Das Focus Atlas 2021 im ersten Test: Mit dem ersten echten Gravel-Bike der Stuttgarter kommt Konkurrenz für Canyon Grail AL, Rose Backroad AL und Co. Die Eckdaten: ein voll Bikepacking-taugliches Set aus Alurahmen und Carbongabel, günstige Einstandspreise ab 1.599 Euro – und sogar ein Commuter-Rennrad gibt es im Debut-Programm. Wir konnten das Atlas 6.8 mit Shimano GRX RX600 bereits testen.
Focus Atlas 2021 Infos und Preise
Wenn die anerkannten Cyclocross-Spezialisten von Focus sich an ein eigenes Gravel-Bike machen, darf man gespannt sein. Focus selbst grenzt das neue Atlas 2021 scharf von den Renngeräten für Rundenzeit-Gewinne ab. Die Stuttgarter sehen ihr erstes Gravel-Bike als Gefährt, um zu verlieren, soll heißen, sich im Moment zu verlieren, soll heißen, als das, was aktuell unter „Abenteuer Gravel-Bike“ läuft. Die nüchternen Eckdaten:
- Neues Gravel-Bike mit Adventure-Ausrichtung
- Aluminiumrahmen und Carbongabel
- Boost-Standard für stabilere Laufräder
- Auch als Commuter-Rennrad mit Licht, Schutzblechen und Gepäckträger
- Dropper Post vorbereitet
- Ausstattungs-NiveausGRX RX810, GRX RX600, GRX RX400 und Commuter-Rennrad
- Reifenfreiheit 47 mm in 700c / 2,1″ in 650b
- Gewinde-Einsätze für Bikepacking 3x auf Unterrohr, 2x Sattelrohr, 2x unter Unterrohr, 1x auf Oberrohr, 3x je Gabelseite, Gepäckträger, Schutzbleche
- Verfügbar ab sofort
- Infos https://www.focus-bikes.com
Preis ab 1.599 € | Bikemarkt: Focus Atlas kaufen
Focus Atlas 8.8 – Test der Carbonrahmen-Variante
Was ist neu?
Einsatzbereich | Tour, Gravel, Commute |
---|---|
Rahmenmaterial | Aluminium |
Gabel | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 10,6 kg |
Rahmengrößen | XS, S, M, L, XL (im Test: L) |
Gravel-Bike ist ein Gefühl. Und das Gefühl, das das Focus Atlas befeuern will, ist eindeutig die Abenteuerlust. Dazu bringt es einige Neuerungen mit. Diese kann man zum Beispiel bei den abseits der Rennszene beliebten Cyclocross-Bikes der Marke aus Stuttgart nicht finden. Aber sie sind auch bei einigen anderen zeitgemäßen Gravel-Bikes nicht an Bord.
Boost-Standard
Auffälligste Neuerung auf dem Papier ist die Boost-Aufnahme für Rahmen und Gabel, sprich 110 mm Einbaumaß für die Nabe vorne und 148 mm hinten. Die Bauweise ist am Mountainbike quasi der Standard. Am Gravel-Bike und Roadbike mit Disc haben sich aber gerade 100 mm vorne und 142 mm hinten etabliert. Warum also Boost? Boost ermöglicht breitere Naben und damit stabilere Laufräder, verspricht mithin mehr Direktheit im Fahrverhalten und Robustheit im Einsatz. Und natürlich kann man seine Boost-MTB-Laufräder einfach ins Gravel-Bike packen, soweit vorhanden. Allerdings wird man in den meisten Fällen andere Reifen aufziehen. Denn selbst die sehr großzügigen 2,1″ Reifenfreiheit in 650b des Focus Atlas übertreffen moderne Mountainbike-Reifen meist.
Reifenfreiheit
Stichwort Reifenfreiheit: Sie ist am Focus Atlas 2021 wahrlich generös. Pneus bis 47 mm in 700c schafft offiziell noch nicht die Masse der aktuellen Gravel-Bikes, Positivbeispiele sind etwa das Specialized Diverge, das Bulls Trail Grinder oder das Ghost Endless Fire.
Bikepacking
Bikepacking mit vielen Haltern für Taschen, Flaschen und Co. war bisher keine Schokoladenseite der geländegängigen Focus-Rennräder (Paralane und Mares). Das ändert sich jetzt mit dem Focus Atlas 2021 gründlich. Es geizt nicht mit Anbaumöglichkeiten. Selbstverständlich sind gut platzierte Gewindeeinsätze für die Montage eines Gepäckträgers und von Schutzblechen – auch hier ist die Reifenfreiheit ein Vorteil.
-> Rennrad-Tests 2021 im Überblick
Nicht ganz so selbstverständlich dagegen sind die beiden „Dreipunkt-Halter-Plätze“ für eine Last von je 3 kg sowie die Bohrung für einen Scheinwerferhalter an der Gabel. Außerdem gibt es 3 Gewindepaare (unter dem Unterrohr, auf dem Oberrohr, am Sitzrohr) und eine weitere 3er Gewindekombi auf dem Unterrohr.
Eine Frage muss sich das Focus Atlas aber gefallen lassen: Wenn so viel Bikepacking-Potenzial besteht, noch dazu der Rahmen und die Laufräder so auf Robustheit getrimmt sind, warum wird dann das zulässige Gesamtgewicht auf 110 kg begrenzt? Wiederum sehr praktisch: An allen Modellen laufen die Züge und Leitungen – es gibt nur mechanische Gruppen und Hydraulikbremsen – auch am Cockpit schön verdeckt und verschwinden oben im Steuerrohr. Das schafft Platz für die einfache Montage von Bikepacking-Taschen. Fein: An unserem Testrad und dem Top-Modell ist sogar ein kleiner „Fuel Tank“ auf dem Oberrohr direkt dabei.
Ausstattung: nix außer GRX
Zurückhaltung bei der Komponentenvielfalt und dadurch auch Maßhalten beim Preis kann man dem neuen Focus Atlas Gravel-Bike auf den ersten Blick bescheinigen. So liegt es in der Einstiegsvariante mit GRX RX400 1×10 als Fachhandelsrad preislich auf Augenhöhe oder nur leicht über ähnlich ausgestatteten Direktversender-Bikes wie dem Backroad AL oder dem Canyon Grail 6. Dabei bringt das Focus die deutlich breiteren Reifen mit, was schon klar den Weg Richtung Alltagsflucht im Gelände vorzeichnet. Außerdem erklärt es bereits einen großen Teil des leicht höheren Gewichts.
Für Antrieb und Schaltung setzt Focus konsequent auf Shimano GRX-Gravelgruppen. Dabei gibt es nur das 2.499 € teure Top-Modell Atlas 6.9 mit einem 1-fach-Set-up der GRX RX810-Gruppe. Es setzt sich zugleich mit einer Carbon-Sattelstütze und einem höherwertigen DT Swiss-Laufradsatz von den anderen Modellen ab, bei ansonsten nahezu identischer Ausstattung. Gleich 500 € günstiger ist das Focus Atlas 6.8 mit GRX RX600 2×11, das wir fahren konnten – also eine Spar-Überlegung. Schließlich hat es lediglich andere Laufräder (von Novatec), die ohnehin ein beliebtes Tuningteil sind, sowie eine Alu-Sattelstütze. Außerdem bietet das Focus Atlas 6.8 gegenüber dem 6.9 einen leichteren Berggang. Noch eine Stufe darunter erhält man dann nur noch 2×10 Gänge der GRX RX400 auf Tiagra-Niveau am Focus Atlas 6.7 (und übrigens auch einen noch einmal leichteren Berggang).
- Focus Atlas 6.9 Shimano GRX RX810 1×11, 10,5 kg – 2.499 €
- Focus Atlas 6.8 Shimano GRX RX600 2×11, 10,8 kg – 1.999 €
- Focus Atlas 6.7 Shimano GRX RX400 2×10, 10,95 kg – 1.599 €
- Focus Atlas 6.7 EQP Shimano GRX RX400 2×10, 12,8 kg – 1.799 €
Focus Atlas 6.9 | Focus Atlas 6.8 | Focus Atlas 6.7 | Focus Atlas 6.7 EQ | |
---|---|---|---|---|
Preis | 2.499 € | 1.999 € | 1.599 € | 1.799 € |
Gewicht | 10,5 kg | 10,8 kg | 10,95 kg | 12,8 kg |
Rahmen | Aluminium, 12x148 mm Boost-Steckachse | Aluminium, 12x148 mm Boost-Steckachse | Aluminium, 12x148 mm Boost-Steckachse | Aluminium, 12x148 mm Boost-Steckachse |
Gabel | Carbon, Disc, 110x12 mm-Steckachse | Carbon, Disc, 110x12 mm-Steckachse | Carbon, Disc, 110x12 mm-Steckachse | Carbon, Disc, 110x12 mm-Steckachse |
Schalt- und Antriebsgruppe | Shimano GRX RX 800 1x11 | Shimano GRX RX 600 2x11 | Shimano GRX RX 400 2x10 | Shimano GRX RX 400 2x10 |
Kurbel / Zähne | Shimano GRX RX 810 / 40 T (BSA) | Shimano GRX RX 600 / 46-30 T (BSA) | Shimano GRX RX 600 / 46-30 T (BSA) | Shimano GRX RX 600 / 46-30 T (BSA) |
Ritzel / Zähne | Shimano SLX/ 11-42T | Shimano 105 / 11-34T | Shimano CS-HG5010 / 11-36T | Shimano CS-HG5010 / 11-36T |
Bremsen | Shimano GRX 810 hydr. Disc 160/160 mm | Shimano GRX 600 hydr. Disc 160/160 mm | Shimano GRX 400 hydr. Disc 160/160 mm | Shimano GRX 400 hydr. Disc 160/160 mm |
Laufradsatz | DT Swiss LN Gravel, Alu, 622-24 | Novatec 25 Elite, Alu, 622-25 | WTB i23 TCS mit Novatec Naben, 622-23 | WTB i23 TCS mit Shutter Precision Nabendynamo, Novatec Naben, 622-23 |
Reifen / Größe | WTB Riddler / 700x45c | WTB Riddler / 700x45c | WTB Riddler / 700x45c | WTB Riddler / 700x37c |
Lenker | Alu, Drop 116 mm, Reach 74 mm, Flare 10 Grad | Alu, Drop 116 mm, Reach 74 mm, Flare 10 Grad | Alu, Drop 116 mm, Reach 74 mm, Flare 10 Grad | Alu, Drop 116 mm, Reach 74 mm, Flare 10 Grad |
Vorbau | Alu, 6 Grad | Alu, 6 Grad | Alu, 6 Grad | Alu, 6 Grad |
Sattel | WTB SL8 | WTB SL8 | WTB SL8 | WTB SL8 |
Sattelstütze | BBB Fly Post Carbon SP-131, 27,2 mm | Alu, 27,2 mm | Alu, 27,2 mm | Alu, 27,2 mm |
Besonderheiten | Boost-Standard, integrierte Kabel und Leitungen | Boost-Standard, integrierte Kabel und Leitungen | Boost-Standard, integrierte Kabel und Leitungen | Boost-Standard, integrierte Kabel und Leitungen, Schutzbleche, StVZO Licht, Gepäckträger hinten |
Auf Basis des Einstiegsmodells im Programm findet sich dabei auch ein neues Commuter-Rennrad. Mit Licht nach StVZO, Gepäckträger und Schutzblechen und auch einem Seitenständer ist es fix und fertig für den Weg zur Arbeit oder das Reisen mit Packtaschen als Randonneur. Übrigens sind es die beiden Focus Atlas RX400 2×10-Modelle, die ab Werk den leichtesten Berggang von 30 zu 36 Zähnen mitbringen.
Gut für die Gattung Gravel und für das Genießen von Geländefahrten sind auf dem Papier auch die Laufradsätze aufgestellt. Neben dem Boost-Standard sorgen breite Felgen für eine gute Abstützung der Reifen und machen das Fahren mit niedrigem Druck möglich – am Testrad wäre ab Werk ein Laufradsatz mit 25 mm Maulweite montiert. Praktisch überprüfen konnten wir das Detail nicht, denn in unserem Vorserien-Modell drehten sich Alexrims-Laufräder mit schmaleren Felgen.
Ein genauer Blick auf Rahmen und Gabel, die in einem matten Lack gehalten sind, fördert erfreuliche Details zutage. So treten alle Züge und Leitungen so ein und aus, dass sie nicht zu übermäßig engen Bögen gezwungen werden. Und die Außenhüllen sind durchgängig verlegt, was der leichtgängigen Funktion unter widrigen Bedingungen entgegenkommt, sogar am Umwerfer. Besonders schön ist, dass am kniffligen Übergang zu den Kettenstreben extra Befestigungspunkte geschaffen wurden, um eine gute Verlegung und festen Sitz zu gewährleisten. Ein BSA-Tretlager verspricht dauerhaft knackfreien Betrieb. Nicht zuletzt kann ein Lichtkabel innen durch die Gabel verlegt werden.
Besonders gut gefielen uns auch die Kontaktpunkte am Testrad, die sich so auch an den anderen Bikes finden. So ist der Focus eigene Gravel-Lenker oben angenehm zu greifen, weil er großzügig abgeflacht wurde. Der Drop fällt gering aus und eine große Rückbiegung der nur leicht ausgestellten Lenkerenden ermöglicht eine bequeme, nicht zu breite Langstreckenposition im Unterlenker.
Geometrie: gelungener Kompromiss
Das neue Focus Atlas 2021 kommt ganz klassisch in 5 Größenabstufungen von XS bis XL und hält damit einige Fein-Abstufungen weniger bereit als große Mitbewerber aus Deutschland in dem Segment. Auch die kompakteren 650b-Laufräder für kleine Fahrer*innen in den kleinsten Größen bieten die Stuttgarter ab Werk nicht – aber natürlich kann man 650b-Laufräder fahren. Apropos Laufräder: In puncto Reifenfreiheit übertrifft das neue Atlas mit 47 mm in 700c viele bekannte Bikes und zählt hier zu den progressiven Modellen.
Focus bescheinigt dem Atlas 2021 eine beruhigte Auslegung für Fahrsicherheit auf dem Trail, aber auch „ultrakurze“ Kettenstreben für Agilität. Tatsächlich fallen die Kettenstreben mit 425 mm im direkten Vergleich eher mittellang aus – aber die großen Reifen wollen schließlich irgendwo untergebracht werden. Das Tretlager ist recht weit abgesenkt, was trotz dicker Reifen einen tiefen Schwerpunkt und eine satte Lage auf dem Gravel bringt, später mehr dazu.
Hinzu kommen ein ziemlich flacher Lenkwinkel und jeweils ein recht großer Stack, sprich lange Oberrohre. Achtung: Focus gibt in der Geometrietabelle nicht die horizontale Oberrohrlänge an. Sie liegt an unserem Testrad in „L“ bei rund 593 mm. Und so ergeben sich unterm Strich Stack-to-Reach-Werte jenseits von 1,5 quer über alle Rahmenhöhen. Sie weisen das Focus Atlas als bequeme Fahrmaschine mit aufrechter Sitzposition für viele Kilometer im Sattel aus.
Wenn es um Komfort geht, hält das neue Focus Atlas noch einen Tuningvorteil in der Hinterhand: die Einbauhöhe der Gabel. Die verwendete Carbongabel baut 425 mm lang. Das entspricht sicher nicht zufällig genau der Einbauhöhe einer Gravel-Federgabel wie der Fox 32 AX. Ansonsten ist der am Testrad deutlich sichtbare Bauraum zu Kettenstreben und Gabelkrone immer auch ein Vorteil, wenn es über Untergründe wie Schlamm, Wiese oder Schneematsch geht, wo möglichst wenig anhaften soll. Und damit direkt zu den Fahreigenschaften.
Rahmengröße | XS | S | M | L | XL |
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Laufradgröße | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C |
Reach | 370 mm | 380 mm | 395 mm | 410 mm | 420 mm |
Stack | 568 mm | 582 mm | 596 mm | 615 mm | 643 mm |
STR | 1,54 | 1,53 | 1,51 | 1,50 | 1,53 |
Lenkwinkel | 70,5° | 70,5° | 70,5° | 70,5° | 70,5° |
Sitzwinkel, effektiv | 74° | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73,5° |
Oberrohr | 484 mm | 509 mm | 532 mm | 550 mm | 590 mm |
Steuerrohr | 114 mm | 129 mm | 144 mm | 164 mm | 194 mm |
Überstandshöhe | 765 mm | 789 mm | 809 mm | 830 mm | 862 mm |
Kettenstreben | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm |
Radstand | 1.015 mm | 1.030 mm | 1.051 mm | 1.072 mm | 1.092 mm |
Tretlagerabsenkung | 75 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm |
Gabel-Offset | 50 mm | 50 mm | 50 mm | 50 mm | 50 mm |
Focus Atlas auf dem Kurs
So sitzt man: Das Testrad in Größe „L“ passte 1,8 bis 1,85 m großen Fahrern auf Anhieb. Dabei gleicht der geringe Reach des Vorbaus die schiere Länge des Rahmens etwas aus. So wie unser Focus Atlas 6.8 aufgebaut ist, mit einem 1-cm-Spacer unter dem negativ geneigten Vorbau, erreicht man eine leicht sportliche Sitzposition, fast wie man sie vom CX-Bike gewohnt ist. Der breite Lenker positioniert die Hände recht weit nach außen. Auf dem flachen Oberlenker gibt es eine gemütliche Ablagefläche für die Hände für lange Strecken.
Eine Überraschung schon auf den ersten Metern ist der Komfort am Sattel. Trotz harter Alu-Sattelstütze wirkt die Dämpfung so gut wie bei einigen Bikes mit nachweislich flexenden Carbon-Sattelstützen. Ein Komfortgewinn, der nur auf das Konto des WTB SL8-Sattels gehen kann. Das Modell fiel uns schon wiederholt in Tests als gut an den Graveleinsatz angepasst auf. Der Sattel am Testrad fällt eher breit aus, wer lieber schmal sitzt, könnte hier an Tuning denken.
Auf der Straße: Der Asphalt ist sicher nicht die Domäne des Focus Atlas 2021. Zwar laufen die WTB Riddler-Reifen auf Teer leise und auch recht flott. Aber mit der breiten Armhaltung und dem spürbaren Gewicht am Berg kommt kein dynamisches Rennradfeeling auf. Positiv ist die Gangabstufung des 2-fach-Ensembles, die auch kleinere Schaltschritte bereithält. Und für langes, stetes Kurbeln auf der Geraden ist das Atlas mit seinem hervorragenden Geradeauslauf wie gemacht.
Auf dem Kiesweg: Auf der Art Wegen, für die das Wort Gravel hierzulande steht, zeigt sich das Focus Atlas von seiner Schokoladenseite. Es liegt ausgesprochen satt, läuft hervorragend geradeaus und ist auch mit lockerstem Griff am Lenker spielerisch auf Kurs zu halten, wenn man den Händen mal eine Pause gönnen will. Aus der Schräglage richtet sich das Atlas schnell wieder auf. Die Reifen lassen sich auch mit niedrigem Druck sicher fahren. Nur auf feuchtem, weichem Boden sind sie sehr schnell überfordert.
Die Lenkung trifft die goldene Mitte aus agil und ruhig. Die überaus steife Front mit der breitschultrigen Carbongabel liefert ein präzises Handling ab. In schnellen Kurven auf losem Grund schiebt das Rad über beide Räder kontrolliert nach außen, ein Fahrverhalten, das uns sehr gut gefiel, wie überhaupt die Abstimmung der Geometrie ein Volltreffer für das Einsatzgebiet ist.
Am Berg: Trotz des nicht ganz geringen Gewichts geht das Focus im Wiegetritt gut nach vorn und wirkt im Gelände dynamischer, als es der Papierwert vermuten lässt. Mit der Übersetzung ist man für die meisten Fälle gut gerüstet. Im kleinsten Gang pedaliert man bei 60 Umdrehungen mit 7 km/h. Immerhin 50 km/h schafft man bei 90 Umdrehungen im schwersten Gang in der Abfahrt. Hier findet ihr die Übersetzung des Focus Atlas 6.8 im Ritzelrechner.
Die Kür auf dem Trail: Auch wenn man es bergab mal laufen lassen will, fühlt man sich mit dem Focus Atlas fest im Sattel. Die breiten Reifen und der breite Lenker zusammen mit der hohen Spurtreue geben viel Sicherheit. Auch spielerisch kann man das Gravel-Bike der Stuttgarter über den Trail fahren. Viele schnelle Richtungswechsel liegen ihm aber weniger. Die GRX RX600-Bremsen geben sich in Sachen Druckpunkt und Kraftentfaltung wie die Pendants aus den höherwertigen oder den Rennrad-Gruppen 105 und Ultegra. In dieser Hinsicht haben wir nichts vermisst.
Das ist uns aufgefallen
- Boost-Standard Ein konstruktiver Vorteil, aber in Sachen Laufradflexibilität ein zweischneidiges Schwert. Dann ist es nur ein Vorteil, wenn man mit noch breiteren Felgen von MTB-Laufradsätzen gezielt in Richtung Geländegängikeit tunen will. Die Auswahl an RR-Laufrädern mit Boost-Standard wird erst mit dem E-Gravel-Trend langsam wachsen.
- Rahmen- und Gabeldetails Durchdacht und mit einem Auge auf die Haltbarkeit
- Großzügige Reifenfreiheit Warum sich mit weniger zufrieden geben, wenn es kaum Nachteile hat?
- Sorglos-Fahreigenschaften Damit fühlen sich auch Einsteiger auf Gravel und leichten Trails auf Anhieb wohl
- Steifes Fahrwerk Direkter Vortrieb, obwohl das Rad nicht ganz leicht ist
- Bikepacking Montagemögloichkeiten Alles dran, sinnvoll platziert (zum Beispiel 3er Halter an der Gabel weit unten
- Größenauswahl leider eher gering
- Gewichtszulassung 110 kg werden den Qualitäten des Focus Atlas nicht gerecht
Fazit
Kommt man vom Fahren her, macht das neue Fokus Atlas 2021 alles richtig. Erstaunlich viel Dynamik für ein Rad dieser Preisklasse trifft auf gelassenes Gleiten über Gravel und Co. Das leicht höhere Gewicht macht sich gefühlt kaum bemerkbar. So lassen sich Kieswegkilometer mit Spaß schrubben, auch wenn es definitiv kein Rad für Racer ist. In Sachen Bikepacking bleiben keine Wünsche offen. Wer gerne Laufräder tauscht, wird sich über den Boost-Standard eher weniger freuen, aber die Performance überzeugt. Der Preis mutet angesichts der gebotenen Leistung günstig an.
Pro / Contra
Pro
- Gelungene Geometrie für Geradeauslauf
- Dabei nicht träge in Kurven
- Hohe Reifenfreiheit
- Große Zahl an Montagemöglichkeiten
- Breite Reifen ab Werk
- Guter Komfort
- Preis/Leistung
Contra
- Geringe Größenauswahl
- Etwas schwerer als in Preisklasse üblich
- Boost-Standard verringert Laufradauswahl
- 110 kg Gewichtzulassung
Was denkt ihr über das neue Focus Atlas Gravel-Bike?
Testablauf
Hier haben wir unsere Fahreindrücke gesammelt:
- Bergisches Land Über 1 Monat Fahrten auf klassischen Gravelwegen, feuchten und vom Schnee aufgeweichten Waldwegen, Bahntrassen mit verfestigtem Bodenbelag und feinem Kies. Anstiege bis 20 %, leichte Trails. Anmerkung: Am Testrad waren andere Laufräder als in der Serie verbaut. Sie besaßen schmalere Felgen. Damit formen sich die Reifen anders und letztlich hat das auch einen Einfluss auf das Lenkverhalten. Vor diesem Hintergrund sind die Aussagen im Test zu lesen.
Testräder werden bei den Herstellern für den Test in der beschriebenen Kategorie angefragt. Die Hersteller stellen das Rad kostenlos in der Art und Weise zur Verfügung, wie es der Fachhandel erhält; bei Testrädern von Direktanbietern, wie sie der Endkunde erhält, also vormontiert. Testräder werden in der Redaktions-Werkstatt endmontiert. Für den Test werden die Räder gewogen, die Sitzposition wird bei identischer Sattelhöhe (bezogen auf die Tretlagermitte) vermessen und die Reifen auf den mittleren empfohlenen Reifendruck befüllt. Für eventuelle Geländefahrten wird der Reifendruck zusätzlich auf den unteren empfohlenen Wert gesenkt. Nach Testende erhalten die Hersteller die Testräder zurück.
- Ich fahre hauptsächlich
- Rennradtouren, CX-Rennen, Gravelrides
- Vorlieben bei der Geometrie
- Gemäßigt sportlich, eher lang
Noch mehr Gravel Bike-Tests auf Rennrad-News:
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