Specialized Creo SL Expert EVO
Rahmenmaterial | Carbon |
---|---|
Motor | Specialized 1.1 |
Akkukapazität | 320-480 Wh |
Gabel | Carbon |
Stack | 615 mm |
Rahmengrößen | XS, S, M, L, XL, XXL (im Test: L) |
Website |
Das Turbo Creo SL von Specialized kommt mit einem schönen, sehr wertig gearbeitetem Carbon-Rahmen daher, dessen Lackierung uns total geflasht hat. Im Schatten wirkt der hochglänzende Lack harmonisch und betont die schlanke Silhouette. In der Sonne verwandelt sich der Rahmen in ein glitzerndes Kunstwerk, von dem man kaum die Augen lassen kann. Dazu ist der Rahmen mit diversen Features gespickt – beispielsweise dem Future Shock 2.0-System für mehr Fahrkomfort und weniger Vibrationen am Lenker, das erstmals im Specialized Roubaix Premiere feierte.
Mit dem hauseigenen Motorsystem SL 1.1 verfügt das Creo über einen kompakten Motor, der mit wenig Drehmoment (maximal 35 Nm) und einem sehr natürlichen Fahrgefühl punkten soll. In unserem E-Gravel-Vergleichstest ist dieses Modell mit 13,5 Kilogramm das leichteste E-Bike im Test. Erhältlich ist das Specialized Turbo Creo SL in insgesamt sechs verschiedenen Ausstattungen – das von uns getestete Modell wechselt für 8.499 € den Besitzer. Damit ordnet es sich zwar nur in der Mitte des Creo SL-Preisspektrums ein, markiert in unserem Vergleich aber das teuerste Modell.
Unsere elementare Frage zu diesem E-Gravelbike lautet:
On- oder
Offroad?
Oder gar beides?
Geometrie
Das Specialized Turbo Creo SL ist in Road- und Gravelbike-Varianten erhältlich, diese teilen sich dabei die identische Geometrie. So ist das getestete Gravelbike in Geometrie-Werten auch einem Roadbike sehr ähnlich. Wer jetzt eine waschechte Racemaschine vor Augen hat, kann beruhigt sein – die Rahmenmaße sind eher im Endurance-Bereich zu Hause.
Der Radstand ist dabei etwas länger als bei Rennrädern, aber kürzer als bei vielen Gravelbikes, die Vereinigung beider Spielarten in einem Bike spiegelt sich auch hier wider. Die Kettenstreben sind mit 426 mm ebenfalls etwas länger, als man erwarten würde. Bedenkt man allerdings, dass Specialized etwas Reifenfreiheit schaffen und zusätzlich noch einen Mittelmotor in den Rahmen einbauen musste, erscheint der Wert plötzlich richtiggehend kompakt.
Die nach Stack- und Reach-Werten zu erwartende Sitzposition wird durch einen kleinen Rise des Lenkers noch etwas in Aufrechtere befördert. Das sollte der Geländefähigkeit des Turbo Creo zugutekommen, ohne dabei die Straßentauglichkeit zu sehr aus den Augen zu verlieren.
Erhältliche Rahmengrößen: XS, S, M, L, XL, XXL
Gewicht: 13,5 kg (Rahmengröße L)
Framesize | Rahmengröße | XS | S | M | L | XL | XXL |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Seat Tube Length [mm] | Sitzrohrlänge [mm] | 415 mm | 447,5 mm | 477,5 mm | 502,5 mm | 527,5 mm | 557,5 mm |
Top Tube Length [mm] | Oberrohrlänge [mm] | 527 mm | 539 mm | 548 mm | 566 mm | 581 mm | 605 mm |
Head Tube Length [mm] | Steuerrohrlänge [mm] | 145,5 mm | 145,5 mm | 163,5 mm | 185,5 mm | 217 mm | 250 mm |
Reach [mm] | Reach [mm] | 363 mm | 373 mm | 379 mm | 384 mm | 391 mm | 399 mm |
Stack [mm] | Stack [mm] | 573 mm | 575 mm | 592 mm | 615 mm | 643 mm | 675 mm |
Head Tube Angle [°] | Lenkwinkel [°] | 71,5° | 72° | 72,5° | 73° | 73° | 73° |
Seat Tube Angle [°] | Sitzwinkel [°] | 74° | 74° | 74° | 73,5° | 73,5° | 73° |
Chainstay Length [mm] | Kettenstrebenlänge [mm] | 426 mm | 426 mm | 426 mm | 427 mm | 427 mm | 428 mm |
Wheelbase [mm] | Radstand [mm] | 999 mm | 1005 mm | 1012 mm | 1020 mm | 1036 mm | 1052 mm |
Ausstattung
Das Specialized Turbo Creo SL ist in sechs Ausstattungen erhältlich. Die Basis des von uns getesteten Turbo Creo SL Expert EVO ist der Fact 11r-Carbonrahmen samt passender Carbon-Gabel – beide kommen auch baugleich beim S-Works Top-Modell zum Einsatz. Das Creo ist mit 13,5 Kilogramm der leichteste E-Graveler in unserem Vergleichstest.
Specialized verbaut standesgemäß auch eine elektronische Schaltung – ein Shimano XT Di2-Schaltwerk schiebt die Kette über die 11–42-Kassette und wird dabei von Ultegra Brems-/Schaltgriffen angesteuert. Die Kurbel stammt von Praxis Works und hat ein 46er Kettenblatt aus dem selben Haus montiert. Die elektronische Schaltung bezieht ihren Strom praktischerweise direkt aus dem Hauptakku und benötigt keine eigene Batterie, um deren Ladezustand man sich zusätzlich kümmern muss. Verzögert wird mit Ultegra-Bremsen, welche auf 160-mm-Scheiben wirken.
Das Turbo Creo SL Expert EVO rollt auf Roval C 38-Carbonlaufrädern, welche mit 12×110-mm- und 12×148-mm-Steckachsen an Rahmen und Gabel befestigt werden. Hauseigene Pathfinder Pro-Reifen in 38 mm Breite sollen gleichermaßen für geringen Rollwiderstand und guten Grip sorgen. Rahmen und Gabel bieten sogar noch etwas mehr Platz, auch Reifen im Format 700C x 42 sind montierbar.
Der Adventure Gear-Lenker und der 100 mm lange Vorbau stammen ebenfalls aus dem Fundus von Specializeds Eigenmarken. Eine Besonderheit ist die eingebaute Dämpfung am Übergang von Steuerrohr und Vorbau: Das als Future Shock 2.0 bezeichnete System bietet 20 mm „Federweg“, hat eine einstellbare Dämpfung und lässt sich auch ganz blockieren.
=> Hier findet ihr unseren Test von 4 Gravelbikes mit Dämpfung
Auch der Body Geometry-Sattel kommt von Specialized und ist auf einer Variostütze von X-Fusion befestigt. Die Sattelstütze bietet 50 mm Hub und wird mit dem linken Daumen direkt vom Lenker aus bedient.
- Schaltung Shimano Deore XT Di2, Shadow Plus, 11-fach
- Bremsen Shimano Ultegra R8070 Hydraulic-Disc
- Motor Specialized SL 1.1, Custom lightweight Motor
- Akku/Kapazität 320 Wh
- Display Specialized TCU
- Reifen Pathfinder Pro 2Bliss Ready, 700C x 38 mm
- Cockpit Specialized Adventure Gear / Specialized Vorbau (100 mm)
- https://www.specialized.com/de/de/turbo-creo-sl-expert-evo/p/171328
Frame | Rahmen | FACT 11r Carbon |
---|---|---|
Fork | Gabel | Future Shock 2.0 mit Dämpfung, Boost - 12x110 mm , Flat-Mount Disc |
Shifter | Schalthebel | Shimano Ultegra Di2 Disc R8070 |
Derailleur | Schaltwerk | Shimano Deore XT Di2, Shadow Plus, 11-fach |
Cassette | Kassette | Shimano XT, 11-fach, 11-42t |
Brakes | Bremse | Shimano Ultegra R8070 Hydraulic-Disc |
Tires | Reifen | Pathfinder Pro 2Bliss Ready, 700 x 38 mm |
Seat | Sattel | Body Geometry Power Expert, Hollow Titanium Rails |
Seatpost | Sattelstütze | X-Fusion Manic Dropper Seat Post, 50 mm Hub |
Bar | Lenker | Specialized Adventure Gear Hover, 103 mm Drop x 70 mm Reach x 12º Flare |
Stem | Vorbau | Future Stem, Pro |
Motor | Motor | Specialized SL 1.1, Custom lightweight Motor |
Display | Display | Specialized TCU, 10-LED State of charge, 3-LED Ride Mode Display, ANT+/Bluetooth |
Battery | Akku / Kapazität | Specialized SL1-320, voll integriert, 320 Wh |
max. Torque | Max. Drehmoment | 35 Nm |
Weight | Gewicht | 13,5 kg (L) |
Price (RRP) | Preis (UVP) | 8.499 € |
Motor & Akku
Die Motorentwicklung übernahm die Fahrradmarke zusammen mit einem deutschen Partner aus der Auto-Zulieferindustrie selbst. Der Mittelmotor wurde von Grund auf neu konstruiert, vom Magnesium-Gehäuse und der optimalen Form für die Aufnahme in einen Carbonrahmen über die Mechanik und den Freilauf bis hin zu den Dichtungen, Steckverbindungen und Kabeln. Angesprochen auf die höheren Kilometerleistungen von E-Bikern im Allgemeinen und Rennradfahrern im Besonderen sagte Specialized-Entwickler Jan Talavasek: „Wir sehen den Motor nicht als ein Ersatzteil, er ist für lebenslange Leistung ausgelegt“. Im Fokus der Entwicklung stand das Rennrad-Fahrgefühl, eine natürliche Unterstützung. Technisch bedeutet das: Es geht nicht um Maximalwatt, sondern um Souplesse bei der Kraftentfaltung.
- Motor: Specialized Turbo SL 1.1
- Akku: 320 Wh (optional 160 Wh durch Range-Extender möglich)
- Leistung: max. 240 Watt
- Max. Drehmoment: 35 Nm
- Display: Smartphone über Mission Control App
240 Watt oder 35 Nm – mehr steuert der SL 1.1-Motor auch in der Spitze nicht bei. Dafür liefert er diese Leistung über ein besonders breites Band von Trittfrequenzen von 60 bis zu 120 Umdrehungen in der Minute. Vor allem im hohen Drehzahlbereich genießt er damit ein Alleinstellungsmerkmal. Ein neuer Freilauf entkoppelt den Motor vollkommen, wenn keine Unterstützung mehr erfolgt. Gleichzeitig befindet sich der Freilauf beim Antritt quasi unmittelbar im Eingriff.
Leistungsdaten des neuen Specialized Turbo SL 1.1.-Motors
- Max. Support 100 % / aber höchstens 240 Watt
- Max. Drehmoment 35 Nm
- Gewicht 1,95 kg*
- Nur für 1-fach Antriebe
- IP67 zertifziert
- Q-Faktor 181 mm
Und so, wie es Specialized verspricht, fühlte sich die Kraftentfaltung des Motors bei den ersten Testfahrten auch an. Beim Losfahren aus dem Stand ist die Anfahrverzögerung zwar gefühlt minimal länger als bei Mittelmotor-Platzhirsch Bosch, aber die Kraft ist schnell da. Und wie sie dann anschiebt, passt hervorragend zum Rennradfahren. Kein “Kawumm” auf 25 km/h, sondern stetiger Schub, der sich mit der selber eingesetzten Kraft fein dosieren lässt. Die Charakteristik der Unterstützung lässt sich per Specialized Mission Control App für jede Fahrstufe noch feintunen. Bei all dem läuft der SL 1.1.-Motor sehr leise, wobei es ein wenig auf die Trittfrequenz ankommt, wie er klingt. Bei niedrigen Frequenzen ist er auch unter Last kaum vernehmbar. Bei hohen Tretgeschwindigkeiten ab 80 U/min liegt die Geräuscheintwicklung empfunden etwa auf dem Niveau bekannter Systeme wie dem Bosch-Motor, hat dabei eher einen surrenden als einen kernigen Klang. Da Carbonrahmen einen besseren Resonanzkörper bieten als dickwandigere Alu-Rahmen, sind solche Vergleiche aber etwas müßig.
Wie verhält sich der Motor generell unter Last? Glasklar: Mehr hochtouriger Benziner als Turbodiesel, wenn der Vergleich gestattet ist! Im (körperlich ungesunden) Bereich von Trittfrequenzen von 50 bis 70 U/min bringt er keine Unterstützungswunder hervor, wie das eher geringe Drehmoment auch schon ahnen lässt.
Das Specialized Turbo Creo SL trainiert zu körperschonender (und akkuschonender) Fahrweise. Im Sitzen, langsam tretend die „Muur“ hocheiern – Fehlanzeige! Der Turbo zündet erst, wenn der Mensch auch fährt wie ein Rennfahrer. Mit Souplesse, leichte Gänge schnell tretend, fühlt sich die Motorunterstützung erst richtig kräftig an. Ab 90 U/min an der Kurbel fühlt man sich im Sattel des Turbo Creo SL zu immer schnellerem Fahren angetrieben. Und auch mit 120 und 130 U/min lässt sich dem hochtourigen SL 1.1.-Motor kein Stottern oder Fehlimpuls entlocken. Er schnurrt wie ein Kätzchen und schiebt und schiebt. Und das gilt für alle Unterstützungsstufen.
Kontrolleinheit und Mission Control App
Wie die Kraft aus Akku und Motor auf die Straße kommt, regelt eine kleine Einheit, die im Oberrohr sitzt. Von außen macht sie sich nur durch eine kreisförmige LED mit dem Ein-/Aus-Taster und einen LED-Balken bemerkbar. Vier Unterstützungsstufen von „0” über 30 % und 60 % bis 100 % sind hier per Druckknopf wählbar. Die Bedienung ist denkbar einfach: 2 Sekunden Drücken gleich Ein/Aus, kurzer Druck gleich Stufenwechsel. Der LED-Balken informiert laufend über den Ladestand beider Akkus. Über die Mission Control App kann man die Status-LEDs sogar ganz ausschalten. Tarnmodus nennt sich das übersetzt.
- Unterstützungsstufen Aus / Eco 30 % / Sport 60 % / Turbo 100 %
- Kommunikation nach extern über ANT+ und Bluetooth
- Überträgt Leistungsdaten via ANT+ an Empfangsgerät
- Erlaubt Feintuning der Unterstützung über Specialized Mission Control App
- Verbindung zu Specialized Display oder GPS-Radcomputern möglich
- Stealth Modus über Mission Control App
Als sehr praktisch erweist sich die Kopplung mit der Specialized Mission Control App, die bereits von anderen Turbo-Modellen bekannt ist. Laut Specialized laden täglich 3.200 Nutzer Fahrten aus der App ins eigene Portal hoch. Davon nutzen demnach 80 % die zahlreichen Einstellmöglichkeiten, die sie bietet. Sanfte Beschleunigung oder rasanter Start? Die Einstellung der Leistungsabgabe in den einzelnen Fahrstufen über die App erlaubt die Wahl. Über eine Kurve kann man einfach eingeben, was die maximale Abgabe in Watt ist und wie schnell das Plateau beim Pedalieren erreicht werden soll. Auch Statistiken und Diagnose-Werte liefert Mission Control reichlich. Interessant zum Beispiel: die durchschnittlich bei einer Fahrt abgegebene Leistung des Systems. Noch interessanter: Auch die vom Fahrer erbrachte Leistung wird erfasst und separat abgegeben. Die App kann man mit Strava koppeln. Dann erscheint dort nicht nur die gefahrene Strecke. Auch die gemessenen Wattwerte ausschließlich des Fahrers werden angezeigt. Und in den KOM-Listen erscheinen die Zeiten erst gar nicht, weil der Ride gleich als E-Bike-Tour hochgeladen wird. Das erspart Ärger mit anderen Nutzern.
Die Mission Control App bietet darüber hinaus ein einmaliges Feature: Nach Eingabe von wahlweise Distanz oder Fahrtdauer und gewünschter Akku-Restladung wird die Motorunterstützung dynamisch so geregelt, dass man garantiert nicht mit einem leeren Akku unterwegs stehen bleibt.
Auf dem Trail
Wir haben es beim Turbo Creo SL mit einer beeindruckenden Vortriebsmaschine zu tun.
Als Einstieg für unseren Test wählen wir breite und glatte Forstwege und freuen uns über die kompakte Geometrie. Gestreckte Race-Haltung? Fehlanzeige. Man sitzt förmlich „im Rad“ und fühlt sich sofort wohl. Der Lenker bietet einen leichten Rise, welcher den Oberkörper etwas anhebt und so für Komfort und Kontrolle sorgt.
Wir treten ordentlich in die Pedalen und erleben gleich zu Beginn die erste Überraschung: Der Motor des Creo SL unterstützt uns nur kurz und bleibt dann ruhig. Ein verwunderter Blick streift den Tacho und wir erkennen schnell, dass hier kein Defekt vorliegt, sondern wir bereits die 25 km/h-Marke hinter uns gelassen haben. Das geringe Gewicht von nur 13,5 Kilogramm verbunden mit dem steifen Fahrwerk zeigt schon auf den ersten Kilometern, dass wir es beim Turbo Creo SL mit einer beeindruckenden Vortriebsmaschine zu tun haben.
Bleibt man auf gut rollendem Gravel-Terrain in der Ebene, wird man mit diesem Bike kaum in den Genuss der Motorunterstützung kommen – so haben wir auf unserer ersten Tour nach 40 Kilometern auf überwiegend Forst- und Gravelwegen immer noch 94 % Ladung im Akku.
Zeit, das Terrain zu wechseln, wir wollen sehen, was der Motor zu leisten im Stande ist. Wir biegen vom feinen Gravel ab auf eine ehemalige Panzerschießbahn der Sowjet-Armee. Hier gibt es nur eines unter den Reifen und das ist trockener, loser Sand. Mit einem muskelbetriebenen Gravelbike kommen hier 9 von 10 Leuten keine 10 Meter weit.
So scheint es auch mit dem Creo SL der Fall zu sein: Die 38er Reifen versinken bis über die Felge im Sand und lassen sich mit reiner Muskelkraft kaum bewegen. Neuer Versuch mit Unterstützung: Der kleine Motor packt noch mal 240 Watt auf unsere Oberschenkel drauf und so können wir auf einmal mit dem Turbo Creo SL durch den Sand pflügen. Dass das mit Leichtigkeit vor sich geht, wäre eine Übertreibung, aber zumindest kommen wir vorwärts.
Wir wechseln wieder auf festere Gravel-Wege in leicht welligem Terrain. Die Grenze von 25 km/h (genau genommen liegt diese irgendwo zwischen 26 km/h und 27 km/h) wird jetzt immer wieder unter- und überschritten, sodass sich der Motor permanent zu- und wieder abschalten muss. Das Ein- und Auskoppeln läuft außerordentlich sanft und natürlich ab, hier hat Specialized für das Erstlingswerk eines eigenen E-Bike-Antriebs die Hausaufgaben gut gemacht. Ist der Motor aktiv, arbeitet er deutlich hörbar, allerdings noch nicht so, dass wir es als laut bezeichnen würden.
Die Anzeige des Ladestands auf dem Oberrohr zeigt uns noch immer mehr als genügend verfügbare Energie an, sodass wir uns noch mal ein paar steilere Anstiege vornehmen. Hier kommen wir dank Motorunterstützung auch mit einer Übersetzung von 46:42 problemlos steilere Rampen hoch. Ab einer gewissen Steigung kommen wir nur schwer weiter – die recht glatten Reifen stellen sich jetzt als begrenzender Faktor heraus und beginnen, den Grip zu verlieren.
Specialized hat mit den 240 Watt maximaler Unterstützung offenbar einen „sweet spot“ gefunden, welcher sehr gut zu unserem und vermutlich den meisten Fahrprofilen passen dürfte. Der Motor „zieht“ uns nicht allein den Berg hoch, ist aber trotzdem so stark, dass unser Puls auch bei steileren Anstiegen noch lange nicht in Grenzbereiche kommt.
Nach dem Anstieg geht’s auch wieder bergab – per Daumenschalter an der linken Lenkerseite senken wir die Sattelstütze um 50 mm ab und stürzen uns in den Downhill. Mit seinem niedrigen Schwerpunkt liegt das Turbo Creo SL wunderbar satt auf dem Weg und wir schlängeln uns mit einer Menge Spaß durch die Kurven. In ruppigeren Wurzel-Passagen hält man die Kurbelarme am besten waagerecht, um die Gefahr des Bodenkontakts zu verringern. Durch das tiefe Tretlager passiert das gerne mal, wenn man nicht daran denkt. Auf den Wurzeln arbeitet die Cockpit-Dämpfung Future Shock 2.0 unter Vollgas – sie ermöglicht es uns, auch über die gröberen Abschnitte der Abfahrt zu hämmern, ohne dass unsere Hände frühzeitig ermüden.
Überhaupt ist Future Shock 2.0 eine großartige Erfindung, welche wir im Testverlauf nahezu immer aktiviert haben. Vor einem Anstieg im Wiegetritt drehen wir die Dämpfung gerne mal zu, ansonsten sind die Vorteile eines gedämpften Cockpits einfach zu groß – so groß, dass wir uns das System an jedem Gravelbike wünschen.
Wer denkt, dass das Future Shock-System an Sattelstütze und Sattel einen Gegenpart hat, hat sich leider zu früh gefreut. Das Heck des Specialized Creo SL ist bockhart, die Dämpfung, welche Stütze und Sattel bieten können, ist minimal. Eine aktive Fahrweise steht mit dem Turbo Creo SL also an der Tagesordnung. Der Power Sport-Sattel passt uns ausgesprochen gut und bietet ordentlichen Gegenhalt.
Mit dem Turbo Creo SL legen wir, verglichen mit anderen Gravelbikes, eine deutlich aggressivere Fahrweise an den Tag und kommen einer (der einzigen?) Schwäche ziemlich schnell auf die Schliche: die Reifen bei Feuchtigkeit. Die Pathfinder Pro haben mit ihrem minimalen Profil zu wenig Gegenhalt in Kurven. Uns rutscht das Bike in der feuchten Jahreszeit in Kurven mehrfach weg – hier gilt es aufzupassen.
Auf Asphalt
Strava-KOMs wären mit diesem Bike in Reichweite.
Das Turbo Creo SL gibt es in vier E-Roadbike-Varianten, welche zumindest in den Belangen Geometrie und Motor identisch mit den Gravel-Ausführungen sind. So erwarten wir auf der Straße auch ein Rennrad-Feeling und werden nicht enttäuscht.
Im Antritt schiebt das Turbo Creo SL direkt nach vorn, nur für einen kurzen Moment mit Motorunterstützung, denn schon sind wir über 30 km/h schnell. Wir wechseln in die Unterlenker-Haltung und bis auf die blauen LEDs auf dem Oberrohr erinnert nichts mehr daran, dass wir auf einem E-Bike sitzen. Der steife Rahmen sorgt dafür, dass unsere Muskelkraft im Wiegetritt direkt in Vortrieb übersetzt wird. Einige regionale Strava-KOMs wären mit diesem Bike in Reichweite. Beeindruckend.
Am Berg kommt uns der Motor wie gelegen und schenkt uns leise surrend bis zu 240 Watt. Wir bewegen uns so deutlich unterhalb unseres Grenzbereichs und haben die Möglichkeit, unsere Touren auszudehnen: seien es Strecken mit mehr Höhenmetern, längerer Distanz oder beidem.
Den Test ohne Motorunterstützung besteht das Turbo Creo SL: Wir können es auch mit reiner Muskelkraft bergauf treten, und das sogar mit einer gewissen Spritzigkeit. Das Mehrgewicht gegenüber einem normalen Rennrad macht sich freilich bemerkbar, verglichen mit einem E-Bike der 20-kg-Klasse fliegt das Turbo Creo aber förmlich den Berg hoch.
Kurvige Abfahrten werden vom Turbo Creo souverän gemeistert, das Rad folgt unseren Lenkbefehlen und zieht seine Bahnen wie auf Schienen. Einzig Seitenwind kann uns hier gefährlich werden: Die hohen Felgenflanken der Carbon-Laufräder bieten einen guten Angriffspunkt für den Wind und lassen uns den Lenker noch mal fester umgreifen.
Denkt man an die Reifen, so könnte man zu dem Schluss kommen, dass diese mit ihren 38 mm nominell zu breit für die Straße sein könnten. Da sich der Kontakt hier aber hauptsächlich auf der schmalen und glatten Lauffläche abspielt, ist der Unterschied gar nicht so groß wie man vermuten würde. Wir haben jedenfalls keinen Bedarf, die Pathfinder Pro auch für ausgedehnte Straßentouren durch schmalere Reifen zu ersetzen.
Das ist uns aufgefallen
- Future Shock Specialized baut ins Steuerrohr eine kleine Dämpfungseinheit ein und erhöht damit den Komfort am Lenker um einiges. Vor allem auf Kopfsteinpflaster ist dies deutlich zu spüren.
- Mission Control App Die Möglichkeit, die Unterstützungsstufen den eigenen Vorlieben anzupassen, finden wir absolut super. Somit kann man selbst bestimmen, mit welcher Unterstützung man im jeweiligen Modus angeschoben werden möchte.
- Reifen und Felge sind ein schwieriges Paar Nach einem Platten und folgendem Schlauchwechsel hatten wir unsere Schwierigkeiten, den Reifen sauber auf der Carbonfelge zu platzieren. Ein paar Versuche mit verschiedenen Luftdrücken nebst axialem Hin- und Herbewegen des Reifens ließen ihn dann schließlich wieder sauber in der Felge sitzen. Zum Glück waren wir dabei in der Werkstatt und mussten das Problem nicht unterwegs beheben.
- Di2 ohne Bluetooth Die verbaute Di2-Schaltung kam ohne das Bluetooth-Modul. Specialized liefert viele Telemetrie-Daten (Leistungsmessung, Trittfrequenz, Geschwindigkeit, Ladestand) aus dem eigenen Motorsystem an das Bike-GPS – da wäre es nur konsequent gewesen, der Di2 auch noch das Bluetooth-Modul zu spendieren, um auch die Infos der Schaltung übertragen zu können.
- Teleskop-Sattelstütze Die verbaute Dropperpost hat zwar nur 50 mm Hub, bietet aber eine spürbare Verbesserung des Handlings im Gelände.
Fazit: Specialized Turbo Creo SL
On- oder Offroad?
Definitiv beides!
Wie gefällt euch das Specialized Turbo Creo SL? Konntet ihr den neuen Motor schon mal fahren?
Hier findest du weitere E-Gravelbikes im Test auf Rennrad-News:
- Specialized Turbo Creo SL im Test: Ist das leichteste auch das beste E-Gravelbike?
- Moustache Dimanche 9.5 im Test: Gut gerüstet fürs Gravelabenteuer?
- Focus Paralane² im Test: Gran Fondo- und Touren-Begleiter!
- E-Gravelbike Test 2020: Drei Bikes, drei Motoren, viele Wege
Testablauf
Unsere Testrunden haben alles, was ein E-Gravelbike braucht:
- enge Uphill-Trails mit dicken Wurzeln, Steinen und losem Waldboden
- flache Trails mit kleinen Gegenanstiegen
- kurvige, flowige Downhills
- lange Schotterpisten bergauf und bergab
Jedes E-Bike wurde mehrfach auf dieser Runde gefahren und im Anschluss sorgfältig beurteilt.
Hier haben wir das Specialized Turbo Creo SL getestet
- Land Brandenburg, Deutschland: Hier gibt es schmale, enge Trails und breite Forstwege im Laub- und Nadelwald. Oftmals sandiger Boden.
- Fahrvorlieben
- Von der kurzen Feierabendrunde bis zur Tagestour findet man mich eigentlich überall.
- Bevorzugtes Terrain
- Flach und gerade.
- Vorlieben bei der Sitzposition
- Eher Endurance denn Race.
16 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumSpeci entwickelt in Kooperation mit Mahle aus Stuttgart die drive unit für seine Pedelec. Das Engineering findet in Cham/CH statt. Wo ist das Problem? 🙂
Viele Grüße!
Karl
btw: ein eRennrad und ein eGravel muss für mich leicht sein damit es Sinn macht. Bei den Rennern erfüllen nur das Wilier Jena Hybrid und das Orbea Gain dieses Kriterium, und bei den eGravel das Speci - absoluter Kracher zum mehr als gesalzenen Preis! ?
Gibt's das Gain nicht auch als eGravel und ist es nicht kaum schwerer als das Specialized?! Wie eigentlich fast alle eGravel mit Fazua oder ebikemotion Einheit! Nur die Shimano/Bosch betriebenen Bikes sind durch die deutlich leistungsstärkeren Motoren bedingt schwerer!
Orbea E-Gravel Gain D31
Das Orbea Gain ist eine Baukastengeschichte mit insgesamt 8 Modellen. Mit Rahmen aus Kohlefaser oder Aluminium mit 1fach oder 2fach Antrieben. Soweit ich da informiert bin "packen" die Rahmen Reifen bis 40 mm Breite. Das macht sie auch tauglich für den Offroadeinsatz. Im Pedelec-Forum gibt es einen Gain-Faden, in dem auch das Gewicht thematisiert wurde. Das leichteste brachte 11,5 kg auf die Waage. Um das zu schaffen muss man ähnlich tief wie beim Speci in die Tasche greifen. ?
Viele Grüße!
Karl
So nachdem ich es Freitag ausgiebig Probe fahren konnte kann ich behaupten, dass ich noch keinen so natürlich und fast unmerklich arbeitenden E-Motor im Fahrrad gefahren bin! Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich gedacht ich fahre kein eBike!
Dazu die Federung des Vorbau die ich wirklich genial finde, auch wenn wir natürlich nicht drüber diskutieren müssen, dass sich Specialized das fürstlich bezahlen lässt und die R470 Felgen am 5.999€ Comp Modell etwas deplaziert wirken bei ansonsten einer GRX810/800.
Wir laden dich ein, jeden Artikel bei uns im Forum zu kommentieren und diskutieren. Schau dir die bisherige Diskussion an oder kommentiere einfach im folgenden Formular: