Hier mein Bericht vom 600-er ab Oostende vorgestern & gestern:
Mein Hotel in Oostende war nur wenige 100 Meter vom Start entfernt, direkt hinter den Dünen.
Die Wetterbedingungen waren dann doch nicht so Optimal, wie es noch ein paar Tage vorher angekündigt war.
Zitat:
"IVAN lässt es krachen - Schwerer Sommersturm und Gewitter"
https://www.wetteronline.de/wettern...an-schuettelt-deutschland-durch-2019-06-08-si
Nun, im Hotel hinter den Dünen hat der Sturm in der Nacht ziemlich heftig den Regen und wohl auch Hagel gegen mein Fenster gepeitscht.
Ich habe mich schon gefragt, ob das denn wohl so eine gute Idee sei, bei dem Wetter einen 600-er Brevet anzugehen.
Start ist um 06:00 Uhr.
Bis etwa 08:30 war Regen (in Kombination mit dem Sturm) angekündigt, danach nur noch Sturm (ohne durchgehenden Regen - aber mit Schauern).
04:30 Aufstehen - ich werde 5 Minuten vor dem Wecker wach. Erstmal etwas Frühstücken (mitgebracht, im Hotel gibt's erst ab 07:00 Frühstück).
Dann in die Regenjacke, Regen-Beinlinge für die Oberschenkel, Plastiktüten (Müllbeutel) mit Tesa um die Radschuhe (anstatt Überschuhe), die Beinlinge darüber, so dass - wenn die sich vollsaugen das Wasser AUSSEN an meinen High-Tech Überschuhen abläuft - und nicht von oben in die Schuhe 'rein.
Am Start ein paar Unentwegte - die meisten auf Carbon, ein paar auf Alu. - Ich starte mit meinem "Bob Jackson Super Tourist".
Die ersten 70 km (bis zur 1. Kontrolle) gibt's volle Kanne - Rückenwind - danach 50 km Seitenwind und den Rest des Tages Gegenwind.
Ich fahre zunächt alleine. NICHT in der Guppe weil ich nicht von den vorausfahrenden auch noch von Unten vollgespritzt werden möchte. Die meisten haben keine (brauchbaren) Schutzbleche.
Ausserdem lag so viel Zeugs auf der Strecke - hier 'mal was von der harmloseren Sorte:
Zum Teil waren es auch armdicke Äste, zum Teil musste man Slalom fahren - vor allem am Kanal entlang wo so viele Pappeln stehen.
In einer Gruppe wollte ich das nicht haben.
An der ersten Kontrolle in der Bäckerei laaaange Schlangen - und die meisten Kollegen sitzen hier beim Kaffee und Teilchen.
Ich ziehe Nummer 38 - Nummer 22 war gerade dran. Och nö...
Gegenüber ist ein Supermarkt der gerade auf gemacht hat. Da gibt's auch Croissant und der Kassenbeleg ist genauso viel Wert wie ein Stempel in der Bäckerei. Ich habe genug zu Essen und zu trinken auf dem Rad - also sofort weiter.
Ein paar km weiter ist eine Zugbrücke gerade oben - ich sehe sie von weitem.
Sie geht runter. Und da stehen Radfahrer und warten...
Kurz etwas Gas gegeben und ich habe die "schnelle Truppe" eingeholt.
Mit denen dann weiter bis zur 2. Kontrolle, ewas Windschatten konnte ich ausnutzen - wenn die Strasse denn breit genug war (Wind kam rechts von der Seite mit ~ 40 km/h).
Kurz vor der 2 Kontrolle halte ich kurz um einem biologische Bedürfnis nachzugehen.
An der zweiten Kontrolle das gleiche Spiel, die von der schnellen Truppe geht erstmal Kaffee trinken und verlieren viel Zeit.
Ich hole nur kurz 'nen Stempel und sofort weiter. Ich will schliesslich heute 350 km weit kommen.
Kurze Zeit später schliesst von hinten Hendrik auf.
Ich hatte Ihn im Dorf an einem anderen Lokal gesehen - welches ebenfalls Kontrollstempel verteilen konnte.
Mit Ihm fahre ich an dem Tag noch 200 km zusammen.
Bis zur Mittagspause bei km 180 ernähre ich mich mit mitgebrachten Pellkartoffeln, 1 Banane, 1 Snickers, 1 Apfel, 1 Butterbrot und Maltodexrin in den Flaschen (mit etwas Salz).
Hendrik wollte zwar erst nicht zu Mittag essen sondern ewas weiter fahren - aber der Sturm hatte auch bei Ihm einige Energie geraubt, so dass Ihn meine Idee - dass wir uns beim Asiaten ein "All you can Eat" Buffet 'reinziehen - überzeugt hat.
Bevor wir weiter fahren erstmal noch einen Regen / Hagelschauer abwarten...
... und weiter geht's.
Kurze Zeit später treffen wir an einer Ampelanlage noch Kris - ein etwa 60 jahre alter Teilnehmer der mit uns zusammen den Tag zuende fährt.
Er hatte keine Mittagpause gemacht und später ziemlich Hunger - ich konnte mit 'nem Snickers und Pellkartoffeln aushelfen.
Dafür bot er guten Windschatten...
Es war noch ein ziemlicher Kampf mit dem Sturm bis wir um 20:15 nach 310 km zurück am Startpunkt waren, von wo dann die zweite Schleife losging.
Am Auto erstmal 'was essen & trinken, ein "Hygienetuch" für "Untenrum" - dann Linola-Salbe neu aufgetragen - eine frische Radhose & ein frisches (Merinowoll-) Trickot. - Weiter geht's gegen 20:50, Frühstück für morgen früh habe ich auch noch eingepackt.
Ich habe in Dunkerque ein Hotel gebucht (Hendrik auch). Nach Plan sind das noch 48 km - und der Sturm hat ewas nachgelassen. - Es war nur noch Wind - aber Gegenwind.
Wir nehmen etwas Tempo 'raus und rollen weiter; nach 20 km verabschiedet sich Kris - er schläft hier in der Nähe bei Freunden.
Kurz vor "meinem" Hotel verabschiede ich mich von Hendrik - er hat sich woanders eingebucht.
Nach 358 km stehe ich gegen 23:00 in "meinem" Hotel - und die sagen mir doch glatt - sie sind ausgebucht und haben keine Reservierung von mir.
Ich Blödmann habe bei der Reservierung nicht aufgepasst und zwei Hotels der selben Kette verwechselt.
Der Rezeptionist stellt den Fehler fest und sagt mir dass das andere Hotel "noch weit" sei.
Meins ist nochmal 12 km weiter und leider nicht an der Strecke.
Ich sage ihm, dass ich heute bereits über 350 km hinter mir habe und dass es auf die 12 Bonus-km auch nicht mehr ankommt - ungläubige Blicke...
Eine gute halbe Stunde durch die Dunkelheit - die Orientierung ist ohne GPS-Track nicht ganz einfach - dann bin ich da.
Eine Dusche, ein Bett mit einer guten Matratze - und das Ganze für 35 Euro - mehr brauche ich nicht.
Am nächsten morgen werde ich wieder 5 Minuten vor dem Wecker wach (05:30).
Ich habe immerhin über 5 Stunden geschlafen - auch wenn
@roykoeln sagt: "Ein Brevet ist keine Murmeltierveranstaltung".
Etwas Frühstück (Butterbrot, Banane, Apfel und laktosefreie Milch) und los.
Es ist 10°C und nebelig - dafür gibt's keinen Wind mehr.
Ich bin nur 6 km von der ersten Kontrolle - und mein "falsches" Hotel hat mich insgesamt 12 Bonus-km gekostet.
An der zweiten Kontrolle wollte Roy mich um 09:00 treffen - er macht(e) in dem Ort Urlaub, aber wer war nicht da:
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Punkt 09:00 bin ich dort weiter gefahren.
3 Jungs "von der schnellen Truppe" sind gerade losgefahren, als ich dort ankam (und erstmal in der Schlange warten musste um mir den Stempel abzuholen).
Also solo weiter. - Egal, Wetter ist gut - kein Wind - die Gegend ist schön und ich habe nur noch 180 km vor der Brust - und bis 22:00 Uhr Zeit.
Ich fahre also relativ langsam und energieschonend. Der Tag gestern hat doch viel Energie gekostet.
Kurz vor Boulogne dann:
C'est le Nord...
Dann ging es recht unspektakulär weiter durch's französische Hinterland.
Etwas hügelig - nicht dicht besiedelt - viele schöne kleine Sträßchen - gutes Wetter - so muss Brevet-fahren sein.
In Watten gibt's nochmal Mittagessen in 'nem Imbiss (doppelte Protion Hacksteak mit Pommes / Reis).
Dort sitzen auch wieder die drei "von der schnellen Truppe" in einem anderen Lokal und winken als ich losfahre.
Ein paar km weiter überholen sie mich mit Schwung an einer Rampe (Brücke über die Eisenbahn) - nur um nachher wieder Tempo rauszunehmen.
Ich hole auf und lutsche eine Stunde im Windschatten.
Aber die Jungs meinen bei jedem Hügel eine Bergwertung fahren zu müssen - auf Dauer ist das nix für mich bei einem Brevet.
An der nächsten Kontrolle machen sie denn auch wieder eine ausgedehnte Pause - ich nicht - es sind ja nur noch 48 km flach (aber leider gegen den Wind der ab Mittags wieder aufgefrischt ist).
Trotzdem bin ich um 17:45 zurück - trotz 12 "Bonuskilometern". - Bis 22:00 hätte ich Zeit gehabt.
Prima - ich hab ja schließlich noch 2 1/2 Stunden mit dem Auto nach Hause.
Da liege ich dann um 10 Uhr abends frisch geduscht im Bett - geschafft! - Die PBP2019 Quali ist gesichert.