AW: Transalp mit dem Cyclocross
Nach neun Tagen Alpencross mit dem Cyclocross nun ein kurzes Fazit. Es war definitiv keine Schiebe und Trage-Tour, meine Schultern, Handgelenke und Hintern sind noch absolut o.k. Und es hat mir ohne Ende Spaß gemacht!
Insgesamt würde ich auf jeden Fall die Tour wieder mit meinem Crosser fahren. Es gibt einige Nachteile und Einschränkungen, aber durchaus auch viele Vorteile.
Mein Mitfahrer mit seinem MTB hat insgesamt wesentlich mehr geschoben und getragen, aber trotzdem war es auch für ihn Genuss pur.
Man begegnet bei einem Alpencross doch immer wieder anderen Bikern und kann so insgesamt ganz gut vergleichen. Mein Fazit: das Gerät war bei allen Beobachtungen absolut zweitrangig ob geschoben oder gefahren wurde, es hängt zu allererst vom Fahrer ab, seiner Kondition und seinem Fahrvermögen
Bei den Abfahrten auf schwierigen verblockten Trails z.B. auf dem Steilstück vom Pfundererjoch kurz vor der Weitenbergalm oder den kurzen steileren Stücken hinunter nach St.Ulrich kam ich den dort abfahrenden Fullys problemlos hinterher. Einige mussten mehr tragen, andere weniger, aber wieder völlig unabhängig von der Anzahl und Länge der Dämpferelemente.
Insgesamt waren die Trails das kleinere Problem. Alle Alpencrosser denen ich begegnet bin waren auf den steilen verblockten Trails mit ihrem Gepäck eher vorsichtig unterwegs und bei langsamem Tempo vermisse ich die Federung fast nicht. Wo mein Crosser wirklich ein Nachteil war, waren die eher flachen alten Militärpisten mit sehr grobem, großen und teils spitzigen Schottersteinen, z.B. am Lago Calaita oder hinunter vom Passo Brocon. Da konnten die Fullys und MTBs mit ihren Dämpfern mit wesentlich höherer Geschwindigkeit drüberfliegen.
Aber dieser Nachteil wurde für mich mehr als ausgeglichen durch das leichtere Gewicht und den steiferen Rahmen bei den langen und zähen steilen Rampen, z.B. Passo Lusia von Norden her oder das Pfunderer Joch hoch. Durch den Fahrgenuss auf den flowigen Trails, den Forstwegen und natürlich auch auf dem seltenen Asphalt.
Auch das problemlose wechseln zwischen tragen, schieben und fahren z.B. den Wanderweg hoch aufs Pfitscherjoch. Wenn ich da mit ansehen musste, wie die Fullys wegen 100 Meter Tragestrecke umständlich auf den Rucksack gewuchtet wurden, ständig blieben sie mit dem Rad quer an Wanderern und Felsen hängen. Dann kamen 500 Meter toller, leicht ansteigender flowiger Trail. Es wurde weitergetragen, weil sich das runter und hochwuchten nicht lohnte? Ein Wanderer wurde genervt angemacht, weil er an einer engen Stelle die Aussicht genießen wollte.
Ich fuhr fast ohne Sattelüberhöhung, der Rennlenker bietet viele Griff und damit Sitzpositionen, das ist schon fast ein Grund, mal einen Alpencross mit dem Crosser zu testen. Der Rucksack liegt bei Bremsgriffpostiion für mich viel bequemer auf dem Rücken als bei Oberlenkerposition. Mein Lightspeed 30 Liter von
Deuter wog mit Gepäck 4,9 kg, da konnte man auch problemlos in den Wiegetritt gehen. 1,0 kg hatte ich an
Werkzeug, Elektronik und Verbandszeug in der Ortlieb Saddlebag 1L, also insgesamt 6 kg Gepäck. Bei Radgewicht von 8,5 kg, Fahrer mit Klamotten 64 kg und 1 Liter Wasserflasche kam ich so auf ein Gesamtgewicht incl. Rad von 79,5 kg. Da braucht es bei 28 Zoll Rädern und 35 mm Racing Ralph mit 3,2 Atü eigentlich fast keine Federung, rollt prima.
Ohne Oberlenker-Bremshebel würde ich einen Alpencross übrigens nicht fahren. Auch auf meine Ultegra Dreifachkurbel mit 26 TA Blatt würde ich nur ungern verzichten. V-Brakes waren völlig problemlos, die
Bremsbeläge sind noch fast wie neu, zwei Ersatzbeläge waren unnötiger Balast. Musste nur einmal hinten nachjustieren, weil beim Streifen eines Felses eine kleine Delle in der Felge war. Ich sah übrigens sehr viele MTBs mit V-Brake, viel mehr als bei uns im Flachland. Eine klasische Canti (Mittelzugbremse) würde ich eher nicht empfehlen.
Nette Momente sind z.B. , wenn man mit nem Crosser vorbei an einem schiebenden Mountainbiker den Singeltrail runtersaust, oder auf Asphalt den Schlegeisspeicher hochjubelt, auf dem Rücken den 30 Liter Rucksack, haarige Waden und Wanderstiefel, lässt aber locker die gestylte Rennradgruppe stehen.
Der eigentliche Alpencross ging in 7-Tagen von Rosenheim nach Bassano, dazu kam eine zweitätgige Anfahrt mit dem Rad von Stuttgart über die Schwäbische Alb, München, Alpenvorland nach Rosenheim auf Asphalt und Waldautobahnen.
Route:
Schwäbisch Hall – München – Rosenheim – Hopfgarten – Heutaljoch – Zillertal – Pfitscherjoch – Pfunderer -Joch – Rodenecker Alm – Broglessattel – Mahlknechtjoch - Passo Lusia – Passo Rolle – Passo Brocon – Monte Grappa – Bassano
Insgesamt 780 km und 16800 Höhenmeter