Mit anderen Worten: es ist moralisch genau das gleiche, ob Du einem alten Herrn 10 Euro für sein altes Rad gibst statt 1000, selbst wenn Du weißt daß seine Rente nicht reicht . Du darfst ihm 10 fürs rad geben und 900 zum Leben, wenn Dir danach ist, daß hat mit einem "fairen Preis " beim Radkauf nichts zu tun.
Wie kann man nur in 3 Zeilen alles so grotesk miteinander verquacken!
Ich versuche mal, das Thema aufzudröseln:
a) Was ist ein angemessener, fairer Preis für eine bestimmte Ware, z.B. ein gebrauchtes RR?
Schon schwierig genug, aber "der Markt" kriegt das geregelt - einigermaßen jedenfalls.
b) Erschwerend wirkt sich aus, daß es nicht nur den einen riesigen Markt für alle Handelsgüter gibt, sondern auch viele größere und kleinere Märkte mit einem eingeschränkten, spezialisierteren Angebot.
Niemand kann alle Märkte gut kennen, auf manchen Märkten bewegt er sich ständig und kennt sich daher gut aus, auf anderen ist er selten und bewegt sich unsicherer, von wieder anderen weiß er nicht einmal um deren Existenz.
Marktkenntnis hilft, nicht übervorteilt zu werden - sowohl als Käufer als auch als Verkäufer.
c) Das beginnt schon mit der Auswahl des Marktes:
Auf welchem Markt werde ich meine angebotene Ware überhaupt los, und für sie einen guten Preis erzielen? und
Auf welchem Markt werde ich die gesuchte Ware finden und günstig kaufen können?
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Haben Anbieter und Käufer ähnlich gute "Ortskenntnis" auf dem Markt, gibt es kaum Konflikte.
(Sonderfall dabei: in dem Beispiel von @
101.20 hatten sein Freund und der Flohmarkthändler einen fairen Handel für 5,-€ abgewickelt, der den Regeln des Marktes, auf dem sie sich bewegten, entsprach. Beide wußten nichts von der speziellen Marktnische, in der das Teil extrem viel höher bewertet wird.)
Haben Anbieter und Käufer stark unterschiedliche Marktkenntnisse, besteht die Möglichkeit, daß der Überlegene dies zu seinem Vorteil ausnutzt. Ob er das tut und wie weit er das treibt, das ist der Punkt an dem die ökonomische Fragestellung von einer ethischen Fragestellung ergänzt und überlagert wird. Dabei spielt keine Rolle, wer von beiden der Überlegene ist.
Hoffentlich liest der ältere Herr hier nicht mit ...
Ich korrigiere: Hoffentlich liest er mit und lässt sich nicht übers Ohr hauen!
Hiermit und im weiteren Verlauf hat @
derMicha seine Einstellung dargelegt, wie er sich ein faires Verhalten in einer solch asymmetrischen Sítuation vorstellt (
dafür!). Es ist leider wahr, daß dieses moralische Niveau nicht allzu verbreitet ist, jedoch steht niemandem zu, ihm diese Haltung in Abrede zu stellen, es sei denn er hätte mit ihm gegenteilige Erfahrungen gemacht.
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@
crispinus
Und Du bringst noch überflüssigerweise zusätzlich den Aspekt ins Spiel, wie vermögend der unterlegene Handelspartner ist.
Ich finde, das sollte man getrennt betrachten.
1) Das erhebliche Übervorteilen eines Mitmenschen in Kenntnis und unter Ausnutzung dessen Schwäche (Unkenntnis, Notlage, intellektuelle Limitierung etc.) ist m.E. in jedem Fall moralisch bedenklich, oder gar verwerflich.
2) Wird einem Übervorteilten erfolgreich vorgegaukelt, er sei fair behandelt worden, ist nicht etwa dadurch, daß der sich folglich nicht beklagt, alles in Butter. Im Gegenteil kommt noch der Betrug als moralisches "Delikt" hinzu.
3) Ist der Betrogene vermögend, bleibt der Betrug dennoch ein Betrug.
Ist der Betrogene jedoch arm und für seinen Lebensunterhalt auf den Erlös aus dem Handel angewiesen, und der Überlegene erkennt das, läßt sich dadurch jedoch von seiner egoistischen Handlungsweise nicht abbringen, so ist der Betrug umso unmenschlicher.
4) Ist der durch detaillierte Marktkenntnis Überlegene selber arm und zum Existieren (ob dazu auch das RR n+1 gehört, sei dahingestellt
) auf günstige Gelegenheiten angewiesen, so mag das für ein Handeln nach den Punkten 1)-3) als "mildernder Umstand" gelten, setzt jedoch keinesfalls ethische Prinzipien außer Kraft.
Wie Du, @
crispinus , zu der oben vollständig zitierten Aussage
Mit anderen Worten: es ist moralisch genau das gleiche, ob Du ....
kommst, ist mir vollkommen schleierhaft. Liegt es vielleicht an einer pauschalen Verachtung des Geldes an sich? Ich finde, die von mir eben unter 1-4 dargestellten Prinzipien haben allgemeinere Gültigkeit, nicht nur in Bezug auf Warenhandel, und egal ob Tauschhandel, Handel gegen Geld, Handel gegen Dienstleistung etc. pp.
LG Helmut
P.S.: Altruismus scheint langsam auszusterben.
Lupus est homo homini.