Lübbecke kenne ich wie meine Westentasche. ...
Danke für Deine Einschätzung. Deine Ausführungen sind schon Pulitzerpreis-verdächtig. Also nicht ganz unernst gemeint. Eine feine Reflexion diverser Regionen auf ihre Radverkehrstauglichkeit hin.
Du hast aber recht: Lübbecke ist eine Radverkehrskatastrophe für Nichtortskundige und eher ängstliche Verkehrs"teilnehmer" - und liegt außerdem am Hang. Die Kleinstadt ist ab den 70ern konsequent für den Kraftverkehr zerstört worden (wie auch z. B. Herford) und was du dort heute siehst, sind die halbherzigen Versuche, die grössten Schweinereien etwas zu kaschieren.
Da bin ich jetzt leicht geplättet, dass das noch nicht mal für ein "befriedigend" reicht. Frage: Warst Du mal in BaWü oder Bayern (Allgäu ausgenommen)?
In Lübbecke z.B. bin ich mehrmals diese Strecke gefahren:
https://goo.gl/maps/JPUrToTm46DYnvk5A
und muss sagen, so was sucht mal bei mir (Region Stuttgart) komplett vergeblich. Auf den Hauptverkehrsstraßen kann man entweder gut mitschwimmen, oder es gibt Radfahrstreifen, oder Nebenstrecken und - wichtig - wo man keine Radverkehrswege hat, oder (!) diese ignoriert (linksseitiger benutzungspflichtiger Radweg am Krankenhaus) wird man einfach in Ruhe gelassen von den Autofahrern. Aggressiv fährt hier fast niemand, dicht überholen tun nicht mal 1/10 der BaWü-Autofahrer und da die Kfz-Dichte höchstens die Hälfte beträgt, ist es eine Wonne, hier zu fahren.
Wenn man o.g. Weg mal betrachtet, ab Altenheim Richtung Bad Holzhausen, stellt man fest, dass es alle paar 100 Meter parallele Wege und zahlreiche Verbindungswege dazwischen gibt. Und zwar bestens asphaltiert. So was findet man in Süddeutschland quasi nirgends!
Um z.B. von Wendlingen (u.a. Festool und wichtige Verkehrsachse) nach Wernau (u.a. Bosch Thermotechnik) zu kommen, wird Radfahrern als "Neckartalradweg" (Premium laut ADFC) nur Schotter angeboten:
https://goo.gl/maps/qXFejYEGdWEGsMsE8
Aufgrund der zahlreichen Schlaglöcher mit dementsprechenden Pfützen wird der jetzt wohl gerade saniert - per zementgebundener Deckschicht. Asphaltieren ist nicht wegen angeblichem Naturschutz (man betrachte die B10 direkt daneben, die A8, den Flughafen, S-21-Bahnverbindung, Landstraße....). Alternativ den Weg südlich des Neckars (mit Grobschotterstrecke - Ertüchtigung laut Gemeinderäte "kein Bedarf" (für wen wohl?) oder im Norden über einen Wirtschaftsweg mit Grobasphalt und im Herbst komplett geschlossener Blätterdecke. Winterdienst auf allen drei Strecken Fehlanzeige. Ich als Rennradfahrer fahre hier immer die Landstraße, aber eine Familie mit Kindern kann man hier nicht drüberschicken. Die Menschen scheinen sich damit abzufinden, fahren allenfalls bei Schönwetter (verstopfen als Pendler ansonsten die B313/B10) und das wird sich mit Wissing und Co auch nicht mehr ändern. Ich blicke jedefalls neidisch auf "Deine" Region!
Auf dieser Tour geht es durch Minden über eine kilometerlange Fahrradstraße:
Die wird in Richtung Weser immer breiter (war wohl mal eine vollwertige Kfz-Straße) und danach geht es an der Weser entlang, recht breit, super Asphalt, keine Autos. Am Neckar: Schotter. Und im Abschnitt von Stuttgart über Esslingen nach Nürtingen sind immerhin fast eine Mio Menschen betroffen.
Ja, die Radwege hier sind schon speziell, fast immer (v.a. außerorts) benutzungspflichtig und viel zu oft auch linksseitig. Klar rechtswidrig. Da ich mich hier nicht auskenne, fahre ich meistens Fahrbahn und stetutos mit etwas Angst vor Repressalien. ABER: Auch wenn mich viele Autofahrer überholen sollten, hält fast jeder mind. 1,5 Meter Abstand! Fahr mal z.B. um den Ammersee in Bayern oder so, da hält fast jeder KEINEN Abstand! Und es gibt an vielen Stellen noch nicht mal einen Radweg!
Ich bin immer noch auf Schiene: Radwege außerorts ja, Mindestbreite 2,50 bis 3,50 Meter je nach Frequentierung und Fußgängeraufkommen (Neckartalradweg ist oft brechend voll, auch am Schotterabschnitt!), aber generell ohne RWBP, solange keine außerordentliche Gefahrenlage erkennbar.
Innerorts je nach Lokation gar keine Radwege (wenig Verkehr), ggf. Tempo 30/40 auch auf Hauptverkehrsstraßen oder "sichere" Radwege ohne RWBP, Führung des Durchgangsradverkehrs möglichst über Nebenstraßen (z.B. die Mindener Fahrradstraße), ansonsten Radfahrstreifen, weil Fußgänger und Radfahrer immer Konflikte haben werden. Ich bin auf einem abgetrennten Radweg in der Lübbecker Region auch fast mit einer Geisterradlerin direkt hinter einer schlecht einsehbaren Kurve zusammengeknallt. Da kann man nicht ausweichen. Es wird einfach erwartet, dass Geisterradler akzeptiert werden und man Rücksicht nimmt. Ich habe zwar freundlich mit der Radlerin (ca. 30 Jahre) geschimpft, sie hat genickt, aka "verstanden", ist dann aber dennoch weitergegeistert. Also wieder Fahrbahn (zumal mein Hinterherfahrer durch meine Bremsung fast auf mich draufgeknallt wäre).
Fazit: Ich wäre "froh" um Lübbecker/Mindener Verhältnisse und ich denke, wer das nicht aushält wird rund um Stuttgart wahnsinnig.