RIC Super
Das Rad stammt aus dem Ende 50er / Anfang 60er und kostete damals 534,50DM
Ich muss noch einmal auf Kappies Ric-Super zurückkommen, dessen Besonderheit bei der Fülle an zweifelsohne ebenfalls schönen anderen Rickert-Rädern meiner Ansicht nach nicht untergehen darf.
Abgesehen von der speziellen Ausführung mit Altenburger-Ausfallenden fallen mir zwei Dinge besonders auf. Zum ersten erkenne ich hohe Übereinstimmung mit frühen „Le Taureau“-Rahmen insbesondere in Farbgebung und Art der Lackierung.
Es ist ja bekannt, dass Hugo Rickert für den Stuttgarter Großhändler und Importeur Eugen Stier Rahmen gefertigt hat. Auf der mittlerweile eingestellten Website des Unternehmens war folgendes zu lesen:
„Unsere Rennrahmen-Hausmarke "le Taureau" vertreiben wir seit dem Jahre 1952. […]
Zuerst wurden unsere Haus-Rahmen von Heidemann-Werke und danach von Hugo Rickert produziert. Von 1959-1975 war die
Firma Mercier in St. Etienne/Frankreich der Hersteller. […] „
Auf eine Anfrage zu Le Taureau bei Richard Stier erhielt ich u.a. folgende Antwort:
„Mein Vater Eugen Stier hat in den Anfangszeiten von Le Taureau (ca. 1955)
die Le Taureau Rahmen bei Heidemann-Werke bauen lassen.
Von ca. 1957 bis 1962 bei Hugo Rickert bauen lassen.
[…]
Die Stückzahlen kann ich nur schätzen:
Heidemann 100
Fleck 200
Rickert 300
Mercier 3000
Billato 4000
Rahmennummern gab es keine,
An Unterscheidungsmerkmale kann ich mich nicht erinnern,ausser, dass die
hellblau Farbe etwas differierte.“
Demnach deckt sich der Zeitraum, in dem Rickert für Stier gebaut hat also mit Kappies Angabe zum Baujahr seines Ric-Super. Heinz Paupitz wiederum hatte mir berichtet, dass er in etwa zu dieser Zeit ebenfalls in Verhandlung mit Stier stand Le Tareuau-Rahmen zu bauen. Stier bestand allerdings auf der besonderen Lackierung, die die Le Taureau-Rahmen von Rickert ausmachten. Gemeint war vor allem die Zweifarblackierung weiß-hellblau und der schablonierte Teil am Oberrohr. Heinz Paupitz erhielt von Rickerts Lackierer eine Absage, dessen Le Taureau-Rahmen zu lackieren (Paupitz-gemarkte Rahmen hätte er ihm übrigens lackiert).*
Ich vermute, dass dieser Lackierer Gunther Heithus gewesen ist. Martl hat freundlicherweise die Ausführungen zu Rickert von Ted Ernst, einem Freund der Rickerts und langjähriger US-Importeur von Rickert-Rädern auf Radklassiker.org veröffentlicht (
www.radklassiker.org/?page_id=1170&lang=de). Hier findet sich der Hinweis auf Heithus:
„The paint and chrome work was done as I posted before, with the paint work being done buy a gifted painter named Gunther Heithus. ...
Heithus was so good in the ’50′s that he was hired by some Italian factories, went down to Italy , and showed/taught them his technique.“
Wenn ich mir nun Kappies Rad so betrachte und mit den früheren Le Taureau-Modellen aus z.B. Georgios Sammlung vergleiche, halte ich zumindest das erste für ein Rickert-Taureau:
http://www.flickr.com/photos/rembetis/sets/72157625947850580/
http://www.flickr.com/photos/rembetis/5268226574/in/set-72157625490022453/
Was meint Ihr? Kennt jemand ein mit Sicherheit von Rickert oder auch von Mercier gefertigtes Le Taureau-Rad, anhand dessen man Kriterien zur Differenzierung feststellen kann? Ein früher Le Taureau-Rahmen aus der Heidemann-Ära ist übrigens zum Vergleich hier zu sehen:
http://www.bikeville.com/taureau.html
Das zweite, was mir bei Kappies Rad auffällt, ist die Verwendung der Marke RIC statt Rickert. Hierzu noch ein Zitat aus dem Beitrag von Ted Ernst:
„Rickert first used a standard round plate that said Rickert Dortmund on it, until he hit upon RIC.
It was short lived, as there was a German children’s scooter company, that nice one with the 12×2-1/4 air tires which just happened to be called Ric.
The scooter company notified Rickert to cease and desist or face a law suit. That’s when he changed to Rickert and used that until his retirement […] He only used Ric for maybe 1-1/2 years or so […]„
Mit dem Kinderroller-Hersteller könnte er die (Richard) Schminke-Werke GmbH, Bad Wildungen meinen. Die hatten zumindest unter der Nummer 691249 den Markennamen RIC für Fahrräder, Kinderfahrräder, Mopeds und deren Teile mit Eintrag vom 29. Mai 1956 schützen lassen. Wenn man annimmt, dass Rickert um diese Zeit auch die weitere Verwendung des Namens RIC untersagt war, lässt sich das Baujahr dieses Rades wohl eher auf Mitte bis Ende der 1950er Jahre eingrenzen.
Als Fazit also ein Rad, dass nicht nur schön ist, sondern als eine Art Typenexemplar anzusehen ist. Vielen Dank für‘s Zeigen, Kappie.
*
Weil es gut her passt, noch eine Anekdote zu einem Rickert-Marketing-Coup: Der Berliner Großhandel Hübner & Koch, für den Paupitz die FBL-Rahmen hergestellt hat, hatte einen umtriebigen Mitarbeiter, Rudolf Kuball. Dieser hatte 1958 mit Rickert ebenfalls den Bau von FBL-Rahmen verhandelt. Unter einem Vorwand hatte Hugo Rickert aber eben nicht wie vereinbart FBL- sondern Rickert-Rahmen geliefert. Nun gab es im Angebot von Hübner & Koch also auch Rickert-Rahmen.