Rennrad-News

Renner der Woche
Mit einem Trek Madone „gegen den Strom“

Ein gebrochener Trek Madone Carbonrahmen bildete die Basis für diesen Renner der Woche: optisch als rollendes Statement gegen den Rennrad-Mainstream gedacht, unterschreitet der Selbstaufbau mit 7,15 kg auch gewichtstechnisch das Übliche. Viel Spaß mit dem Trek Madone 2010 in der Art-Edition.

Renner der Woche

Trek Madone 2010 elsid_arts Edition, Sannemannxd

Rennrad-News.de: Hallo Sannemannxd. Wie bist Du zu dem Rad gekommen, das wir heute als Renner der Woche vorstellen? Warum hast Du Dich für genau diesen Aufbau entschieden?

Wie bin ich dazu gekommen? Eine lange Geschichte, voller Ideen und voller Spaß. Ich muss etwas ausholen, damit man dieses Bike verstehen kann. Also dann mal los, ich selbst war eigentlich überzeugter Downhill MTB’ler; durch eigene Blödheit hatte ich einen bösen Unfall inklusive einer verpfuschten Platten Entfernung, und, naja, unterm Strich blieb mir ein kaputter, recht empfindlicher Arm. Einfach große Kacke, deshalb wollte ich dieses Radfahren komplett lassen.

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# Der Renner der Woche: "Eine lange Geschichte, voller Ideen und voller Spaß"

MTB/Downhill ging nicht mehr, tat schnell weh und funktionierte nicht wie vorher. Rennrad war zu diesem Zeitpunkt keine Option. Ich dachte immer solche Sattelfresser, so etwas werde ich nie. Ich war der Typ, der das gut fand, was er tat und alles andere war falsch. Also voller Vorurteile und eigener Dummheit. Da ich täglich etwa 40 km Arbeitsweg habe, ich immer mit dem Zug fahre und dabei gern mein Bike mitnehme, brauchte ich ein Rad, welches man in den Zug packt und wo es egal ist, wenn etwas dagegen kommt. Einige Arbeitskollegen hatten Singlespeed Bikes oder alte Rennräder und so doof war das für den Zug echt nicht. So ein breiter 800er Lenker ist halt nicht so praktisch wie ein 420er, wenn es ums Bikestapeln im Zug geht.

Es war zwar eine Überwindung aber es war ja nur für die Arbeit. Also Gedanke klar, Kleinanzeigen auf und da war es, kostete einen Kasten Bier im Tausch. Marke Unbekannt (Amazon für 130 € neu), Stahlrahmen in Größe 52 mit 182 cm also recht sportlich. Für den Kasten Bier bekam ich aber ganze 13 kg Bike, also ein guter Tausch.

# Ein Trek Madone Rahmen mit fachmännisch repariertem gerbrochenem Oberrohr...
# ...bildete die Basis für die Kunst am Rad
# Entwürfe für Doodles...
# ...und Muster

Drauf gesetzt und los ging es! Siehe da, es war nicht ganz so blöd wie erwartet. Irgendwie machte es Spaß, zwar nicht dieses Bike an sich, es fuhr sich schrecklich, aber überhaupt wieder zu biken machte Spaß. Und so begann es. Zügig ging es los, neue Parts mussten her. Und ich war auf der Suche nach einem neuen Rahmen.

So kam ich dann zu einem am Oberrohr gebrochenen Trek Madone-Rahmen aus 2009/2010, US Modell. Gebrochen am Oberrohr? Und sowas fahr ich? Jupp, mache ich. Aber nur, da ich jemanden kenne, der ein guter „Plastikschmied“ ist und die Geräte und die Erfahrung zum Flicken hat. Und ja, es hält (schon einige tausend Kilometer). Okay, ich hatte also einen Trek-Rahmen, ursprünglich blau, schlecht umlackiert in schwarz matt durch den durch Vorbesitzer. Ich baute das Rad zusammen und hatte nun schon mal ein passendes, jedoch ziemlich hässliches, schwarzes Rad.

# Das Logo für das Steuerrohr...
# ...und der Lack für das Oberrohr
# Renner der Woche Trek Madone-6
# Renner der Woche Trek Madone-7

Wieso ist es nun wie es ist? Der Grund liegt in meinem Job: Ich arbeite als technischer Berater im Kundenservice in einem der größten Bike Shops Deutschlands. Da bekommt man viele Probleme mit, und auch aus dem privaten Umfeld bekam ich viele Inspiration, gezielt anders zu sein. Wenn Leute sich beschweren, dass der Blauton der Socken nicht zu dem des Trikots passt, oder wie es sein kann, dass ich mich traue mit schlecht gewickeltem Lenkerband zu fahren, ist es schon etwas ungewöhnlich, aber sinnbildlich für die Branche.

Viele solcher Einflüsse und Impressionen brachten mich dazu, völlig gegen diese Perfektion zu sein. Ein Statement, dass es nicht immer passen muss, dass jeder seinen Style hat und dass auch viele Farben und Chaos toll sein können. Ich überlegte nur kurz, was man denn machen kann. Die Farbe musste anders, außergewöhnlich werden, soviel war klar. Also überlegte ich weiter.

Bunt lackieren kann jeder.

sannemanxd

Bunt lackieren kann jeder, jetzt kommt der nächste Grund, warum es so ist, wie es ist. Bei uns auf Arbeit gibt es eine sehr geschätzte Künstlerin, elsid_arts, schaut gerne mal bei Instagram vorbei, ich fragte, ob sie Bock habe den Rahmen zu bemalen. Sie war sofort dabei.

Also begannen wir die Köpfe zusammen zu stecken, und es war nicht leicht. Ich wollte einfach Chaos, sie wollte klare Linien, ich wollte bunt, sie wollte es stimmig. Es gab also viel Potential für spaßige und vor allem kreative Gespräche. Ich sendete ihr oft Bilder, ‚das will ich!‘ oder ‚geht das?‘, war glaub‘ recht anstrengend. Aber wir wurden uns einig. Die ersten Entwürfe folgten und so ging es voran.

Mit meinem Lackierer des Vertrauens wurde geklärt, welche Materialen überhaupt dauerhaft halten und was er dann noch machen muss. Ich wollte Struktur wie bei einem Gemälde im Lack. Der Klarlack müsste entweder ziemlich dick oder stabil sein aber dank der Hilfe des Lackierers kam ein stoßfester Lack zum Einsatz, welcher die Gemäldeoptik erhielt. Es war gar nicht so einfach, dem Lackierer zu erklären, dass er mal keine perfekt gerade Fläche erzeugen soll sondern genau das Gegenteil. Letztendlich mag er das Ergebnis auch. Da stand das schicke Rad. Zur Veredlung kam schließlich noch ein Tune Sattel im Custom Design des Rades hinzu. Diesen bekam ich vom User Bison. Vielen Dank an dieser Stelle für die tolle Arbeit und den netten Kontakt. Ich empfehle es jedem, der auf gutes Handwerk und kreatives Design steht.

# Ein besonderer Rahmen...
# ...braucht einen besonderen Sattel – von Leichtzinn

Was zeichnet das Rad für Dich besonders aus? Wenn es ein Selbstaufbau oder Tuning ist: Worauf hast Du besonders geachtet?

Was zeichnet es wohl aus? Natürlich ist es mega schlicht und stimmig, ein richtiger Stealth-Bomber halt. Nein, ganz im Ernst, ich wollte mit dem Rad optisch einfach anders sein. Einfach ein richtiges BAAAM. Das Rad sollte Kopfschütteln verursachen und gleichzeitig Leute veranlassen, darüber zu reden. Es ist tatsächlich so, daß ich schon öfter gefragt wurde, ‚wieso?‘, das führt gerne zu guten Gesprächen. Es hat Charakter, und das finde ich gut zudem ist es technisch für mich einfach toll und für meinen Fahrstil passend. Man kann es hässlich finden, eine Meinung die ich nicht schlimm finde, ich mag es und finde schwarz matte Canyon Stino Bikes hässlich, das ist aber halt nur eine Meinung und zwar meine und davon gibt es zum Glück richtig viele. Bei den Komponenten war ich auch flexibel. Es sollte gut und leicht sein aber mit ein (klein) wenig Rücksicht auf Kosten und Zweckmäßigkeit. Ich habe vieles günstig gebraucht geschossen oder Freunde und Bekannte gefragt, danke an Ronny für den Vorbau.

Bleibt jetzt alles so oder wird es weitere Ausbaustufen geben?

So bleiben ganz sicher nicht, ich bin ein Bastler. Ich liebe den neuesten Scheiß am Markt und finde immer etwas, was ich als zwingend erforderlich erachte. ‚Stillstand bremst Entwicklung‘ nehme ich als Begründung für was Neues. Aber das bringt der Job mit, man befasst sich halt täglich 8 Stunden mit Neuheiten und weiß dann auch, was wirklich gut ist. Nächster Schritt wird noch eine Sattelstütze und paar Laufräder inklusive die ein oder andere Paintjob-Idee. Ach, und ja, evtl. ein kleineres Kettenblatt – ich als überzeugter einfach Fahrer will mir für die Bergtour noch ein 40er Blatt holen. Ach Ideen sind genug da, mal sehen was die Zeit bringt

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Was wiegt Dein Renner der Woche?

Meine „geeichte“ 2,99-Euro-Amazon-Kofferwaage sagt mir mit Pedalen aktuell 7,15 kg. Aber so sollte es in etwa sein. Ich habe aber schon eine Stelle gefunden, wo man Gewicht sparen kann, die sitzt auf dem Sattel (PROJEKT 2020).

Wo fährst Du mit diesem Rennrad? Welche Rennen, RTF oder andere Veranstaltungen hat es schon bestritten?

Das Radl ist keine Rennmaschine, da passen die Geometrie sowie meine körperliche Leistungsfähigkeit auch nicht wirklich. Es ist zum Spaß haben, für den täglichen Arbeitsweg und die Feierabendrunde mit den Lieblingskollegen.

Wie würdest Du das Fahrverhalten des Rades charakterisieren?

Kompfortabel entspannt, keine Rennmaschine, also dem Fahrer voll angepasst.

Wie und wann bist Du zum Rennradfahren gekommen?

Erst vor etwa einem Jahr als Fahrer privat, seit etwa 4 Jahren täglich im Job.

Wie würdest Du Dich jetzt selbst als Rennradfahrer charakterisieren?

Ich mag die Gesellschaft und plane in die Ausfahrt gerne einen Biergartenbesuch mit ein. Bin ein Spaßradler, denke das trifft es sehr gut.

Wie bist Du zum Forum von Rennrad-News gekommen?

Hm, weiß ich gar nicht mehr, MTB-News und dann irgendwann war ich hier.

Was macht für Dich den Reiz des Rennradfahrens aus?

Es hält fit, man schafft ein paar Kilometer in relativ kurzer Zeit, und die Technik ist schön

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Dein Verhältnis zur Radbranche – immer das Neuste oder am liebsten noch mit Rahmenschalthebel?

Die Radbranche? Ein schwieriges Thema. Durch den Job bin ich ja extrem nahe an der Branche. Ja, es gibt jedes Jahr neues Zeug und neue Standards über die jeder schimpft – und gekauft wird es dann trotzdem. Das ist aber nicht zwingend ein Problem des Fahrradbereiches, sondern Branchenunabhängig. Damit muss man halt leben.

Für das Basteln an Bikes glaube ich, dass in Zukunft ganz andere Probleme entstehen werden. Vollintegration wird meiner Meinung nach der Weg der Hersteller. Im Triathlon und Zeitfahrbereich ist das ja schon normal, in den anderen Bereichen wird es immer mehr kommen. Für Hersteller toll, für Individualisierung furchtbar. Ich bin gespannt, wo man 2030 eine Aerostütze für Modell XY herbekommt. Zur Rahmenschalthebel-Frage kann ich nur sagen, früher war vieles gut, aber technisch nicht alles besser und jeder muss einfach seinen Weg, angepasst an seine Bedürfnisse, wählen. Ich bin gerne am Puls der Zeit und teste gerne neue Sachen aus, ohne vorab zu sagen, es ist Mist (das hab ich lang genug gemacht). Möchte hier nochmal danke sagen am Ende an Elsidarts für Geduld und Kreativität, LEICHTZINN für den perfekten Sattel, Toni Schwanke 14zero8 Media für die würdige Präsentation des bikes, die besten Kollegen für das Aushalten meiner nervigen Ideen.

# Trek Madone 2010 – 7,15 kg mit SRAM Force eTap AXS Gruppe in 1x12 Ausführung

Technische Daten: TREK MADONE 2010 elsid_arts Edition

Rahmen: TREK MADONE 2010
Gabel: TREK
Schalthebel: SRAM Force AXS
Umwerfer: vergessen zu montieren
Ritzelkassette / Abstufung: 10/33
Tretkurbel / Abstufung / Innenlager: SRAM RED 130 mm GXP 42 T
Pedale: Crankbrothers Eggbeater
Kette: SRAM AXS Flattop
Bremsen: SRAM Force
Laufräder: Prime Carbon RR28
Reifen: Continental Grand Prix 5000
Sattel / Sattelstütze: Tune Komm Vor im Custom-Design
Vorbau / Lenker: Syntace F149 120mm/New Ultimate Carbon 420
Lenkerband: SRAM
Sonstiges (Licht, Gepäckträger, Dynamo, integrierte Funktionen): Garmin 130

Über den Renner der Woche

Ihr habt auch ein Rad, dass sich in dieser ehrenhaften Galerie der schönsten Rennräder aus dem Forum sehen lassen könnte? Dann macht doch einfach mit. Wir zeigen nicht nur edle, sondern auch einfach spannende Bikes und es geht immer auch um ihre Geschichte und Besitzerinnen und Besitzer. Lust bekommen? Lest euch die Regeln für folgendes Album durch und ladet ein Bild in selbiges hoch. Viel Erfolg! Hier zu den Regeln: fotos.rennrad-news.de/p/455915 / Das Album findet ihr hier: Renner der Woche Fotoalbum.

Die letzten Renner der Woche findet ihr hier:

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