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Brevetberichte

BRM 400 ARA Nordbayern 2016

Als ich schon glaubte, Brevets fahren sei einfach und Berge, kein Problem, sehe ich mich jetzt wieder als blutigen Anfänger, der Glück hatte und deswegen noch mal davon gekommen ist.
Mit geschärftem Blick, den nötigen Respekt erneuert, um einige Erfahrungen reicher, körperlich etwas ramponiert und erschreckend gut gelaunt, habe ich wieder davon kosten dürfen, vom bitter-süßen Zauber, der von der Bewältigung eines harten Brevets ausgehen kann.

Ein bisschen gezögert hatte ich ja schon mit der Anmeldung, denn über Karl Weimann und seine Brevets kursieren die abenteuerlichsten Geschichten; steile Rampen, die man kaum hoch laufen geschweige denn hoch fahren kann, Randonneure, die sich auch von Knochenbrüchen nicht aufhalten lassen, schlechtes Wetter satt. Jetzt kann ich sagen, alle Schauermärchen, die man sich so erzählt, stimmen! Und genau das macht den Reiz der Sache aus.

Um diese Ausfahrt souverän zu bestehen, hätte man von allem etwas gebraucht: schlaue Vorausschau, sich die Kräfte einteilen (hatte ich nicht, wie schön ist es zu rasen, und wie übel dann der Schluss), eine gute Portion Kraft und Ausdauer (hätte man gehabt, wenn man Punkt 1 beachtet hätte), das Navigationsvermögen eines Adlers (die Strecke folgte manchmal der Spur eines fliehenden Hasen und als Orientierungslegastheniker habe ich mich, nachdem bis zur ersten Kontrolle mein Track abgeschmiert war, rund 15 mal verfahren), den nötigen Respekt vor der Distanz (hätte ich mich ja mal ans Vorjahr erinnern können, PBP zum Beispiel, ist mir erst sehr spät wieder eingefallen) und natürlich die richtige Einstellung; sich ganz reingeben, als wollte man nie mehr ankommen, es mit wachen Sinnen genießen, durchhalten, vor allem diese kippelige Balance aushalten zwischen Weich werden und hart bleiben. (Ja, es gab diese perfekten Momente. Es gab aber auch unbotmäßiges Schimpfen, abgestumpftes Kurbeln, aufkeimenden Zweifel.)

Das klingt jetzt erst mal nach Katastrophe, aber das Erstaunliche ist: Die Begeisterung steigt mit den Aufgaben! Und die reinen Zahlen waren ja auch völlig in Ordnung. Nur im Kopf hat es sich richtig schwer angefühlt. Und diesen Muskel zu trainieren, ist überhaupt das wertvollste!

Gestartet wurde an einem Freitag in mehreren Blöcken ab 20:00 Uhr. Abendstart hat den Vorteil, dass man sich auch bei weiter Anreise eine Übernachtung spart (wo man wegen Nervosität sowieso schlecht schläft) und den ganzen zweiten Tag bis zum Finish im Hellen machen kann. Den Nachteil, dass man nach einem Tag in der Bahn schon etwas gerupft loslegt.

Der Empfang war überaus herzlich. Heidi und Karl bemühen sich wirklich um jeden Einzelnen; zuvorkommend, interessiert und unaufdringlich wird hier jeder mit dem versorgt, was er braucht. Alte Kämpfer, die sich dort bewegen wie bei sich zu Hause, weisen einem den Weg. Nach einer Orientierungsrunde durch den Standort, der Begrüßung von Bekannten und einem Nudelessen, bei dem niemand hungrig vom Tisch aufgestanden ist, frisch geschmiert und gesalbt, setzte pünktlich zum Start ein Starkregen ein, mit Hagel, Blitz, Donner und Überschwemmung.

Einige, die es sonst zu leicht gefunden hätten, freuten sich und stürzten sich sichtlich begeistert in die Fluten, andere mussten erst ein leichtes Zögern überwinden, eine kleine Gruppe Schlaumeier, zu denen auch ich zählte, wollte das Gröbste erst abwarten und kam erst eine gute halbe Stunde später los, nachdem sich das Warten als sinnlos herausgestellt hatte und, naja, andere hatten schon vorher den Start verweigert.

Ein paar Meter vom Vereinsheim entfernt muss man durch eine Unterführung. Diese war bereits überflutet, ein Auto schnitt mir den Weg ab, so dass ich an der tiefsten Stelle halten musste. Um nicht schon, bevor es richtig losging, das Bein in 30 Zentimeter Eiswasser einzutauchen, blieb ich eingeklickt und schob mich an der Tunnelwand per Handantrieb vorwärts und erreichte vorerst trockenen Fußes das andere „Ufer“.

Etwa 15 km nach dem Start schmierte mein Track ab und ich verfuhr mich das erste Mal. Eine RR-Gruppe, die ich überholt hatte, zog an mir vorbei und verschwand an einem Aufstieg. An den Rest der Fahrt bis zur ersten Kontrolle bei km 133 habe ich nur vage Erinnerung. Ich habe den süßlichen Duft von Raps wahrgenommen, fuhr durch stille landwirtschaftlich geprägte Ortschaften, Kühe schnaubten in Ställen, suchte meinen Weg oft vergebens auf Wirtschaftswegen letzter Ordnung. Und ebenso oft freute ich mich nach einer saftigen Abfahrt den Schwung in den nächsten Anstieg hinauf tragen zu können, aber vergebens, an der tiefsten Stelle zweigte der Weg ein ums andere Mal scharf um die Ecke den nächsten Hügel hinauf ab. Nach gut 100 km habe ich mir bei einem Sturz in einer Baustelle die Jacke aufgerissen, das Rad war Gott sei Dank heil. Irgendwann tauchte die hoch aufragende Festbeleuchtung Bernd A. 's in der Dunkelheit auf. Der war im gleichen Block, aber eben pünktlich gestartet.

Nach Erreichen der Zivilisation in Form einer Autobahnraststätte bei der ersten Kontrolle traf ich auch wieder einige Mitreisende, und bis zum Ziel trafen wir auch immer wieder in wechselnden Konstellationen aufeinander.
Für den Rest der Nacht fuhr ich im Kegel von Bernds Helmkanone, die Nachtfahrt war somit faktisch beendet.

So fuhren wir in das erste Licht des neuen Tages, kalt wars und klar, die Strasse trocken, menschenleer, guter Belag, Wiesen und Wälder säumten den Weg, es lief, die Stimmung war gut; das war oft das Verdienst eines Kollegen, der den Rucksack mit seinen Radklamotten zu Hause vergessen hatte und von Anfang bis Ende in seiner Regenkombi fuhr, hoch geschlossen, wie zum Trotz, selbst in der ordentlich temperierten Garage der Familie Loy (Kontrolle 5). Zur Freude aller erzählte er uns, dass er seine Handschuhe über die Ärmel gezogen hatte, so dass das Wasser optimal in seinen Taucheranzug hatte fließen können.

Nach rund 300 km fuhr ich in ein tiefes selbst verschuldetes Loch: Rasen, unstrategisches Essen und ein Profil, das mich beim Durchlaufen lassen der Bandanzeige auf dem Navi an das Gebiss eines Haifischs erinnerte, kleine steile Zacken, hin und wieder unterbrochen von mächtigen Buckeln. Mit Bleibeinen, fliegendem Puls, etwas begriffstutzig, war ich einerseits leichte Beute für Bernds Scherze, andererseits dankbar für sein Hinterrad. Nach elenden 35 Kilometern kehrten wir in eine Wirtschaft ein, ich bekam ein paar Müsliriegel und leerte einen Radler. Es war warm, die Stimmung war heiter aber die Uhr lief. So wurde ich ungemütlich und drängte zur Weiterfahrt, meiner Kräfte in keiner Weise mehr gewiß.

Nach weiteren 35 km erreichten wir die Garage der Familie Loy, die Stimmung auch hier Volksfestcharakter, es wurde aufgetischt, die Bierbänke gut gefüllt, draußen jede Menge Räder. Diesmal war ich an der Reihe für Heiterkeit zu sorgen, denn man sah mir sogleich an, ich pfiff auf dem letzten Loch.

Aber nachdem ich mich satt gegessen hatte, fing das Rechnen an. Merkwürdigerweise war die Zeit völlig in Ordnung, ganz anders, als ich es erwartet hatte, und sogleich keimte die Hoffnung wieder auf, es noch tatsächlich schaffen zu können.

Ich schloss mich einer früher abfahrenden Gruppe an, rund 25 km waren flach, so hörte ich, bis Weißenburg ist es flach, kaum zu glauben, ein Geschenk genau zur rechten Zeit. Dann käme bei kapp 400 km die Kontrollzange auf der Ludwigshöhe, ein übles Schiebestück, anschließend eine Taldurchfahrt mit Gegenwind.

So zäh es eben noch gewesen war, jetzt bin ich wieder hellwach, witterte mein Chance, das Flachstück will ich ausnützen als Ausgleich für das üble Schiebestück, also los. Plötzlich ist der Matsch aus den Beinen, ich überhole die Gruppe, und erst am Aufstieg zur Ludwigshöhe holen die ersten mich wieder ein. Das erste supersteile Stück bis zur ersten Kehre geschoben, dann doch tatsächlich gefahren, oben stehen zwei, und einer von denen steckt sich doch tatsächlich eine Kippe an! In so einem Moment finde ich das schon fast lässig! Dann kommt noch mal eine richtig üble Steigung, die ich halb rauf stemme, den Rest schiebe, wieder aufsteige und fahre, rüber über die Kuppe, in eine unheimlich schnelle Abfahrt entlassen, ein Rennradler pfeilt doch tatsächlich vor mir her, erst im letzten Drittel kann ich vorbei gehen, das Schambachtal tut sich auf, der Gegenwind setzt ein, egal, jetzt kann mein M5 erst richtig zeigen, was es kann. Im vorletzten Gang, wie im Rausch eile ich mit 35+ dem Ziel entgegen, noch 6 km, jetzt könnte ich zur Not sogar noch schieben! Treuchtlingen tauscht auf, durch die Unterführung, diesmal fahrbar, das Vereinsheim, Tür auf, Kontrollkarte auf den Tisch, ich höre ein „passt!“, geschafft!

Nach einer herzlichen Begrüßung, unter einer heißen Dusche mit festem Strahl, die Schürfwunde brennt, frische Klamotten, eine heiße Suppe, ein unheimlich großes Glücksgefühl durchströmt mich, ist still kaum auszuhalten.

Dann setzt die Müdigkeit ein. Jetzt noch mal ins Kalte, aufs Rad, in die Unterkunft? Auf dem Flur entdecke ich ein Feldbett. Das darf ich benutzen, bekomme noch zwei Decken, Heidi gibt die Damendusche frei, ein Firstclassschlafplatz, warm und keine Mitschläfer. Licht aus. Ende.

Am nächsten Morgen hatte schon jemand Kaffee gekocht, es waren noch Brötchen und Gott weiß was sonst übrig, nach einem üppigen Frühstück bekomme ich noch eine pralle Tüte Marschverpflegung mit auf den Weg, die mich noch den ganzen nächsten Tag gut ernähren wird und stolpere hinaus zurück in die Wirklichkeit.

Der Slogan auf Karls Webseite stimmt: „leicht zu finden – schwer zu vergessen“. Bei mir hat es eingeschlagen wie eine Bombe!
Ich sage noch einmal: „Herzlichen Dank!“ an Heidi, Karl und die vielen Helfer für dieses unvergessliche Erlebnis!


Den Bericht aus dem Velomobilforum wollte ich Euch nicht vorenthalten.
 
Einen Platz für Erlebnisberichte von Brevets. Superbrevets verdienen ein seperates Thema, dieses ist nur für die 'normale' Brevets von 200 bis 600km.
Ich habe keinen entsprechen Thread gefunden, wollte keinen aufmachen und bin außerdem einen Overnighter und kein Brevet gefahren…

Sei’s drum, ich berichte von meinem 2. - und diesmal erfolgreichen - Versuch die Transcimbrica zu fahren.

Kurze Einleitung:
Ein Overnighter ist noch mehr eine Wanderung als ein Brevet. Die Tour steht im Vergleich zur Sportlichkeit noch mehr im Vordergrund, dabei ist Bikepacking ein großes Thema. Kontrollen im Sinne eines Brevet gibt es eigentlich nicht, demzufolge nach auch keine Stempelkarte, und - es gibt kein Zeitlimit! Die Tracks sind im Allgemeinen herausfordernd bis sehr schwierig, durchzukommen / zu finishen ist dabei Herausforderung genug. Aufgrund der (Nicht-)Organisationsform kann es sowohl passieren dass man abends zusammen am Lagerfeuer sitzt, als denn auch das man jemanden trifft der die Strecke so schnell wie möglich fahren möchte. Wie genau der Track einzuhalten ist obliegt dem jeweiligen Veranstalter, es gibt eigentlich kein festes / übergeordnetes Regelwerk.

Meine Vorgeschichte:
Zu neunt hatten wir Anfang März erfolglos versucht die Strecke Hamburg - Skagen - Hamburg zu fahren, alle Neune haben wir aufgegeben. 3°C, Regen / Schnee und der, in meinem Falle ungewohnt, hohe Anteil an Gravel haben uns gezeigt wo der Hammer hängt. Ich wollte das nicht auf mir sitzen lassen und bin jetzt Ende Mai die Strecke alleine abgefahren.

Dienstag:
Wie geplant komme ich am Dienstag nach drei Nächten Bereitschaftsdienst mit dem Zug über Ff/M. in Hamburg an. Eigentlich kann ich nachts 6h schlafen (ist ja Bereitschaftsdienst), diesesmal habe ich aber unglücklicherweise einen recht aufwändigen Polizeieinsatz der meinen Schlaf mehrfach unterbricht. In Hamburg angekommen bin ich also eigentlich „bettfertig“. Aber nix da!
Wie angekündigt schwinge ich mich um 15:00 Uhr aufs Rad und fahre los.



Die Strecke bis an den Nord-Ostsee-Kanal ist in 4h abgespult, soweit gibt es hier nichts neues.



Allein durch die Tatsache das ich dieses mal 9h später losgefahren bin haben die kleinen Supermärkte inzwischen zu. Das gilt auch für das Einkaufszentrum hinter Flensburg, bis ich dort bin ist alles dunkel. Apropos dunkel - nach 9h bin ich an der dänischen Grenze, fein fein.



An der Stelle, an ich im März meinen Platten hatte bin ich aus Unvernunft rechts abgebogen, eigentlich sah das Schild so aus als ob ich trotz Umweg ein bisschen mehr Asphalt und ein bisschen weniger Gravel hätte… aber weit gefehlt! Ich hab mich RICHTIG in die Scheiße manövriert und bin ca. 90min irgendwo im Acker rumgestochert. Nachdem ich das irgendwann eingesehen habe bin ich reumütig zurück auf den Track und mit gesenktem Haupt bis nach Søst gefahren. Dort habe ich, vom ständigen Nieselregen inzwischen etwas durchweicht, in der örtlichen Bushaltestelle mein Lager aufgeschlagen und - zu Ende war mein erster Tag.



Mittwoch:
Aufgewacht bin ich so nach 7h, die miserable Nacht vom Montag auf Dienstag hat ihren Tribut gefordert. Jetzt schnell raus aus dem klammen Schlafsack, dem tropfenden Wasser das vom Dach der Bushaltestelle fällt entkommen, alles zusammenpacken und ab nach Rødekro. Rødekro ist das Ort, in dem ich im März abgebrochen habe, ich weiß also dass es dort Bargeld und Einkaufsmöglichkeiten gibt. Der Pizza-Türke mit den mexikanischen Nudeln hat morgens natürlich noch zu, aber mit ein bisschen warten vor dem Supermarkt gibt es um 8:00 Uhr alles was das zivilisierte Herz begehrt. Aufgefüllt und vollgefuttert geht es weiter Richtung Norden. Dabei - wie gehabt - seit der dänischen Grenze - vor allem über Gravel.
Der Kebab- und Pizzaladen in Nørre-Snede ist nicht so der Burner, aber es ist schließlich Mittagsessenszeit. Alle sind fürchterlich nett und es gibt WLAN und lauwarmen Kaffee.
In Viborg gibt es dafür brühheißen Chai (türk. schw. Tee) beim Tyske Döner (Deutscher Döner) Laden. Der gute Mann macht nicht nur extra für mich nochmal Tee um 22:00 Uhr, nein, auf meine Frage hin ob er wohl Englisch spricht muss er verneinen - aber wir werden uns auf Deutsch sehr schnell einig.



Weiter geht es, über rustikale Straßen - manchmal - und eigentlich über Gravel in alles Formen und Farben. Grob, fein, gelb, weiß… mit Pfützen, ohne…
Im Vammen reicht es mir, ich lege mich geradewegs neben eine Parkbank auf die Wiese. Herrlich!

Donnerstag:



In Arden gibt es den einzigen brauchbaren Kaffee den ich in Dänemark getrunken habe. Kein Wunder, die Wirtin hat in Deutschland studiert und verbindet das Gute (deutschen Kaffeegeschmack) mit dem Guten (herzhaften dänischen Brötchen mit Knoblauch und Kräutern) die mit Butter serviert werden. WLAN incl.



Was jetzt folgt ist trotz der Tatsache dass ich mich eigentlich auf einem nationalen Radweg befinde hart - ganz hart. Singletrail, Wald, es geht durch eine Furt…. im Wald verfranse ich mich ganz fürchterlich da mein Navi keinen guten Empfang hat… es gibt Gravel, Gravel und noch mehr Gravel, es geht über Schafssperren (Gitter im Boden)… Ich hab keinen Bock mehr. Irgendwann habe ich die Faxen (zumindest temporär) dicke und frage mich in Østervrå nach einem Weg nach Skagen OHNE Gravel durch, man weist mir den Weg nach Osten und über Frederikshavn. Die Fahrt nach Sæby ist der Knaller - nach all dem Gravel und dem Hinterlandsasphalt gehts mit einem 40er Schnitt nach Osten. Der Kopf ist danach wieder frei und die Imbissbude in Sæby hat einen tollen Hawaii-Burger, WLAN und auch hier - lauter nette Leute.



Frederikshavn selbst ist schön, aber voll und als Universitätsstadt natürlich dementsprechend quirlig.



Meine selbstgewählte Umgehungsstrecke führt mich weiter an der Ostküste Jütlands entlang...



Vorbei and den Fähren nach Norwegen und Schweden…



Die Versuchung ist da… aber nein, weiter geht es dem letzten offenen Supermarkt entgegen und weiter bis nach - Skagen!



Die Aussicht in Skagen ist natürlich schön, aber es wird schnell zugig und nach div. Fotos die ein dänisches Ehepaar von mir mit meinem Handy machen geht es wieder zurück nach Hamburg.
Nach einer ausgiebigen Kaffeepause in Skagen (WLAN, gepfefferte Preise) schlafe ich das erste (und bisher einzige) mal in einem Shelter.



Freitag:
Auf der Rückfahrt geht es entlang der Westküste / Nordsee. Hier ist die Strecke überwiegend auf Asphalt geplant, überwiegend, weil auch hier das ein oder andere Stück „irgendwas“ dazwischenkommt. Gefühlte 10km Waschbetonplatten z.B. oder 2km weißer Grobschotter der so grell leuchtet, dass mein Hintern von jetzt unten Sonnenbrand hat.



Je weiter ich nach Süden komme umso mehr Touristen gibt es. Das Wetter ist inzwischen klasse, warm und trocken, es ist Freitag… also kommen die Wohnmobile aus dem Norden Deutschlands.
In Thisted ist ein Straßenfest, die Sonne knallt inzwischen doch sehr - aber ein Hot-Dog und eine Limo müssen schon sein bevor es weitergeht.



Vor Struer macht der Kurs einen kleinen Umweg über einen Höhenzug, dort ist es schön, aber Verpflegungstechnisch völlig uninteressant - nachdem ich die EINZIGE Dänin die KEIN Englisch spricht vergeblich um Rat gefragt habe, haben wir uns auf *Da lang!* und wildes Rumgestikulieren geeinigt.



Also bin ich einen Abstecher nach Struer gefahren, da gab es das beste indische Essen das ich je hatte. Da ich die dänische Karte sowieso nicht lesen kann habe ich dem Kellner gesagt es solle mir einfach das geben, was er essen würde und es genauso scharf machen wie - richtig - er es essen würde. Gott war das gut!

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Zuletzt bearbeitet:
Sehr schön, evtl. halt ich mir das für nächstes Jahr frei. Ehrlich gesagt bin ich ziemlicher Fan von solch leichten Schotter/Gravelpassagen. Heut Abend seh ich wahrscheinlich noch den Thomas, den werd ich mal noch etwas ausquetschen.
 
Teil 2:
Zurück auf den Track ging es danach und weiter erst nach Westen und danach scharf links nach Süden.



Bis nach Fabjerg habe ich es geschafft und die nächste Bushaltestelle war mir.



Samstag:
Kaffee im Supermarkt (WLAN) und weiter in den Süden, mehr und mehr Touristen.



Klar, hier ist es schön und das Wetter ist sonnig. Allmählich spannt die Haut im Nacken, der Sonnenbrand kommt. Weil meine Zeit bis Montag früh allmählich zur Neige geht entschließe ich mich abzukürzen, ich werde bis Varde die Straße einfach geradeaus fahren, dort auf die [11] wechseln und bis Tønder fahren. Hinter der deutschen Grenze nehme ich dann die B5. Das spart mir ewiges rumgeeiere in der dänischen Provinz.



In Varde erst ein Rennen gegen einen historischen Panzer verloren und als Entschädigung das weltbeste Lachssandwich meines Lebens gegessen - für schlappe €13,-!



In Tøndern, einer Kleinstadt wie vllt. Bad Dürkheim oder Wilhelmshaven sehe ich - ich habe mitgezählt! - 15 Leute auf der Straße. Dafür treffe ich aber am Ortsausgang einen Dänen der die dänischen Grenzen abradelt (Borders of Dammark, sozusagen). Leider fahren wir nicht miteinander, er will an der deutschen Grenze umdrehen und lieber innerhalb Dänemarks nach Osten - seine Karte geht nur bis zur Grenze. Wir wünschen uns alle Gute und teilen uns auf.


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In Süderlügum (ja, richtig geschrieben - ja, das liegt in Deutschland) gibt es das erste Lamajoun seit Tagen (die Dänen kennen das anscheinend nicht) und auch gleich zwei Ayran, welche entsetzlich auf meinen Lippen brennen (Salz).



In Deutschland wollte ich ja eigentlich stupide die B5 entlangfahren, habe mich dann aber zum ersten mal für ein Autorouting mit dem Handy entschieden. Eigentlich keine schlechte Idee, aber der Akku war in nullkommanichts leer. Also in Jübek ab in die Bank, EC-Lounge, eigentlich nur laden und eine Pause machen, aber die Steckdose war gesichert und der Bodes sooo bequem…

Sonntag:
Nach dem Übersetzen über den Kanal



und umfangreicher Suche nach Kaffee am Morgen (Brötchen ja, Kaffee nein) habe ich den lebenswichtigen Umweg über Wacken genommen (WACKEN!!!)



und bin dann nach einer wunderschönen Szene in der ein Doppeldecker zweimal direkt über mir flog in Wedel in einen HERRLICHEN Platzregen gefahren. Es ist Sonntag, das letzte mal geduscht hatte ich am …Montag? Also vor einer Nachtschicht, 1300km und einer Spargelsuppe? Geil! Die Oma an der roten Ampel neben mir schüttelt nur unverständlich den Kopf als ich mit ausgestreckten Armen dastehe und mich der Naturgewalt hingebe.
In Blankenese bin ich fast wieder trocken, ich werde herzlich in Empfang genommen und nach 5 Tagen, 1 Stunde und 20 Minuten bin ich der Erste der die Transcimbrica gefahren ist.



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Gelernt:
  • 16h brutto Radfahren, 8h brutto schlafen = 275km/d bei einem Nettoschnitt von >22km/h
    Läuft!
  • Dänemark ist definitiv Skandinavien
  • es gibt Berge in Dänemark, man sieht sie nur nicht
  • man kann das Fahren auf Gravel lernen, ich aber werde es nie lieben
  • Tierzucht stinkt
  • Tierzucht stinkt so sehr, das man fast zum Veganer werden könnte, dann sind nämlich die Anderen schuld
  • das erste was man in Dänemark sieht ist ein Sexshop
  • das letzte das man in Dänemark sieht ist ein Waffengeschäft
  • das erste was man in Deutschland sieht ist eine Dönerbude
  • das zweite das man in Deutschland sieht ist ein Puff in einem Ort der Lecken heißt
  • in dänischen Supermärkten wird das Gemüße nachts nicht eingeschlossen
  • in Dänemark gibt es Supermärkte mit WLAN
  • in Wacken ist das ganze Jahr W:O:A
  • WACKEN!!!
  • ich brauche ein Rad mit breiteren Reifen
  • ich LIEBE LIEBE LIEBE den Conti 4Season (ein einziger Plattfuß auf den 1300km (Loch auf der Seite), trotz des Schotters, obwohl ich vorne mit einem 2 Jahre alten 28er und hinten mit einem abgefahrenen 23er unbekannten Alters angetreten bin)
  • ob ich im März '17 mitfahre - schau' 'mer mal...
  • der neue Fendor Bendor von Ass-Savers hält und schützt
  • 6 Tage frei, gefressen wie ein Scheunendrescher, >7kg abgenommen
    ich wusste es immer - Arbeit macht fett!
  • Schon bei der 1000duSud dachte ich mir, dass eine Badehose nützlich wäre...
Ein paar mehr Fotos gibt es auf meinem Fratzenbuch (Nachtrag: hier), die ganze Fahrt auf Strava und hier gehts zur Homepage der Transcimbrica.
 
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Alter!!

Zu neunt abgebrochen - fahr ich eben alleine oder was? Und den ganzen Scheiß auch noch mit Schlafdefizit von 12-14 Stunden? Ass-Saver geht ja noch, ich an deiner Stelle würd mir aber keinen Badass-Saver dranmachen, da kriegste nen Kurzschluss! FI haste ja bestimmt auch nicht dran!

Bitte nimm meinen zutiefst empfundenen Respekt zur Kenntnis! Dein Mut und deine Umsetzungsfreudigkeit sind mir ein Vorbild!
 
Tolle Leistung! :daumen: Glückwunsch!!:) Und ein ganz toller Bericht der zum Nachmachen anregt. :cool:

Nur eine Frage habe ich: Dir gefällt ja der Schotter nicht. Gab es keine Alternativen, ruhige Landstraße oder so, wo es sich besser und stressfreier rollen läßt ohne ständig förmlich auf einen Platten zu warten?
 
Danke! Natürlich gab es haufenweise Straßen neben der Strecke auf denen man schöner hätte rollen können. Aber eine Strecke ist ja ein Strecke ist ja eine Strecke... Der Veranstalter sagt:

»Tracktreue«: Sehen wir nicht dogmatisch.
Wenn das GPS ausfällt [...] und Mensch sich dann z.B. von Siri nach Skagen führen lässt, finden wir das OK.
Wenn sich ein Streckenabschnitt als schlecht passierbar herausstellt, weil er z.B. total durchweicht oder wasauchimmer ist oder temporär mal der der Bock auf »Schon wieder Sand im Getriebe« fehlt und spontan ein Bereich umfahren wird, finden wir das OK.
Wenn sich jemand zu Hause hinsetzt und den Track „optimiert“ um die Strecke einfacher/schneller/effektiver zu machen, finden wir das NICHT OK.


Kurz vor Skagen bin ja dann auch spontan über Frederikshavn gefahren um dem Schotter mal zu entgehen. Prinzipiell ist das aber keine Straßenfahrt, prinzipiell fährt man "Weg", was auch immer die Dänen als solchen definieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sollte ich die Tour mal fahren, werde ich dann wohl das Pendlerrad mit dicken Reifen, Rohloff Nabe und Zahnriemen nehmen.
Guter Plan. Mit dem AWOL, 40mm WTB Nanos, Alfine8 und Riemenantrieb war ich im März ziemlich gut unterwegs. Das Material war zumindest nicht der Grund, warum ich nicht die ganze Runde gefahren bin.
 
Danke! Natürlich gab es haufenweise Straßen neben der Strecke auf denen man schöner hätte rollen können. Aber eine Strecke ist ja ein Strecke ist ja eine Strecke... Der Veranstalter sagt:

»Tracktreue«: Sehen wir nicht dogmatisch.
Wenn das GPS ausfällt [...] und Mensch sich dann z.B. von Siri nach Skagen führen lässt, finden wir das OK.
Wenn sich ein Streckenabschnitt als schlecht passierbar herausstellt, weil er z.B. total durchweicht oder wasauchimmer ist oder temporär mal der der Bock auf »Schon wieder Sand im Getriebe« fehlt und spontan ein Bereich umfahren wird, finden wir das OK.
Wenn sich jemand zu Hause hinsetzt und den Track „optimiert“ um die Strecke einfacher/schneller/effektiver zu machen, finden wir das NICHT OK.


Kurz vor Skagen bin ja dann auch spontan über Frederikshavn gefahren um dem Schotter mal zu entgehen. Prinzipiell ist das aber keine Straßenfahrt, prinzipiell fährt man "Weg", was auch immer die Dänen als solchen definieren.

Danke dir für die Erklärung wegen des Tracks. Dann werde ich mir doch mal stark überlegen müssen ob ich diese Herausforderung nach Vorgaben des Organisators angehen würde. Ich finde Hamburg - Skagen alleine ist schon eine Herausforderung. Hamburg - Skagen - Hamburg umso größer. Da muss ich mir nicht noch eine Hand auf den Rücken binden um sie zu meistern. ;)
 
Grosse Bayernrundfahrt, oder 600 km immer hinterher

Besonders gefreut hat mich das @Fafnir diesmal wieder mit von der Partie war. Was hat er mir doch letztes Jahr bei jeder kleinen Steigung die Ohren voll gejammert. Also habe ich ihn zu Karls Vierhunderter eingeladen damit er an seinem Zen des Berges Arbeiten kann. Was dabei herausgekommen ist, könnt ihr in seinem Brevet Bericht lesen. Ihm zuliebe bin ich freitags los um im Vereinsheim zu Übernachten. Ich kam mir vor wie in einem Männerwohnheim für gestörte Fahrradfahrer. Um etwas Schwung in die Bude zu bringen schlug ich den Besuch eines nahegelegenen Bierkellers vor. Wir verbrachten einen geselligen Abend bei einer wunderbaren Aussicht über die umliegende Landschaft. @Fafnir hat sich eine Privatunterkunft gesucht, ich glaube den Tipp hat er von Karl bekommen, denn um dorthin zu gelangen musste er erst mal eine 14% Steigung überwinden.

Der Morgen verging mit den Vorbereitungen und dem Frühstück wie im Fluge. Schon war es Zeit sich in zwei 35er Gruppen auf die Strecke zu begeben. Bis zur ersten Steigung blieb die Startgruppe schön beieinander, dann hat es schwupps gemacht und alle waren fort. Im Jahr nach Paris-Brest-Paris, scheinen nur die zu fahren, die immer fahren. Entsprechend schnell und zielstrebig ist das Vorwärtskommen. Also bin ich mal wieder hinterher gedackelt. Sollte sich nicht einer beim Start auf dem Klo versteckt haben, war ich der Letzte. Einige Zeit später, vor mir die vertraute Silhouette eines Fahrradfahrers, nach Gesellschaft lechzend, fuhr ich etwas schneller um aufzuschließen. Doch was war das? Der hatte Einkaufstüten am Lenker und wollte auch nicht bis Regensburg mit mir radeln, Mist.

Ich liebe es seit meiner Kindheit, in der Frühsommerhitze mit dem Rad übers Land zu ziehen. Die bestellten Felder zu sehen und, gerade samstags, in den Dörfern und Weilern das Leben zu beobachten, wenn nur die Sonne nicht so gebrannt hätte. Also, habe ich im nächsten Dorf angehalten um Sonnencreme über den Zaun zu schnorren. Meine besorgte Gönnerin hat mir sogar das Ohr eingecremt, weil ich es nicht richtig gemacht habe. An der ersten Kontrolle habe ich dann tatsächlich wieder ein paar Randonneure getroffen, sie aber auch gleich wieder verloren weil ich mich mit dem Tankstellenpächter verratscht hatte. Bis zur zweiten Kontrolle blieb ich alleine. Das war aber nicht weiter schlimm, denn die Landschaft entlang der schwarzen Laaber erforderte meine ganze Aufmerksamkeit.

An der zweiten Kontrolle gibt es Essen. Dort ist auch wieder eine größere Gruppe von Rambo Möhren (schei…. Auto Korrektur) anzutreffen. Unter anderem mein Freund Peter. Wir fuhren zusammen von der Kontrolle weg und hatten wohl insgeheim, ohne Absprache zu treffen, beschlossen die Nacht zusammen zu fahren. Lucky Luke mäßig ritten wir gemeinsam in den Sonnenuntergang. An der nächsten Kontrolle, in Waldkraiburg, kehrten wir noch kurz beim Schachtelwirt ein um uns für die dunkle Seite des Tages zu wappnen. Nachtfahrten sind etwas Wunderbares. Inzwischen auf vier Mannstärke angewachsen, sirrten meine Begleiter und ich durch die Nacht. Am Chiemsee sammelte sich dann eine größere Gruppe von Randonneuren um gemeinsam die Kletterei des nächsten Teilstücks zu beginnen. Erstaunlicherweise blieb die Gruppe zusammen, bis ich in Kirchdorf am Inn anhielt um den Kirchturm zu besichtigen, den der Dicke in der Vorabend Serie Irgendwie und Sowieso zusammen mit seiner Stereo-Anlage bestiegen hat, um sich seinem Liebeskummer hinzugeben.

Den Reiz, nachts mit dem Rad über Land zu ziehen, alle anderen nach dem Samstagabendbad in der Geborgenheit ihre Stube zu wissen, habe ich als Kind nicht kennengelernt. Umso mehr weiß ich es jetzt zu schätzen vor allem, wenn sie wirklich in ihrer Stube bleiben und nicht aus purer Vergnügungssucht auf dem Weg zur nächsten Disco die nächtlichen Straßen unsicher machen.

Nach einem kurzen Halt im EC Hotel machten wir uns mit beginnender Morgendämmerung daran, das Highlight der Tour, den Hundhammer Berg zu erklimmen. Karl begleitete uns dieses Stück, so konnte ich ihn, bemüht ohne Vorwurf in der Stimme, fragen was es mit dieser Streckenführung auf sich hat. Er meinte, dass sein Brevet eben wegen dieses Teiles unvergessen bliebe. Da musste ich ihm zwar zustimmen, aber ich bin mir nicht sicher ob wir das gleiche gemeint haben. Allerdings war das Morgenrot auf der Höhe absolut genial. Es hat schon seine Vorteile etwas langsamer unterwegs zu sein. Bei Nacht einfach durchzukurbeln ohne etwas gesehen zu haben wäre schade gewesen. Bis Bad Tölz hat es sich dann richtig gezogen und wenn wir nicht unterwegs bei einer Bäckerei, vor Ladenöffnungszeit, etwas zu essen erbettelt hätten wäre ich, glaube ich, vom Fleisch gefallen.

Das Wetter hat immer noch gehalten und so zogen wir Lust erfüllt in lockerer brevet Formation über Land. Man traf sich hier und da an der Strecke wieder. Als mich am Starnberger See Mike fragte ob wir noch mal Kaffee trinken, musste ich leider ablehnen ich wollte von den ganzen süßen Stückchen nichts mehr wissen und schlug ihm ein Weißwurstfrühstück vor. Hey, wir mussten in Oberbayern sechs Kneipen abklappern um in Weilheim dann endlich jemanden zu finden der bereit war, uns sonntagvormittags Weißwürste aufzuwärmen. Ernährungstechnisch wieder ins Lot gestellt rollten die Hügel vor Landsberg richtig gut. Unterwegs waren immer wieder Spuren der Unwetter des Vortages oder der Nacht zu sehen.

Es war gerade Mittag, deshalb gingen meine derzeitigen Streckenabschnittsgefährten und ich in Landsberg zum Chinesen. Ich musste etwas gegen den inneren Druck an Essen, brauchte deshalb etwas länger und habe somit wieder mal meine Kollegen verloren.

Die folgende Etappe über das Lechfeld und die angrenzenden Hügel war eine ausgesprochene Liegerad Strecke. Irgendwo muss ich auch meine Kollegen unterwegs überholt haben denn ich war deutlich vor ihnen in Wertingen angekommen. Dort ist mir wie an jeder Kontrolle @Fafnir über den Weg gelaufen. Bester Dinge hat er die letzte Etappe unter die Räder genommen.



Beim Radeln habe ich mich nie umgedreht. In Wertingen, im Bistro nach Süden blickend viel mir die Klappe runter. Hinter mir hatte sich ein gehöriges Unwetter aufgebaut. Dem Kommentar folgend, das ist Rückenwind los raus, hatte ich schon meine Klamotten in der Hand als der nächste Kommentar, wir haben unterwegs gesehen was da Wettertechnisch so los war und bei solch einem Unwetter möchte ich nicht rausgehen, mich wieder ein bremste. Also haben wir das gröbste durchgelassen. Nachdem aber klar war, dass der Regen nicht aufhören wird, sind wir nach dem Gewitter bei Starkregen los. Die anderen Beiden haben mal kurz nach links geblickt und sind an Ulrike vorbeigezogen. Ich dachte mir, die Kollegin kannst du bei diesem Wetter nicht alleine fahren lassen und habe mich ihr angeschlossen.

Bis Donauwörth hatten wir die Wettersituation gut im Griff, da das Gelände flach und übersichtlich war. Ab Donauwörth kommen noch ein paar Anstiege und man sieht nicht mehr wirklich wie das Wetter zieht. Tatsächlich kam das Gewitter zurück und beim letzten Anstieg vor Langenaltheim entschloss ich mich zu warten bis das Gewitter vorbeigezogen war. Ulrike war bibbernd im Bushäuschen gesessen, ich hatte gesehen, daß im Feuerwehrhaus etwas los war und ging mal hin um eine Decke zu organisieren. Die Jungs hatten schon 5 Keller leergepumpt und hielten Brandwache um zwei Kästen Bier herum. Da bekam ich erst mal eines, aber keine Decken für Ulrike. Mit etwas schieben und drängeln in die richtige Richtung, kam dann einer auf die Idee, dass man uns doch auch die letzten 20 Kilometer bis Treuchtlingen bringen könnte. Alle schauten sich betreten an und stellten fest das keiner mehr fahren kann. So habe ich dann noch ein bisschen geschoben und gedrängelt bis einer nach Hause gegangen ist seine Frau zu holen, die trinkt nämlich nichts. Ulrike nahm die gebotene Möglichkeit dankbar an, waren die 600km doch schon rum, und hat sich nach Treuchtlingen bringen lassen. Ich wartete das Gewitter mit zwei weiteren Bieren ab und bin den Rest dann noch im strömenden Regen fertig gefahren.



Es war schön im Vereinsheim anzukommen und wie es Randonneursmamas eben so machen war Heidi noch da und hat mich mit Nudeln und allem was man so braucht versorgt. Danach hat sich noch eine kleine gesellige Runde gefunden, wir saßen so bis vier Uhr und mussten uns nicht vor den Jägern, mit ihrem Jägerlatein verstecken.

Der nächste Morgen hatte wieder etwas von Männerwohnheim. Nach einem opulenten Frühstück und etwas Alibi mäßigem aufräumen trat ich dann den Heimweg an.

Ich bin ein junger Hase im Randonneusgschäft, habe noch nicht viel vom Brevetleben gekostet. Dennoch bin ich heilfroh, dass mein Heimatstandort Osterdorf beziehungsweise Treuchtlingen ist. Es fragt sich, ob ich ohne Heidi und Karl solch einen Spaß am Brevet fahren gefunden hätte. Als gesellschafts Fahrer weiß ich das große Starterfeld in Treuchtlingen zu schätzen. Außerdem genieße ich die Geborgenheit, die die beiden einem vermitteln bevor sie einen auf die Strecke schubsen und nachdem man gefahren ist.

Bedankt habe ich mich glaube ich schon öfters dafür, aber nochmals Danke,



Bernd
 
Schöner Bericht, kann ich alles unterschreiben. Wenn ich hoffentlich in nächsten Jahr wieder dort starte, machen wir das grupetto auf!;)
 
Hier mein Bericht zu meinem ersten Everesting. Ein Everesting ist zwar kein Brevet im klassischen Sinne, aber rein von der Idee ist es wie ein Brevet auch eine reine Prüfung und kein Rennen etc. Und wer nach einigen Jahren die Brevets schon recht routinemässig runterspulen kann (wie ich) sollte sich definitiv mal am Everesting versuchen. Es ist eine sehr harte Prüfung für Geist und Körper o_O

https://dawncycling.wordpress.com/2016/06/09/everesting-safari/









 
Bericht vom Superbrevet „Giro delle Repubbliche Marinare“

Distanz: 2.200 km, 21.000 Höhenmeter

Strecke: Venedig-Genua-Pisa-Rom-Amalfi-Pescara-Venedig

Zeitlimit: 9 Tage

Ohne Verpflegung, ohne Support

24 Stempelkontrollstellen (meist in Bars),1 Geheimkontrolle



Nachdem ich für mein großes Fahrradlangdistanzziel „Paris-Brest-Paris 2015“, Strecke 1.200 km, vier Jahre lang zielgerichtet trainiert hatte, stellte sich nach der erfolgreichen Fahrt für das Jahr 2016 die Frage, wie es weiter geht. Beim winterlichen Treffen mit den Randonneuren aus der Rhein/Neckar Region wurden dann verschiedene Fahrten diskutiert. Unter anderem auch die Stiefelumrundung mit dem schönen Namen „Giro delle Repubbliche Marinare“ mit fast unglaublichen 2.200 km Strecke. Ich hatte zwar meiner lieben Frau versprochen, dieses Jahr etwas weniger Rad zu fahren, aber Argumente wie „die schönste Strecke der Welt“ und „so eine Kondition wie zur Zeit werde ich nie wieder erreichen“, haben sie spontan dazu bewogen, mir grünes Licht für das Vorhaben zu geben. Da sie selbst ein großer Italienfan ist und wir einige Etappenorte bereits gemeinsam besucht hatten, konnte sie meine Begeisterung von Anfang an teilen.

Ein wagemutiger Mitfahrer war auch schnell gefunden, Rudi aus Rheinhessen war ebenfalls begeistert. Wir beschlossen „das Ding gemeinsam durchzuziehen“ (Zitat Rudi).


Im Vorfeld galt es nun, ab Januar möglichst viel Information über Strecke, Übernachtungsmöglichkeiten und Erfahrungen von erfolgreichen Teilnehmern aus den beiden letzten Jahren zu sammeln. Ein Anruf bei einem Finisher von 2015 aus Bayern flößte mir den nötigen Respekt vor der Fahrt ein. Auf meine Frage, warum nur wenige Fahrer am Start sind, antwortete er „Oben raus wird die Luft dünn“. Meine weitere Frage, wie er es mit dem Schlafen halten würde, da die komplette Fahrt „unsupported“ ist, beantwortete er folgendermaßen: Wir haben uns in den Checkpoints gewaschen. Dies löste bei mir bereits bedenkliche Vorbehalte aus.


Nach gründlichem Studium der Durchgangszeiten an den Checkpoints, haben Rudi und ich uns dann für die Strategie entschieden, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zu fahren und jeden Abend eine Pension zu suchen, um mindestens zu duschen und ein paar Stunden zu schlafen. So der Plan. Zudem wollten wir auf jeden Fall zusammen bleiben, auch wenn einer Probleme bekäme.


Um die nötige Radhärte bis zum Start am 29. Mai zu erlangen, hatte ich mir eine Mindestkilometerzahl von 5.000 von Januar bis Mai gesteckt. Der erste richtige Härtetest war dann am Karfreitag von Saarbrücken nach Tournai, der „Fleche Begien“, innerhalb von 24 Stunden 380 km, bei starkem Regen und eisiger Kälte in der Nacht mit den Radfreunden Rüdiger und Thomas (Mein Italienpartner Rudi fuhr über die Osterzeit bereits einige Radtrainingskilometer in Italien). In den kommenden Wochen folgten einige meist verregnete Frühjahrs RTFs mit frühmorgendlicher Radanfahrt. Meine Frau war es ja schon vom letzten Jahr gewohnt, dass ich sonntags bereits vor 5.00 Uhr früh das eheliche Bett verlies.


Im Mai standen zur Vorbereitung dann noch die beiden 300 km und 400 km Brevets im Saarland auf dem Programm. Den 400er eine Woche vor Italien fuhren Rudi und ich dann schon im „Italien Modus“, 300 km fahren, übernachten und am kommenden Morgen bei Sonnenaufgang weiter. Die Generalprobe lief ganz gut, was mich nach einer schweren Erkältung in der Woche davor und des daraus resultierenden geringeren Trainingskilometerstandes wieder optimistisch stimmte.

Nachdem mein Fahrrad noch zum Check und Austausch der Radlager und Freilauf beim Radhändler war, konnte das Abendteuer Italien beginnen. Ich hatte von zuhause noch zwei kleine Pakete mit Riegeln und Gels an den Checkpoint bei km 1.500 und zu meinem alten Freund Georgio bei km 600 an der Strecke geschickt.


Am Samstag den 28. Mai ging es dann los, Rudis Frau fuhr uns mit dem Auto zum Starthotel nach Venedig. Am gleichen Abend organisierte der Veranstalter Fulvio ein Fahreressen in einer Osteria, zu dem 32 Starter kamen. Insgesamt waren 39 Fahrer für den Start am nächsten morgen gemeldet.


Wie immer bei Brevets verläuft ein Start eher unspektakulär, aber als Rudi mir eine Minute vor zehn Uhr signalisierte, dass er einen Platten am Hinterrad habe, stieg doch das Adrenalin etwas an. Das Problem war schnell gelöst, beim Aufpumpen der Reifen hatte sich nur das Ventil innen aufgedreht. Rudi hatte dafür sogar das passende Kleinwerkzeug dabei, ein echter Randonneur.


Nach 15 km gemeinsamer Fahrt war dann schließlich der offizielle Start, mit einem kleinen Buffet auf einer Piazza. Da Rudi und ich bereits im Hotel üppig gefrühstückt hatten, verabschiedeten wir uns relativ schnell und nahmen die ersten Kilometer natürlich mit den schnellsten Fahrern unter die Räder. Flott ging es bei leichtem Rückenwind Richtung Westen. Pünktlich um 13.00 Uhr nach der ersten Kontrollstelle am ersten Anstieg kam auch schon der wie in der Wettervorhersage angekündigte Platzregen. Anscheinend waren die Regenschauer der ersten beiden Tage die südlichen Ausläufer der katastrophalen Regenfälle in Deutschland. Die italienischen Mitfahrer hüllten sich von Kopf bis Fuß in Plastik, ob sie bei der schwülen Luft darunter trockener geblieben sind als wir mit unseren Windwesten, habe ich nicht in Erfahrung bringen können. Um 22.00 Uhr erreichten wir nach 280 km unser Etappenziel für Tag 1. Am Ortseingang der kleinen Stadt am Fuß des Apennin erspähten wir ein kleines Hotel und nach kurzer Verhandlung mit wilden Gestikulierungen durften wir unsere Räder mit auf das Zimmer nehmen. Eine kleine Pasta gab es dann auch noch im Lokal, die Italiener lieben Radfahrer.


Gut erholt ging es nach sechs Stunden Schlaf im Morgengrauen am Tag 2 auf die anspruchsvollste Etappe über den Apennin nach Genua und weiter nach La Spezia. Laut Openrunner etwa 5500 Höhenmeter. Nach dem ersten Café und Cornetto an einer Bar kam auch schon der erste 30 km lange Anstieg in die Berge. Rudi hatte seine erste Reifenpanne, bei mir lief es aufgrund der relativ geringen Steigung von 7-8 Prozent ganz gut. Nach der Kontrollstelle am ersten Gipfel konnten wir zum ersten Mal richtig erahnen, was uns für Straßenverhältnisse die nächsten Tage erwarten würden. Zeitweise konnte man die Abfahrten nur in Mountainbike Abfahrtshaltung bewältigen, da man jederzeit damit rechnen musste, über plötzlich auftauchende große Schlaglöcher zu springen. Gegen Nachmittag wurden wir wieder teils heftig geduscht, an den letzten Anstiegen vor Genua hatte es nur noch 9 Grad und dichten Nebel. So kalt hatte man sich Italien nun wirklich nicht vorgestellt. Den Kontrast zwischen den ländlichen Gebieten und den Städten konnten wir erstmals bei der Durchfahrt von Genua erleben. Hier gilt eben das Gesetz des Stärkeren. An der Küstenstraße Richtung Süden war das Wetter deutlich besser, die Anstiege wurden aber deshalb nicht weniger. Erst bei Dunkelheit und erneutem Regen, erreichten wir einen kleinen Kontrollort kurz vor La Spezia. Ausgezehrt von dem langen Tag beschlossen wir, gleich am Kontrolllokal zu übernachten. Der Wirt machte uns ein Angebot, Zimmer EUR 50.- mit Abendessen und Getränken. Hier trafen wir auch einige Mitfahrer, die ebenfalls dankend das Angebot des Wirtes annahmen.


Der dritte Tag begann dann schließlich so, wie man sich eine Radfahrt in Italien vorstellt. Einen Cappuccino und ein Schokocornetto an der ersten Bar am Meer bei Marina de Carrara und eine Stunde später gab es bei Streckenkilometer 600 bereits morgens um 8.00 Uhr zwei Teller Nudeln, die Georgio in seinem Bildhaueratelier vom Vorabend übrig hatte und uns aufwärmte. Hier nahmen wir auch unser erstes Paket mit einigen speziellen Radnahrungskonzentraten aus Deutschland entgegen. Vielen Dank Georgio, die Nudeln haben uns an dem Tag Kraft für 330 km gegeben. Noch vor Mittag erreichten wir Pisa, die italienische Sonne zeigte sich von ihrer schönsten Seite. Die folgenden 200 km des Tages durch die westliche Toskana waren wohl die schönsten des Brevets. Sanfte Hügel, Zypressenalleen, das komplette toskanische Klischee, traumhaft. Wir waren gut drauf und ließen es richtig laufen („was wir weg haben, haben wir weg“ Zitat Rudi) Hier trafen wir auch die ersten bereits schwer angeschlagenen Teilnehmer, die die erste und zweite Nacht größtenteils durchgefahren waren und jetzt mit dem Schlafdefizit zu kämpfen hatten. Ein Italiener erzählte bereits von beinahe-Unfällen wegen Konzentrationsproblemen. Für uns stand sicheres und gesundes Ankommen an erster Stelle und so verwarfen wir unser ursprüngliches Ziel, am Samstag nach 7 Tagen anzukommen, bereits hier. Es wäre auch zu schade gewesen, durch Nachtfahrten einige Passagen der wunderschönen Strecke nicht zu sehen. Zudem war es aufgrund der schlechten Straßen bedeutend sicherer, bei Tageslicht zu fahren.


In einem einsamen Dorf südlich von Grosseto fanden wir nach einem letzten 500 Höhenmeteranstieg noch eine schöne Unterkunft vor dem „Sturm auf Rom“ am nächsten Tag. Erst nach einigem hin und her Verhandeln war die Wirtin bereit, unsere Fahrräder mit in die schicke Herberge zu lassen. Ich glaube, am Ende hatte sie so viel Mitleid mit uns, dass sie pünktlich um 5.00 Uhr morgens im Morgenrock in der Lobby stand und uns noch einen Café machte. Vor dem vierten Tag hatten wir etwas Bammel, da die Strecke direkt nach Rom auf den Petersplatz ging und ich den römischen Verkehr bereits von einigen Besuchen kannte. Doch die Streckenplanung von Fulvio, dem Veranstalter, führte über Nebenstraßen relativ sicher ins Herz der Metropole. Auf den Einfallstraßen konnten wir auch erstmals die hässliche Seite Italiens sehen. Überall lag Müll in unvorstellbarem Ausmaß. Und mitten im Müll saßen überall schwarzafrikanische Prostituierte. Das ganze änderte sich dann schließlich erst wieder, als wir südlich von Amalfi in die Abruzzen Richtung Adria abbogen. Zeitweise war es sehr surreal, so radzufahren, wir hatten nicht erwartet, alle paar Kilometer eine Peepshow im Müllhaufen zu sehen.


Rom erreichten wir um die Mittagszeit, auf dem Peterplatz herrschte reges Treiben. Ein Sicherheitsbeamter wollte uns mit den Rädern nicht auf den heiligen Platz für unser Kontrollfoto lassen. Beim zweiten klappte es dann ganz ohne Kontrolle, ohne Worte. Für Sentimentalität blieb keine Zeit, Foto und gleich wieder dem Menschenknäuel entfliehen Richtung Meer. Zwei Stunden später waren wir wieder auf ruhigerer Strecke, jedoch nicht mit weniger getanzten Einlagen von schwarzen „Schönheiten“ in Müllhaufen. An einem Kontrollpunkt südlich von Rom trafen wir einen völlig apathischen Teilnehmer aus Slowenien. Er saß schlafend mit seinem Navi in der Hand auf einem Stuhl. Als wir gerade wieder losfahren wollten, wachte er auf und gab uns zu verstehen, dass etwas mit seinem Navi nicht in Ordnung sei. Rudi kümmerte sich darum, da er das gleiche Modell hatte. Irgendwie funktionierte es leider nicht mehr, wir boten ihm einen unser gedruckten Streckenpläne an. Den wollte er nicht, er sagte, er würde jetzt abbrechen. Wir boten ihm an, noch bis in die kommende Nacht mit uns Richtung Süden zu fahren, was er schließlich dann machte. Am späten Nachmittag hatten wir einige Schrecksekunden, als Rudis Hinterreifen bedenklich an Luft verlor. Wir fanden schließlich einen Radhändler mit Superpumpe und keine zehn Minuten später konnte es weitergehen. Unser slowenischer Mitfahrer blieb weiterhin wenig kommunikativ und kümmerte sich auch nicht um sein Navi. Bei Einbruch der Dunkelheit erreichten wir den Etappenort Itri bei km 1.200. Ich gab unserem Mitfahrer zu verstehen, dass wir hier nach unserem heißen Ritt durch Rom dringend essen und schlafen müssten. Er fuhr dann einfach weiter, wir haben ihn danach nicht mehr gesehen. An einer Osteria machte ein hilfsbereiter Italiener ein paar Anrufe und schon hatten wir wieder ein super Zimmer diesmal mit einer Frühstücksküche mit Saft, Café und Joghurt. Ich brauche wohl auch nicht zu beschreiben, wie gut die Pasta beim Abendessen schmeckte nach dieser Kilometerleistung auch wenn uns am Tisch bereits die Augen zufielen.


Am 5. Tag, Donnerstag, ging es dann östlich um den Vesuv an Neapel vorbei bis an den südlichsten Punkt der Strecke Amalfi. Auf diesem Streckenabschnitt wurden die Sitten rauer, die Straßen noch schlechter und nicht einmal entgegenkommende Radfahrer grüßten mehr. Das beste, was ich noch in Erinnerung habe, war eine Tüte frische Kirschen von einer Bäuerin am Fuß des Vesuv. Am Nachmittag erreichten wir die mächtigen Berge der Amalfiküste. Da die Streckenplanung nicht über die berühmte „Amalfitana“ um die Berge herum führte, sondern direkt darüber und zurück gleich nochmals nur etwas östlicher, fuhren wir 3 Stunden gemächlich bergan. Die erste Abfahrt hinunter nach Amalfi entschädigte allerdings mit einzigartigen Blicken auf das „blaueste“ Meer der Welt. Unten am Meer mussten wir noch 15 km auf der „Amalfitana“ fahren, bei dem Touristenandrang waren wir schließlich dankbar, dass wir über die Berge fahren durften. Von nun an ging es wieder Richtung Norden, ich hatte hier mein Minimalziel von 1.400 km für die Tour erreicht. Die Abfahrt vom zweiten Berg wieder zurück ins Vesuvbecken war aufgrund eines Regenschauers und der vielen Schlaglöcher sehr anspruchsvoll. Nach weiteren hügeligen 100 km Fahrt erreichten wir wieder bei Einbruch der Dunkelheit den Etappenort Avellino in den Abruzzen. Wir fanden gleich ein 4 Sterne Hotel mit Restaurant für EUR 40.- pro Person, was will der erschöpfte Radfahrer mehr. Im Restaurant grüßte ein Herr vom Nebentisch ständig freundlich herüber, wie sich später herausstellte, war er der Präsident des örtlichen Radclubs und erkannte uns an unseren Radschuhen. Rudi und ich waren inzwischen ein super eingespieltes Team, man durfte ja schließlich die ganze Logistik wie Wasserflaschen füllen, Schokoriegel kaufen, Kette schmieren, Trikot auswaschen usw. nicht vergessen.


Am 6. Tag, Freitag, erwartete uns nochmals eine sehr schwere Etappe mit über 4.000 Höhenmetern über die Abruzzen Richtung Nord/Osten bis an die Adria. Bei Streckenkilometer 1.500 konnten wir an einem Kontrollpunkt unser zweites Paket mit Riegeln in Empfang nehmen. Endlich einmal wieder etwas vertrautes essen kann psychologische Wunder herbeiführen. Dass wir im Gesamtklassement auf Platz 8 und 9 lagen, konnten wir erst gar nicht glauben. Unsere Strategie mit dem regelmäßigen Schlafen war anscheinend doch nicht so schlecht, wir hatten beide noch vollen Druck auf den Beinen und alle Sinne beisammen.

Schon seit Tagen hatten wir uns vorgenommen, an einem großen Supermarkt anzuhalten und ein Stück Käse, ein Baguette und eine Dose Thunfisch zu kaufen. Irgendwie haben wir es dann aber doch bis zum Schluss nicht geschafft, einen geeigneten Supermarkt zu finden. Dafür gab es an den Bars in den kleinen Städtchen haufenweise hausgemachte Tramezzini mit reichlich Mayonnaise und eiskalte Cola. Hauptenergielieferant war allerdings das italienische Leitungswasser, das sehr bekömmlich ist. Auf dem Weg Richtung Adria gab es dann wieder einige anhaltende Regenschauer, aber auch diese Widrigkeiten konnten unseren Vorwärtsdrang nicht wirklich aufhalten. An meinem frisch gelagerten Hinterrad löste sich nach und nach die Fetthülse für das Radlager auf, ich glaube, nach der Tour sollte ich nochmals mit meiner Radhändlerin darüber sprechen. Dafür hatte Rudi an diesem Tag seinen letzten Platten. In der Abenddämmerung erreichten wir die Adria und wussten, dass wir das Ziel Venedig erreichen konnten. Unser Hotel fanden wir dieses Mal glücklicherweise über booking.com, da die Hoteldichte soweit unten an der Adria nicht so groß war.


Am 7. Tag, Samstag, fuhren wir beide sichtlich vom Druck befreit die Adriaküste Richtung Norden, es waren „nur“ noch 500 km Reststrecke. Bereits seit einigen Tagen trafen wir aus dem Fahrerfeld nur noch zwei Teilnehmer aus Litauen, mit denen wir uns beim Einholen abwechselten. Einer der beiden schrieb nach der Fahrt auf Facebook, dass er 3 Stürze und eine Lebensmittelvergiftung verkraften musste. Bei uns verlief alles glimpflich, ich hatte einmal eine „Highsider“ Einlage, als mein Hinterrad partout nicht mit auf einen hohen Randstein fahren wollte.

Am späten Nachmittag waren noch einige Anstiege im Hinterland der Adriaküste zu bewältigen. Am Samstag Abend, zur besten Discozeit, fuhren wir in Rimini ein. Hier steppte der Bär. Wir fanden gleich wieder ein Superhotel für EUR 40.- p.P. und gegenüber einen tollen Italiener. Eine Meeresfrüchteplatte und eine Pasta sollten uns die nötige Kraft für die letzten 230 km bis Venedig am Sonntag morgen liefern. Dies war auch quasi schon unsere Abschlussfeier, da mich meine Frau am Ziel abholen würde. Rudi und ich waren stolz wie Bolle auf unsere Leistung, die Stimmung war bestens.


Am Sonntag morgen klingelte das letzte Mal um 4.45 Uhr der Wecker, wir machten uns auf, dem nun greifbaren Ziel entgegen. Das Wetter war gut, es konnte uns nichts mehr aufhalten. Mit einem 25er Schnitt bügelten wir die letzten flachen Kilometer bis Venedig geradezu platt. Woher, insbesondere ich, nochmals diese Kraft hernahm, bleibt auch für mich ein Rätsel. Bei Rudi, dem Musterathleten, kann man es ja allein schon optisch nachvollziehen. Irgendwie war es bei mir wohl eine Mischung aus „Training by doing“ und dem schieren Willen anzukommen. Der Körper gewöhnte sich anscheinend in dieser Woche an die 5-6 Stunden Schlaf pro Nacht und an das dauernde Radfahren.


Um 15.00 Uhr am Sonntag war es dann geschafft, am Ziel standen unsere mindestens ebenso glücklichen Frauen wie wir. Halleluja!


Vom Veranstalter erhielten wir das schneeweiße Finishertrikot und einen Pokal. So einfach ist es glücklich zu sein.


Um 20.00 Uhr abends saß ich mit meiner Frau bereits beim Abendessen mit Blick auf die schönen Dolimiten auf der Seiseralm. Rudi werde ich in den nächsten Tagen sicher vermissen. Danke, es war mir eine Ehre, dieses Erlebnis mit Dir teilen zu dürfen.



Link zur Seite:

https://sites.google.com/site/ciclofachiro2/home/giro-delle-repubbliche-marinare


Das Brevet ist kein offizielles ACP Brevet, hat aber die gleichen Regeln und ist beim ASSOCIAZIONE CENTRI SPORTIVI ITALIANI homologiert.


Die aufgezeichneten Tracks findet bei Strava: Mein Name: Francis Bacon
 
@Kundtrad, sehr schöne Tour! :)
Macht Lust auf ähnliches.
Wenn ich mich nicht irre, habe wir beide uns schon einmal im richtigen Leben getroffen, zusammen mit unseren Frauen in Germersheim am Rheinufer beim Espresso. Du im frischen PBP-Trikot und ich habe Dich darauf angesprochen.
Jetzt lese ich gerade, daß Du auch im Saarland beim 300er warst. Ich war auch dort und es hätte mein Einstieg in die Brevetszene werden sollen. Leider hat es mir nach 15 km mein Schaltwerk hinten zerrissen, so dass das ein astreines dnf wurde.
Alles hat ansonsten gepasst. Ich hätte heulen können.
Habe mir dann mit dem Kettennieter ein Fixie gebastelt und bin zurückgehumpelt :o
Vielleicht trifft man sich ja mal wieder, und dann aber richtig?! :)
 
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