Rando Imperator, ein 650km-Brevet von München über Bozen nach Ferrara
Endlich mal ein Brevet von zu Hause starten, so war der Plan ... von Regen war nie die Rede.
Doch schon zur Abholung der Startunterlagen am Freitag schüttete es – ein vielversprechender Beginn...
Der Start um 4:30 Uhr war natürlich auch im Regen...
Wir wussten, dass es erstmal über den unbefestigten Isarradweg gehen soll, und den meiden wir mit dem Rennrad schon bei trockenen Wetter und Tageslicht - also in die entgegengesetzte Richtung losgefahren und über Grünwald auf der Straße durch den Regen. Gleich nach dem Start sprachen uns zwei Italiener an, ob wir die asphaltierte Alternativstrecke kennen, und bis ins Inntal ließen Selbige sich von uns führen.
Mein "bester Windschatten von allen" führte uns zuverlässig durchs Oberland, die B2 am frühen Morgen ersparte uns weitere Naturwege und wir kamen naß und leidlich sauber an der Kontrolle hinter Garmisch an. Es gab verschiedene Getränke geschmierte Brote und Süßkram - nur leider nix Warmes.
Der Fernpass hatte dichten Verkehr (war ja auch Ferienanfang), aber man kam mit dem Rad gut voran. Nach der Abfahrt folgten wir leider dem Track und landeten auf einem holprigen Waldweg, der nicht nur diverse Viehgatter mit verschieden zeitraubenden Öffnungsmechanismen zu bieten hatte, sondern auch ein kleines Touristenbähnchen (im Wald!), dass uns in den grünen Wegesrand trieb. Im Inntal verloren wir unsere italienischen Schatten, und wärmten uns erstmal in einem Supermarkt-Café mit viel Heißgetränk und noch warmen Nussschnecken auf. Durch das Fenster sahen wir einige andere Randonneure vorbeiziehen und begaben uns irgendwann auch widerwillig wieder in den Regen.
Nach Landeck ließ der Regen endlich nach und im Anstieg zum Reschen kam sogar die Sonne raus, so dass man endlich die Regenbekleidung ablegen konnte. Nach der Kontrolle am Reschenpass (mit Pizza und lecker Kuchen) ging es theoretisch nur noch bergab - zumindest bis Meran. Zuerst blieben wir auf der Hauptstraße, und nach diversen kleinen Gegenanstiegen ging es dann auf den Etschtalradweg (ohne Gegenanstiege, dafür mit 90° Verschwenkungen, Stoppschildern und Gegenwind), der uns ja noch lange begleiten sollte.
Um viertel nach Acht waren wir an der Kontrolle in Bozen. Der Angstbrmsr hatte die Nummern von uns bekannten Unterkünften in Auer abgespeichert und schon bei der ersten hatten wir Glück - also kurz die nassen Regenklamotten in den Bagdrop und nach Auer gestartet. Dort das Zimmer bezogen, ungläubiges Staunen ob unserer geplanten Abfahrt um 3:30 Uhr geerntet, Pizza gegessen, Bier getrunken, geduscht und 3 Stunden im warmen, weichen Bettchen geschlafen. So einen Luxus hatte ich noch nie auf einem Brevet.
Später als geplant ging es weiter auf dem Etschtalradweg, es war trocken, aber man merkte, dass der letzte Regen nicht lange her gewesen sein konnte. Der Morgen dämmerte, die Sonne kam raus, und ein "Bici Grill", der für die in Bozen startenden 300km-Fahrer als Kontrollstelle diente, gab uns nach etwa 80 km die Möglichkeit eines ausgiebigen Frühstücks. Der Track führte uns anschließend (zum Teil gefühlt senkrecht) auf eine Anhöhe und dann steil runter Richtung Gardasee. Dort war die Hölle los, überall Stau und genervte Touristen, und wir waren froh, als wir den See und die Urlauber endlich hinter uns lassen konnten.
Dann sonnig gen Süden und Osten. Zuerst am Mincio entlang. Anfangs etwas zäh wegen vieler Fernradlergruppen, Ausflugstruppen (u.a. mehrere in Rapha gekleidete Väter mit radelnden Nachwuchs – war da eine Veranstaltung?) und kreuzenden Anglern - danach rollte es endlich. Später ging es auf zum Teil arg löchrigen Sträßchen Richtung Mantua. Die beste Kontrolle des Brevets für mich, es gab lecker Risotto, Brot, Kuchen, Getränke und Schatten.
Die letzten hundert Kilometer führten uns auf den Damm des Po, der Radweg dort war zum Teil voller Schlaglöcher und die „Kontaktflächen“ zum Rad litten entsprechend. Wir fuhren direkt auf eine Gewitterfront zu und hatten mit üblen Gegen- und Seitenwind zu kämpfen. Zum Glück hatte ich den Angstbrmsr dabei, hinter dem ich mich, so gut es ging, zu verstecken versuchte.
Der große Fluß - ich muß dringend mal wieder Don Camillo ansehen...
Es ist beim Brevet immer ein blödes Gefühl in Richtung eines Unwetters zu fahren, aber wir hatten Glück, es zog vor uns her und wir blieben regenfrei. Als wir den Po verließen, ging es an einem Kanälchen Richtung Ferrara durch eine kleine Rad/Fußweg-Allee, die hatte leider unter dem vorherigen Unwetter sehr gelitten und wir mussten vorsichtig zwischen nassen Laub/Blütenresten, tiefen Pfützen und heruntergefallenen Ästen unseren Weg suchen - also die Füße wieder nass, diesmal nur von unten.
Die Navigation in Ferrara überließen wir einer Südtiroler Radlertruppe, an die wir uns hängen konnten, und kamen so in den Genuss der großzügigen Verkehrsregelauslegung von italienischen Rennradfahrern. Wie heißt es so schön: When in Rome, do as the Romans do.
Endlich im Ziel gab es noch eine böse Überraschung - die Organisatoren hatten die Dropbags im Regen draußen liegen gelassen, und da wir keine wasserdichten Taschen verwendet haben, war unsere Wechselbekleidung nässer als unsere Radklamotten. Der Haarfön im Hotel war im Dauereinsatz, damit wir nicht in Radklamotten zum Abendessen gehen müssen. (Sechs Euro für ein großes Bier, ein stolzer Preis - und natürlich auf dem Rückweg zum Hotel regnete es wieder und warm war es auch nicht.)
Am nächsten Morgen wurden die Räder in den Bus geladen (am Abend vorher wurde uns der falsche Abfahrtsort genannt, und wir warteten lange am falschen Platz - aber ein Anruf bei dem Veranstalter führte uns dann doch zum rechten Ort) und es ging über Bozen wieder nach Norden. Die Polizeikontrolle an der Grenze fiel nur kurz aus, und was tat es als wir in München ankamen? Es schüttete.
Fazit: Ein schöner Brevet, und ich bereue nicht, ihn gefahren zu sein, momentan plane ich aber keine weitere Teilnahme.
Ich bin kein Freund von Brevets mit Naturstraßen, mir ist gerade bei nassen Wetter der Verschleiß am Rad zu groß, und ich gestehe, dass meine Fahrkünste bei losen Untergrund zu wünschen übrig lassen. Das ist IMHO einer der Nachteile, wenn der Veranstalter so viele Rad(fern)wege einbaut. Auch empfinde ich das Vorwärtskommen auf Radwegen als zu mühsam für einen Brevet - an jeder Kreuzung ein Stoppschild gerne auch noch in Kombination mit 90° Verschwenkungen.
Ausrüstung für den Regen, die sich bei diesem Brevet bewährt hat:
Shimano Regenüberschuhe
Castelli Gabba Trikot und Ärmlinge
Vaude Regenshort
Duschhaube über dem
Helm
Buff unter dem
Helm
Hoffentlich war mein Bericht nicht zu lang,
Grüße Petra