Den 300er in Berlin bin ich diesmal etwas anders als sonst angegangen. Deshalb schreibe ich darüber auch mal ein paar Zeilen hier. Außerdem lese ich solche Berichte immer sehr gern und habe daraus schon sehr viel gelernt:
Da ich mich ganz fit gefühlt habe und abends auch noch was vorhatte, habe ich mich in die erste Startergruppe eingeschrieben und wollte solange es geht in der schnellen Gruppe mitfahren. Das hat die ersten 100km auch sehr gut geklappt. Bei Sonne und Rückenwind sind wir in einer ziemlich großen Gruppe zügig vorangekommen.
Die erste Kontrolle in Trebbin an der Tankstelle wurde wirklich nur zum Stempeln genutzt, wobei die Mitarbeiter schneller gestempelt haben, als wir Karten hinlegen konnten. Pause gefühlt 1min. Danach ging es ungebremst weiter, Wechsel an der Spitze klappten gut, ich war aber immer froh, wenn ich wieder nach hinten „durfte“. Zweimal führte uns der Track auf Radwege, die nur aus Treibsand bestanden, diese wurden einstimmig abgelehnt, so dass wir weiter die Straße benutzten.
Die freie Kontrolle in Dahme war dann für mich ein Bäcker, bei dem ich 2 Stücken Kuchen hinterschlang. Ich machte hier den Fehler, meine Jacke auszuziehen und zu verstauen, so dass alle anderen weg waren, als ich fertig war. Da wurde nicht gebummelt. Na ja, einerseits ist es alleine nicht ganz so stressig, andererseits wollte ich auch mal zu den ganz schnellen gehören. Kurz hinter Dame hatte ich sie dann aber doch wieder eingeholt. Nach jedem Abzweig wurden jetzt Ausscheidungssprints gefahren, bei denen ich schon ganz schön zu kämpfen hatte. Im vollen Bewusstsein, dass das völliger Blödsinn ist, wenn man noch 170km vor sich hat, habe ich da auch drei bis vier Mal mitgemacht (Herdentrieb). Vorne hätte ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr fahren können.
Also ließ ich sie ziehen. Sind also doch nicht nur die Ampeln in Berlin schuld, dass ich nicht zu den ersten gehöre. Bis zur Kontrolle in der Gaststätte in Oehna fuhr ich dann alleine. Da standen noch die Kollegen aus der Speedgruppe! Aber mir war klar, dass ich mit denen nicht in Berlin ankomme, also Stempel geholt und alleine weiter. Unterwegs gesellte sich noch ein Kollege dazu, der auch von der Speedgruppe ausgespuckt wurde, so ging es zügig aber etwas entspannter weiter nach Wittenberg und zur Elbfähre. Vorher gab es in Wörlitz die nächste freie Kontrolle, wofür wir das Hotel „Zum Stein“ wählten. Eigentlich wollte ich irgendwo „richtig“ Pause machen, aber hier kam ich mir etwas fehl am Platze vor zwischen den vielen Anzugträgern. Also doch wieder nur Stempeln, pinkeln, Wasser auffüllen. Die Fähre war ja nun auch nicht mehr weit. Zu unserer Überraschung gesellten sich noch vier Kollegen zu uns, die wir eigentlich weit vor uns vermuteten. Wir hatten sie überholt, als sie an einem Supermarkt Pause gemacht haben.
Zusammen rollten wir auf die Fähre, auf der schon ein Teil der Schnellen wartete. Kurz nach dem Ablegen erschienen am Ufer Klaus, der wieder mit geschienter Hand fuhr (RESPEKT!), und Kollegen, die an einem Bäcker etwas zu spät wieder losgekommen waren, ärgerlich für sie.
Nach der Fähre teilte sich die Gruppe schnell wieder und ich fuhr mit den gleichen Leuten wie vor der Fähre weiter. Jetzt war aber bei mir so langsam wirklich die Luft raus und mein etwas angeschlagenes Knie begann sich immer öfter zu melden. Ich fuhr immer langsamer alleine weiter und schob unterwegs sogar mal ein Stück. Ich hab angefangen, mir ernsthaft Sorgen zu machen, ob ich diese Tour zu Ende fahren kann und mich über meine Unvernunft geärgert. Gerade in diesem Jahr, wo es um PBP geht wäre ein Abbruch sehr ärgerlich. Ich wusste es die ganze Zeit und bin trotzdem über meinem Limit gefahren.
Irgendwo ca. 20km vor der Kontrolle in Dobrikow habe ich zum Glück ein offenes Gasthaus gefunden, in dem ich endlich eine ausgedehnte Pause machte. Die war dringend nötig, auch weil meine Essenvorräte komplett alle waren. Nach einer knappen Stunde ging es mit großen Schmerzen weiter bis Dobrikow. Hier nochmal kurz Kaffee getrunken und dann auf zur letzten Etappe. Es wurde schon wieder etwas frischer, so dass ich froh war, doch meine Regenjacke mitgenommen zu haben, die jetzt als Windjacke genau richtig war. Da das Ziel jetzt sichtbar näher kam, ging das Fahren auch wieder etwas besser, nicht mal die unzähligen Ampeln haben mich noch großartig gestört. 20:30 Uhr war ich dann wieder in Moabit.
Fazit: Ich bin heilfroh, dass ich dieses Brevet trotz der schweren zwischenzeitlichen Kriese bewältigt habe. Das Schnellfahren in der Gruppe hat zwar riesenspaß gemacht, aber dafür sind die anderen Aspekte der Tour deutlich zu kurz gekommen. Die Schönheit der Strecke habe ich zum Anfang nicht genug mitbekommen wegen Gruppenfahren und danach hatte ich dann auch keine Augen mehr für die Landschaft, weil ich mit mir selbst beschäftigt war. Beim 400er werde ich wieder alleine fahren und wahrscheinlich auch nicht in der ersten Gruppe starten um nicht wieder in Versuchung zu geraten, Rekorde aufzustellen. Beim Alleine fahren fährt man in seinem eigenen Rhythmus, ist deutlich unabhängiger, und kann die Tour einfach mehr geniessen. Schei** auf den Schnitt. Das Wetter war optimal, meine Ausrüstung auch, Pannen gab es keine, nur zu essen nehme ich mir das nächste Mal etwas mehr mit, wenn es wieder nach BRANDENBURG geht.
PS: Am nächsten Tag habe ich gemerkt, dass mein
Sattel bei den diversen Kopfsteinpflasterpassagen insgesamt ca. 3-4cm reingerutscht ist, vielleicht auch eine Ursache für die zunehmenden Knieschmerzen. Dass ich das bei der Tour nicht gemerkt habe…
Ich hoffe alle Anderen sind ebenso erfolgreich ins Zeil gekommen, man sieht sich beim 400er!