Das Cervélo Áspero im Test: Das Cervélo Áspero war das erste Gravelbike, das konsequent mit dem Renngedanken im Hinterkopf entwickelt wurde. Aerodynamik war dabei nur ein Faktor in der Summe der Details, die das Carbon-Gravelbike der Kanadier fürs schnelle Graveln empfehlen. Wir konnten das Áspero mit Force eTap AXS im Rahmen der Bikestage 2020 fahren. Hier unser Testeindruck.
Update: das Cervélo Áspero 5 ist da
Am 20.4.2021 hat Cervélo das neue High-End-Modell Áspero 5 vorgestellt – hier geht es zu allen Informationen und zum ersten Test: Cervélo Áspero 5 Test
Steckbrief zum Cervélo Áspero Gravel-Bike
Das Cervélo Áspero kam, um schneller zu sein. Und das ist noch gar nicht so lange her. Die Kanadier, die mit dem Cervélo S5 eines der ausgewiesen aerodynamischsten Competition-Rennräder der Zeit entwickelten, ließen den Gravelgedanken erst reifen. Vor ziemlich genau einem Jahr stellten sie ihr erstes Gravelbike vor und schlugen damit eine andere Richtung ein als das Gros der Bikes am Markt. Während die Masse eher Richtung Vielseitigkeit, mehr Offroad-Fähigkeit oder Komfort abfährt, bog Cervélo – auf das Image und Know-how der Marke aufsetzend – in Richtung Race ab. Zu der Zeit gab es nur das 3T Exploro, das ebenfalls Aerodynamik und Speed für sich reklamierte, aber auch eine gute Portion Multi-Einsatzfähigkeit mitbekam. Inzwischen sind mit dem Ridley Kanzo und dem 3T Exploro Race/Max weitere Aero-Gravelbikes mit Tempo-Anspruch herausgekommen.
Einsatzbereich | Tour, Rennen, Cyclocross, Gravel |
---|---|
Rahmenmaterial | Carbon |
Gabel | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 8,4 kg |
Stack | 555 mm |
Rahmengrößen | 48, 51, 54, 56, 58, 61 (im Test: 54) |
Website | www.cervelo.com |
Unser Áspero-Testrad ist das Top-Modell der Baureihe mit SRAM Force eTap AXS 1×12-Gruppe und jeder Menge Carbon-Komponenten. Es will mit 5.999 € entsprechend bezahlt werden, ist aber dafür mit gewogenen 8,36 kg auch ein echtes Leichtgewicht im Gravelbike-Segment. Laut Cervélo wiegt der Rahmen rund 1.100 g und die Gabel noch einmal 400 g. Für 3.099 € gibt es das gleiche, leichte Aero-Rahmenset mit einer SRAM Apex 1×11-Gruppe. Übrigens bedeutet das Wort Áspero soviel wie „rau“, „holprig“ oder ähnliche Zusätze, mit denen man das Wort „Straße“ belegen kann, um das bevorzugte Einsatzgebiet des Bikes zu markieren.
Video: Cervélo Áspero Fahreindruck
Ausstattung: obere Schublade mit Apex, GRX oder Force
Cervélo bietet das Áspero in einer recht großen Vielfalt von Ausstattungspaketen und als Rahmenset an. Gut zu wissen: Alle Modelle basieren auf dem gleichen, leichten Rahmenset – keine Extravaganzen mit verschiedenen Carbonqualitäten.
Dafür liegt der Einstiegspreis recht hoch:
- Los geht es bei 3.099 € für das Áspero mit SRAM Apex 1×11 oder Shimano GRX 600 2×11.
- Die nächste Preisstufe bildet dann schon eine Ausnahme-Erscheinung im Programm: Das Modell „Shimano GRX 1 Disc“ für 4.099 € kommt als einziges Áspero gleich ab Werk auf breiten 650b-Reifen in 48 mm. Alle anderen haben den universellen, auch auf Asphalt recht leisen und schnellen Panaracer Gravelking in 700c und 38 mm als Grundlage. Er passt gut zum Charakter des Rades.
- Weiter oben gibt es die mechanische Shimano GRX RX810-Gravelgruppe in der 2×11-Ausführung. Hier sind dann auch bereits Carbonlaufräder mit 24 mm breiten Felgen und robuste DT Swiss 370-Naben dabei.
Cervélo hat die Ausstattungspakete seit dem Test mit dem Modelljahrwechsel geändert. Wie so oft bei High-end-Rahmen lohnt sich der Individualaufbau finanziell rein gar nicht. Denn es gibt für rund 600 € mehr, je nach Anbieter, bereits Kompletträder. In der Tabelle findet ihr die aktuellen Pakete.
Cervélo Áspero SRAM Apex 1 Disc | Cervélo Áspero GRX Disc | Cervélo Áspero GRX 1 Disc | Cervélo Áspero GRX 810 Disc | Force eTap AXS 1 Disc | |
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Preis | 3.099 € | 3.099 € | 4.199 € | 4.899 € | 5.999 € |
Rahmen | Carbon, 12x142-mm-Steckachse, BBright-Tretlager | Carbon, 12x142-mm-Steckachse, BBright-Tretlager | Carbon, 12x142-mm-Steckachse, BBright-Tretlager | Carbon, 12x142-mm-Steckachse, BBright-Tretlager | Carbon, 12x142-mm-Steckachse, BBright-Tretlager |
Gabel | Carbon, 1 1/2 - 1 1/8 Zoll, 12x100-mm-Steckachse | Carbon, 1 1/2 - 1 1/8 Zoll, 12x100-mm-Steckachse | Carbon, 12x100-mm-Steckachse | Carbon, 12x100-mm-Steckachse | Carbon, 12x100-mm-Steckachse |
Schalt- und Antriebsgruppe | SRAM Apex 1x11 | Shimano GRX RX600 1x11 | Shimano GRX RX810 1x11 | Shimano GRX RX810 2x11 | SRAM Force eTap AXS 1x12 |
Kurbel / Zähne | SRAM Apex / 40 T | Shimano GRX RX600 / 46-30 T | Shimano GRX RX810-1 / 40 T | Shimano GRX RX810 / 48-31 T | SRAM Force AXS / 36 T |
Ritzel / Zähne | SRAM PG1130 / 11-42 T | Shimano 105 / 11-34 T | Shimano M8000 / 11-40 T | Shimano HG800 / 11-34 T | SRAM XG 1270 / 10-36 T |
Bremsen | SRAM Apex hydr. Discbremse 160/160 mm | Shimano GRX RX hydr. Disc, 160/160 mm | Shimano GRX RX hydr. Disc, 160/160 mm | Shimano GRX RX810 hydr. Disc, 160/160 mm | SRAM HRD Disc, 160/160 mm |
Laufradsatz | Alexrims Boondocks - 7D | Alexrims Boondocks - 7D | Easton EA70 AX | Reserve Carbon, 32 mm, DT370-Naben, 622x24c | Reserve Carbon, 32 mm, DT370-Naben, 622x24c |
Reifen / Größe | Panaracer Gravelking SK Sport, 38-622 | Panaracer Gravelking SK Sport, 38-622 | Panaracer Gravelking SK falt, 48-586 | Panaracer Gravelking SK falt, 38-622 | Panaracer Gravelking SK falt, 38-622 |
Lenker/Vorbau | Easton EA50 / Easton EA50 | Easton EA50 / Easton EA50 | Easton EA 70, Alu / Easton EC70AX Carbon | Easton EA 70, Alu / Easton EC70AX Carbon | Easton EA 70, Alu / Easton EC70AX Carbon |
Sattel | Cervélo Road | Cervélo Road | Prologo Dimension NDR T4.0 | Prologo Dimension NDR T4.0 | Easton EA 70, Alu / Easton EC70AX Carbon |
Sattelstütze | Easton EA 50, Alu | Easton EA 50, Alu | Tranz X 50 mm Dropper-Post | Easton EC70 Carbon | Easton EC70 Carbon |
Besonderheiten | 4x Bikepacking-Ösenpaare am Rahmen, Unterrohrschutz, Oberrohrtasche | 4x Bikepacking-Ösenpaare am Rahmen, Unterrohrschutz, Oberrohrtasche | 4x Bikepacking-Ösenpaare am Rahmen, Unterrohrschutz, Oberrohrtasche | 4x Bikepacking-Ösenpaare am Rahmen, Unterrohrschutz, Oberrohrtasche | 4x Bikepacking-Ösenpaare am Rahmen, Unterrohrschutz, Oberrohrtasche |
Das Fahrrad, das uns zum Test zur Verfügung stand, basierte auf dem 2020er Top-Modell mit SRAM Force eTap AXS 1×12-Funkschaltung.
Allerdings hatte der Hersteller mit den DT Swiss GRC 1650 Gravel-Laufrädern und Continental Terra-Reifen im Speed-Trail-Mix ein Laufrad-Upgrade bereits durchgeführt. Das 2021er Modell unterscheidet sich vom Testrad zudem durch eine anders gestufte Ritzelkassette: Mit einer 11-36-Kassette und zwangsläufig einem neuen SRAM Force eTap AXS Wide-Schaltwerk hinten steht jetzt ein leichterer Berggang zur Verfügung, den wir im Test tatsächlich auch vermissten – unten dazu mehr.
=> Hier findet ihr einen Test der SRAM Force eTap AXS Wide
Nichts geändert hat sich am Rahmen, der das Herzstück des Áspero bildet – außer den Lackierungen. Letztere umfassen neben dem sehenswerten Oliv-Goldton des Testrades sowie dunklen Rot- und Grüntönen neuerdings auch einen interessanten Lack mit Weiß-Blau-Verlauf und dezenteres Schwarz. Sehr gut gefiel uns die Verarbeitung (nicht nur der Lackierung): Beim Fahren gibt es keine Resonanzen, die Kettenstrebe ist gut geschützt und auch das Unterrohr wird mit Gummi vor direktem Beschuss bewahrt.
Der Rahmen selber besitzt einige wichtige Merkmale für Windschnittigkeit, wie tief angesetzte Sitzstreben, Rohre mit Kamm-Tail-Querschnitten und ein schlankes Steuerrohr. Verzichtet wird aber trotz Aeropotential auf ein integriertes Cockpit und komplett innen verlegte Züge, was im Gegenzug den Service und die Anpassung an die Fahrer*innen vereinfacht. Ebenfalls übt Cervélo etwas Verzicht bei den Gewindeösen für die Montage von Zubehör: Für Schutzbleche und Gepäckträger sind keine Montagepunkte vorgesehen. An Bikepacking ist aber gedacht: 4 Halterpaare finden am Rahmen Platz, jedoch keines an der Gabel.
Wie sieht es mit der Reifenfreiheit aus? Wir vermaßen die nominell 40 mm breiten Continental Terra Speed-Reifen auf den DT Swiss GRC-Laufrädern mit 40 mm. Damit blieben in der Gabel noch circa 9 mm Platz an jeder Seite. Am Hinterbau waren es jeweils 7 mm zu den Kettenstreben. So sollte man vorne gemessene, 45 mm breite Reifen und hinten 42 mm in 700c mit angemessener Reserve fahren können. Offiziell gibt Cervélo Reifen bis 42 mm in 700c frei.
Gut gefielen uns die Easton-Carbonkomponenten, mit denen das Áspero komplettiert wird. Die Kombination aus der Carbonstütze und der Eigendämpfung des Rahmens ergab einen recht guten Komfort am Sattel. Er ist zwar mit ausgewiesenen Dämpfungskonzepten nicht vergleichbar ist, passt aber gut zum Charakter des Gravelbikes. Gleiches gilt für den eher schmalen, nicht so weit ausgestellten Easton-Carbonlenker: race-tauglich, aber nicht unkomfortabel.
Geometrie: Komm, spiel mit mir
„Du setzt dich auf dein Rennrad“. Grob verkürzt kann man so die Auslegung der Geometrie des Cervèlo Áspero beschreiben. Auch wenn die dicken Reifen es optisch klar als Gravelbike kennzeichnen, sind die Verhältnisse von Winkeln und Längen des Rahmensets doch viel näher am Rennrad als bei vielen Gravelbikes moderner Prägung. Deutlich flacheren Lenkwinkeln und stark verlängertem Reach in Kombi mit stark verkürzten Vorbauten erteilt man eine Absage.
Rahmengröße nominell | 48 | 51 | 54 | 56 | 58 | 61 |
---|---|---|---|---|---|---|
Oberrohrlänge mm | 512 | 532 | 553 | 575 | 591 | 608 |
Sitzrohrwinkel | 74.5° | 74° | 73.5° | 73° | 73° | 73° |
Steuerrohrlänge mm | 83 | 107 | 133 | 159 | 188 | 214 |
Steuerrohr Winkel | 71° | 71.5° | 72° | 72° | 72° | 72° |
Gabelvorbiegung (Rwd/Fwd )mm | 52/57 | 49/54 | 46/51 | 46/51 | 46/51 | 46/51 |
Nachlauf mm | 58,6 / 58,1 (650b) | 58,6 / 58,1 (650b) | 58,6 / 58,1 (650b) | 58,6 / 58,1 (650b) | 58,6 / 58,1 (650b) | 58,6 / 58,1 (650b) |
Tretlagerabsenkung mm | 78,5 | 78,5 | 76 | 76 | 73,5 | 73,5 |
Kettenstrebenlänge mm | 420 | 420 | 420 | 420 | 420 | 420 |
Radstand mm | 990 | 1000 | 1010 | 1027 | 1046 | 1063 |
Stack | 505 | 530 | 555 | 580 | 605 | 630 |
Reach | 370 | 379 | 388 | 397 | 406 | 415 |
Stack to Reach | 1,36 | 1,39 | 1,43 | 1,46 | 1,49 | 1,52 |
Eine Besonderheit ist der sogenannte Trail-Mixer. Der Einsatz in der Gabel erlaubt es, die Vorderrad-Achse 5 mm horizontal nach vorne oder hinten zu verschieben – Trail meint auf englisch den Nachlauf, den eine Gabel am Fahrrad hat – damit ergibt dann auch diese Bezeichnung Sinn.
Mit dem Trail-Mixer kann man das Áspero in 2 Richtungen feinabstimmen: Entweder bei gleichen Reifen für eine ruhigere Lenkung die Achse nach hinten setzen. Vorab: Wir sind in der agileren vorderen Position gefahren und waren damit so zufrieden, dass gar nicht der Wunsch nach Anpassung aufkam. Eigentlich gedacht hat Cervélo den Trail-Mixer aber für den Einsatz mit 650b-Reifen. Sie besitzen bei mehr Breite einen etwas geringeren Durchmesser als die 700c-Reifen (am Testrad). Das Versetzen nach hinten gleicht dann den verkürzten Nachlauf aus, der sich durch den verringerten Abstand der Achse zum Boden ergibt.
Ergo: gleiche Lenkabstimmung, unabhängig von der Laufradgröße. Man bedenke jedoch, dass sich breitere Reifen, die zudem sinnhaft mit geringerem Druck gefahren werden, per se anders in der Lenkung anfühlen und eher etwas beherzteres Steuern verlangen.
Die Kettenstreben sind mit 420 mm zwar auf dem Papier nicht ultrakurz. Aber ein ziemlich stark abgesenktes Tretlager und dadurch steilerer Winkel der Streben bringt die Hinterrad-Achse näher an die Radmitte und den Schwerpunkt nach unten. Gut für einen zentrierten Schwerpunkt. Auch das Steuerrohr ist quer über alle Rahmengrößen eher kurz. Auf unserem 54er Testrad misst das Oberrohr horizontal 553 mm, ist also nah an einem traditionellen 55er Rennrad. Dem entspricht auch der Stack von 555 mm.
Und so wundert es dann auch weniger, dass der nominell eher zu kleine Rahmen auch dem Testautor mit Größe 1,8 m noch überraschend gut passt. Entsprechend flach und racy fällt zwar die Sitzposition aus, obwohl circa 3 cm Spacer unter dem Vorbau montiert sind. Aber mit einem noch 1 cm längerem Vorbau könnte man eine sehr gute Haltung für Tempo-Gravelrides und Cyclocross-Rennen erzielen.
Tatsächlich bestritt Sunweb-Profi Joris Nieuwenhuis auf dem Áspero bereits erfolgreich eine ganze Cyclocross-Saison. Die einzige Anpassung, die er dafür vornahm, war das Höherlegen des Tretlagers über ein Exzenter-Innenlager, wie Cervélo bei der Vorstellung des Rades auf der Bikestage 2020 erzählte.
Cervélo Áspero auf dem Kurs: „snappy“
Wie immer, der erste Eindruck zuerst: Im Englischen gibt es ein schönes Wort für das bestimmende Fahrgefühl auf dem Áspero: „snappy“. Es schnackt im Antritt geradezu nach vorne, hat eine präzise, sehr lebendige Steuerung und macht einfach Freude, wenn man es mit Tempo über den Waldweg hetzt oder um die Ecken schmeißt. Dabei spielt, wie gesagt, die kleinere Testradgröße auch eine Rolle, aber – wie ebenfalls gesagt –, das ist ein Weg dan man durchaus gehen kann.
Auch die Kollegen der MTB-News Redaktion haben ausgiebig Fahreindrücke mit dem Cervélo Áspero gesammelt, Tester Moritz Zimmermann fuhr damit sogar einen 250 km langen Gravelride im Rahmen der Dirty Kanza-Hommage „Dirty Kanzelled“. Bevor es zu den Fahreindrücken im Detail geht, seine Einschätzung:
„Als ideal für Gravel Race bezeichnet Cervélo das Áspero – aber was zur Hölle ist Gravel Race? Wenn man die erste Runde auf dem goldgrünen Boliden gedreht hat, dann weiß man, was damit gemeint ist: Das Áspero geht sehr gut nach vorne und bietet ein ziemlich direktes Fahrverhalten, ohne den Komfort komplett aus den Augen zu verlieren. Das Handling ist auf der agilen Seite, die Watt aus den Waden werden unverzüglich in Vortrieb umgesetzt. Auch lange Ausfahrten beherrscht das leichte und edle Bike problemlos. Klar: Wer auf der Suche nach maximalem Komfort ist und fürs nächste Abenteuer möglichst viele Befestigungspunkte am Rahmen sucht, der wird wohl eine der zahlreichen Alternativen bevorzugen. Wer jedoch gerne möglichst schnell auf Asphalt, Schotter und im Gelände unterwegs ist, wird das Áspero sofort lieben.“
Moritz Zimmermann, MTB-News-Testchef
Auf dem Kiesweg: Auf dem prototypischen Terrain für ein Gravelbike, der feinen Schotterpiste, dem festgestampften Wiesenpfad, dem Waldweg oder Trail, rollt das Áspero so gut, dass es eine wahre Freude ist. Ich fühlte mich gegenüber weniger sportlich ausgerichteten Modellen doch spürbar unterstützt in meinem Tempodrang, wobei die tiefe Sitzposition des Testrades auch die Aerodynamik günstig beeinflusst. Schnelle lange Kurven sind eine Domäne des Áspero. Die Seitenführung der Kombi Continental Terra Speed mit Terra Trail ließ keine Wünsche offen. Auch die leichten und breiten DT Swiss GRC1650-Laufräder tragen sicher einiges zu dem positiven Fahrerlebnis auf schnellen Schotterpisten bei. Gefahren wurden sie mit Schläuchen. Dabei erwies sich die Kombi nach einem Defekt am Hinterrad sogar bei lediglich 1,4 bar offroad noch als fahrbar. Eine vielversprechende Ausgangslage für den Tubeless-Betrieb, den wir aber nicht getestet haben. Auch die Übersetzung der SRAM 12-fach-Kassette mit 6 Ein-Zahn-Sprüngen im schnellen Bereich ist auf das Tempomachen im welligen und hügeligen Gelände perfekt ausgelegt.
Am Berg: Mit dem geringen Gewicht, dem steifen Cockpit und der guten Gewichtsverteilung über dem Rad klettert das Áspero wie eine Bergziege – wenn der Besitzer genug Kraft hat. Die Übersetzung von 36 Zähnen vorne zu 10-33 hinten schreit an steilen Offroad-Anstiegen nach Wiegetritt. Zur Einordnung: Mit 60 bis 100 Kurbelumdrehungen pro Minute deckt man mit ihr bei der montierten Reifengröße einen Tempobereich von 9 km/h bis 48 km/h ab. Und 9 km/h an einem Steilstück im Wald hören sich zwar langsam an, sind aber für mich nicht locker zu fahren. Keine Abstufung für lange Gravelrides im Gebirge.
In der Abfahrt: Auf schnellen, glatten Kieswegen ist das Áspero auch bergab durchaus eine Macht. Die präzise Steuerung und das ausgewogene Lenkverhalten verleihen Sicherheit. Ein Überflieger auf dem Trail ist es aber schon allein aufgrund der Sitzposition nicht, die auch das Umrüste auf breite 650b-Reifen nicht grundlegend ändert. Die Funktion der Bremsen ist über jeden Zweifel erhaben. Das im Vergleich zu Shimano weniger bissige Zupacken der SRAM Force-Hydraulikbremsen kommt manchen entgegen.
Auf dem Asphalt: Auf der Straße fehlt dem Áspero nicht viel zum echten Rennrad. Die Beschleunigung im Antritt und das Fahrverhalten in Kurven ist sehr nah am Straßenrad. Mit den Conti-Gravelreifen rollt es relativ laut, aber sehr leichtläufig ab. Mit anderen Reifen – und einem der verfügbaren 2×11-Modelle als Basis – steht aus unserer Sicht einem Doppelleben als Straßenrennrad so wenig entgegen wie bei keinem anderen Gravelbike, das wir bisher getestet haben. Nebenbei: Das Áspero ist eines der seltenen Gravelbikes, das eine offizielle Rennfreigabe der UCI besitzt – erkennbar am Aufkleber auf dem Sitzrohr.
Das ist uns am Cervélo Áspero aufgefallen
- Geometrie So nah am Rennrad und dennoch so tauglich fürs schnelle Fahren im Gravelgeläuf, dass der Umstieg ein Kinderspiel ist. Racer können eine kleinere Rahmengröße als gewohnt auf Passung prüfen.
- Continental Terra-Gravelreifen Die Entdeckung des Tests – aber leider nur am Testrad, nicht in der Serie verbaut. Rollen gefühlt leichter als viele andere Modelle, passen sich gut dem Untergrund an. Die Kombi „Speed“ hinten und „Trail“ vorne erwies sich für schnelle Bikes wie das Áspero als Idealbesetzung.
- Leichtgewicht Das Áspero ist mit dicken Reifen und hochprofiligen Carbon-Laufrädern fast so leicht wie manche Carbon Competition-Roadbikes der Preisklasse.
- Speed-Einladung Wo Cérvelo drauf steht, ist auch Cervélo drin. Mit kaum einem anderen Gravelbike, das wir bisher getestet haben, machte es so viel Spaß, schnell zu fahren. Dank des geringen Gewichts fühlt sich das Áspero auch sehr dynamisch an.
- Ruhe Der Carbonrahmen ist resonanzarm, am Testrad klapperte nichts, auch auffliegende Steinchen werden vom Unterrohrschutz gut abgewiesen.
- Speed-Übersetzung Die Abstufung der SRAM Force AXS ist mit fehlender Untersetzung und vielen kleinen Gangsprüngen race-orientiert.
- Für wen? Du bist ein erfahrener und eher kompetitiver Rennradfahrer und willst auch auf Gravel am liebsten so schnell wie möglich sein. Auch wenn du dem Gedanken nachhängst, wirklich nur ein Rad für Asphalt und Gravel zu nutzen und dabei die Fahrdynamik zählt, gehört das Áspero in die engste Wahl.
- Für wen besser nicht? Du fährst lieber lang und gemütlich oder legst leidenschaftlich gerne Ausflüge über Trails ein, die man früher mit dem Hardtail gefahren wäre. Dann gibt es viel bessere Modelle für deine Interpretation von Gravel.
- Welche Modelle sind ähnlich oder kommen nahe? Die engste Verwandschaft besteht sicherlich zum 3T Exploro, das ebenfalls aerodynamisch optimiert ist und in der „Race“-Variante mit SRAM Force AXS 2×12 sowie Gravel-Carbonlaufrädern 7.299 € kostet. Ein Test folgt demnächst. Außerdem ist das Ridley Kanzo Fast vergleichbar, das ebenfalls im Windkanal für Gravelrennen optimiert wurde und in der Top-Version mit Shimano GRX Di2 2×11 ebenfalls 5.999 € kostet. Eine Alternative zum Áspero in Richtung Race könnte auch das eine oder andere Cyclocross-Rad mit vergleichsweise viel Reifenfreiheit und geringem Gewicht in der Art des neuen Giant TCX oder des Canyon Inflite CF 2021 sein.
Fazit @Rennrad-News.de zum Cervélo Áspero
Das Cervélo Áspero hat das Zeug zum Fixstern im stetig expandierenden Kosmos der Gravelbikes. Das Paket aus verbriefter Renntauglichkeit für Gravel und Cyclocross, die sich auch in Gewicht und Fahreigenschaften widerspiegelt, findet man so kaum ein zweites Mal. Wer wirklich ein einziges Rad für Straßeneinsatz, Graveln und vielleicht gelegentliche CX-Rennen sucht, der sollte das Áspero unbedingt auf der Liste haben – aber dann unbedingt im 2-fach-Set-up. Die 1-fach-Gruppe kommt beim ambitionierten Straßeneinsatz an ihre Grenzen. Nachhaltig beeindruckend sind vor allem die Fahrqualitäten und die Verarbeitung des Áspero. Richtig zu bemängeln gibt es aus unserer Sicht nichts. Das Rad hält genau das, was es verspricht.
Pro / Contra
Pro
- Uneingeschränkt renntauglich
- Leicht – auch für die Preisklasse
- Ausgesprochen agil im Antritt
- Spielerische Lenkung auch für verwinkelte Kurse
- Lenkverhalten trimmbar
- Intuitive, zuverlässige SRAM Force eTap AXS-Gruppe
- Sehr gut verarbeitet
- Konsequentes Konzept
- Preis/Leistung angemessen bis gut im Vergleich
Contra
- Sportliche Auslegung von Sitzposition und Fahrverhalten nicht für Jedermann optimal
- Keine Ösen für Gepäckträger und Wetterschutz
- Keine Montagepunkte an der Gabel
- Am Testrad: Schwerpunkt auf "dicke Gänge"
- Will in Offroad-Abfahrten mit sicherer Hand geführt werden
Was sind eure Erfahrungen mit dem Cervélo Áspero?
Testablauf
Das Testrad wurde uns an zwei Tagen auf Strecken verschiedensten Charakters rund um den MTB-News Redaktionssitz Bad Kreuznach erprobt. Darunter waren typische „Waldwegautobahnen“, schnelle Abschnitte mit gröberem Schotter bis hin zu Waldwegen mit weichem Boden. Außerdem fuhren wir mit dem Cervélo Áspero kleinere Touren im Mittelgebirge sowie als Belastungsprobe für Mensch und Material das von Laurens ten Dam initiierte „Dirty Kanzelled“. Hier musste sich das Cervélo Áspero in Moritz‘ Händen unter anderem auf einer knapp 250 km langen und Offroad-lastigen Tagestour mit rund 2.500 Hm beweisen.
- Ich fahre hauptsächlich
- Rennradtouren, CX-Rennen, Gravelrides
- Vorlieben bei der Geometrie
- Gemäßigt sportlich, eher lang
- Fahrvorlieben
- nicht zu lang, nicht zu kurz
- Bevorzugtes Terrain
- Mittelgebirge
- Vorlieben bei der Sitzposition
- eher aufrecht und entspannt
- Sprinter, Rouleur oder Kletterer?
- Rouleur!
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