Ich gebe zur späten Stunde, nach einer tollen Theateraufführung, 2-3 Bier und einen köstlichen Tequila-Espresso-Martini intus, sogar den Bayern ein Unentschieden abgeknöpft, also völlig locker drauf und bestens gelaunt, auch meine Meinung kund.
Ich bin 1.65 gross/klein. Werde in diesem Jahr 40. Seit etwa dem 15. Lebensjahr bin und werde ich damit konfrontiert (im Selbst- und Fremdbild), dass ich als Mann damit unter dem Durchschnitt, also ausserhalb der gesellschaftlichen Norm bin, sprich nicht dem klassischen Männerbild entspreche. Ich bin/war in diversen Vereinen/Gruppierungen (Unihockey, Rugby, Chor, Band, Arbeit, Militär/Zivilschutz) aktiv und bin/war da jeweils engagiert und (glaube ich) auch (meistens) beliebt. Das Klein-Sein war/ist immer wieder ein Thema: Bezeichnungen/Sprüche ("Zwerg", "Kleinwüchsiger", "Midget", "Darfst du überhaupt auf diese Achterbahn?", "Du mit deinem Napoleonkomplex", "Trägst du Kinderschuhe?" etc.), Memes/Gifs/Videos in Whatsapp-Chats, Situationen in Menschenmassen (z.B. an einem Konzert) oder wenn man auf Partnerschaftsseiten unterwegs ist.
Ich habe das Glück, dass ich (oft) witzig und (mAn) nicht unintelligent bin, vor allem aber selbstbewusst. Besonders letzteres hilft. Ich kann mit solchen Sprüchen/Situationen also gut umgehen, unabhängig, ob sie von Freunden/Bekannten oder Fremden/Feinden kommen, ob sie lustig (gemeint) oder boshaft sind. Und ich bin selber nicht ein Engel, habe auch schon Sprüche über "Ginger" gemacht etc.
Wenn hier also jemand "für Zwerge" schreibt, verletzt mich das glücklicherweise nicht. Aber es fällt auf, es konfrontiert mich mit meiner Nicht-Norm. Diese Bezeichnung ist übrigens auch nicht gerade selten in diesem Forum, sie stört mich aber selten bis nie. Aber eben, es fällt auf. Egal, wie harmlos der Spruch ist/gemeint ist.
Was mich vielmehr nervt, ist die heftige Reaktion, die jedes Mal kommt, wenn sich jemand mal äussert, dass diese oder jene Bezeichnung vielleicht nicht mehr zeitgemäss sei. Der Standard-Konter mit "gegendert" ist da noch harmlos, wenn auch wenig witzig. Wenn dann noch plötzlich Corona/Schuldkomplex ins Spiel kommen, frage ich mich schon, was bei diesen Leuten sonst so läuft, warum sich gewisse Leute so ans Bein gepisst fühlen, wenn man mal gespiegelt bekommt, dass eine Äusserung beleidigend/verletzend sei.
Am besten finde ich dann jedoch den Vorwurf der "Sprachpolizei", dass man sich nicht vorschreiben lasse, was man sagt/schreibt, dass man "das doch noch sagen dürfe", dass die anderen einem die Sprache verbieten wollen. Dabei ist doch der Hinweis, dass man "Zwerg" vielleicht nicht mehr sagen sollte oder dass man das beleidigend fände etc. genauso Teil der Meinungsfreiheit. Wenn man sich so stark für die Redefreiheit einsetzt, sollte man sich vielleicht auch hinterfragen, wie man mit Kritik am eigenen Sprachgebrauch umgeht. Die 1-2 Voten zum Thema "Zwerg" waren doch völlig nett/neutral gehalten, die Reaktionen (auch von nicht direkt Beteiligten) sofort hochemotional/eskalierend/beleidigend. Hier wurde also nicht "verboten" "Zwerg" zu sagen, sondern vielmehr die Äusserung dieser Kritik. Wenn einem die Meinungsfreiheit so wichtig ist, dass man unbedingt nicht gendern möchte, unbedingt "Mohrenkopf" oder "N." sagen möchte, "Zigeunerschnitzel" etc., dann muss man auch akzeptieren, dass andere ihre Meinung äussern. Auch wenn man das vielleicht als zu "empfindlich"/"woke-mässig"/"politisch korrekt" empfindet (was es zum Teil vielleicht ja auch ist).
Aber das sind nur meine 2 Cents. Immerhin ganz sicher ohne Schuldkomplex. Ich hoffe, die Hüter:innen der Meinungsfreiheit können etwas mit meiner Meinung anfangen. Müsst sie ja nicht übernehmen.
Geniesst den Sonntag!