Ich will den Thread eigentlich nicht kapern, versuche aber mal einen kurzen Überblick.
Wenn das
@moj zu viel wird oder falsch ist, lösche ich es gern wieder.
- 2K = zwei Komponenten (ganz allgemein für Lacke mit Härtern; Verdünnung zählt dabei nicht als dritte Komponente)
- EP = Epoxy, Epoxidharz; bekannt von faserverstärkten Formteilen aus dem Boots- und Flugzeugbau, ergibt gut haftende und schlagfeste Grundierungen
- Acryl = Acrylharz; die verbreitetste "Autolackchemie" in Deutschland
- PU = Polyurethan; andere, oft besser "abzustimmende" Lackchemie; z.B. in den USA beliebter
- Grundierung bzw. Primer = haftvermittelnde, eher dünne Schicht auf einem bestimmten Untergrund
- Füller = gut schleifbare, eher dicke Schicht zum Ausgleichen kleiner Unebenheiten
- Basislack = die eigentliche "Farbe", sofern sie keinen Härter bekommt und deshalb Klarlack braucht (typisch für Metallic)
- Decklack = Farbe mit Härter, die keinen Klarlack mehr braucht (typisch "billige" Uni-Töne)
- MS = medium solid; Lack mit eher geringem Festkörperanteil (trägt dünner auf, braucht mehrere Durchgänge, "schwindet" stärker)
- HS bzw. VHS/UHS = high solid bzw. very/ultra high solid; Lack mit hohem Festkörperanteil (weniger Materialverlust durch weniger Durchgänge, mutmaßlich umweltfreundlicher durch weniger ausgasende Verdünnungsanteile)
Was, warum und wie ich es sehe, in der Welt der klassischen Lösemittellacke:
Warum Epoxy?
Eine
Epoxygrundierung haftet sehr gut auf blankem Metall, das dafür nicht mal besonders rauh sein muss. Kann man das grundierte Teil ordentlich heizen, z.B. auf 100° oder mehr, werden viele Epoxygrundierungen wahnsinnig
schlagfest, aber auch bei Raumtemperatur übertreffen ihre Eigenschaften schon die meisten Acryl-Grundierungen. Nachteile vieler Epoxygrundierungen sind die
lange Aushärtzeit und schlechte Schleifbarkeit. Als Füller mag man sie deshalb eher nicht verwenden.
Epoxyfüller lässt sich dagegen
wunderbar schleifen und härtet schneller durch, vergleichbar mit Acrylfüllern. Er erreicht dafür oft
nicht die Haftung und Schlagfestigkeit reiner Epoxygrundierungen.
Wenn die Materialien sich vertragen (es gibt Epoxidharze für verschiedene, chemisch unterschiedliche Härter) und man damit umgehen kann, darf der Füller gern "nass-in-nass" direkt über eine hauchdünne Schicht der Grundierung kommen. Wurde ein Metallteil z.B. sandgestrahlt oder hat deutliche Poren nach einer Entrostung im Säurebad, kann der Füller auch ohne Grundierung verwendet werden.
Im Gegensatz zu Acrylmaterialien werden Epoxygrundierungen/-füller vom weiteren Lackaufbau nicht wieder angelöst und machen deshalb
weniger Ärger mit "eingefallenen Stellen", wo bis aufs blanke Metall durchgeschliffen wurde. Bei den meisten Acrylfüllern zeichnen diese Stellen sich später mehr oder weniger deutlich durch Basis- und Klarlack ab.
Genau dort liegt aber auch ein kleiner Nachteil der EP-Materialien: Weil sie eben nicht wieder angelöst werden, haften die nachfolgenden Schichten zumindest theoretisch weniger gut, wenn die Oberfläche zu fein geschliffen wurde. "Nass-in-nass" vertragen sie sich nicht mit Acryllacken und bilden dann hässliche Strukturen oder regelrechte Klumpen; eine dünne EP-Nebelschicht nach dem Schleifen und direkt vor dem Acryllack ist mehr so eine persönliche Pfuschinterpretation von mir und muss nicht mit jeder Materialkombination funktionieren. Das wäre eigentlich die Spielwiese des hauchdünnen
1K-Primers.
Außerdem dienen Epoxymaterialien als zuverlässige "
Sperrschicht" auf schwierigen Untergründen, z.B. alten Lacken mit unbekannter Chemie, die von Acrylmaterialien unter Umständen aufgelöst werden, "kräuseln" und "hochkommen", farbig "durchbluten" oder die Acrylmaterialien später regelrecht wieder "abwerfen" (unter Umständen bei Pulverbeschichtungen, eloxiertem Aluminium, amerikanischen Thermolacken, ...).
Basislack und Klarlack
Wenn der Untergrund soweit auf der Reihe ist, kommt der
Basislack drüber. Er
härtet nicht wirklich aus und trocknet eigentlich nur; dafür kommt ziemlich viel Verdünnung rein (klassisch wäre 50/50, das ist dann dünn wie Wasser). Für Schutz und Härte sorgt später der Klarlack.
Je nach Übung und Fähigkeiten kann man Basislack satt nass lackieren oder in vielen dünnen Schichten "nebeln"; beides hat aber gerade bei Metallicfarben seine Tücken. Metallic ist wiederum kaum als Decklack mit Härter denkbar, wenn man keinen Hammerschlageffekt will.
Trockener Basislack sieht mehr oder weniger matt aus und schwindet wegen des hohen Lösemittelanteils stark, trägt also nicht dick auf. Mit verschiedenen Farben,
Effekten, Verläufen, Masken und separaten Dekoren (Klebefolie, Wasserschiebebilder, Transfer-Decals, ...) lassen sich mit Basislacken einfach und ohne lange Wartezeiten
komplizierte Muster und "Designlackierungen" umsetzen. Dabei spielt es keine große Rolle, ob auch wasserlösliche Materialien verwendet werden, z.B. Airbrushfarben, solange die grundsätzliche "Chemie" möglichst ähnlich bleibt (kein Mischen oder Kombinieren von Acryl mit Polyurethan oder billigem Alkydlack).
Basislack muss man nicht schleifen, auch zwischen verschiedenen Farben und Durchgängen nicht. Er bleibt dafür lösemittelempfindlich und erreicht ohne Klarlack keinerlei Schlag- oder Kratzfestigkeit.
Viele bekannte Auto-Effektlackierungen aus der neueren Zeit ergeben sich erst aus mehreren verschiedenfarbigen Schichten Basislack, z.B. unifarbigem Untergrund, farbigem (aber nicht deckendem) Perleffekt und eingefärbtem Klarlack ("Candy"). Das nennt man dann "Dreischichter", muss dafür aber nicht unbedingt nachts arbeiten.
Der
Klarlack soll idealerweise den Basislack wieder leicht
anlösen, aber eben nicht auflösen oder quellen lassen.
Er soll gut und glatt verlaufen (keine rauhen Stellen an Rohrknoten, keine "Apfelsinenschale"), dabei aber möglichst nicht
runterlaufen. Dafür arbeitet man, wieder auch je nach Übung und Arbeitsumgebung, mit einer mehr oder weniger dünnen
Nebelschicht und, nach etwas Wartezeit ("Ablüftzeit") einer möglichst flott, aber sorgfältig aufgetragenen
"satten" Schicht. Der Lackierer bezeichnet das als "
Gänge", weil es eben im eigentlichen Sinne keine getrennten Schichten sind und zwischendurch nichts trocknet oder gar aushärtet.
Ein moderner HS-Lack wäre dann fertig und würde kaum noch schwinden; ein klassischer MS-Lack braucht in der Regel noch ein bis zwei weitere, satte Gänge nach jeweils einigen Minuten Ablüftzeit. Das bietet natürlich mehr Spielraum für Korrekturen ("Oh, da ist ja doch noch 'ne rauhe Stelle!"), aber auch für Fehler ("Scheiße, jetzt läuft die ganze Soße runter!"; "Hoppla, doch wieder'ne Fruchtfliege drin!").
Wie schnell der Lack "anzieht" und letztendlich durchhärtet, kann man über verschiedene Härter kontrollieren, aber nicht unbedingt über deren Menge in der Mischung. Die Auswahl hängt wieder stark von den persönlichen Fähigkeiten, der Arbeitsungebung und dem Objekt selbst ab.
Ältere MS-Lacke konnten bei sehr dickschichtigem Auftrag manchmal "kochen" und bildeten dann kleine Gasblasen im Lack, die das ganze schöne Objekt versauen konnten (z.B. in Nuten oder Sicken).
HS-Lacke tun das in der Regel nicht und glänzen meistens auch besser, sind beim Trocknen aber manchmal empfindlicher gegenüber Luftfeuchtigkeit und werden dann matt oder bekommen Schlieren.
Wer einen HS-Lack auf ein filigranes, verwinkeltes Rohrgestell auftragen will und dafür weniger Schichtstärke braucht, aber gern mehr Zeit hätte, kann natürlich bis zu einem gewissen Grad einfach mehr Verdünnung reinkippen. Damit ist dann allerdings der ganze, tolle Umweltgedanke wieder zum Teufel (google: VOC Verordnung).
Wie gesagt: Meine Meinung, Erfahrung und Arbeitsweise in einer eher unkontrollierten Hobbyumgebung.