Hallo,
auch von meiner Seite gilt: DNF, aber happy.
Da auch ich gerne in anderen Gegenden fahre, habe ich mich für den 600er in Linz eingeschrieben. Die große Frage war, mit welchem Fahrrad. Rennrad oder Liegerad. Mein Liegerad hatte erst 450 km auf dem Tacho, meine Muskeln waren noch nicht ganz umgewöhnt. Auf der anderen Seite wird es mit auf dem Rennrad ab 350 km unbequem und ich war schon jetzt mit dem Liegerad deutlich schneller als mit dem Rennrad. Auch im Hügelland. Schnell bergauf bin ich aber mit keinem Fahrrad.
Hin ging es mit dem Nachtzug von Köln, der fährt in knapp 13 Stunden bis Wien. Wegen der langen Fahrtzeit habe ich mich für den Schlafwagen entschieden, der recht komfortabel ist und einen Abend-Snack sowie ein richtiges Frühstück enthält. Dank Ohrenstöpsel war die Fahrt recht ruhig, aber speziell der österreichische Lokführer (ab Frankfurt) bremste recht hart, sodass ich jedes Mal das Gefühl hatte, aus dem Bett zu fallen.
Mit wenigen Minuten Verspätung kam der Zug in Wien an, wo mich zwei Mitglieder des Radreise-Forums in Empfang nahmen. Mein verpacktes Liegerad und mein Gepäck konnte ich am Bahnhof verstauen. Die beiden hatten sich die Zeit genommen, mir die Innenstadt zu zeigen, denn ich war noch nie in Wien. Dabei haben sie mir noch gleich ein Faltrad geliehen.
Am Nachmittag hat mich dann Gerold aus Wien eingesammelt, der sich ebenfalls für den Brevet angemeldet hat. Zusammen fuhren wir im Auto nach Linz, wo am nächsten Morgen der Brevet mit rund 80 Teilnehmern startete:
Zum Einrollen ging es erstmal 25 km auf dem Donauradweg, der am Samstag um 6 Uhr natürlich wunderbar leer war. Dann bogen wir ab nach Norden, wo die erste Steigung zu erklimmen war. 35 Kilometer leicht bergauf, von 250 auf 780 Meter. Mein Gesamtschnitt bis dahin (mit Standzeit) knapp über 20, für mich ein guter Wert. Und ohne, dass ich zu hart getreten habe. Das war schon beim 300er in Grenoble (wo ich mit dem Rennrad fuhr) meine Taktik, immer etwas ruhiger fahren als ich kann, damit am Ende noch Reserven da sind. So konnte ich in Grenoble einen Endspurt fahren, für die letzten (flachen) 28 km brauchte ich nur eine Stunde.
Dann folgten 175 hügelige Kilometer, wobei der höchste Punkt auf immerhin 980 Meter lag. Landschaftlich war dieser Abschnitt ein Höhepunkt, denn es ging durch das
Waldviertel. Während man in Deutschland unter "Viertel" doch eher etwas kleines meint, meint er in Österreich ungefähr 1/4 des (gar nicht so kleinen) Bundeslandes Niederösterreich. Wie der Name sagt, hier gibt es eine Menge Wald, und auch Wälder mit richtig hohen Tannen. Zum Teil ging es nur wenige hundert Meter an der Grenze zu Tschechien entlang; hin und wieder konnte man auch rübergucken. Tschechische Bäume sehen allerdings nicht anders aus als österreichische.
Im Waldviertel war die zweite Kontrolle. Und zwar in einem Privathaus, wo in der Garage jedem Randonneur ein Teller Spaghetti gereicht wurde und Getränke standen. Klasse Service. Die Spaghetti haben mir wirklich gut getan, weil inzwischen mein Magen leer war und mit knurrendem Magen fährt es sich nicht gut. Gleich bei der Abfahrt hatte ich einen Platten. Einen besseren Zeitpunkt dafür gibt es nicht, denn da konnte ich die
Standpumpe benutzen. Ursache für den Platten war vermutlich die Kombination aus dem dünnen Ultrasonic-
Schlauch und dem dünnen, selbstklebendem
Schwalbe-
Felgenband. Gut, dass der Ersatzschlauch ein normaler Conti Race war.
Das Waldviertel hat mir so gut gefallen, dass ich eine kleine Extrarunde gefahren bin. Erst habe ich ein Abbiegen übersehen. Gemerkt habe ich es nach 4,5 Kilometern im nächsten Ort. Ein schneller Blick auf das GPS, wie ich wieder zum Track komme, und weiter gings. Nach weiteren 5,5 km war ich wieder auf dem Track – aber ich war in die falsche Richtung gefahren, also quasi wieder zurück. Der schnelle Blick auf das GPS war doch etwas zu schnell. Nochmal durch Litschau, die nördlichste Stadt Österreichs, wo auch die Schrammel-Musik herkommt. Immerhin. Nochmal 7,5 km bis zu dem Punkt, wo ich beim ersten Mal nicht abgebogen war, und so standen 17,5 Zusatzkilometer auf dem Tacho. Die sollten aber nicht zum Problem werden.
Immer eine hübsche Abwechslung waren die Ortsdurchfahrten. Oftmals mit ganz breiten Straßen oder Plätzen, wie in der Ex-DDR, aber viel bunter und nicht so ausgestorben. Auch viele pittoreske Kirchen.
Nach (meinen) 235 km ging es bis zur vierten Kontrolle leicht bergab, auf 100 km von 530 auf 339 Meter. Das klingt nicht viel, aber für das Liegerad ist so ein Profil optimal. Für die 100 km habe ich 4:15 gebraucht, einschließlich 34 Minuten Pause. An der dritten Kontrolle, einer kombinierten Pizzeria und Dönerbude, habe ich eine halbe Pizza gegessen, weil mein Magen knurrte. So langsam wurde es kühl, speziell an den Armen. Aber ich habe mir nichts angezogen, weil ich ungern anhalte, wenn es gut rollt. Unterwegs gab es noch eine Verpflegungsstelle durch die Familie eines Mitfahrers, der genau an der Strecke wohnt. Die habe ich leider ausgelassen, weil es gut rollte. Natürlich fing eine Stunde später mein Magen an zu knurren und ich habe 13 km vor der vierten Kontrolle bei McDonald's etwas gegessen.
Um 22:30 habe ich dann die vierte Kontrolle erreicht. Diese war in einem Hotel, und die meisten Randonneure schliefen dort ein paar Stunden. Auch ich habe das so gemacht. Zwar hätte ich noch weiterfahren können, aber irgendwann hätte ich ja doch eine Schlafpause gebraucht und hier war die perfekte Gelegenheit. Mit so wenig Gepäck war ich noch nie in einem Hotelzimmer – Zahnbürste, Zahnpasta, Telefon, GPS. Mein Fazit bis dahin: 335 Kilometer, 3.600 Höhenmeter, Gesamtschnitt 20,3, in Bewegung 22,3, Fahrzeit 15:00, Pausenzeit 1:28.
Unter 90 Minuten Pause halte ich für einen sehr guten Wert.
Wirklich toll übrigens der Service: Die Frau des Veranstalters hat mit dem Auto Gepäckstücke vom Startort zur Nachtkontrolle gebracht. Ebenso konnte man dort ein Tasche ins Auto legen und am Ziel in Empfang nehmen.
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