AW: Individuelle Anaerobe Schwelle - Platzierung Ötztaler,3-Länder-Giro
... Ich nehme mal ein Beispiel an meinem Test Ende April. Dort hatte ich einen Schwellenwert von läppischen 238 Watt bei 4mmol/l. Zur Saison hin habe ich durch diesen Bergtest einen Wert von rund 420 Watt geschafft. Rechenfehler kann ich ausschließen.
Kannst du mir vllt sagen wieso?
Was soll ich da jetzt drauf sagen? Wenn es die ganze Diskussion unter Trainingswissenschaftlern nicht gäbe oder ich sie - z.B. als ein an Ausdauersport wenig interessierter Mediziner - hier zufälligerweise mitbekommen würde, wäre die Antwort klar: "Der Laktatleistungsdiagnose ist kein geeigneter Test!" Das wäre die Antwort, denn diese Leistungstest werden gemacht, um die Ausdauerleistungsfähigkeit festzustellen, man geht davon aus, daß die Leistung an der iANS eine Dauerleistungsgrenze darstellt, also ein Athlet gut beraten ist, bei einem Einzelzeitfahren möglichst keine höhere Wattzahl zu treten, als dieser Wert usw. usf.
Wenn sich dann bei einem Test, der
direkt die Daten erhebt, um die es geht, ein anderer Wert herauskommt, dann ist der Laktat-Test vor dem Hintergrund dieser Feststellung mindestens zu hinterfragen (s.u.), bei einer derart "heftigen" Abweichung wäre die Laktat-Diagnostik abzulehnen.
"Wäre", wenn nicht inzwischen eine ganze Menge statistische Daten vorlägen, die die Laktat-Diagnostik als "valide", d.h. den Kritieren empirische Forschung genügend, ausweisen.
Was können wir tun?
Möglichkeiten wären:
- Die Laktat-Diagnostik als solche - obwohl sie sich bewährt hat - hinterfragen
- deine Testergebnisse (beide Tests) hinterfragen
- ausgehend von der Annahme, daß beide Tests valide sind, nach Gründen für die Abweichung suchen.
Fangen wir mal mit Letzterem an:
* einen Grund für die Abweichung nennt MI67 (auch wenn die Formulierung amüsant ist, m.E. zutreffend), ich formuliers in meinen Worten: Bei einer Dauer von 10 oder 8 min kann ein gut trainierter Athlet, der mit den Erfahrungen eines Wettkampfsportlers und entsprechender Willenskraft ausgerüstet ist, durchaus eine Leistung von größenordnungsmäßig grob geschätzt 110 - 120% seiner Leistung an der iANS bringen. Ob dir so etwas möglich ist, kann ich nicht einschätzen, dazu müsste ich dich sehen;
* es kann durchaus von einer deutlichen Leistungssteigerung zwischen deinem Laktattest und dem 2. Test ausgegangen werden;
* die Auswertung des Laktattests kann fehlerhaft sein - die von dir genannten 4mmol/L sind mir in dem Zusammenhang suspekt: Was wäre, wenn du zu den durchaus nicht ganz furchtbar seltenen Fällen gehörst, die die iANS erst bei Werten von deutlich über 4mmol/L Blutlaktat erreichen?
* usw.
Dennoch: Wenn ich alle Abweichungen, die auf diesem Wege erklärlich sind, aufsummiere (dann käme ich auf eine "richtige" Zahl für den Laktattest von max. 310 Watt und minimal 360 Watt beim Bergtest unter der theoret. Annahme, daß er "unter der iANS gefahren worden wäre" - ??), klafft da immernoch eine erhebliche Lücke von 50 Watt.
Käme also die Hinterfragung deiner Ergebnisse:
* Über den oben genannten fragwürdigen Umgang mit der 4mmol/L-Grenze hinaus könnten weitere Fehler beim Laktattest gemacht worden sein - bis hin zu den von Medizinern immer wieder angeführten, angeblich "spinnenden Laborwerten". Das könnte ich evtl. beurteilen, wenn ich das Testprotokoll (also das Verfahren), das Protokoll und die Auswertung hätte. Du kannst mir gerne eine private Nachricht schicken, dann teile ich dir eine Mailadresse mit, an die du es schicken kannst.
* Deine Daten vom Bergtest könnten falsch sein. Du hast zwar Rechenfehler ausgeschlossen und man könnte das auf die weiteren Fehler, die man machen kann ausdehnen, aber trotzdem: Wie hast du die Höhenmeter-Differenz ermittelt (nach der Höhe von Meßpunkten beim "Amt" gefragt? Höhenmesser im Rad-Computer? usw.)? Von welchen Werten in Bezug auf den Luftwiderstand und die Rollreibung bist du ausgegangen? usw.
Schließlich könnte man - wenn auch alle Welt behauptet, die seien "valide" - die Laktat-Tests infrage stellen. Das ist auch durchaus nicht abwegig: Ein valides Testverfahren muß ja nur im statistischen Mittel und unter Einhaltung bestimmter Streuungsparameter "richtige" Ergebnisse liefern. Insofern könntest du ja ein Ausreißer sein und man würde die Durchführung eines weiteren, möglichst nach einer anderen Methode gestalteten Tests empfehlen. Da würden sie im Bereich der Laktatdiagnostik zunächst Rampentests, dann Dauertests bei konstanter Belastung (z.B. 1/2 Std. auf dem Ergometer) anbieten. Weitere Tests könnten eine Spiroergometrie zur Ermittlung der sog. "ventilatorischen" Schwelle sein, die mittlerweile auch als Dauerleistungsgrenze halbwegs anerkannt ist.
Viele Fragezeichen - wenn du sie entfernst, können wir vielleicht Licht ins Dunkel bringen...
Wenn du mich nach einer rein spekulativen Ferndiagnose fragst (und das tust du ja sogar durch deine sehr allgemeine Frage im Grunde):
Der Laden, wo du die Laktatdiagnostik gemacht hast, ist nicht so erfahren und hat deinen Test falsch ausgewertet. Möglicherweise fand er unter ungünstigen Bedingungen (Raumtemperatur usw.) statt. Deine "wirkliche" iANS lag zu dem Zeitpunkt bei 290 Watt. Bei dem Bergtest hast du einige Größen zu hoch veranschlagt und nicht 420, sondern lediglich 390 Watt gebracht. Zwischen den beiden Tests ist deine Leistung an der iANS um ca. 15 - 20 % gestiegen, wir rechnen einfach mal mit 17%, macht 339 Watt. Beim Bergtest hast du dich richtig "ausgekotzt" und es auf eine Leistung von insgesamt 115% deiner iANS-Leistung gebracht, macht 390 Watt - paßt.
Jetzt such dir aus, ob du es genau untersuchen willst, dann müsstest du ein paar Zahlen rüberwachsen lassen, oder ob mit dieser spekulativen Erklärung leben kannst.
Gruß
k.