C.I.S. Vorbau für integrierte Führung, Carbon-Sattelstütze 27,2 mm, für Spezial-Gepäckträger vorbereitet | Alu-Lenker, C.I.S. Vorbau für integrierte Führung, Alu-Sattelstütze 27,2 mm, für Spezial-Gepäckträger vorbereitet |
Die leichteren Berggänge findet man übrigens an den beiden günstigeren Modellen mit Shimano GRX 800-Ausstattung. Sie besitzen dank 30 Zähnen vorne zu 34 Zähnen hinten eine Untersetzung von 0,88 gegenüber 0,91 bei der SRAM Rival AXS-Kombi (40 zu 44). Mit nur einer echten Überschneidung ist die GRX eng gestuft. Wer Wert auf intuitives Schalten beim Graveln legt, ist dagegen mit der 1×12 SRAM Rival AXS eindeutig besser beraten, die auch bei sportlicher Fahrweise schneller zu bedienen ist. Hier findet ihr die GRX-Übersetzung unseres Testrades im Ritzelrechner.
Ein Highlight der Focus Atlas 8er-Ausstattung ist der neue Vorbau. Er ist sehr breit und ermöglicht dadurch einen ebenso knickfreien wie aufgeräumten Verlauf von mechanischen Zügen und Hydraulikleitungen. Auch die Skala zum Ablesen der Lenkerneigung, seitlich an der Deckplatte ist ein Vorteil – auf jeden Fall ein Nachrüst-Tipp auch für die 6er-Serie.
Den Kontakt zum Schotterweg stellen WTB Riddler Gravel-Reifen mit 45 mm Breite her. Beim Tubeless Set-up am Testrad fiel auf, dass anfangs Dichtmilch durch die Flanken drang, ein Befund, der für uns mit WTB-Reifen nicht neu ist – siehe unseren Gravel Reifen-Test. Auch später hielten sie die Luft über längere Standzeiten (ab 3 Tage) nicht für einfaches Weiterfahren ohne Druck-Check. Die große Breite von 45 mm ab Werk verdient Lob und verbessert Komfort und Traktion spürbar.
Dazu passt auch die Auswahl des Laufradsatzes: Die DT Swiss XM1900 kommen aus dem MTB-Bereich, wo der Boost-Standard gängig ist. Mit ihrer breiten Felge stützen sie die Reifen ausgezeichnet ab und ermöglichen das Fahren mit sehr niedrigem Druck, was noch einmal ein Komfortplus und nebenbei auch eine Leistungsersparnis offroad bringt. Die robusten DT Swiss 370-Naben sind dabei ebenfalls dem anvisierten, klaglosen Long-Distance-Einsatz angemessen und versprechen lange Lebensdauer.
Geometrie: sportlicher als die 6er
Die Stuttgarter haben den Focus 8er Modellen eine etwas sportlichere Sitzposition mit auf den Weg gegeben als dem Focus Atlas mit Alurahmen. Rund 1 cm kürzer fällt das Steuerrohr am Carbonrahmen aus.
Aber dennoch: Mit seiner an Bikepacking und Touren orientierten Auslegung gehört das Focus Atlas auch in der neuen Carbon-Variante zu den Gravel Bikes mit entspannterer Sitzposition. Der Stack-to-Reach Wert von 1,48 in der mittleren Rahmengröße liegt auf dem Niveau besonders komfortabler Endurance-Rennräder. Interessant: Anders als bei vielen Gravel Bikes sitzen kleine Fahrerinnen auf dem Atlas nicht sportlicher, sondern komfortabler, was es für solche Interessentinnen einen zweiten Blick wert macht.
Ansonsten kommt das Focus Atlas mit einer vergleichsweise kompakten Radbasis daher. Sprich: Die Kettenstreben sind angesichts der Reifenfreiheit eher kurz für ein lebendiges Fahrgefühl auf verschlungenen Waldwegen. Um dennoch etwas mehr Laufruhe für langes Geradeausfahren oder kniffligere Abfahrten zu generieren, sind die Lenkwinkel noch etwas flacher gehalten, als es in dieser Gravel Bike-Klasse üblich ist. Hier ein Geometrie-Vergleich zu Rose Backroad AL, Specialized Diverge und Canyon Grizl AL.
Mit unseren Geometrics könnt ihr die Geometrie des Focus Atlas 8.8 einfach mit anderen Gravel Bikes vergleichen. In der Tabelle unten klicken!
Rahmengröße | XS | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|---|
Laufradgröße | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C |
Reach | 370 mm | 380 mm | 395 mm | 410 mm | 420 mm |
Stack | 569 mm | 574 mm | 583 mm | 611 mm | 630 mm |
STR | 1,54 | 1,51 | 1,48 | 1,49 | 1,50 |
Lenkwinkel | 70,5° | 70,5° | 70,5° | 70,5° | 70,5° |
Sitzwinkel, real | 74° | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73,5° |
Oberrohr (horiz.) | 531 mm | 549 mm | 567 mm | 591 mm | 606 mm |
Steuerrohr | 115 mm | 120 mm | 130 mm | 150 mm | 180 mm |
Sitzrohr | 531 mm | 549 mm | 567 mm | 591 mm | 606 mm |
Überstandshöhe | 774 mm | 795 mm | 811 mm | 832 mm | 865 mm |
Kettenstreben | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm |
Radstand | 1.016 mm | 1.028 mm | 1.046 mm | 1.068 mm | 1.088 mm |
Tretlagerabsenkung | 75 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm |
Einbauhöhe Gabel | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm |
Gabel-Offset | 50 mm | 50 mm | 50 mm | 50 mm | 50 mm |
Focus Atlas 8.8 auf dem Kurs
Wie seine Alu-Schwestermodelle zeigt sich das Focus Atlas 8.8 im Test beim Fahren von seiner Schokoladenseite. Durch das spürbar geringere Gewicht und die etwas frontlastigere Sitzposition wirkt es für meinen Geschmack sogar noch „schokoladiger“, wenn es aktiver gefahren wird.
Das beginnt mit der Sitzposition. Sie trifft für mich genau die goldene Mitte aus Langstrecken tauglich und nicht zu aufrecht, um in schnellen Kurven (abseits Steilhängen) nicht das Gefühl für die Führung des Vorderrades zu verlieren. Mit dem 1-cm-Spacer am Testrad liegt das Lenkerniveau bei meiner Sitzhöhe genau 6 cm unter dem Sattel. Auch der Easton Alu-Lenker ist mit 42 cm an den Hoods einerseits schmal genug für schnelles Fahren auf der Straße, andererseits mit 47 cm im Bogen breit genug fürs Offroad-Fahren, wenn man gerne im Unterlenker schwierigere Passagen in Angriff nimmt. (Testerdaten am Ende des Artikels).
Als Erstes fällt auf der Straße auf, dass das Focus Atlas 8.8 ungemein direkt wirkt. Jede Krafteinleitung durch die Pedale wird unverzögert in puren Vortrieb umgesetzt – ein Eindruck, der angesichts der eher trägen Laufräder besonders hervorsticht, wenn man schon etwas Tempo aufgenommen hat. Aber auch in Kurven, wenn etwa übersehene Kanaldeckel Unruhe ins „Fahrgestell“ bringen, wirkt das Focus Atlas 8.8 noch einen Tick unbeirrbarer und steifer als viele andere Gravel Bikes im Test. Kurz, ein Fahrverhalten, das viel Vertrauen verleiht.
Die Kehrseite der Medaille sind allerdings leichte Abstriche beim Komfort. Obwohl uns die Carbon-Sattelstütze mit ihrer auffälligen Aussparung optisch für das Focus einnahm, kann sie dem steifen Rahmen nur wenig zusätzliche Dämpfung mit auf die Schotterpisten geben. Dass es besser geht, haben Gravel Bikes mit unnachgiebigen Alu-Rahmen und stark flexenden Carbon-Sattelstützen im Test schon öfter bewiesen. Wer tatsächlich hauptsächlich an Touren-Einsatz auf Gravel Pisten denkt, wird hier eventuell umrüsten, was dank der 27,2 mm-Klemmung ein Leichtes ist. An der Front zeigt sich das Atlas ebenfalls eher härter, hier ist der Unterschied im Vergleich zu anderen Bikes aber vernachlässigbar.
Wenn es ums Fahren mit Bikepacking-Taschen geht, trägt das Atlas alles mit Bravour auf seinen steifen Rahmenschultern.
Wiederum ein Bonus wird die Auslegung mit hohen Steifigkeitsreserven, wenn es mit vollgepackten Bikepacking-Taschen auf die Gravelpiste geht. Das Mehrgewicht ist dem Focus Atlas im Fahrverhalten weniger anzumerken als anderen, nichts schwingt unerwartet. Auch die Lenkeigenschaften passen zum beladenen Fahren. Wenn es ums Fahren mit Bikepacking-Taschen geht, trägt das Atlas alles mit Bravour auf seinen steifen Rahmenschultern. Wichtig allerdings: Die Packtaschen müssen dicht gepackt und genau platziert sein, sonst kann es je nach Schuhgröße zu Kontakt mit der Ferse im Pedalzyklus kommen.
Aber auch unbeladen ist das Focus Atlas 8.8 offroad und auf Gravel in seinem Element. In schnellen Kurven spielen der Lenkwinkel, die verwindungssteife Front und die seitensteifen Laufräder Hand in Hand, es folgt geradezu wie an der Schnur gezogen der eingeschlagenen Linie. Aber auch in engen Kurven und auf einfachen Trails fühlten wir uns mit dem Atlas 8er nicht zu sehr an die Leine genommen. Probleme mit Fußüberlappung zum Vorderrad sind ohnehin gar kein Thema.
Immer ein Thema ist die Bereifung. Der WTB Riddler präsentiert sich als Allrounder mit Hang zum gemäßigten Einsatz. Er läuft auf der Straße schön leise und auch bei niedrigen Drücken sehr schnell, wenn auch nicht turbo-schnell. Dabei präsentiert sich der Riddler sehr geschmeidig und bringt bei entsprechend niedrigem Druck (1,5 bar gefahren) viel Komfort. Offroad hat er seinen Schwerpunkt bei leichtem Gravel, feinen Kieswegen mit festem Untergrund, kann aber bei angepasstem Druck auch mit leicht feuchten, weichen Böden gut klarkommen. Nur wenn es am Boden ganz weich wird, setzt er sich schnell zu und überträgt kaum Seitenführung.
Gemütliches Graveln liegt dem Atlas sehr. Einfach mal laufen lassen, den Druck auf die Pedale reduzieren und eine Hand vom Lenker nehmen – und alles läuft prima weiter geradeaus. Ein Perfect-Match!
Bleibt noch die Funktion der Shimano GRX 800 Gravel-Gruppe zu loben. Ihre Schalt-Bremshebel liegen gut in der Hand, sind auch im Unterlenker einfach zu erreichen. Was die Schaltgeschwindigkeit angeht, steht sie elektronischen Gruppen nicht nach, verlangt natürlich etwas mehr Handkräfte, aber so wenig, dass es eigentlich kaum ins Gewicht fällt. Focus hat mit geschützter Innenzugverlegung dafür gesorgt, dass die im Test reibungslose und exakte Funktion auch lange erhalten bleibt.
Die hydraulischen Bremsen besitzen einen harten Druckpunkt, sind dabei etwas bissiger als etwa die Modelle von SRAM und Campagnolo, aber gut zu dosieren, wenn man sich an die Charakteristik gewöhnt hat.
Focus Atlas 8.8 versus …
Welche Bikes sind der Focus Atlas 8er-Serie mit Carbonrahmen im Allgemeinen und unserem Focus Atlas 8.8 Testrad im Speziellen vergleichbar oder kommen ihm nahe? Hier eine Übersicht der wichtigsten Modelle – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, wenn ihr selbst Tipps habt, schreibt sie gerne in die Kommentare!
- Canyon Grizl CF Das Canyon Bikepacking Gravel Bike ist von der Sitzposition etwas sportlicher und auch in der Lenkung direkter. Gewichtsmäßig ist es vergleichbar, kann aber nicht mit integrierten Kabeln aufwarten. Auf vergleichbarem GRX 810-Niveau gibt es das Grizl CF SL8 für 2.999 €.
- Rose Backroad Carbon Seit 2020 ist der Gravel-Bestseller des Bocholter Direktanbieters auf dem Markt und konnte in unserem Test mit viel Komfort überzeugen. In Sitzposition und Geometrie kommt es dem Atlas nahe, ist aber (auch wegen schmalerer Laufräder und Reifen ab Werk) leichter. Preis in vergleichbarer Ausstattung: 2.999 €.
- Cube Nuroad C:62 Das Cube Gravel-Modell mit Carbonrahmen ist in vergleichbarer Gruppen-Ausstattung („Race“) deutlich günstiger: 2.799 €. Extra hohe Bikepacking-Qualitäten gibt es hier nicht und auch keine Innenverlegung von Leitungen und Co., dafür weniger Gewicht, aber auch schmalere Reifen. Die Geometrie ist weniger auf Wendigkeit getrimmt.
- Giant Revolt Advanced Massive Reifenfreiheit, sehr hohe Bikrpacking-Tauglichkeit – das Giant Revolt Advanced ist dem Focus in Sachen Touren sehr nahe, mit vergleichbarer Gruppe kostet das Advanced 4.199 €, bringt aber bereits Carbon Gravel-Laufräder mit. Vergleichbarer ist vielleicht eher das Revolt Advanced 2 mit GRX 600 für 2.799 €. Ein Plus hier: die hohe Gewichtszulassung von 150 kg.
Focus Atlas 8.8 Test Fazit
Dieses Gravel Bike muss man gefahren haben – denn die Papierform beschreibt es nur unzutreffend. Trotz eines leichten Gewichtsaufschlages lässt sich das Focus Atlas 8.8 leichtfüßig auf Gravel und Straße bewegen und generiert ordentlich Fahrspaß. Sitzposition und Geometrie sind gut für den gemischten Touren- und Fahrspaß-Einsatz austariert. Für Bikepacking-Aspiranten gehört es aufgrund des gut vorbereiteten Rahmensets unbedingt in die engere Auswahl, auch wenn die Gewichtszulassung dafür großzügiger sein könnte. Für das Gebotene ist der Preis angemessen.
Pro / Contra
Pro
- Sehr gute Bikepacking-Vorbereitung
- Für Tour und Trail austariertes Fahrverhalten
- Robuste Komponenten
- Gute Verarbeitung
Contra
- Boost-Standard eingeschränkt kompatibel
- Gewichtszulassung könnte höher sein
Was ist euer Eindruck von der neuen Focus Atlas 8er Serie?
Testablauf
Hier haben wir unsere Fahreindrücke gesammelt:
- Bergisches Land Circa 120 km auf Gravel, leichten Trails und kurzen Anstiegen bis 20 % und maximal 110 Hm am Stück, Sprints bis 50 km/h und Abfahrten bis circa 60 km/h. Bikepacking-Testfahrten mit Testgepäck.
Testräder werden bei den Herstellern für den Test in der beschriebenen Kategorie angefragt. Die Hersteller stellen das Rad kostenlos in der Art und Weise zur Verfügung, wie es der Fachhandel erhält; bei Testrädern von Direktanbietern, wie sie der Endkunde erhält, also vormontiert. Testräder werden in der Redaktions-Werkstatt endmontiert. Für den Test werden die Räder gewogen, die Sitzposition wird bei identischer Sattelhöhe (bezogen auf die Tretlagermitte) vermessen und die Reifen auf den mittleren empfohlenen Reifendruck befüllt. Für eventuelle Geländefahrten wird der Reifendruck zusätzlich auf den unteren empfohlenen Wert gesenkt. Nach Testende erhalten die Hersteller die Testräder zurück.
- Ich fahre hauptsächlich
- Rennradtouren, CX-Rennen, Gravelrides
- Vorlieben bei der Geometrie
- Gemäßigt sportlich, eher lang
Noch mehr Gravel Bike-Neuheiten auf Rennrad-News:
- Lapierre Crosshill CF – erster Test: Feine französische Gravel Bike Art?
- Santa Cruz Stigmata 2023 im ersten Test: Gravel-Evolution mit MTB-Genen?
- Neues GT Grade Carbon X Gravel Bike: Kultmarke setzt auf Trail-Komfort
- Neues Rocky Mountain Solo 2023: Das North Shore Gravel Bike
- Gravel Bikes auf der Cyclingworld 2023: 23 Bikes von 8bar, Basic, M83, Mawis und Co.
- Neues Ghost Path Asket E-Gravel Bike: Geländespaß mit Porsche-Power
- Neue Factor Ostro Gravel Bike Edition: Team Amani Design in Ostafrika-Farben
- Neues Canyon Grizl CF SL7 Throwback: Koblenz feiert die 90er mit Gravel-Sondermodell
- BMC Kaius Race Gravel Bike im Test: Schweizer Schotter-Express
- Neues Mondraker Dusty E-Gravelbike im Test: Wie ein MTB – nur schneller!
29 Kommentare