AW: Müssen Radsportler wirklich so dürr sein?
Mal eine Frage zu dem VO2MAX:
Auf der Seite von
tacx ist der sogenannte Astrand Test beschrieben zur Bestimmung dieser Schwelle.
http://www.tacx.com/de/tacx-coach/conditietesten/Astrand.dot
Das Prozedere klingt ja relativ einfach, ist das denn ein gängiger Test um diesen Wert zu bestimmen? Also für Leute, die keine Hunderter übrig haben um diese in einen professionellen Leistungstest zu investieren.
LG
Alex
Hi,
die Leistung über 6 min. (bzw. ~3 bis ~8 min.) ist statistisch korreliert mit der Leistung an der Vo2max, sie ist aber nicht identisch. Zudem können die Werte eines solchen Tests durch verschiedene Faktoren verzerrt sein. Die wichtigsten sind (meiner Meinung nach):
1. Die Leistung über eine bestimmte Zeitspanne ist nicht rein aerob oder rein anaerob erbracht. Selbst bei einer Dauerleistung über eine Stunde hat der anaerobe Stoffwechsel noch einen - wenn auch sehr kleinen - Anteil an der Energiebereitstellung. Bei kürzeren Zeitspannen ist der anaerobe Anteil dann natürlich viel höher. Wie hoch er im Einzelfall ist hängt (neben der betrachteten Zeitdauer) von den Voraussetzungen des Athleten, genauer: seiner anaeroben Kapazität, ab. Die ist u.a. wiederum abhängig ist von der Faserzusammensetzung in der Muskulatur. Daraus folgt, dass zwei Athleten die gleiche Leistung über 6 min. haben können, für diese Leistung aber in unterschiedlichem Umfang den aeroben Stoffwechsel heranziehen, woraus auch eine unterschiedliche Sauerstoffaufnahme resultiert.
2. Wenn man die Vo2max aus einem Test über die Wattleistung ermittelt erfordert das eine Annahme über den Wirkungsgrad des Athleten, denn man muss ja berechnen, wieviel Sauerstoff je erbrachtes Watt Leistung verwendet werden. Zwar schwankt der Wirkungsgrad von Radsportlern nicht so stark wie der von Läufern (weil Bewegungstechnik beim Radfahren nur eine sehr geringe Rolle spielt, beim Laufen aber eine hohe), dennoch ist die Bandbreite so groß, dass sie erheblichen Einfluss auf die Berechnung in so einem Test hat.
In solchen Berechnungsformeln wie der von Astrand muss für alle Athleten der gleiche Wirkungsgrad unterstellt werden. Der Gesamt-Wirkungsgrad von Radsportler wird in der Regel in einer Bandbreite von 19-24 % angegeben, wobei das untere Ende von Untrainierten markiert wird, das obere Ende von Weltklasse-Klassement-Fahrern. Ein niedriger Wirkungsgrad bedeutet, dass der Sportler mehr Sauerstoff je Watt aufwenden muss. Hier kommt als nochmal eine erhebliche Unsicherheit in die Rechnung. Abhängig ist der Wirkungsgrad übrigens auch wieder von der Faserzusammensetzung in der Muskulatur sowie vom Trainingsalter.
Vor dem Hintergrund dieser Einschränkungen halte ich es eigentlich nicht für sinnvoll, aus einem 6 min. Test die Vo2max zu berechnen. Die Berechnung verleitet dazu, die Werte mit denen von anderen Sportlern zu vergleichen. Das macht wegen der skizzierten Effekte aber nur bedingt Sinn. Ein Test über etwa 6 min. ist allerdings dennoch gut geeignet, um die Entwicklung der eigenen Vo2max abzuschätzen. Steigt die Leistung im Test signifikant, kann man davon ausgehen, dass auch die Vo2max gestiegen ist. Für diese Bewertung reicht es aber völlig aus, die Wattwerte der Tests zu vergleichen, die (problematische) Umrechnung in Vo2max-Werte ist dazu nicht erforderlich.
Gruß P