AW: Hipsters Dochebags Dorks Fakengers and the Rest
Evolution statt Revolution
Als Student lebte ich in Berlin. Dort fuhr ich Fahrrad. Es war jahrelang mein einziges Fortbewegungsmittel, Busse und Bahnen verschmähte ich. Und neben mir einige Leute aus meinem Freundeskreis.
Irgendwie sahen wir mit der Zeit einigen Leuten, die radelnderweise ihr Geld verdienten, ein wenig ähnlich. Denn große Taschen sind sinnvoll für viele Bücher und fette Einkäufe. Haltbare Hosen und dicke Schlösser auch. Und irgendwann wird auch das Rad immer weiter abgespeckt, die Schaltung reduziert, robuste Laufräder und
Reifen etc. montiert. Es bleibt was hält.
Damals in den Neunzigern waren Bahnräder eigentlich nicht vorhanden, ich habe in der ganzen Zeit nur eines in Berlin wahrgenommen und darauf saß kein Messenger. Eingestzt wurden vielmehr Mountainbikes mit Slicks und einige weinige Rennräder. Mountainbikes waren 'damals' halt cooler, irgendwann wurde die Gangzahl auf einen reduziert. Aber viele sind so nicht herumgefahren. In Berlin kannte ich auch nur ein knappes Dutzend an Singlespeedern, war einfach nicht massentauglich.
Insofern sehe ich das Ganze auch sehr entspannt. Den meisten Leuten gehen ihre schicken Accessoires irgenwann auf den Sack, wenn sie nicht mehr richtig funktionieren oder die Kette arg quietscht oder gar das Rad schwergängig wird
Modelabels nehmen bereits Klamotten aus der Fixiewelt auf, Leuute lassen sich einen Bart wachsen und stellen sich einen Poloschläger in die Wohnung. Das sind Trends und die vergehen irgendwann wieder.
Was bleiben wird - meiner Meinung nach - ist dass das Radfahren an sich immer mehr gesellschaftlich akzeptiert wird und sich somit verbreitet. So auch die Vielfalt der eingesetzten Kisten. Elektrisch zu radeln wird ein Megatrend, der wohlmöglich nie enden wird - besonders interessant für wenig fitte und ältere Menschen im Sinne einer gesteigerten Mobilität.
Zum Thema Aufwertung für Gegenden: Ist doch geil, wenn mehr Leute Rad fahren! Apropos: War einer von Euch mal in Mitte / P'Berg Berlin? Seit Jahren kommt man nur rein, wenn man eine Flohmarktsonnenbrille trägt, die mindestens 2/3 des Gesichtes verdeckt. Die haben den Stadtteil höchstens für die Schwaben aufgewertet, da die sich plötzlich mit ebendiesen Brillen auch cool vorkommen. So schlimm wird es mit den Fixies jedoch nicht werden. Zumal die meisten Leute darauf kaum fahren können, insbesondere im Stadverkehr... Daher meine ich, dass das Fixie nur marginal einen Stadtteil aufwerten kann und wird. Die meisten Leute nehmen es kaum wahr. Andere wundern sich, was das denn nun für geile Räder sind, die es seit kurzem neu und alt vermehrt gibt? Und manche werden sich eins kaufen, einige weil sie sich damit cool finden, andere werden fahren lernen und dabei bleiben. Das werden in ein paar Jahren wenige sein. Dann fallen auch die Preis e für Stahlrahmen wieder, bestimmt auch für Campa Pista Teile
Mein Credo: Abwarten und Tee trinken und zwischenzeitlich in den Cafés die peinlichen Caféracertypen mit ihren hippen Fixies belächeln - gibt immerhin Gesprächsstoff
Cheers,
ein entspannter Hörni