Endlich bin ich jetzt dazu gekommen, den zweiten Teil der Beschreibung zu verfassen. In der Zwischenzeit hat der erste Starter die Strecke unter die Räder genommen, weitere wurden und werden von nächtlichen Ausgangssperren und Beherbergungsverboten aufgehalten. Mir ist es wichtig, dass sich die Teilnehmer an die lokal geltenden Bestimmungen halten, daher akzeptiere ich keine Nachweise und Kontrollfotos, die mögliche Verstöße belegen. Ich bin aber guter Hoffnung, dass sie offizielle Befahrung der Strecke schon bald wieder möglich ist.
Hunsrück I
Pünktlich zum Sonnenaufgang stehen wir am nächsten Morgen auf der Nahebrücke und machen uns bereit für den Hunsrück. Die erste Kontrolle für den Tag kommt schon nach 10 Kilometern – allerdings sind bis dahin fast 600 Höhenmeter zu bewältigen. Nahezu ohne Verkehr geht es hinauf zum Forsthaus Lauschhütte, ohne vorheriges Frühstück durchaus eine Herausforderung.
Anfangs hat man ab und zu noch eine schöne Aussicht auf Bingen und den Rhein am Binger Loch – der Engstelle ganz südlich im Durchbruchstal des Rheins durch das Rheinische Schiefergebirge. Hier hatten schon die Römer mit einem Riff zu kämpfen, welches eine Gefahr für den Schiffsverkehr darstellte. Erst im 17. Jahrhundert wurde die Stelle durch Sprengungen allgemein schiffbar gemacht, das Binger Loch entstand.
Bevor wir weiter in den Hunsrück fahren, stärken wir uns noch beim Bäcker in Seibersbach. Diese Chance sollte man nutzen, danach kommt nämlich vorerst nichts. Dafür kann man sich für die kommenden Kilometer besonders sonntags früh auf sehr wenig Verkehr einstellen. Zudem sind die Steigungen meist gut fahrbar, so macht das Radfahren Spaß. Zunächst geht es über eine Art Plateau immer südlich am Rand des Soonwaldes entlang, später kommen dann aber doch die unvermeidlichen Quertäler, die gekreuzt werden müssen. Besonders das Simmerbachtal mit der rasenden Abfahrt und dem auf der anderen Talseite drohenden steilen (aber sehr schönen) Anstieg bleibt in Erinnerung.
Wir fahren weiter Richtung Westen, vorbei an der Frühberg Grube, wo der berühmte Hunsrückschiefer aus dem letzten aktiven Schieferbergwerk der Region verarbeitet wird, der das Erscheinungsbild der Städte und Dörfer der ganzen Region so maßgeblich prägt. Irgendwann taucht rechts der Strecke der markante Idarkopf auf, mit den mittlerweile verlassenen Skipisten, und dann folgt links der Wildenburger Kopf, erkennbar an dem auf den Ruinen der Wildenburg errichteten Aussichtsturm. Damit wissen wir, wir sind mittlerweile im Schwarzwälder Hochwald angekommen und der Weg bis zum Erbeskopf ist nicht mehr weit. Erst hier herrscht merklich mehr Ausflugsverkehr.
Der Anstieg zum Erbeskopf ist vergleichsweise harmlos: eine gut ausgebaute Bundestraße mit ordentlichem Radweg führt hier über den Hunsrückhauptkamm, an deren höchsten Stelle zweigt eine Stichstraße zum Gipfel ab. Oben gibt es einen etwas in die Jahre gekommenen Aussichtsturm und die Aussichtsplattform Windklang, die einen schönen Blick nach Norden über Skipiste und den Bikepark Erbeskopf, weiter Richtung Mosel, bietet.
Wir genießen ein bisschen die Aussicht, machen unser Kontrollfoto an der Skulptur Windklang und stürzen uns die schnelle Abfahrt nach Thalfang runter. Hier können wir an der Tankstelle oder in einem der Supermärkte endlich wieder unsere Vorräte aufstocken. Nach einem kurzen Gegenanstieg kommt schon die nächste, sehr schöne Abfahrt ins Tal der Großen Dhron, fast bis runter zur Mosel. In Papiermühle biegen wir jedoch ab und fahren das Tal der Kleinen Dhron hoch, bis wir oben auf der Zummethöhe ausgespuckt werden, mit grandiosem Ausblick über die Moselschleife bei Trittenheim ("Schönste Weinsicht 2016"). Durch die Weinberge geht es runter zur Mosel nach Thörnich und von dort über die Brücke hinein in die Eifel.
Eifel
Nur ein ganz kurzes Stück bleiben wir an der Mosel, direkt bei der nächsten Möglichkeit geht es hinein in ein Seitental, das Salmtal, mit dem eher unbekannten Salmradweg, welchem wir für ein paar Kilometer folgen. Es geht meist über Wirtschaftswege mit vielen Richtungswechseln und kurzen giftigen Anstiegen, dafür aber fast ohne Verkehr. Das ist alles sehr hübsch, zeitweilig aber auch extrem demotivierend: dauernd hügelig, aber ohne nennenswerten effektiven Höhengewinn. Erst mit dem Anstieg nach Bergweiler ändert sich das und die Steigungen werden wieder länger und gleichmäßiger, die Straßen etwas größer. So gelangen wird irgendwann zur nächsten Kontrolle am Meerfelder Maar, einem der vielen Zeugen von Vulkanismus in der Eifel, entstanden vor über 30.000 Jahren durch eine unterirdische vulkanische Explosion, welche einen Einsturztrichter an der Oberfläche hinterlassen hat.
Auf der Karte erkennt man ganz gut, dass dieser kreisrunde Trichter deutlich größer als der eigentliche Maarsee ist und das gesamt Dorf noch innerhalb des Kessels liegt. Die Kontrolle ist links der Strecke an der Skulptur Urknall und somit Teil des Kosmosradwegs, dem wir anschließen ein gutes Stück durch das Tal der Kleinen Kyll (nicht zu verwechseln mit der parallel verlaufenden deutlich bekannteren Kyll) folgen.
Bis Neroth – lokale Sehenswürdigkeit ist hier das große Mausefallenmuseum – bleiben wir im Tal der Kleinen Kyll, erst danach geht es über die Hügel rüber nach Gerolstein, bekannt durch das Mineralwasser und ausgestattet mit zahlreichen Einkaufs- und Verpflegungsmöglichkeiten. Wir entscheiden uns für ein Stück Torte – warmes Essen soll es erst heute Abend im Hotel geben.
Gut gestärkt verlassen wir die Stadt vorbei an den Gerolsteiner Dolomiten und fahren in die nördliche Vulkaneifel, gut erkennbar an den zahlreichen markanten Vulkankegeln links und rechts der Strecke. Hier beginnt ein extrem hügeliger Abschnitt, geprägt von dauernden kurzen Anstiegen, der sich bis zum Ahrtal, gut 70 Kilometer später, hinzieht. Bis dahin geht es auf kleinen, meist wenig befahrenen Straßen ständig auf und ab.
Mit der nächsten Kontrolle in Auel auf der kleinen Brücke mit der Statue des Brückenheiligen Johannes von Nepomuk sind etwa zwei Drittel der Superrandonnée geschafft. Nach der Kontrolle geht der Ritt über die Hügel weiter und die Strecke führt uns durch Lissendorf, über die Kyll und weiter in die Toskana der Eifel, die Wacholderheide bei Alendorf.
Auf den folgenden Höhen hat man dann das erste Mal guten Blick auf die Hohe Acht und die Nürburg, beide gut erkennbar an den markanten vulkanischen Kegelformen und ebenso gut voneinander zu unterscheiden: auf der Hohen Acht steht ein kleiner Aussichtsturm, während sich auf dem anderen Kegel deutlich die Nürburg abzeichnet.
Nach der Kontrolle Lommersdorf, an einem kleinen steinernen Wegekreuz am Ortsausgang, sind es nur noch ein paar Kilometer und Hügel bis zum Abzweig nach Wershofen, wo unsere Unterkunft für diese Nacht etwa 1,5 Kilometer abseits der Strecke wartet. Langsam dämmert es auch und wir beenden den Tag nach 430 Kilometern mit über 4000 Höhenmetern in der gemütlichen Gaststube des Hotels. Es gibt Eifeler Hirschgulasch, Spätzle und Rotkohl. Dazu zwei Bier und ab geht es ins Bett.