Rennrad-News

Salsa Journeyman im Test
Bikepacking-Bolide mit Blick fürs Budget

Das Salsa Journeyman ist ein Gravelbike fürs Grobe – und für den kleinen Geldbeutel. Los geht es bei den Kompletträdern knapp über 1.000 €. Im Test war eine erst gestrippte und dann neu komplettierte Variante – was auch eine wahrscheinliche Historie des Rades simuliert.

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Steckbrief: Salsa Journeyman

EinsatzbereichGravel, Commute, Reise
RahmenmaterialAluminium
GabelAluminium
Gewicht (o. Pedale)10,2 kg
Websitecosmicsports.de
Preis: ab 1.079 Euro
Salsa hat eine breite Auffassung von All-Road. Das ist die Kategorie, in der die Amerikaner ihr Gravelbike Journeyman einordnen – und wo sich sonst Rennräder wie das Cannondale Synapse tummeln. Eher zur Orientierung taugt aber der Modellname. Er ist Programm. Denn das Journeyman hat mit einem robusten, mit Befestigungsösen gespickten Alurahmen das Zeug zu einem Bikepacking-Rad für mehrtägige Erkundungsfahrten auch in gröberem Geläuf.

Dafür hat Salsa das Journeyman besonders vielseitig in Sachen Reifenwahl aufgestellt: Es passt alles vom 650B-Geländeschlappen mit 56 mm Breite bis zum 50 mm breiten 28-Zoll-Reifen. Das Rad ist in den USA mit einfachsten Komponenten als Kit zum Selbstaufbau für erstaunliche 899 Dollar erhältlich und richtet sich damit klar an Budget-Bikepacker oder eben Gravelbiker mit Blick für das Wesentliche. In Deutschland ist das Komplettrad mit Claris-Gruppe für 1.079 Euro zu kaufen, alternativ auch mit 650B-Bereifung. Mit der Claris-Gruppe haben wir im Test bereits – gemessen am Preis – gute Erfahrungen gemacht.

Hier geht es zum Test des Bergamont Grandurance RD mit Shimano Claris

# Auf solchen Wegen ist das Salsa noch unterfordert - Es rollt aber sehr gut auf befestigtem Untergrund

Diashow: Bikepacking-Bolide mit Blick fürs Budget
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Austattung: einfach – später getuned

Unser Salsa Journeyman Testrad basiert auf genau diesem Claris-Einstiegsmodell. Es wurde vom Teststeller, dem Betreiber des pd-f, gekauft, die einfacheren Teile wichen später höherwertigeren Komponenten. Der Ansatz bewegt das Journeyman weg vom robusten Reisebegleiter, hin zu Leichtbau und Performance – soweit man bei einem Rad mit 10,15 kg Gewicht ohne Pedale von „leicht“ sprechen kann.

# Salsa Journeyman Custom Aufbau - SRAM Rival 1x11 Gruppe mit HydroR Schaltbremshebeln, Laufradsatz mit Stan's No Tubes ZTR Arch Felgen auf Hope Naben, Zipp Komponenten an Sattel und Cockpit
# Für alle Fälle gerüstet - An der breitschultrigen Aluminium-Gabel sitzen Ösen für einen Lowrider oder Taschenhalter sowie solche für Schutzbleche
# Gut platziert - Ösen für den Gepäckträger und Schutzbleche

Da das Testrad im Wesentlichen auf dem Rahmenset des Einstiegsmodells basiert, zunächst ein genauer Blick hierauf: Das Journeyman besitzt einen Alurahmen, der vom Schwestermodell Warbird abgeleitet wurde. Während Salsa das Warbird auch als Wettkampfgerät für schnelle Crosskurse andient, soll das Journeyman eher die erkundungsfrohen Gravelbiker ansprechen.

Für den Reiseeinsatz besitzt es veränderte Ketten- und Sitzstreben. Sie bieten viel Platz für dicke Reifen. Am Testrad mit eher sportlichen Schwalbe G-One-Reifen in 40-622 passten Schutzbleche noch gut zwischen Profil und Rahmen. Apropos Schutzbleche: Die nötigen Montage-Ösen sind an Rahmen und Gabel so angeordnet, dass das Anbringen der Radschützer ohne viele Distanzstücke und Behelfsmaßnahmen gelingen kann. Die Auswahl und Zahl an Gewindeösen am Rahmen sind hoher Bikepacking-Standard: Neben den üblichen zwei Flaschenhalter-Ösenpaaren gibt es ein Paar auf dem Oberrohr und ein Paar unter dem Unterrohr.

# Fürs Bikepacking gut gerüstet - Ösen für eine Oberrohrtasche...
# ...unter dem Unterrohr

Die breitschultrige Alu-Gabel ist ebenfalls vielseitig. Sie kann einen Lowrider (Gepäckträger für die Gabel) ebenso aufnehmen wie die Salsa Anything-Cages, das sind spezielle Halter für Packsäcke an der Gabel, die mehrere Montageösen benötigen. Auch ein Loch für einen Scheinwerferhalter ist vorhanden. Die Züge und Leitungen verlaufen zunächst im Unterrohr und treten an den Streben aus. So lassen sich Bikepacking-Taschen anschnallen, ohne die Reibung in den Zügen zu erhöhen. Das Schaltseil ist mit durchgängiger Außenhülle verlegt, was die Anfälligkeit für Schmutz verringert. Das Tretlager ist im BSA-Standard ausgeführt und passt so für viele Kurbellösungen.

RahmenAlu T6061, 135 mm Hinterbau, Schnellspanner, 4 Ösenpaare für Zubehör
GabelAlu, tapered, A-Head, Schnellspanner, Flat-Mount
Gewicht10,15 kg (gewogen ohne Pedale), Rh 57 cm
Entfaltung2,01 - 8,44 m pro Kurbelumdrehung
Zulässiges Gesamtgewicht k.A. kg
SchalthebelSram Rival 1x11
Umwerfer / SchaltwerkSram Rival
Kurbel / ZähneSram Rival, 172,5 mm / 38 T
Ritzel / ZähneSram 10-42 T
InnenlagerTruvativ GXP
KetteSram XX1
Bremsen Sram Rival hydraulische Scheibenbremse, v./h.: 160 mm
LaufradsatzHope Pro 2 Evo Naben mit ZTR Arch 29er Felgen in 622x19c, v. + h. 32 Speichen
Reifen / GrößeSchwalbe G-One Bite TLE, 40-622, Tubeless Faltreifen
LenkerZipp SL 70 Carbon, oben 440 mm und unten: 460 mm breit, 125 mm Drop
VorbauZipp Service Course SL, Alu, 90 mm
SattelRitchey WCS Streem
SattelstützeZipp SC, Alu
BesonderheitenCustom-Aufbau, 4 paar Befestigungsösen am Rahmen, Lizard Skins Lenkerband, TRP-Bremsscheiben

Der Rest der Ausstattung weicht vom originalen Set-Up ab. Dahinter steckt die oft vertretene Idee, ein günstiges Einstiegsrad durch schrittweises Aufwerten und Erleichtern, teils mit vorhandenen Komponenten aus der „Restekiste“, auf bessere Performance zu bringen. Das so entstandene Salsa Custom bringt zunächst etwas über 1,6 kg weniger auf die Waage, als der Hersteller für das Serienmodell angibt. Das wichtigste Upgrade sind die Laufräder, die mit haltbaren Hope Naben, leichten Felgen und den leichten, leicht laufenden Schwalbe G One Bite Reifen erheblich das Fahrgefühl prägen. Interessant: Die 40er Schwalbe Reifen messen auf den Felgen mit 19 mm Maulweite nur 38 mm in der Breite – besser gleich zu 42er Modellen greifen!

# Gut zusammengestellt - Mit dem 38er Kettenblatt ergibt sich ein guter Entfaltungsbereich mit Untersetzung im kleinsten Gang
# Große Ritzel für große Berge - SRAM-Kassette mit 10 bis 42 Zähnen
# Noch Luft - In den Hinterbau würden noch breitere Reifen passen, ohne das Limit von 4 mm Freiraum an jeder Seite zu erreichen
# Platz da - Hier kann ein Scheinwerfer montiert werden, aber auch etwas dickere Reifen passen noch durch die Gabel

Auch die Bremsen der höherwertigen SRAM Rival 1×11-Gruppe stellen schon einen großen Sprung gegenüber den originalen Promax-Bremsen dar, die zuletzt in unserem Test des Genesis Day One Ltd wenig überzeugten.

Gar nicht so schlecht erscheint auf dem Papier das 2×8 Gang-Ensemble der Ausgangsausstattung. Sie hat dank der FSA Tempo Adventure-Kurbel mit kleinen Kettenblättern einen ähnlichen Übersetzungsbereich wie die nun montierte SRAM Rival 1×11-Gruppe und bietet eine Entfaltung von 1,96 m bis 9,28 m pro Kurbelumdrehung – für fast alle Gelegenheiten ausreichend, außer zum Mittreten auf schnellen Abfahrten und lange Anstiege im Gelände mit übervollen Bikepacking-Taschen. Ergonomisch gelungen ist unserer Erfahrung nach auch das Original-Cockpit mit dem Salsa Cowbell-Lenker, der leicht ausgestellte Lenkerenden und einen komfortabel geringen Drop hat

# Lenker fast auf Sattelhöhe, stark abfallendes Oberrohr - Das Salsa Journeyman ist auf einer Komfort-Haltung ausgelegt

Geometrie: Länge läuft

„Komfort“ lautet auch das passende Stichwort bei der Geometrie des Salsa Journeyman. Unser Testrad trug den Oberlenker ungefähr auf Sattelhöhe, dazu hatte es einen technisch vertretbaren Spacerturm von 4 cm. Entsprechend aufrecht fällt die Sitzposition aus. Mit Stack to Reach-Werten von 1,54 bis 1,59 in den mittleren Rahmenhöhen kann man von einer Komfort-Endurance-Geo sprechen. Sehr gut passte dazu die Zipp Service Course SL-Sattelstütze aus dem Custom-Aufbau, die mit viel Versatz (Offset) Gewicht aufs Hinterrad bringt. Das kann das Journeyman vertragen. Denn die Kettenstreben fallen mit 440 mm richtig lang aus, rund 3 cm länger als bei einem sportlichen Cyclocrosser. Das Tretlager liegt auch tief, der Schwerpunkt bleibt schön zwischen den Achsen.

50 cm52 cm54 cm55,5 cm57 cm59,5 cm
Oberrohrlänge mm500520 540555570595
Sitzrohrlänge mm380450470510530560
Sitzrohrwinkel in Grad75,574,073,073,073,072,5
Lenkwinkel in Grad7070,570,570,570,570,5
Steuerrohrlänge mm100115140170200215
Gabelvorbiegung mm50505050 5050
Radstand mm101710181029104510611081
Kettenstrebenlänge mm440440440440440440
Tretlagerabsenkung mm727272727272
Stack mm528 544567595624639
Reach mm364364367373379394
STR (Stack to Reach)1,451,491,541,591,641,62
# Sportliche Angelegenheit - Ritchey WCS Sattel mit dünner Polsterung
# Komfort-Trimm - Maximale Spacerzahl und abgeflachter Oberlenker am Zipp-Lenker
# Geben Sicherheit bergab - Die hohen "Höcker" der SRAM Rival Double Tap Shifter
# Fester Druckpunkt, sehr gute Dosierbarkeit - Die SRAM Rival Disc-Bremse erzielt auch mit der TRP-Bremsscheibe eine sehr überzeugende Leistung. Sie arbeitet mit DOT-Bremsflüssigkeit und ist dadurch etwas weniger servicefreundlich

Auf dem Kurs: Hart aber sicher

Wie fährt sich so eine beruhigte Geometrie? Auf dem Kurs bewegte sich das unbeladene Salsa Journeyman behänder, als es das Gewicht vermuten ließ. Außer der – gemessen am Gewicht – recht hohen Dynamik prägte ein Eindruck das Fahrgefühl nachhaltig: Die Verwindungssteifigkeit des Rahmen-Gabelsets könnte kaum höher sein. Das Journeyman gibt an keiner Stelle nach. Das bringt hohes Vertrauen in die Steuerung auf jeder Art von Weg und es lässt das Rad für die nachträgliche Montage von Gepäckträgern geradezu ideal erscheinen. Allerdings fühlt sich das Journeyman dadurch trotz an sich komfortableren Tubeless-Reifen (Serie: Drahtreifen) manchmal doch etwas härter an als von Gravelbikes durchschnittlich gewohnt. Die eingangs erwähnten breiteren Reifen und eine sportliche Federsattelstütze wären unsere Tuning-Tipps. Das drückt zwar das Gewicht nochmal nach oben, aber für Race-Gravelbikes gibt es ohnehin auch in der günstigeren Klasse bessere Basisrahmen.

# Im Wiegetritt - Das Salsa wirkt dabei weniger behäbig als das Gewicht vermuten lässt - das wird beim Serienmodell mit anderen Laufrädern weniger der Fall sein
# Sehr vielseitiger und komfortabler Allrounder - Schwalbes G One Bite im Tubeless Set-up. Pfiffiges Detail: die Ventilmutter, die man gut greifen kann, falls sie mal festsitzt
# Richtig wichtig - Die Stan's Felge ist zwar nicht die breiteste (19 mm Maulweite), aber man findet die empfohlenen maximalen Luftdrücke passend zur Reifengröße direkt am Ventil

Dazu gesellt sich beim Journeyman eine solide Laufruhe, die das Rad schön geradeaus rollen lässt. Das Salsa Journeyman war auf den üblichen Rennrad-News Gravelbike-Testwegen unterwegs, wo es auf breiten, sanft kurvigen Waldwegen richtig Spaß machte und für schnelles Fortkommen sorgte.

=> Hier geht es zu einer Salsa Journeyman Testfahrt auf Strava

Auf Trails bergab geht das Jouneyman ebenfalls richtig gut, dank des hohen Lenkers fühlt man sich in der passenden Position. Nur viele enge Kurven in der Ebene liegen ihm nicht so, dann fehlt doch etwas das Gewicht auf dem Vorderrad. Wie gesagt, ein wieselflinkes Cyclocrossrad macht man aus dem Salsa auch mit Tuning nicht.

# Das Journeyman hat eine recht hohe Front - Bergab steuert man das Rad...
# ...entspannter und eher mit Gewichtsverlagerung durch die Kurven

Haltbarkeit

Aussagen über die Haltbarkeit des Journeyman lassen sich mit unserem Test nur begrenzt machen. Positiv fiel auf, dass alle Bowdenzüge mit durchgängigen Außenhüllen verlegt sind, was die reibungslose Funktion in der Regel verlängert. Ebenfalls beachtlich für das Preisniveau erschien die Verarbeitungsqualität des Rahmens mit ansehnlicher Lackierung und sogar wertigen Details wie dem erhabenen Steuerrohr-Emblem aus Metall.

# Salsa-Emblem am Steuerrohr
# Aus dem Dreckbeschuss genommen - Entlastungsbohrung nach vorne gesetzt und schmucke Salsa-Sattelklemmung

Fazit: Salsa Journeyman

Das Salsa Journeyman löst das Versprechen seines Namens ein: Es zeigt sich im Test als hervorragend für Reisen gerüstet, sei es im Bikepacking-Modus oder im klassischen Randonneurstil mit nachgerüsteten Gepäckträgern. Daran hat der schön verarbeitete Alu-Rahmen mit seiner Geometrie großen Anteil: Extreme Fahrstabilität und ruhiger Lauf auf den typischen Wegen machen lange Touren ebenso entspannt wie die aufrechte Sitzposition. Auch für die nachträgliche Aufrüstung zum Commuter bildet er eine solide Basis. Für die schnelle kurvige Spaßrunde nach Feierabend gibt es Besseres - auch zu dem fairen Preis.

Pro / Contra

Pro

  • Fahrstabiles und laufruhiges Fahrverhalten
  • Sauber und wertig verarbeiteter Alurahmen
  • Gelungene Langstreckengeometrien und Sitzposition
  • Perfekt für Bikepacking vorbereitet
  • Einfach zum Commuter nachrüstbar
  • Vielseitig bei den Reifen- und Laudfradgrößen

Contra

  • Höheres Gewicht
  • In engen Kurven nicht zuhause
  • Bremsen der Original-Ausstattung

Was sind eure Erfahrungen mit dem schrittweisen Umbau von Rennrädern der Einstiegsklasse?

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