Rennrad-News

Votec VRX Pro im Test
Das Gravelbike der Gravelbiker

Votec VRX im Test: Votec darf mit dem Gravelfondo als Pionier der Gravelrides in Deutschland gelten. Was die Marke in Sachen Gravelbike auf die Wege bringt, sollte ein Test des Alu-Modells Votec VRX zeigen. Im Fahrversuch arbeitete Partner-Seite MTB-News dabei auch die Unterschiede zu den Nachbarsegmenten Mountainbike und Rennrad sauber heraus. Ein Erfahrungsbericht mit Straßen- und Trailperspektive.

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Steckbrief: VRX Pro

EinsatzbereichGravel
RahmenmaterialAluminium
Gewicht (o. Pedale)8,7 kg
Stack567 mm
RahmengrößenXS, S, M, L, XL
Websitewww.votec.de
Preis: 1799 €
Bikemarkt: Votec VRX kaufen
Votec hatte mit dem VRX eine recht naheliegende Idee: Nachdem die Produktentwickler und ihre Freunde sich regelmäßig Cyclocrosser gekauft haben, nur um diese dann mit höherem Cockpit und weiteren kleinen Anpassungen komfortabler für längere Strecken zu machen, wollten sie dieses langstreckentaugliche Rad für Schotter und Straße direkt so konfiguriert anbieten. Sprich: als Gravelbike. Das Ergebnis soll komfortabel und schnell sein; seine drei Ausstattungsvarianten gehen für 1.499 bis 2.499 € über den Ladentisch.

Geometrie

Das Votec VRX stammt von einem Rennrad ab. Insgesamt fallen das niedrige Tretlager und das eher lange Steuerrohr auf, was auch schon die Differenzierung zum Cyclocrosser darstellt: Der ist rennorientierter mit stärkerer Sattelüberhöhung ausgelegt. Der Lenkwinkel des VRX ist vernünftig gewählt und nicht zu steil.

RahmengrößeXSSMLXL
Laufraddurchmesser650b700c700c700c700c
Sitzrohr440470510540575
Oberrohr505515535555575
Steuerrohr125125135160190
Kettenstreben400420420420420
Lenkwinkel70.570.57171.571.5
Sitzwinkel75.575.574.57473.5
Radstand9721003101010231040
Sattelstützendurchmesser27.227.227.227.227.2
Vorbau8090100110110
Lenker380400420420440
Kurbellänge165170172.5175175
Tretlagerabsenkung6377757270
Tretlagerhöhe272277279282284
Stack524557567589616
Reach366368376384391
STR-Wert1,431,511,501,531,58

# Votec VRX Pro - es sind außerdem eine günstigerer und eine teurere Variante erhältlich.

Ausstattung

RahmenVotec VRX AL6061-T6
GabelVotec VRX SL carbon Steckachse
BremsenSram Rival HRD
SchaltwerkSram Rival1 1x11s
SchalthebelSram Rival1
KassetteSram XG-1150 10-42t 11s
KetteSram PC1130 11s
TretkurbelSram Quary Prime AL 42z
LenkerZipp ServiceCourse SL-70 ergo
VorbauZipp ServiceCourse SL
LaufradsatzSram Roam40
ReifenSchwalbe G-One 35-622 EVO OneStar
SchläucheSchwalbe SV20 Extralight
SattelstützeVotec werx carbon
SattelErgon SRX Votec custom
LenkerbandVotec Gel team tape

# Steckachse, 1X11 Schaltung, hydraulische Scheibenbremse - das könnte auch an einem MTB fotographiert worden sein.
# 15 mm Steckachse in der Carbon-Gabel.
# Die Details am Bike stimmen - ob Aheadkappe, Spacer oder Vorbau: Votec hat viel Energie investiert.

Im Detail

Das Votec VRX kommt in Taubenblau-Mattschwarz und sieht meiner Meinung nach richtig gut aus. Die Proportionen stimmen, die Verarbeitung ist top und überall entdeckt das Auge liebevolle Details. So findet sich eine Vorbereitung für eine Dropper-Post, und die Aufnahmen für Schutzbleche sind auf der Innenseite von Gabel und Sitzstreben versteckt. Gemeinsam mit dem aufgeräumten Look der 1X11-Schaltung steht das Bike einfach schick da.

# Innenverlegte Züge verbessern die Optik - und erleichtern die Reinigung.
# Die Bremse sitzt elegant im Rahmen versteckt - gleiches gilt für die Anschraubpunkte für Schutzbleche.
# Vorbereitet für Dropperpost mit externer Ansteuerung.

Die Lieferung des Bikes erfolgt in einem recht großen Karton – alles ist gut gepolstert, Kartonagen sind sauber an den kritischen Stellen angebracht. Es reicht, den Lenker und die Räder zu montieren, und schon kann es los gehen. Eine Besonderheit sind Reifen und Felgen, die tubeless montiert sind. Das Laufrad ist übrigens einfach ein Mountainbike-Modell – das Sram Roam 40 in der 29“-Ausführung fungiert hier als breite und robuste Felge für die 28“ Schwalbe G-One Reifen.

# Am Ende ist es der Rennrad-Lenker, der die Grenze zum ungefederten XC-Hardtail zieht
# Der G-One rollt genial - dazu bricht er sehr vorherseh- und kontrollierbar aus.
# Double Tap ist schnell und intuitiv - damit lässt sich mit einem Hebel in einer Bewegungsrichtung je nach Weg rauf und runter schalten.
# Srams Rival1 Antrieb schaltete direkt und präzise - die Bandbreite reicht auch für recht steile Anstiege gut aus.
# 29"? Ja, 29"! - die Roam 40 Laufräder kommen direkt vom MTB.
# Ergon stellt diese Sättel für Votec her - die Form erlaubt es in steilen Passagen gut nach vorne zu rücken.

Auf dem Trail

Zeit für die Ausfahrt. Wohin soll es gehen? Nun, die erste Ausfahrt mache ich tatsächlich mit Arbeitskollegen, die regelmäßig nach Feierabend gemeinsam Rennrad fahren gehen. Nach zwei Stunden bin ich begeistert: Mit meinem Gravel-Bike und der Baggy-Short wurde ich zwar anfangs ein wenig komisch angeschaut, das Tempo der Gruppe kann ich aber ohne Probleme mitgehen. Als wir zwischendurch ein wenig Navigationsprobleme haben und uns auf Schotterpisten wiederfinden, kann ich über die Carbonfelgen und 8 Bar Reifen meiner Kollegen nur schmunzeln. Denn während sie laut dahin poltern, rolle ich leise und bequem weiter. Als alter Trail- und Endurofahrer staune ich dann auch noch über die Angabe des Tachos: In zwei Stunden haben wir trotz diverser Ampelstopps auf dem Weg aus der Stadt einfach mal 60 km Strecke geschafft; eine geniale Erfindung, dieses Gravelbike.

# Heimspiel für das Gravelbike - Schotterpisten fliegen nur so dahin.
# Der Schwerpunkt ist viel weiter über dem Vorderrad als beim MTB - der Radstand extrem kurz. Dadurch fährt sich das Bike sehr spritzig, aber dennoch erstaunlich wenig nervös.
# Der ZIPP Lenker lässt sich in angenehm vielen Positionen greifen - die Death-Grip Aero-Haltung nutzt man aber tatsächlich selten.

Aber: Für Asphalt mit homöopathischen Schotterpassagen hätte ich mir wohl auch ein Rennrad kaufen können. Also, ab in Richtung Gravel. Für die nächste Tour finde ich ein paar Kandidaten mit Crossrädern. Wir meiden Asphalt, und das Bike öffnet einmal mehr die Augen: Straße und Autos vermissen wir kein bisschen, stattdessen genießen wir den Wald, der an uns vorbei fliegt. Denn: Auch auf einer guten Forststraße kann man entspannt 30 km/h fahren. Woran liegt’s? Nun, beim Antritt ist es natürlich der Rollwiderstand, der auf Straßen und guten Forstpisten niedrig ist. Bei hohem Tempo ist einfach der Luftwiderstand spürbar niedriger – weshalb man auch in der Ebene aus eigener Kraft 55 km/h fahren kann. Für Rennradler ist das alles normal, für mich neu.

# Gerade im Herbst und Winter ist das unkomplizierte Bike spannend
# Die hydraulischen Scheibenbremsen gefielen insgesamt sehr gut - die Power und Dosierbarkeit stimmt.
# Touren mit einfachen Strecken können sehr lang ausfallen - die Reichweite ist für mich viel höher als mit dem Trailbike.

So angefixt geht es weiter in Richtung anspruchsvolleres Gelände: Singletrails! Solange die Trails glatt sind wie ein Baby-Popo und kaum starkes Gefälle aufweisen, fühle ich mich auch hier goldrichtig und frage mich, warum andere mit ihren schweren Trailbikes unterwegs sind. Dann geht aber alles ganz schnell: Auf dem Trail finden sich ein paar größere Steine. Mit dem Mountainbike nicht der Rede wert, da rollt man halt drüber. Mit dem VRX … kommt Arbeit auf die Schultern zu. Die Handgelenke werden unangenehm kräftig durchgeschüttelt. Das ist auf Dauer sehr anstrengend . Folge sind neidische Blicke meinerseits auf die Twentyniner-Mountainbikes meiner Kumpels.

# Auf Trails stößt man viel schneller ans Limit als gewohnt - und muss plötzlich die Linie wirklich planen.
# Unspektakulär aussehende Stellen fördern überraschend schnell ans Limit - dann heißt es: Zielen und festhalten!
# Zu steil bergab wird irgendwann schwierig - hier würde eine Dropperpost definitiv helfen.

Damit liegt für mich auf der Hand: Mit dem Gravelbike kann man viel mehr Schabernack anstellen als mit einem Rennrad. Wheelies und Stoppies lassen sich mit der Rival-Scheibenbremse locker kontrollieren, auch wenn diese mit hörbarem „Gurgeln“ nervte. Die Bandbreite der 11-Gang Schaltung reicht sehr gut – ob einigermaßen steiler Berg oder Highspeed bergab, ich hatte eigentlich immer den richtigen Gang zur Hand. Der Lenker und das Griffband sorgen für ganz guten Komfort, nur auf ruppigen Trails braucht es schon fast Hornhaut, um auf den Lenkerhörnchen nicht weggeschüttelt zu werden. Klar ist auch, dass die Sitzposition mit dem langen Vorbau für steile Bergabfahrten kaum geeignet ist. Hier wünscht man sich einen zweiten Satz Bremshebel oder eine Dropper-Stütze. Die ließe sich dann mit dem linken Schalthebel ansteuern – angenommen, man würde sich einen solchen für Umwerfer gedachten Hebel kaufen, der linke 1-fach Hebel der Originalausstattung hat keine Schaltfunktion.

# Einfache Trails werden doppelt so spannend - was Reifen und Federung eines MTB sonst einfach wegfiltern, kriegt man hier viel stärker mit.

Ansonsten gilt: Dank der guten Bremsen und der überraschend griffigen Reifen kommt man erstaunlich viele Passagen im Wald noch herunter – man sollte seine Pedale aber in horizontaler Position halten: Das Innenlager ist nämlich ziemlich tief, wodurch es bei Verwendung von meinen breiten Magnetpedalen schnell zu ein paar ungewollten Bodenkontakten kommen kann.

# Die Linienführung des Unterrohrs ist nicht nur hübsch - Matsch bleibt dadurch auch tatsächlich primär darunter hängen.
# 1X11 funktioniert am Mountainbike - und auch am Gravelbike macht es, mit entsprechend großem Kettenblatt, einen super Job.

Haltbarkeit

Wie schlägt sich das Votec, wenn man es regelmäßig auch auf Trails bewegt, auf denen eher ein XC-Bike angebracht wäre? Nun, ehrlich gesagt ziemlich gut – und das verwundert kaum: Die Laufräder haben sich bereits am Mountainbike bewährt, die Schaltung ist ebenfalls ziemlich robust, und auch der Rahmen beschwerte sich nicht im geringsten. Aber seien wir ehrlich: Anspruchsvolle Trails mit dem Gravelbike fordern auch vom Piloten einiges an Haltbarkeit, was wahrscheinlich eher der beschränkende Faktor sein wird. Probleme machte allein die Hinterradbremse, deren Belagsnachstellung nicht wirklich funktionierte, was einen stark vergrößerten Hebelweg zur Folge hatte.

# Macht Spaß, bis die Handgelenke schmerzen

Das ist uns aufgefallen

Fazit – Votec VRX

Ist ein Gravelbike das ideale Drittrad? Das Votec VRX ist auf jeden Fall eine wertvolle Ergänzung im Repertoire des Geländeradsportlers - mit für Mountainbiker völlig neuem Speed auf Asphalt, ausreichend Komfort für Schotter und leichte Trails. Dazu kommt: Die Fahrtechnik profitiert, denn das Bike verzeiht nichts!

Pro / Contra

Stärken

  • Steif, aber dennoch komfortabel
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Leicht, aber solide

Schwächen

  • Tretlager an der Grenze zu "tief"
# Für 1799 € kriegt man hier ein 8,7 kg Bike mit extrem geringem Rollwiderstand - da sind XC-Bikes einfach teurer oder schwerer.

Testablauf Das VRX wurde uns von Votec für die Dauer des Tests (6 Monate) zur Verfügung gestellt.

Hier haben wir das VRX getestet:

Tester-Profil: Stefanus Stahl
Körpergröße 177 cm
Schrittlänge 82 cm
Oberkörperlänge 63 cm
Armlänge 65 cm
Gewicht 70 kg
Stefanus lebt für flowigen, sprunglastigen Singletrail durch lichten Wald und kann mit zwei Brettern fast so viel anfangen wie mit zwei Rädern.
Fahrstil
verspielt, sauber und mit vielen Drifts
Ich fahre hauptsächlich
Trail, Enduro
Vorlieben beim Fahrwerk
Die richtige Mischung aus Komfort und Popp macht’s
Vorlieben bei der Geometrie
Relativ niedrig, relativ lang

Fahrt ihr im Gelände lieber MTB oder Gravelbike und Cyclocrosser?

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