Nightride von gestern Nacht
19.30 Uhr.
Ein paar Linien noch im CAD, dann bin ich fertig. Ich schalte die Monitore aus, streck mich, es knackst, ich bin müde.
Was tun? Runter in die Stammkneipe oder doch lieber hier bleiben, die Couch wäre auch sehr verlockend.
Ein Blick aufs Thermometer: 0 Grad.
Ein weiterer Blick aus dem Fenster: Nieselregen.
Ich schweife ab und bleibe erst an den beiden Roxim RX5 hängen, dann schaue ich rüber, wo das Wintercube steht.
Noch bevor ich realisiere, was ich mache, hab ich die beiden Lampen schon ans Cube geklemmt und drücke gleichzeitig die beiden Schalter.
BÄMM, eine weißkalte Lichtexplosion zerreißt das gemütlicheLicht in der Wohnung wie ein Bühnenscheinwerfer.
Ich muss grinsen und damit ist die Entscheidung gefallen..
10 Minuten später stehe ich fertig auf der Straße, Strava an, Kopfhörer drin und rolle los. Joachim Pastors "Fixi" im Ohr ziehen die erleuchteten Fenster an mir vorbei, die Stadt wird weniger, an der Ampel beginnt die Landschaft.
Der Tritt wird runder, die Muskeln kommen auf Betriebstemperatur, ein paar wenige Jogger kommen mir entgegen, dann bin ich im dunklen Nirgendwo alleine unterwegs. Mein Flutlicht schneidet sich durch die Nacht, weist mir den Weg. Ich habe kein Ziel, der Kopf ist frei, der Alltag weicht der Lust. Die Oberschenkel sind wie stampfende Pleuel einer Maschine, aber geräuschlos. Elegant, effizient, energiegeladen. Die Straße gleitet dahin, Steigungen werden weggebügelt, das Cube fühlt sich gut an, schwarz, stark, sexy.
Ich vergesse die Zeit und rolle glücklich dem Regen entgegen. Nichts kann mich aufhalten, die Straße gehört mir, die Frequenz ist gut, Tocotronic spielt "im Zweifel für den Zweifel" und es könnte endlos so weitergehen.
Irgendwann, ein Pling im Ohr, ein kurzer Blick aufs Handy, meine Leute sitzen in der Kneipe, wo ich denn bleibe..
Ich grinse und kurble noch ein Stück weit in meine Richtung, dann biege ich ab, erinnere mich an diese Strecke vom Sommer her und fahre eine Weile auf ihr weiter.
"Mr. Recordman" von Ugly Kid Joe, dann "Un autre monde" von Théléphone. Genau so fühle ich mich, wie in einer anderen Welt. In meiner eigenen kleinen Welt. Für diesen Moment glücklich, erfüllt, zufrieden. Man braucht nicht viel dafür, es sind die kurzen Momente, die einen Kraft geben für den weiteren Weg.
Schließlich biege ich wieder ab, noch 25 km bis nach Hause sagt mir der Wegweiser. Dann noch 16, vorbei an meinem Elternhaus, wieder raus in die Nacht, vorbei am Golfplatz im Dunklen, vorbei am Schloss, an der Ilm entlang zurück in die Stadt. Eine letzte Steigung, dann bin ich wieder daheim.
Die heiße Dusche ist herrlich, die drei Bier in der Kneipe abenfalls.
Fast wehmütig denke ich an die Nachtfahrt, sie hätte noch ewig weitergehen können.. Ein andermal wieder...
Anhang anzeigen 512049 Anhang anzeigen 512050