Auf bitten von
@Crocodillo hier eine kleine Vorstellung unseres Tandems - Trek T100 double cross von 1992.
Die Ausgangslage:
das Jahr 92 war ein Jahr mit vielen Änderungen bei Trek. Die ersten Voll-Carbonrahmen, im Stahlbereich nach und nach Aufgabe der gemufften und gelöteten Stahlrahmen (TrueTemper-Rohre in eigenen Feingußmuffen, einklich ganz schick) zugunsten von hochwertigen, dünnwandigen und geschweißten Stahlrahmen. Die preiswerten Produktlinien waren schon länger geschweißt und kamen vom Chinamann, die hochwertigen wurden noch in Wisconsin gemacht. Der Grund für die Aufgabe der Löt/Muffentechnik war - man wollte mehr Gestaltungsfreiheit in der Geometrie haben und versprach geringeres Gewicht.
Klar, hört sich erstmal Marketingsprech an, um Einsparungen in der Produktion zu rechtfertigen. Tatsächlich waren sämtliche hochwertigen Stahlmodelle leichter geworden und die neuen Freiheitsgrade in der Geometrie wurden genutzt - Trek brachte erstmals zwei Tandem heraus, ein Renn- und ein ATB-Tandem.
Ich war damals Werkstattleiter in einem Fahrradladen und mein Kollege und ich schauten uns bei der Produktpräsentation an, nickten und es war klar - so eins wollten wir haben. Aus Spaß, Daffke und um uns den Kaufwunsch schön zu reden: wenn wirs nicht brauchen, kann man es als Test- und Leihtandem im Laden benutzen.
Gesagt, getan, bestellt. Die Rahmengröße wurde so gewählt, daß vorne jemand (etwa) von 175-185cm sitzen konnte und hinten von 165-175cm. Das sollte viele Anwendungsfälle abdecken und tat es dann auch.
Bestellt wurde das T100, da das Renntandem uns zwar gefiel, aber deutlich teurer war. Mit 3500 DM (minus Angestelltenrabatt durch 2) wurde es unseres.
Auszug aus dem Katalog
Den Umbau auf Rennlenker machten wir selbst und ab ging die Luzi. Ausflüge mit Freunden, Freundinnen, Bekannten, und größere Touren mit Kinderanhänger.
Nach einiger Zeit ließ die Begeisterung nach und es wurde tatsächlich dann als Test- und Leihtandem für Interessierte angeboten.
1994 verließ ich den Radladen zu neuen Ufern und ließ das Tandem da - wirklich brauchen tat ich es nicht.
2010 im Herbst passierte etwas, daß diese Lage grundlegend änderte. Ich brauchte das Tandem als ReHa-Maßnahme für meine schwer erkrankte Frau, die alle Bewegungsroutinen neu lernen musste.
Ich besuchte meine Ex-Kollegen und fragte, ob es das Tandem noch gäbe und falls ja, ob ich es haben/benutzen könnte. Auskunft: klar, aber in welchem Zustand es wär wüßten sie nicht. Es war inzwischen eine Dauerleihgabe für einen Ex-Schrauber (den ich auch gut kannte) geworden. Den auch kurz besucht, und ich konnte es sofort mitnehmen.
Zu Hause auf dem
Montageständer guckten mich 18 Jahre Wartungsstau an nebst häßlichen Resten von roten Plastikschutzblechen.
In aller Eile hab ich das Tandem gerade so fahrbereit gemacht (und Schutzbleche weg), meiner Frau ihre SPD-Schuhe angezogen, sie zum Tandem geführt, draufgehoben, in den Pedalen festgeschnallt, selber aufgestiegen - Probefahrt!
Randbemerkung: ich war damals zwar schon 12 Jahre kein Tandem mehr gefahren, habe aber zuvor jahrelang Leuten mit und ohne Behinderung Tandemfahren beigebracht. Ich wußte also, was ich tat und meine Frau hatte früher auch schon Tandem gefahren.
Die Probefahrt war nur kurz, meine Frau war danach fix und alle, aber es hatte funktioniert. Zwei Wochen später war ihr Muskelaufbau soweit, daß wir eine weitere Ausfahrt machen konnten. Alles klappte.
Zeit alles bewegliche am Tandem zu überholen, reparieren und Verschleißteile zu ersetzen.
Danach habe ich sie ein halbes Jahr überall hingefahren und sie damit zwangsbewegt - es ging immer besser.
Irnkwann so gut, daß sie zusätzlich ihr altes Reiserad im
Rollentrainer nutzen und 2 Wochen später das erste Mal wieder allein Radfahren konnte.
Mit dem Tandem haben wir in den Folgejahren ganz NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Neufünfland, Elsaß, Bretagne, und Südfrankreich unsicher gemacht.
Inzwischen fährt sie mit ihrem Reiserad auch größere Touren aus eigener Kraft und täglich zur Arbeit.
Das Tandem sieht inzwischen so aus: