Das Canyon Grizl 1by Ekar im Test: Ein vorzeigbares Gravel Bike mit der exklusiven Campagnolo Ekar 1×13 Gravel-Schaltung für 2.500 € ist schon eine kleine Sensation. Aber kann das gehen? Das Canyon Grizl AL will es beweisen und wir haben ausprobiert, ob die Beweisführung gelingt.
Steckbrief: Canyon Grizl 8 1by
Einsatzbereich | Tour, Gravel, Commute |
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Rahmenmaterial | Aluminium |
Gabel | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 10,1 kg |
Stack | 579 mm |
Rahmengrößen | 3XS, 2XS, XS, S, M, L, XL, 2XL (im Test: M) |
Website | www.canyon.com |
Preisspanne | 1.499 Euro - 4.999 Euro |
Mit dem Canyon Grizl schickte der Direktanbieter 2021 ein Bikepacking orientierteres Gravel Bike als sein bewährtes Grail ins Rennen und landete auf Anhieb einen Volltreffer. Beweise lieferte nicht nur unser Canyon Grizl CF SL Test – das Schwester-Modell mit Carbonrahmen. Auch das Votum auf Platz 2 bei den Rennrad-News User Awards spricht Bände. Canyon bietet das Grizl in zwei Carbonrahmen-Qualitäten und auf Basis eines Alurahmens an, jeweils auch mit und ohne Gravel-Federgabel.
Vor kurzem erhielt die große Grizl-Familie Zuwachs in Form von zwei neuen Modellen mit der Campagnolo Ekar Gravel Gruppe mit 1×13 Gängen: dem Grizl CF SLX 1by Ekar mit dem besten Carbonrahmen für 4.599 € und dem Grizl 8 1by Ekar mit dem Alurahmen für 2.499 €. Damit ist das Canyon Grizl 8 1by Ekar unserer Recherche nach das einzige Gravel Bike, das es mit dem mechanischen Schaltprunkstück der Italiener in diesem Preisbereich gibt – Grund genug für unseren Test.
Details
Die erste positive Überraschung gibt es an der Waage: Mit 10,1 kg wiegt unser Grizl 8 1by-Testrad in der Farbe „Earl Grey“ rund 100 g weniger, als Canyon angibt. Zieht man jetzt noch in Betracht, dass 45 mm breite Reifen montiert sind – 5 mm mehr als üblich – dann geht das Gewicht für das Geld in Ordnung. Weil die Campagnolo Ekar-Schaltgruppe bereits sehr leicht ist, gibt es einfaches Gewichtstunings-Potenzial nur an den Laufrädern und Komponenten.
Aber Leichtbau ist auch nicht die Richtung, auf die der Grizl Alurahmen zielt – mit beinahe 1.800 g Gewicht laut Canyon setzt er einen anderen Schwerpunkt. Vielseitigkeit und einfaches Handling von Gepäck ist seine große Stärke. Das beginnt bei der Reifenfreiheit bis 50 mm, die einiges über dem Mainstream liegt. Hinzu kommen Montagepunkte für ein passendes Canyon-Schutzblechset und eine Vielzahl an Bikepacking-Gewinde-Einsätzen: 3 an der Gabel für Cages, ein Paar am Unterrohr, 2 Paar im Rahmendreieck und 1 Paar für die Fuel Bag auf dem Oberrohr. Auch ein Gepäckträger kann angebracht werden.
- Innenlager-Bauart Press-Fit 86.5
- Steuerlager 1 1/4″
- Bremsaufnahme Flat-Mount 160 mm / 160 mm
- Antrieb- /Schaltungs-Kompatibilität 1-fach und 2-fach, mechanische und elektronische Schaltungen
- Garantie 2 Jahre
- Gewichtszulassung 120 kg
Die Verarbeitung macht einen sehr guten Eindruck. Der Alu-Rahmen gefällt mit glatten Übergängen, die ihn nur auf den zweiten Blick von einem Carbonrahmen unterscheidbar machen. Die Carbongabel ist mit einem 1 1/4-Zoll-Schaft solide ausgeführt. Die Züge und Leitungen laufen so in den Rahmen, dass sie nirgends im Weg sind oder scheuern. Zudem legte man die Schaltaußenhülle für sorglose präzise Funktion durchgängig. Und der Rahmen ist an den wichtigen Stellen sehr gut vor Kettenschlag, Klemmern und dergleichen geschützt. Nur eine höhere Gewichtszulassung als 120 kg würden wir uns von Canyon bei diesen Qualitäten wünschen.
Ausstattung: Top-Modell mit Alu-Rahmen
Das Canyon Grizl mit Alurahmen gibt es in 6 Modellvarianten zu Preisen von 1.499 € bis zu 2.499 – bei unserem Testrad mit Campagnolo Ekar Gravel Gruppe handelt es sich also um das Top-Modell. Auf den ersten Blick erkennbar sind die Grizl Gravel Bikes mit Alurahmen, daran, dass in der Modell-Bezeichnung der Zusatz „CF“ für Carbon fehlt.
Die vier verfügbaren Modelle, von denen es zwei als WMN-Version für Frauen gibt, decken alle Wünsche ab. Das leichteste Gravel Bike mit der intuitivsten Schaltung (und schnellsten, so viel sei hier schon vorweggenommen) ist dabei unser Testrad. Wer gerne auch mal Trails auf dem Gravel Bike fährt oder maximalen Komfort will, ist mit dem Grizl 7 Suspension gut beraten. Es bringt für erstaunliche 1.999 € bereits die Rock-Shox Rudy XPLR-Federgabel mit. Darunter rangieren noch zwei Brot-und-Butter-Grizls mit dem Zeug zu Gravel Bike-Bestsellern, die zur Zeit der Artikelerstellung ausverkauft waren.
Canyon Grizl 8 1by Ekar | Canyon Grizl 7 Suspension (auch als WMN-Modell) | Canyon Grizl 7 | Canyon Grizl 6 (auch als WMN-Modell) |
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Preis | 2.499 € | 1.999 € | 1.799 € | 1.499 € |
Gewicht | 10,1 kg (gewogen) | 11,38 kg (Herstellerangabe) | 10,66 kg (Herstellerangabe) | 10,74 kg (Herstellerangabe) |
Rahmen | Alu, 12x142 mm Steckachse, 160 mm Flat-Mount | Alu, 12x142 mm Steckachse, 160 mm Flat-Mount | Alu, 12x142 mm Steckachse, 160 mm Flat-Mount | Alu, 12x142 mm Steckachse, 160 mm Flat-Mount |
Gabel | Carbon, Bikepacking-Halter-Aufnahmen, 12x100 mm Steckachse | Rock-Shox Rudy XPLR, 30 mm Federweg, 12x100 mm Steckachse | Carbon, Bikepacking-Halter-Aufnahmen, 12x100 mm Steckachse | Carbon, Bikepacking-Halter-Aufnahmen, 12x100 mm Steckachse |
Gruppe | Campagnolo Ekar 1x13 | Shimano GRX 800 / 600 2x11 | Shimano GRX 800 / 600 2x11 | Shimano GRX 400 2x10 |
Übersetzung | 40 - 10-44 | 46/30 - 11-34 | 46/30 - 11-34 | 46/30 - 11-34 |
Laufradsatz | Fulcrum Rapid Red 900 | DT Swiss Gravel LN | DT Swiss Gravel LN | DT Swiss Gravel LN |
Reifen | Pirelli Cinturato Gravel H, 45-622 | Schwalbe G-One Bite, 45-622 | Schwalbe G-One Bite, 45-622 | Pirelli Cinturato Gravel H, 45-622 |
Besonderheiten | Carbon-Sattelstütze, Bikepacking-Montagepunkte: 2x im Rahmen, 1 x auf Oberrohr, 1x unter Oberrohr, 2x Gabel, Schutzbleche, Gepäckträger | Carbon-Sattelstütze, Bikepacking-Montagepunkte: 2x im Rahmen, 1 x auf Oberrohr, 1x unter Oberrohr, Schutzbleche, Gepäckträger | Carbon-Sattelstütze, Bikepacking-Montagepunkte: 2x im Rahmen, 1 x auf Oberrohr, 1x unter Oberrohr, Schutzbleche, Gepäckträger | Carbon-Sattelstütze, Bikepacking-Montagepunkte: 2x im Rahmen, 1 x auf Oberrohr, 1x unter Oberrohr, Schutzbleche, Gepäckträger |
Schaltung und Übersetzung
Bis auf das Grizl 8 1by Ekar kommen alle Alu-Grizls (sag es laut!) mit einer passend zum Einsatzbereich ausgelegten Shimano GRX 2-fach-Schaltung: Alle besitzen die Sub-Kompakt-Kurbel mit 46-30 Zähnen, die zum Teil Rotor beisteuert. Hinten sitzen 11-34-Kassetten, so ist für recht leichte Berggänge (2 m Entfaltung) und eine Bandbreite von 474 % gesorgt. Mit der 1×13 Ekar-Schaltung am Testrad gibt es einen ähnlich leichten Berggang, die Bandbreite ist aber etwas geringer (440 %). Hier hat Canyon bei der Wahl bei der Übersetzung ein erfahrenes Händchen bewiesen und die Komponenten mit der bestmöglichen Kletterhilfe gewählt. Nur am Einstiegsmodell Grizl 6 muss man mit den 2×10 Gängen der GRX 400 vorliebnehmen. Sonst gibt es die 2×11 Gänge im GRX-600/800-Mix.
Laufräder und Reifen
Am Canyon Grizl 8 1by Ekar Testrad ist ein Fulcrum Rapid Red 900-Laufradsatz verbaut. Die speziell für Radhersteller gebauten Laufräder mit Alufelgen liegen mit beinahe 2 kg Gewicht pro Satz eindeutig auf der schweren (und robusten) Seite des Spektrums. Ihre Felgen-Innenweite von 22 mm ist für Gravel Bikes okay, für ein derart offroad-taugliches Bike wie das Grizl wären aber auch breitere Felgen eine gute Option, wenn man mit Umrüstgedanken spielt. Das Freilaufgeräusch ist dezent.
Sowohl der Laufradsatz als auch die montierten Pirelli Cinturato Gravel H-Reifen geben ein Tubeless Set-up her. Ab Werk kommt das Grizl 8 aber mit Schläuchen. Aber auch mit Schläuchen lieferten die 45 mm breiten Pirelli-Reifen ein sehr gutes Gesamtbild: Sie rollten leise und gefühlt ziemlich schnell auf Asphalt und lieferten auf dem Gravel- und Waldweg mehr Traktion und Seitenhalt, als es die dichten Stollen vermuten lassen. Auch in Kurven sorgen die leicht erhöhten Seitenstollen gut für Spurtreue, eigentlich bringt nur leichter Matsch den Cinturato Gravel H an seine Grenzen. Fahren konnten wir ohne Abstriche bei den Lenkeigenschaften bis hinunter zu 2,5 bar.
Cockpit und Co.
Einen gelungenen Eindruck hinterließ auch die Lenkzentrale des Grizl 8 1by Ekar. Canyon macht den Trend zu immer breiteren Lenkern am Bikepacking orientieren Gravel Bike nicht mit und gibt uns den HB0064-Lenker mit nominell 440 mm an die Hand. Die sind am Unterlenker mit moderatem Flare von 1° gemessen. An den Hoods liegt der Abstand bei 42 cm circa, sodass man ziemlich windschnittig sitzen kann. Der Reach ist mit 70 mm kompakt, das Lenkerband griffig.
Großes Lob verdient auch die Carbon-Sattelstütze, die erkennbar und fühlbar flext. So trägt sie dazu bei, dass wir das Grizl 8 1by Ekar als eines der derzeit komfortabelsten Gravel Bikes am Sattel empfanden.
Geometrie: sportlich offroadlastig
Man könnte annehmen, dass Grizl AL und Grizl CF die gleiche Geometrie teilen. Das stimmt im Großen und Ganzen, aber nicht 100-prozentig. Beide Bikes besitzen das identische, für ein Bikepacking orientiertes Gravel Bike recht sportliche Stack-to-Reach-Verhältnis von 1,44 in der von uns gefahrenen Größe M und aiuch identische Stack- und Reach-Werte. In anderen Worten: Allein der STR-Wert kennzeichnet das Grizl als sportlicher als die meisten Endurance-Rennräder und erst recht als das hauseigene Canyon Endurace CF, das es übrigens auch in einer Allroad-Variante gibt (hier zum Canyon Endurace All Road Test).
Anders als Endurance-Rennräder besitzt das Grizl AL aber lange Kettenstreben und auch deutlich flachere Lenkwinkel. Der Lenkwinkel fällt sogar noch einmal etwas flacher aus als am Grizl CF und auch als an der hauseigenen Gravel Bike-Alternative „Grail AL“. Im Vergleich zu letzterem ist auch der Radstand länger, 1 cm mehr hat das Grizl AL in Größe M. Erwartbar ist somit der Papierform nach eine schön beruhigte, auch in rauerem Gelände sehr sichere Fahrweise.
Ein Pluspunkt ist auch das riesige Größenspektrum, beginnend mit der zusätzlichen Rahmengröße 3XS. Insgesamt 8 Rahmengrößen sind vom Canyon Grizl AL 2023 zu haben.
In unserer Geometrie-Datenbank könnt ihr das Canyon Grizl 8 1by mit anderen Gravel Bikes ganz einfach vergleichen. Einfach auf die Links in der Tabelle unten klicken. Eine sehr ähnliche Geometrie hat zum Beispiel das Rondo Ruut.
Rahmengröße | 3XS | 2XS | XS | S | M | L | XL | XXL |
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Laufradgröße | 27,5″ / 650B | 27,5″ / 650B | 27,5″ / 650B | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C |
Reach | 372 mm | 377 mm | 382 mm | 397 mm | 402 mm | 409 mm | 427 mm | 436 mm |
Stack | 512 mm | 522 mm | 537 mm | 556 mm | 579 mm | 605 mm | 626 mm | 644 mm |
STR | 1,38 | 1,38 | 1,41 | 1,40 | 1,44 | 1,48 | 1,47 | 1,48 |
Lenkwinkel | 69° | 69,8° | 70,5° | 70,3° | 71,5° | 72° | 72,5° | 72,5° |
Sitzwinkel, real | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73,5° |
Oberrohr (horiz.) | 524 mm | 532 mm | 541 mm | 562 mm | 574 mm | 588 mm | 612 mm | 627 mm |
Steuerrohr | 115 mm | 122 mm | 135 mm | 121 mm | 141 mm | 166 mm | 186 mm | 205 mm |
Sitzrohr | 402 mm | 432 mm | 462 mm | 492 mm | 522 mm | 552 mm | 582 mm | 612 mm |
Überstandshöhe | 709 mm | 730 mm | 752 mm | 780 mm | 807 mm | 835 mm | 860 mm | 884 mm |
Kettenstreben | 420 mm | 420 mm | 420 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm |
Radstand | 1.007 mm | 1.009 mm | 1.012 mm | 1.044 mm | 1.045 mm | 1.055 mm | 1.074 mm | 1.089 mm |
Tretlagerabsenkung | 60 mm | 60 mm | 60 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm |
Auf dem Kurs: lass es rollen
Das wichtigste ist schnell gesagt: Im Fahren kann das Grizl uns auch in seiner Aluminium-Variante so begeistern wie das Grizl CF SL8 mit Carbonrahmen, das uns ebenfalls mit seinem ausgewogenen Charakter, besonders auf Gravel ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Die rund 900 g Mehrgewicht des Alumodells werden dabei in der Praxis kaum spürbar.
Im Gegenteil: Das Grizl 8 1by Ekar fühlt sich schneller an, als es das auch für ein Alu Gravel Bike doch recht stattliche Gewicht und vor allem die schweren Laufräder auf dem Papier vermuten lassen. Natürlich legt es aus dem Stand oder niedrigen Geschwindigkeiten heraus, keine besonders dynamischen Antritte hin. Es lässt sich aber hervorragend roulieren, gerade auch, wenn man schneller unterwegs sein möchte. Wir schieben das auf das Konto des Reifen-Leichtlaufs und vor allem auf die Sitzposition und den für ein Gravel Bike schmalen Lenker.
Überhaupt erschien mir – Maße siehe Testerprofil – die Sitzposition auf dem Testrad wie ein Perfect-Fit für das Einsatzgebiet, ein gelungener Kompromiss aus sportlich genug für schnelles Fahren und ausreichend aufrecht für Übersicht auf anspruchsvolleren Gravel-Trails. Zur Orientierung: Bei 76 cm Sitzöhe betrug die Überhöhung des Sattels zum Lenker rund 5 cm (3,5 cm Spacer am Testrad). Ich würde an diesem Set-up nichts ändern.
Mit dem Fahrer so ausgewogen platziert, kommt das Grizl 8 1by richtig in Fahrt, wenn es auf breiten Waldautobahnen mit festem Kies flott vorangeht. Es liegt satt auf dem Schotterweg und läuft sehr spurtreu geradeaus wie durch schnelle Kurven. Die große Reifenbreite ab Werk ist hier ein klares Plus, ebenso wie die steife Front.
Auch auf winkligen Trails wirkt das Grizl keineswegs zu träge, sondern lässt sich mit leichter Hand dirigieren. Enge Kurven und Spitzkehren sind aber seine Domäne nicht – ein Tester mit großen Füßen bemerkte auf dem Rad in Größe M sogar Konflikte zwischen Fuß und Vorderrad, wenn es um ganz enge Zirkel ging.
Wo wir schon bei der Passform sind: Tester mit großen Händen fanden die Ekar-Bremshebel eher dünn und sie fühlten sich im direkten Vergleich mit GRX-STI ergonomisch besser bedient. Für mich (Handschuhgröße 9,5) war die Handlichkeit und Form sehr gut geeignet. Mit einer Ausnahme: Auf längeren und steileren Trails mit leichtem MTB-Anspruch rutschen die Hände weit nach vorne in die Hoods, die dann mehr drücken als breitere Schalthebel, was fast schon unangenehm werden kann. Unterm Strich: Die Ergonomie der Campagnolo Ekar-Shifter ist definitiv ein Tipp für Fahrer*innen mit kleinen und mittelgroßen Händen.
Die Campagnolo Ekar-Gruppe verdient hier ein paar Worte mehr, da wir sie nun zu ersten Mal intensiv testen konnten. Zunächst das Schaltverhalten: Unter den mechanischen Gravel-Schaltungen hat sie, was die Direktheit und das Feedback der Gangwechsel angeht, die Nase vorne. Alle Wechsel sind schnell erledigt und liefen exakt. Ein Daumendruck legt in rasanter Geschwindigkeit einen schwereren Gang ein. Gefühlt geht das sogar schneller als bei elektronischen Gruppen. Das Schalten in einen leichteren Gang erledigt der Zeigefinger. Dabei fallen die benötigten Handkräfte sehr moderat aus, so leicht wie mit den langen Bremshebeln einer Shimano GRX-Gruppe geht es aber gefühlt nicht. Im Laufe des Tests reichte simples Korrigieren der Zugspannung, um Schaltungenauigkeiten dauerhaft abzustellen.
Der Antrieb lief über den gesamten Test sehr leise. Dass Canyon bei der Wahl der Antriebsabstufung mit der 10-44 Kassette eine gute Wahl traf, sagten wir schon. In der Praxis nutzte ich die 3 (!) kleinsten Ritzel fast gar nicht. Wogegen ich mir in der Mitte ein zusätzliches Ritzel gewünscht hätte und viele Berge auf dem größten Ritzel in einem Trittfrequenzbereich fahren musste, der mir nicht entgegenkommt. Ein kleineres Kettenblatt wäre eine Überlegung.
Das Beste zum Schluss: Die Campagnolo Ekar-Bremsen gefielen mit hervorragender Dosierbarkeit und Modulation. Gerade feinfühliges Anpassen der Geschwindigkeit auf dem Gravel-Trail trotz Gerüttel am Lenker machen sie einfacher als viele andere Gravel Disc-Bremsen. Dafür verlangen sie gefühlt etwas höhere Handkräfte, wenn bis beinahe zum Stillstand heruntergebremst werden soll – das mag auch ein Eindruck sein, den die vergleichsweise dünnen Hebel befördern. Die Neigung zum Quietschen ist weniger ausgeprägt, kann aber bei anhaltender Nässe nicht ausbleiben.
Canyon Grizl 8 1by vs. ….
Welche Bikes sind mit dem Canyon Grizl 8 1by vergleichbar oder kommen ihm nahe? Eigentlich keine zu 100 %, denn die Schaltung gibt es zu dem Preis nur hier. Aber hier findet ihr eine schnelle Übersicht mit ähnlicher Rahmenbasis. Für mehr Infos oder einen Test auf Rennrad-News einfach auf den Modellnamen klicken.
Rose Backroad AL Den Gravel Bike Bestseller von Rose haben wir ebenfalls schon getestet. Er legt den Fokus noch stärker auf komfortables Fortkommen auf dem Kiesweg und wirkte etwas agiler – auf dem Trail: nervöser – kommt aber auch mit schmaleren Reifen (und weniger Reifenfreiheit; bis 45 mm). Für 2.599 € gibt es hier die Shimano GRX 810 2×11.
Focus Atlas 6.8 Shimano GRX 810 / 600 Mix mit 2×11 Gängen, auch 45 mm Reifen ab Werk, aber schwerer und für 2.399 € zu haben.
Cannondale Topstone auch mit Alurahmen und Carbongabel und großer Zahl an Montagepunkten, aber schmaleren Reifen. Als Cannondale Topstone 0 mit kompletter Shimano GRX 800 2×11-Gruppe für 2.499 €.
Stevens Camino Bei den Hamburgern gibt es für 2.599 € das Carbon-Gravel Bike mit Shimano GRX 600/800-Mix. Die Geometrie ist dem Gizl AL in Sachen Stack/Reach ähnlich, auch die Bikepacking-Ausstattung kann sich sehen lassen.
Fazit
Das Canyon Grizl 8 1by Ekar liefert ein komplettes Performance-Paket für einen fast schon erstaunlichen Preis. Wer mit der Bandbreite der 13-Gang Ekar-Gruppe und einem Alu Gravel Bike liebäugelt, kann bedenkenlos zugreifen. Fahrverhalten, Verarbeitung und Ausstattung sind stimmig und auf den Einsatzbereich sehr gut zugeschnitten: von leichtem Bikepacking bis zu schnellem Touren liefert das Grizl 8 1by Vergnügen – für große Abenteuer würden wir eine noch leichtere Übersetzung wählen. Komfort und Vielseitigkeit liegen über dem üblichen Niveau der Preisklasse. Ein Tipp.
Pro / Contra
Pro
- Vielseitiger Rahmen mit viel Reifenfreiheit
- Rundum ausgewogenes Fahrverhalten
- Sehr guter Komfort am Sattel
- Gutes Größenkonzept
- Gut aufgestellt und geprüft in Sachen Bikepacking
- Campagnolo Ekar zum konkurrenzlosen Preis
Contra
- Übersetzung Speed-lastig
- Schwere Laufräder
Habt ihr Erfahrungen mit dem Canyon Grizl AL – schreibt sie hier in die Kommentare!
Testablauf
Hier haben wir unsere Fahreindrücke gesammelt:
- Bergisches Land Circa 150 km / ein Monat auf Straßen, überwiegend auf Gravel-Wegen und leichten Trails, auf Höhenmeter lastigen Runden mit kurzen Anstiegen bis 15 % und maximal 110 Hm am Stück. Hier eine typische Testrunde auf Strava.
Testräder werden bei den Herstellern für den Test in der beschriebenen Kategorie angefragt. Die Hersteller stellen das Rad kostenlos in der Art und Weise zur Verfügung, wie es der Fachhandel erhält; bei Testrädern von Direktanbietern, wie sie der Endkunde erhält, also vormontiert. Testräder werden in der Redaktions-Werkstatt endmontiert. Für den Test werden die Räder gewogen, die Sitzposition wird bei identischer Sattelhöhe (bezogen auf die Tretlagermitte) vermessen und die Reifen auf den mittleren empfohlenen Reifendruck befüllt. Für eventuelle Geländefahrten wird der Reifendruck zusätzlich auf den unteren empfohlenen Wert gesenkt. Nach Testende erhalten die Hersteller die Testräder zurück.
- Ich fahre hauptsächlich
- Rennradtouren, CX-Rennen, Gravelrides
- Vorlieben bei der Geometrie
- Gemäßigt sportlich, eher lang
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