Ich kann gut verstehen, dass Begriffe wie "sozial schwach" o. ä. als diffamierend wahrgenommen werden. Andererseits ist es aber auch so, dass z. B. der Begriff des sozialen Status in der sozialwissenschaftlichen Debatte gut etabliert ist. Ein solcher Status kann höher oder eben auch niedriger sein. Dabei ist der Status auf verschiedene Faktoren wie u. a. den Bildungsstand, ökonomische Faktoren, Milieu u. ä. zurückzuführen, die - je nach Gesellschaft - unterschiedliche Wertigkeit besitzen. Die kriminologische Forschung zeigt aber bspw. durchaus Zshg. zwischen dem sozialen Status und bestimmten Formen der Kriminalität (z. B. Gewalt). Wir wissen etwa, dass eine gute Bildung immer noch ein recht guter Schutzfaktor für abweichendes Verhalten ist, was im Umkehrschluss nicht bedeutet, dass Universitätsprofessoren oder Vorstandsvorsitzende nicht auch kriminell sein können. Auch liegt keine Kausalität zwischen sozialem Status und Kriminalität vor.
Dennoch lassen sich die grundlegenden Befunde nicht vom Tisch wischen. Im Umkehrschluss bedeuten diese Erkenntnisse, dass eine Gesellschaft sehr viel tun kann, um Menschen, gerade solche, die in deklassierten Milieus leben, zu stützen und zu fördern, ihnen Zugänge zu eröffnen. Denn, und ich denke, das ist der Kern der Diskussion hier, der soziale Status ist ein nicht unerheblicher Diskriminierungsfaktor. Das zeigt in Teilen ja leider auch die aktuelle Diskussion um den Umgang mit Bürgergeldempfängern. Würde man davor die Augen verschließen, würde man m. E. sozialer Ungleichheit das Wort reden.
Mutmaßlich würden sich viele Menschen in schwierigen Lebenslagen auch gern in anderen Umständen wähnen. Soziale wie persönliche Ereignisse und Faktoren haben allerdings dazu beigetragen, dass man dort ist, wo man ist. Und letztlich ist Vieles auch schlicht vom Zufall abhängig: Die einen hatten Glück, in einem sozial sicheren Umfeld aufzuwachsen, die anderen werden in prekären Verhältnissen groß, in denen die Handlungsalternativen und Aufstiegsmöglichkeiten vielleicht etwas geringer sind. Das sollte man auch nicht vergessen.