Ich möchte nochmal auf die Ausgangsfrage dieses Fadens zurückkommen und etwas ausführlicher mit ein paar Quellen darlegen, warum ich - wie weiter oben schon angedeutet - in Bezug auf die 400 Watt recht skeptisch bin, aber ein bissher noch nicht richtig beachtetes Potenzial sehe.
Die angestrebten 400 Watt wären nach den hier verfügbaren Infos 4,4 W/Kg. Wenn man die bekannten Daten zur Leistungsstruktur im Hobby-Sport heranzieht, wird deutlich, dass man sich mit dieser relativen Wattleistung (und der dafür nötigen maximalen Sauerstoffaufnahme VO2max) in der absoluten Hobby-Spitze bewegen würde.
Ein paar Daten dazu.
1. Auf Zwift fallen nur knapp 10% der User, die dort Rennen fahren, in die Leistungskategorie A/A+ (FTP 4 W/Kg oder mehr). In die Kategorie A+ ((4,6 W/Kg oder mehr)) fallen sogar nur 2%. Das sagt dieser Artikel:
https://zwiftinsider.com/racing-landscape-1/
Selbst wenn man unterstellt, dass die Daten dort das tatsächliche Leistungsvermögen der Zwift Population nicht vollständig richtig wiedergeben, weil Leute Aufstiege gezielt vermeiden, bleibt die Erkenntnis, dass die Gruppe über 4W/Kg vergleichsweise dünn besetzt ist.
2. Andrew Coggan hat vor einigen Jahren in einem Posting auf Slowtwitch Überlegungen dazu vorgetragen, welche FTP ein durchschnittlich talentierte junger Mann ("collage-aged male") mit längerem Training erreichen kann und kam auf 3,9 W/Kg - nach längerem gezielten Training:
Let's do some figgerin'...
The average healthy but sedentary, college-aged male has a VO2max of approximately 45 mL/min/kg. However, I have seen it argued based on studies of, e.g., aboriginal tribes (and there are population data from Europe as well as military inductees here in the US to suppor the conclusion) that the "default" VO2max of the average human male is closer to 50 mL/min/kg, and the only way to get below this is to assume a couch-potato lifestyle, gain excess weight, etc. (and/or grow old, of course). So, I'll go with that latter number.
With short-term training, VO2max increases by 15-25% on average, with another perhaps 5-10% possible (on average, anyway) with more prolonged and/or intense training. That gives a total increase of 20-35%, so I'll go with 30% just for argument's sake.
So, if VO2max is, on average, 50 mL/min/kg and increases by, on average, 30%, that means that the average Joe ought to be able to raise their VO2max to about 65 mL/min/kg with training. Indeed, there are many, many, many, MANY amateur endurance athletes with VO2max values of around that number (not to mention the fact that athletes in team sports with an endurance component - e.g., soccer - often have a VO2max of around 60 mL/min/kg, something that is also true in other sports that you don't normally consider to be of an endurance nature, e.g., downhill skiing or motocross - i.e., motorcycle - racing).
The question then becomes, how high might functional threshold power fall as a percentage of VO2max (again, on average), and what does this translate to in terms of a power output? The answer to the former is about 80% (LT, on average, being about 75% of VO2max in trained cyclists), which means that in terms of O2 consumption, a functional threshold power corresponding to a VO2 of 65 mL/min/kg * 0.80 = 52 mL/min/kg could be considered average. If you then assume an average cycling economy of 0.075 W/min/kg per mL/min/kg, this equates to...
3.9 W/kg
http://forum.slowtwitch.com/Slowtwi...n_be_expected_from_the_average_Joe_P2830186-2
Ob das jetzt am Ende genau 3,9 Watt/Kg sind, oder vielleicht nur 3,8 oder doch 4 W/Kg ist nachrangig, entscheidend ist die Schlussfolgerung, dass selbst in einer jungen Population nur wenige Sportler deutlich jenseits der 4 W/KG kommen können und dass dafür großer Trainingsaufwand und/oder entsprechendes Talent erforderlich ist.
3. Dass diese Aussage nicht aus der Luft gegriffen ist, kann man auch anhand anderer Daten plausibilisieren. Coggan kommt in seinen Überlegungen zu dem Schluss, dass ein junger gesunder Sportler mit einigem Training auf eine VO2max von 65ml/l/kg kommen könne (woraus dann unter Annahme, dass 80% der VO2max als Dauerleistung abgerufen werden können und eines Wirkungsgrades von 0,075 W/min/Kg bzw. rund 22% die FTP von 3,9 W/KG abgeschätzt wird) .
Wie häufig eine VO2max von 65ml/l/Kg bei Hobbysportlern tatsächlich erreicht wird, kann man abschätzen, wenn man sich die Ergebnisse großer Lauf-Marathons ansieht. Es gibt Daten, die zeigen, welche VO2max Läufer in bestimmten Zeitfenstern bei Laufmarathons haben.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7552741/
Die Studie sagt, dass Läufer mit einer VO2max von rund 55ml/l/kg im Durchschnitt (!) in die Nähe der 3:30 laufen. Aufgrund verschiedener Faktoren ist der Zusammenhang zwischen VO2max und Marathon-Zeit zwar nicht extrem eng, d.h man kann mit dieser VO2max auch an die 3h laufen, wenn man sehr, sehr effizient ist (siehe z.B. die Daten hier
https://www.hrv4training.com/blog/r...rathon-estimated-vo2max-in-hrv4training-users), das sind aber seltene Ausnahmen. Normalerweise sind für Zeiten unter 3h VO2max-Werte um oder jenseits der 60 ml/l/kg erforderlich, mit der von Coggan genannten Obergrenze von 65 ml/l/Kg läge man, wenn man nicht total unökonomisch läuft, sehr deutlich unter 3h Marathon-Zeit. Nimmt man jetzt noch die Verteilung der Zeiten bei großen Marathons ins Bild (Siehe z.B.
https://www.marathonstatistik.com/zeiten-berlin.html), zeigt sich, dass die Zahl der Sportler, die tatsächlich eine solche Marathon-Zeit erreichen, gering ist. Beim Berlin-Marathon - mit 45.000 Teilnehmern wohl der größte Marathon in D. - schwankte die Durchschnittszeit für Männer zumeist um die 4h - Marke.
Die Daten zeigen eindeutig, dass im Hobbysport die allermeisten Sportler - selbst wenn sie so ambitioniert sind, einen Marathon zu laufen - sehr, sehr, sehr weit weg von der von Coggan als oberes Limit für Durchschnittssportler angegebenen VO2max von 65 ml/l/Kg liegen.
4. Jetzt zur Frage, welche VO2max man braucht, um auf eine FTP von 4,4 W/Kg zu kommen.
Wenn wir - wie Coggan - davon ausgehen, dass die Dauerleistungsgrenze bei 80% liegt (das ist der Faktor, der angibt, welchen Teil der VO2max ein Sportler über längere Zeit halten kann) und der Wirkungsgrad bei 22% liegt, benötigt man für 4,4 W/Kg eine VO2max von 73 ml/l/Kg. Sollte es gelingen, durch entsprechendes Training die Dauerleistungsgrenze zu steigern würde sich die benötigte VO2max etwas reduzieren. Das Level bleibt aber in jedem Fall sehr hoch. Hinzu kommt, dass der von Coggan unterstellte Wirkungsgrad von 22% schon am oberen Ende dessen liegt, was für verschiedene Leistungsklassen berichtet wurde. (
https://collections.lib.utah.edu/details?id=704525)
Long story short: Man kann es drehen und wenden wie man will, die Messlatte für die 4,4 W/Kg liegt verdammt hoch.
Ein Faktor, der hier aber noch nicht betrachtet wurde, aber ein paar Überlegungen Wert wäre, ist das Gewicht. Bei den vom TE genannten 95 Kg bzw. 92 Kg auf 1,88 m drängt sich auf, dass eine deutliche Verbesserung der relativen Werte (VO2max und FTP) über weitere Gewichtsreduktion möglich sein sollte. Dann klappt es zwar nicht mit den 400 Watt, aber im Zeitfahren würde es auch helfen, denn Gewichtsreduktion kann in vielen Fällen auch eine Reduktion der Stirnfläche nach sich ziehen.