Das Ibis Hakka MX 2020 beerbt das einstige Cyclocross-Bike der Marke. Das kann es auch als breiter aufgestelltes Gravelbike nicht verleugnen – und gereichte damit im Test sehr zur Fahrfreude. Was das Hakka sonst noch aus seinem leichten Carbonrahmen-Set herauskitzelt, haben wir getestet.
Steckbrief: Ibis Hakka MX
Einsatzbereich | Tour, Cyclocross, Gravel, Commute |
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Rahmenmaterial | Carbon |
Gabel | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 8,5 kg |
Stack | 580 mm |
Website | www.tri-cycles.de |
Ibis ist hierzulande eher Mountainbikern als Rennrad-Fahrern ein Begriff. Aber die Amerikaner haben seit Jahrzehnten schon ein geländegängiges Rennrad im Programm, das schon immer eine Mischung aus Cyclocross-Rad und Allzweckwaffe war: eben das getestete Hakka MX. Es gibt genau ein Modell. Eines für alles, „Schweizermesser“ nennt es Ibis selbst. Früher hieß das Rad Hakkalügi. Dabei spielt der Namensteil „lügi“ an den Rennhusten nach CX-Wettbewerben an. Der Namensteil fiel für das aktuelle Modell weg. Und auch das Rad wurde vielseitiger. Denn sein Carbonrahmen ist einerseits wettbewerbstauglich leicht. Ein Kilo verspricht Ibis. Andererseits kann er auch richtig breite Reifen schlucken, nämlich bis zu 2,1 Zoll in 650b.
Und so fällt das Hakka auch preislich grob in eine Klasse von Gravelbikes für längere bis ganz lange Touren abseits des Teers, die das Open U.P. begründete und in der zum Beispiel auch das Ghost Road Rage Endless Fire, das Norco Search XR oder das Santa Cruz Stigmata sich tummeln.
Ausstattung: feiner Rahmen fürs Grobe
Rahmen | Carbon, 12 mm Steckachse | |||||
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Gabel | Enve Carbon, tapered, A-Head, 12 mm Steckachse | |||||
Gewicht | 8,5 kg (gewogen ohne Pedale), Gr. 55 | |||||
Entfaltung | 2,11 - 8,07 m pro Kurbelumdrehung | |||||
Zulässiges Gesamtgewicht | k.A. | |||||
Schalthebel | Sram Rival, hydr. Disc 1x11 | |||||
Umwerfer / Schaltwerk | ohne | |||||
Kurbel / Zähne | Praxis Zayante, Alu, 172,5 mm / 40 Z. | |||||
Ritzel / Zähne | Sram PG1130 / 11-42 T | |||||
Innenlager | Praxisworks T47 | |||||
Kette | SRAM PC-1110 | |||||
Bremsen | Sram Rival hydr. Disc, v./h.: 160-mm-Centerline-Scheiben | |||||
Laufradsatz | Stan's ZTR Grail MK3 Alu-Felgen / Zipp-Naben, Alu, 622x20c | |||||
Reifen / Größe | Schwalbe G-One Allround TLE, 622-40, kein Reflex | |||||
Lenker | Ibis Flat Top, 440 mm breit, 125 mm drop | |||||
Vorbau | Ibis, Alu, 90 mm | |||||
Sattel | WTB Silverado, 140 mm | |||||
Sattelstütze | Ibis, Alu 31,6 mm | |||||
Besonderheiten | Schutzblech-Ösen an Gabel und Rahmen, 2 Ösen auf Unterrohr, 2 Ösen am Sitzrohr |
Aber das Hakka ist etwas anders, bereits auf den ersten Blick. Und das bezieht sich vor allem auf das Herz des Gravelbikes, das Rahmenset. Viele kleine feine Details machen allein schon dem Auge Spaß. Da ist die Faust, die sich dem Hinterrad entgegenstreckt, das erhabene Steuerrohr-Emblem aus Metall oder der Kettenstrebenschutz, der zum Rahmendesign passt und nicht zuletzt die sauber aufgetragene haltbare Lackierung selbst. Viele andere Details machen einfach Sinn: Es gibt (schön integrierte) Ösen für Schutzbleche, der Rahmen kann 1-fach und 2-fach ebenso wie elektronisch geschaltet gefahren werden, wobei die nötige Di2-Box sauber im Unterrohr untergebracht wird. Nicht zuletzt bietet der verwendete T47-Tretlagerstandard Vielseitigkeit bei der Kurbelauswahl und besitzt ein Gewinde, das „knarzfreien“ Betrieb verspricht. Und: Eine Öffnung unter dem Unterrohr erleichtert die Verlegung der weitgehend innen laufenden Züge und Leitungen.
Der zusätzliche Zugang am Unterrohr ist durchaus ein Vorteil. Denn das Hakka MX kann man erstmal als Rahmenset für 2.298 € kaufen. Für Aufbauten gibt es ein SRAM Rival Built-Kit dazu, das am Testrad montiert war und noch einmal 1.600 € kostet. Obwohl die Teile des Aufbau-Kits nicht zu den leichtesten gehören, pendelte sich unsere Waage bei 8,5 kg ein, was für den Rahmen spricht. Die passende Vollcarbon-Gabel kommt von Enve, und sie bietet sogar noch einmal mehr Reifenfreiheit als der Rahmen selbst, nämlich bis zu 50 mm in 700c, während Ibis den Rahmen in 700c bis 40 mm empfiehlt.
Unser Aufbau mit Schwalbe G-One Allround-Reifen in 40 mm hat seine Vorteile vor allem bei einem Nutzungs-Mix mit eher höherem Straßenanteil. Leicht rollen kann er überall, aber bei nassen, weichen Böden geht die Traktion schnell verloren. Der leichte Reifen ist zudem mit relativ leichten Stans ZTR Grail-Felgen (ca. 440 g) gut kombiniert. Die ZTR Grail-Felge erlaubt übrigens mit Straßenreifen einen Reifendruck bis knapp unter 8 bar.
Die SRAM Rival-Gruppe ist inzwischen nicht mehr die jüngste. Ihre 1×11 Gänge legt man mit dem bekannten Double Tap ein, also dient ein und derselbe Hebel zum Hoch- und Runterschalten. Vorteil: Der Bremshebel dient nur zum Bremsen. Wer die Schaltlogik mag, wird mit knackigem Schaltgefühl und guter Präzision belohnt. Die Kabelwege am Ibis begünstigen reibungslose Gangwechsel.
Geometrie: gelungener Kompromiss
Rahmengröße cm | 49 | 53 | 55 | 58 | 61 |
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Sitzrohrlänge mm | 455 | 525 | 505 | 55,3 | 60 |
Oberrohrlänge mm | 520 | 540 | 550 | 570 | 590 |
Steuerrohrlänge mm | 110 | 135 | 155 | 175 | 195 |
Sitzwinkel Grad | 74,5 | 73,5 | 73,5 | 73,5 | 73,5 |
Lenkwinkel Grad | 70,5 | 71,5 | 71,5 | 71,5 | 71,5 |
Kettenstrebenlänge | 430 | 430 | 430 | 430 | 430 |
Radstand | 1007 | 1011 | 1021 | 1037 | 1057 |
Tretlager-Absenkung | 70 | 70 | 70 | 70 | 70 |
Stack mm | 532 | 560 | 580 | 599 | 616 |
Reach mm | 370 | 373 | 382 | 391 | 406 |
Stack to Reach (StR-Wert) | 1,44 | 1,50 | 1,52 | 1,53 | 1,51 |
Mit einem mäßig abfallenden Oberrohr ist das Ibis Hakka durchaus auch ein Gravelbike für Freunde der traditionellen Rennrad-Anmutung. Das ist natürlich andererseits mit geringerem Freiraum bei der Überstandshöhe verbunden. Ibis folgt nicht dem Trend zu längeren Oberrohren am Gravelbike. In Kombination mit dem kurzen Vorbau und der andererseits eher sportlichen Überhöhung ergab sich eine fahraktive Sitzposition am Testrad. Auch der Lenkwinkel tendiert weniger ins Flache als bei manch anderem modernen Gravelbike-Vertreter und der Lenker bleibt ab Werk ebenfalls eher schmal. Wer vom Rennrad kommt, wird sich mit der Sitzposition schnell anfreunden – bei der Vorbaulänge haben die Ibis-Kunden außerdem die Wahl und so lässt sich auch eine fast cyclocross-typische Auslegung der Sitzposition mit mehr Gewicht auf dem Vorderrad erreichen. Dazu passt der steile Sitzwinkel, der das Fahrergewicht eher nach vorne über die Front bringt.
Insgesamt ist auch der Abstand von der Mitte der Kurbelachse bis zur Vorderachse eher kurz. Das macht einerseits Fußkontakt zum Vorderrad möglich, ergibt aber anderseits ein sehr willkommenes Lenkverhalten, dazu später mehr.
Mit Stack-to-Reach Werten zwischen 1,44 in der kleinsten Rahmengröße und maximal 1,53 in den mittleren von insgesamt 5 Größen ähnelt die Rahmenauslegung stark einem Endurance-Rennrad, ist für ein Gravelbike aber eher auf der sportlicheren Seite.
Auf dem Kurs
So sitzt man: Unser Testrad in Größe 55 kam mit einem 90 mm langen Vorbau und einer Sattelstütze mit Setback, was trotz recht steilen Sitzwinkels für ein Geländerennrad den Schwerpunkt leicht nach hinten verlagert. Das Hakka mit seinen langen Kettenstreben verträgt es. Bei 1,5 cm Spacer unter dem Vorbau und 76,5 cm Sitzhöhe führte das zu einer Überhöhung von rund 60 mm. Sprich: Man sitzt gemäßigt aufrecht. Sehr gelungen fanden wir die Kontaktpunkte. Der Ibis eigene Lenker hat eine flache, aber nicht lange Oberkante und liegt damit gut in der Hand. Voraussetzung ist eine genau zur Sitzposition passende Positionierung des Winkels. Sprich: Beim Aufbau erst prüfen, ob es passt, bevor man die Schaltbremshebel in die endgültige Position bringt.
In der Kurve: Das Ibis Hakka hat im ersten Moment ein gewöhnungsbedürftiges Kurvenverhalten, das aber nach den ersten Kilometern schon voll überzeugt. In engen, langsamen Kurven übersteuert das Hakka eher, sprich ab einem gewissen Lenkeinschlag kippt es ein wenig in die Lenkung. In der Praxis bringt das überraschend viel Spaß auf winkligen Kursen, wo man auch mit Gewichtsverlagerung schon viel erreichen kann, das Bike schiebt nicht so über das Vorderrad wie manche andere Gravelbikes. In schnellen Kurven mit weiten Radien liegt es ausgesprochen stabil und verleiht viel Sicherheit. Insgesamt ist das Verhalten in Kurven eine der einnehmenden Seiten des Ibis Hakka.
Auf dem Kiesweg: Sagen wir es so: Lange kiesige Geraden sind nicht die Domäne des Ibis Hakka. Es ist zwar nicht nervös, aber es gibt Gravelbikes, die noch mehr dazu einladen, die Hände vom Lenker zu nehmen, sich tief in den Sattel zu senken und es einfach mal locker geradeaus laufen zu lassen. An Komfort mangelt es jedoch nicht, sowohl am Gesäß als auch an der Gabel. Dass die Tubeless-Reifen mit geringerem Druck gefahren werden können, tut ein Übriges. Dabei ließe sich mit einer Carbon-Sattelstütze sogar noch mehr Dämpfung am Heck herauskitzeln.
Auf dem Trail: Auf gewundenen Waldpfaden findet das Hakka MX seinen Spielplatz. Solange der Untergrund nicht zu matschig oder wurzelig wird, ist es eine reine Freude, das Rad über flache Trails zu jagen, geht es bergab, ist die Sitzposition aufrecht genug, um nicht die Übersicht zu verlieren und die hohen Hoods der SRAM Rival-Griffe bieten den Händen guten Halt.
Am Berg: „Bergziege“ trifft es nicht 100-prozentig, aber doch gut. Auch im Wiegetritt fühlt sich das Hakka reaktionsfreuding und lebendig an, Klettern macht Freude, zumal die langen Kettenstreben eine gute Traktion verleihen. Die Übersetzung: Sie ist mit 40 Zähnen vorne zu maximal 42 Zähnen hinten schon für viele Off-road-Anstiege geeignet, mit Taschen am Rad und an steilen Anstiegen dürften es aber gerne vorne noch ein paar Zähne weniger sein.
Mit Rucksack oder Bikepacking-Taschen? Auch das geht gut. Das Rahmendreieck bietet viel Platz zur Befestigung von Taschen, ohne dass Züge im Weg liegen. Allerdings gibt es mit zwei Ösenpaaren für Halter im Rahmen nicht gerade ein üppiges Angebot an Transportvorbereitung, auch separate Gepäckträger-Ösen sind nicht vorhanden. Wer das Rad zum Pendeln nutzen will, kann immerhin Schutzbleche sehr gut über integrierte Ösen anbringen und dabei dank der üppigen Reifenfreiheit auch gleichzeitig noch recht breite Reifen nutzen. Schön!
Das ist uns aufgefallen
- Carbonrahmen mit feinen Details: Bei modernen Carbonrahmen ist man kleine Nettigkeiten fürs Auge wie das Steuersatzschild oder die Faust am Heck des Ibis kaum mehr gewohnt. Doch das Auge isst mit, lecker!
- Komfortabler Sattel: Der WTB Silverado-Sattel dämpft gut und nimmt der breiten Alu-Stütze die Härte.
- T47-Tretlager Vereint die Vorteile von Gewinde und Achsen mit großen Durchmessern.
- Wenig Bikepacking-Ösen Das Rad ist vielseitiger als die Halterzahl ahnen lässt.
- Viel Reifenfreiheit Platz für 650b Reifen bis 2,2-Zoll oder 50 mm in 700c in der Gabel sind selbst für moderne Gravelbikes üppig – experimentieren erlaubt.
- Stans ZTR Grail-Felgen: Sie setzten einst den Trend. Mit rund 20 mm Maulweite gehören sie heute aber eher zu den schmalen Gravelfelgen und geben bei geringem Druck weniger Halt.
Haltbarkeit
Im Rahmen des Einzeltests wurde das Ibis Hakka MX rund 300 km über graveltypische Strecken bewegt und war auch für eine zweitägige Bikepackingtour auf dem Rennsteig mit kleinem Gepäck im Einsatz. Probleme gab es dabei erwartungsgemäß nicht. Positiv lässt sich erwähnen, dass die Tubeless-Reifen auf den Felgen trotz teils sehr felsiger Untergründe keine Defekte aufwiesen. Knarzen und Quietschen fand nicht statt – der T47-Tretlagerstandard mit Gewinde verspricht in dieser Hinsicht auch auf längere Sicht ein ruhiges Leben. Insgesamt fiel auf, dass der Rahmen wenig Resonanzen erzeugt und ruhig läuft. Ibis gewährt 7 Jahre Garantie auf den Rahmen.
Rennrad-News Fazit
Das Ibis Hakka MX ist ein Gravelbike zum Gernhaben. Denn sein Carbonrahmenset mit vielen netten und sinnvollen Details hebt es aus der Masse hervor. In der vollen Testgarage war es einer der Lieblinge. Die Fahreigenschaften sind souverän und ziemlich nah am perfekten Kompromiss aus CX und Gravelbiken. Auch Bikepacking ist drin, dafür sind andere Rahmen aber besser vorbereitet. Dass man für weniger Geld ein besser ausgestattetes, etwa gleich schweres Carbon-Gravelbike von deutschen Direktanbietern bekommt, wird Ibis-Interessenten nicht anfechten.
Pro / Contra
Pro
- Carbonrahmen mit feinen Details
- Leicht
- Hohe Fahrdynamik
- Viel Reifenfreiheit
- Kletterfreudig
- Gelungene Kontaktpunkte
Contra
- Wenig Bikepacking-Ösen
- Reifenwahl am Testrad wird Stärken nicht gerecht
- Preis verlangt Investitionsbereitschaft
Was sagt ihr zum Ibis Hakka MX?
Testablauf
Hier haben wir unsere Fahreindrücke gesammelt:
- Bergisches Land Circa 1.500 km auf Straßen, welligem Terrain mit kurzen Anstiegen bis 15 % und maximal 110 Hm am Stück, Sprints bis 50 km/h und Abfahrten bis circa 70 km/h. Auch Gran Fondos über 100 km.
Testräder werden bei den Herstellern für den Test in der beschriebenen Kategorie angefragt. Die Hersteller stellen das Rad kostenlos in der Art und Weise zur Verfügung, wie es der Fachhandel erhält; bei Testrädern von Direktanbietern, wie sie der Endkunde erhält, also vormontiert. Testräder werden in der Redaktions-Werkstatt endmontiert. Für den Test werden die Räder gewogen, die Sitzposition wird bei identischer Sattelhöhe (bezogen auf die Tretlagermitte) vermessen und die Reifen auf den mittleren empfohlenen Reifendruck befüllt. Für eventuelle Geländefahrten wird der Reifendruck zusätzlich auf den unteren empfohlenen Wert gesenkt. Nach Testende erhalten die Hersteller die Testräder zurück.
- Ich fahre hauptsächlich
- Rennradtouren, CX-Rennen, Gravelrides
- Vorlieben bei der Geometrie
- Gemäßigt sportlich, eher lang
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