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BRM 400 ARA Nordbayern 2016
Als ich schon glaubte, Brevets fahren sei einfach und Berge, kein Problem, sehe ich mich jetzt wieder als blutigen Anfänger, der Glück hatte und deswegen noch mal davon gekommen ist.
Mit geschärftem Blick, den nötigen Respekt erneuert, um einige Erfahrungen reicher, körperlich etwas ramponiert und erschreckend gut gelaunt, habe ich wieder davon kosten dürfen, vom bitter-süßen Zauber, der von der Bewältigung eines harten Brevets ausgehen kann.
Ein bisschen gezögert hatte ich ja schon mit der Anmeldung, denn über Karl Weimann und seine Brevets kursieren die abenteuerlichsten Geschichten; steile Rampen, die man kaum hoch laufen geschweige denn hoch fahren kann, Randonneure, die sich auch von Knochenbrüchen nicht aufhalten lassen, schlechtes Wetter satt. Jetzt kann ich sagen, alle Schauermärchen, die man sich so erzählt, stimmen! Und genau das macht den Reiz der Sache aus.
Um diese Ausfahrt souverän zu bestehen, hätte man von allem etwas gebraucht: schlaue Vorausschau, sich die Kräfte einteilen (hatte ich nicht, wie schön ist es zu rasen, und wie übel dann der Schluss), eine gute Portion Kraft und Ausdauer (hätte man gehabt, wenn man Punkt 1 beachtet hätte), das Navigationsvermögen eines Adlers (die Strecke folgte manchmal der Spur eines fliehenden Hasen und als Orientierungslegastheniker habe ich mich, nachdem bis zur ersten Kontrolle mein Track abgeschmiert war, rund 15 mal verfahren), den nötigen Respekt vor der Distanz (hätte ich mich ja mal ans Vorjahr erinnern können, PBP zum Beispiel, ist mir erst sehr spät wieder eingefallen) und natürlich die richtige Einstellung; sich ganz reingeben, als wollte man nie mehr ankommen, es mit wachen Sinnen genießen, durchhalten, vor allem diese kippelige Balance aushalten zwischen Weich werden und hart bleiben. (Ja, es gab diese perfekten Momente. Es gab aber auch unbotmäßiges Schimpfen, abgestumpftes Kurbeln, aufkeimenden Zweifel.)
Das klingt jetzt erst mal nach Katastrophe, aber das Erstaunliche ist: Die Begeisterung steigt mit den Aufgaben! Und die reinen Zahlen waren ja auch völlig in Ordnung. Nur im Kopf hat es sich richtig schwer angefühlt. Und diesen Muskel zu trainieren, ist überhaupt das wertvollste!
Gestartet wurde an einem Freitag in mehreren Blöcken ab 20:00 Uhr. Abendstart hat den Vorteil, dass man sich auch bei weiter Anreise eine Übernachtung spart (wo man wegen Nervosität sowieso schlecht schläft) und den ganzen zweiten Tag bis zum Finish im Hellen machen kann. Den Nachteil, dass man nach einem Tag in der Bahn schon etwas gerupft loslegt.
Der Empfang war überaus herzlich. Heidi und Karl bemühen sich wirklich um jeden Einzelnen; zuvorkommend, interessiert und unaufdringlich wird hier jeder mit dem versorgt, was er braucht. Alte Kämpfer, die sich dort bewegen wie bei sich zu Hause, weisen einem den Weg. Nach einer Orientierungsrunde durch den Standort, der Begrüßung von Bekannten und einem Nudelessen, bei dem niemand hungrig vom Tisch aufgestanden ist, frisch geschmiert und gesalbt, setzte pünktlich zum Start ein Starkregen ein, mit Hagel, Blitz, Donner und Überschwemmung.
Einige, die es sonst zu leicht gefunden hätten, freuten sich und stürzten sich sichtlich begeistert in die Fluten, andere mussten erst ein leichtes Zögern überwinden, eine kleine Gruppe Schlaumeier, zu denen auch ich zählte, wollte das Gröbste erst abwarten und kam erst eine gute halbe Stunde später los, nachdem sich das Warten als sinnlos herausgestellt hatte und, naja, andere hatten schon vorher den Start verweigert.
Ein paar Meter vom Vereinsheim entfernt muss man durch eine Unterführung. Diese war bereits überflutet, ein Auto schnitt mir den Weg ab, so dass ich an der tiefsten Stelle halten musste. Um nicht schon, bevor es richtig losging, das Bein in 30 Zentimeter Eiswasser einzutauchen, blieb ich eingeklickt und schob mich an der Tunnelwand per Handantrieb vorwärts und erreichte vorerst trockenen Fußes das andere „Ufer“.
Etwa 15 km nach dem Start schmierte mein Track ab und ich verfuhr mich das erste Mal. Eine RR-Gruppe, die ich überholt hatte, zog an mir vorbei und verschwand an einem Aufstieg. An den Rest der Fahrt bis zur ersten Kontrolle bei km 133 habe ich nur vage Erinnerung. Ich habe den süßlichen Duft von Raps wahrgenommen, fuhr durch stille landwirtschaftlich geprägte Ortschaften, Kühe schnaubten in Ställen, suchte meinen Weg oft vergebens auf Wirtschaftswegen letzter Ordnung. Und ebenso oft freute ich mich nach einer saftigen Abfahrt den Schwung in den nächsten Anstieg hinauf tragen zu können, aber vergebens, an der tiefsten Stelle zweigte der Weg ein ums andere Mal scharf um die Ecke den nächsten Hügel hinauf ab. Nach gut 100 km habe ich mir bei einem Sturz in einer Baustelle die Jacke aufgerissen, das Rad war Gott sei Dank heil. Irgendwann tauchte die hoch aufragende Festbeleuchtung Bernd A. 's in der Dunkelheit auf. Der war im gleichen Block, aber eben pünktlich gestartet.
Nach Erreichen der Zivilisation in Form einer Autobahnraststätte bei der ersten Kontrolle traf ich auch wieder einige Mitreisende, und bis zum Ziel trafen wir auch immer wieder in wechselnden Konstellationen aufeinander.
Für den Rest der Nacht fuhr ich im Kegel von Bernds Helmkanone, die Nachtfahrt war somit faktisch beendet.
So fuhren wir in das erste Licht des neuen Tages, kalt wars und klar, die Strasse trocken, menschenleer, guter Belag, Wiesen und Wälder säumten den Weg, es lief, die Stimmung war gut; das war oft das Verdienst eines Kollegen, der den Rucksack mit seinen Radklamotten zu Hause vergessen hatte und von Anfang bis Ende in seiner Regenkombi fuhr, hoch geschlossen, wie zum Trotz, selbst in der ordentlich temperierten Garage der Familie Loy (Kontrolle 5). Zur Freude aller erzählte er uns, dass er seine Handschuhe über die Ärmel gezogen hatte, so dass das Wasser optimal in seinen Taucheranzug hatte fließen können.
Nach rund 300 km fuhr ich in ein tiefes selbst verschuldetes Loch: Rasen, unstrategisches Essen und ein Profil, das mich beim Durchlaufen lassen der Bandanzeige auf dem Navi an das Gebiss eines Haifischs erinnerte, kleine steile Zacken, hin und wieder unterbrochen von mächtigen Buckeln. Mit Bleibeinen, fliegendem Puls, etwas begriffstutzig, war ich einerseits leichte Beute für Bernds Scherze, andererseits dankbar für sein Hinterrad. Nach elenden 35 Kilometern kehrten wir in eine Wirtschaft ein, ich bekam ein paar Müsliriegel und leerte einen Radler. Es war warm, die Stimmung war heiter aber die Uhr lief. So wurde ich ungemütlich und drängte zur Weiterfahrt, meiner Kräfte in keiner Weise mehr gewiß.
Nach weiteren 35 km erreichten wir die Garage der Familie Loy, die Stimmung auch hier Volksfestcharakter, es wurde aufgetischt, die Bierbänke gut gefüllt, draußen jede Menge Räder. Diesmal war ich an der Reihe für Heiterkeit zu sorgen, denn man sah mir sogleich an, ich pfiff auf dem letzten Loch.
Aber nachdem ich mich satt gegessen hatte, fing das Rechnen an. Merkwürdigerweise war die Zeit völlig in Ordnung, ganz anders, als ich es erwartet hatte, und sogleich keimte die Hoffnung wieder auf, es noch tatsächlich schaffen zu können.
Ich schloss mich einer früher abfahrenden Gruppe an, rund 25 km waren flach, so hörte ich, bis Weißenburg ist es flach, kaum zu glauben, ein Geschenk genau zur rechten Zeit. Dann käme bei kapp 400 km die Kontrollzange auf der Ludwigshöhe, ein übles Schiebestück, anschließend eine Taldurchfahrt mit Gegenwind.
So zäh es eben noch gewesen war, jetzt bin ich wieder hellwach, witterte mein Chance, das Flachstück will ich ausnützen als Ausgleich für das üble Schiebestück, also los. Plötzlich ist der Matsch aus den Beinen, ich überhole die Gruppe, und erst am Aufstieg zur Ludwigshöhe holen die ersten mich wieder ein. Das erste supersteile Stück bis zur ersten Kehre geschoben, dann doch tatsächlich gefahren, oben stehen zwei, und einer von denen steckt sich doch tatsächlich eine Kippe an! In so einem Moment finde ich das schon fast lässig! Dann kommt noch mal eine richtig üble Steigung, die ich halb rauf stemme, den Rest schiebe, wieder aufsteige und fahre, rüber über die Kuppe, in eine unheimlich schnelle Abfahrt entlassen, ein Rennradler pfeilt doch tatsächlich vor mir her, erst im letzten Drittel kann ich vorbei gehen, das Schambachtal tut sich auf, der Gegenwind setzt ein, egal, jetzt kann mein M5 erst richtig zeigen, was es kann. Im vorletzten Gang, wie im Rausch eile ich mit 35+ dem Ziel entgegen, noch 6 km, jetzt könnte ich zur Not sogar noch schieben! Treuchtlingen tauscht auf, durch die Unterführung, diesmal fahrbar, das Vereinsheim, Tür auf, Kontrollkarte auf den Tisch, ich höre ein „passt!“, geschafft!
Nach einer herzlichen Begrüßung, unter einer heißen Dusche mit festem Strahl, die Schürfwunde brennt, frische Klamotten, eine heiße Suppe, ein unheimlich großes Glücksgefühl durchströmt mich, ist still kaum auszuhalten.
Dann setzt die Müdigkeit ein. Jetzt noch mal ins Kalte, aufs Rad, in die Unterkunft? Auf dem Flur entdecke ich ein Feldbett. Das darf ich benutzen, bekomme noch zwei Decken, Heidi gibt die Damendusche frei, ein Firstclassschlafplatz, warm und keine Mitschläfer. Licht aus. Ende.
Am nächsten Morgen hatte schon jemand Kaffee gekocht, es waren noch Brötchen und Gott weiß was sonst übrig, nach einem üppigen Frühstück bekomme ich noch eine pralle Tüte Marschverpflegung mit auf den Weg, die mich noch den ganzen nächsten Tag gut ernähren wird und stolpere hinaus zurück in die Wirklichkeit.
Der Slogan auf Karls Webseite stimmt: „leicht zu finden – schwer zu vergessen“. Bei mir hat es eingeschlagen wie eine Bombe!
Ich sage noch einmal: „Herzlichen Dank!“ an Heidi, Karl und die vielen Helfer für dieses unvergessliche Erlebnis!
Ich habe keinen entsprechen Thread gefunden, wollte keinen aufmachen und bin außerdem einen Overnighter und kein Brevet gefahren…Einen Platz für Erlebnisberichte von Brevets. Superbrevets verdienen ein seperates Thema, dieses ist nur für die 'normale' Brevets von 200 bis 600km.
Guter Plan. Mit dem AWOL, 40mm WTB Nanos, Alfine8 und Riemenantrieb war ich im März ziemlich gut unterwegs. Das Material war zumindest nicht der Grund, warum ich nicht die ganze Runde gefahren bin.Sollte ich die Tour mal fahren, werde ich dann wohl das Pendlerrad mit dicken Reifen, Rohloff Nabe und Zahnriemen nehmen.
Danke! Natürlich gab es haufenweise Straßen neben der Strecke auf denen man schöner hätte rollen können. Aber eine Strecke ist ja ein Strecke ist ja eine Strecke... Der Veranstalter sagt:
»Tracktreue«: Sehen wir nicht dogmatisch.
Wenn das GPS ausfällt [...] und Mensch sich dann z.B. von Siri nach Skagen führen lässt, finden wir das OK.
Wenn sich ein Streckenabschnitt als schlecht passierbar herausstellt, weil er z.B. total durchweicht oder wasauchimmer ist oder temporär mal der der Bock auf »Schon wieder Sand im Getriebe« fehlt und spontan ein Bereich umfahren wird, finden wir das OK.
Wenn sich jemand zu Hause hinsetzt und den Track „optimiert“ um die Strecke einfacher/schneller/effektiver zu machen, finden wir das NICHT OK.
Kurz vor Skagen bin ja dann auch spontan über Frederikshavn gefahren um dem Schotter mal zu entgehen. Prinzipiell ist das aber keine Straßenfahrt, prinzipiell fährt man "Weg", was auch immer die Dänen als solchen definieren.
Ich habe 4 passende Personen gefunden, die längste Radfahrt ist 6,9km... Ich tausche Deinen Link gegen meine Kudos.Die aufgezeichneten Tracks findet bei Strava: Mein Name: Francis Bacon
Jaja, 3000 ganz flache HM@Bauknecht, der Saar-300er war schön flach, da reicht ein Gang völlig