gestern war ich mit dem Colnago in Berlin unterwegs

Steglitz > Kreuzberg bei nettem Wetter, Kamera im Rucksack, einen weiten Bogen um das Gebiet de Karneval der Kulturen-Straßenfestes gemacht. Bei ner Geburtstagsfeier in der Ritterstraße ein Bierchen getrunken (eins mit und eins ohne Alk), gut gegessen, und gegen 23:00 mich auf den Heimweg gemacht. Um dem KDK aus dem Weg zu gehen entschloss ich mich zum Anhalter Bahnhof zu fahren... und dann mit der S-Bahn. Es sollte anders kommen.
Als ich von der Zimmer- in die Charlottenstraße abbog kam Kopfsteinpflaster und ich war für den Moment etwas desorientiert und suchte nach Landmarks (ich war vom Weg abgekommen, hätte weiter auf der Zimmerstrasse bleiben sollen, dann Koch- und Puttkamer) ... sah aber irgendwie keine...wegen dem Kopfsteinpflaster auf den Bügersteig, da sah ich Fussgängergruppe entgegenkommen und bin auf eine angrenzenden Parkplatz, der sich parallel zur Straße hinzieht, völlig leer. Ich bin im Schritttempo da so lang gelullert, und nähere mich der ersten Querstraße, immer noch auf dem Parkplatz... als rechts von mir im Dunkel irgendwer vom "Axel-Springer-Haus" redet...
Mein Hirn sagt, ah, ja - klar - jetzt weiss ich wo ich bin, ich schaue hoch, und das letzte was ich sehe ich die Seitenfront und Rückseite eines Gebäudes und überlege ob's das ist, aber bevor ich noch denken konnte schlug ich mit dem Gesicht mitten in den Gullideckel auf dem Bürgersteig der abgehenden Querstraße ein. Es war etwa 23:15...
Mir wurde schwarz vor Augen, versuchte hochzukommen, mein Blickfeld verringerte sich links zusehends durch Schwellung und es plätscherte flüssig auf den Boden... Füße kamen ins Blickfeld, irgendwer fragte wie's mir geht, rief dabei aber schon die Feuerwehr an, wobei der ne falsche Straße ansagt, aber ich war noch zu beschäftigt damit die Eindrücke der letzten Sekunden zu verarbeiten.
Mein Kopf dröhnte, mein Gesicht fühlte sich an wie Matsch,und - "was ist mit dem Rad?" Lag 2 Meter neben mir. In genau dem Moment, in dem ich hochschaute muss ich mit dem Vorderrad die echt niedrigen Begrenzungssteine des Parkplatzes rerreicht haben, und wegen dem geringen Tempo hat der abrupte Stopp gereicht um mich wie ne Rakete abgehen zu lassen. Hatte nicht die sonst üblichen Klickies an sondern Straßenschuhe...
Ich war dann schon wieder auf den Beinen, schaute nach meiner Kamera im Rucksack, auf die ich zum Glück nicht gefallen war und nach dem Rad, was komplett unbeschädigt scheint. Die umgebenden Leute schienen alle der Meinung zu sein ich solle mich lang machen, aber das gefiel mir nicht, ich wollte stehen und den Überblick behalten.
Ein einzelner Polizist kam vorbei und wickelte mir nen Verband um den Kopf, aber mehr oder weniger nutzlos

nach 20 Minuten hat der Notarztwagen uns trotz der falschen Adresse gefunden... die Angegebene war ne Querstraße weiter. Die Besatzung war sehr nett, schaute sich mein Gesicht an und meinte ich müsse da wohl mit, ich sagte mein Rad muss auch mit... und so landete ich und Colnago in der Notaufnahme des St. Joseph', wo die nette Besatzung mich hinfuhr weil es am ehesten in Richtung Heimat lag. Alle schienen immer wieder beindruckt von meinem Aussehen zu sein, darum versuchte ich mich noch einmal im selfie machen (und stellte fest das das Mobile nur in eine Richtung blitzt... so konnte ich auf dem Display nicht allzuviel erkennen.
Ich fand in der Einfahrt der Notaufnahme einen guten Platz das Rad anzuschließen,wo es nicht behinderte. In der Notaufnahme durfte ich mich im Gang auf einem Bett ablegen.. und wartete erstmal 4 kotzende Alkoholleichen ab (weiblich, 14-15 Jahre). Irre was da so rauskam aus denen. 00:45 war ich dann dran, und wurde begutachtet, immer wieder das Gefühl echt scheiße auszusehen aus den Reaktionen der vorbeikommenden lesend. Ein kleines Mädchen hielt sich jedesmal die Augen zu wenn sie an mir vorbeikam.
Dann wurde ich abgedeckt und 20 min lang genäht... 3 Spritzen Stirn, Schläfe, Jochbein. Ne Naht Augenbraue, ne Naht vertikal runter am Augenwinkel vorbei und auf der Stirn/Schläfe auch noch.... parallel dazu Tetanus in den Arm. Das Säubern der Wunden machte mir dann mehr Probleme als alles andre. Ich bat die Schwester um Fotos, und die Nette fotografierte die Näh-Prozedur und das Ergebnis, und dann sah ich mich das erste mal recht deutlich und scharf. Ich sehe scheiße aus. Wirklich. Die genähten Bereiche waren schon zugeklebt, aber allein der Blutgefüllte Pingpongball unterm Auge war schon übel. Das arme Kind. Dann wieder warten, Röntgen Schulter links und CT vom Kopf. Mittlerweile ist's so halb 3...
Das Bildgebende Prüfung ergab keine Brüche, 40 Minuten später - etwa 3:20 konnte ich die Notaufnahme verlassen. Zuvor boten sie mir an die Nacht dort zu verbringen, was mir nicht recht war, ich wollte mich verkriechen.
Wieder ne halbe Stunde später (alles dauert etwas länger wenn der Körper bemerkt was alles wehtut) und ich fand mich das Rad schiebend auf der Straße wieder, keine Ahnung wo ich tatsächlich war. Da zu Fuß herauszufinden wo ich hin musste etwas langwierig geworden wäre, bin ich dann aufs Rad. Nach kurzen Hemmungen und panischem Lenker festklammern rollte ich dann aber schon wieder und fand tatsächlich ne Straße die mir bekannt war - nur die Richtung überhaupt nicht. Ein vorbeikommende Radfahrerin fragte mich ob es mir gut ginge... und es stellte sich heraus dass sie etwa 3/4 den selben Weg hatte wie ich, und so radelten wir im Morgengrauen gemächlich den Grazer Damm hinunter... in Richtung Heimat.
Jetzt, nach 4 Stunden Schlaf und noch ohne Kaffee versuche ich die Geschichte zu bewältigen...
ich werd die Ekelfotos nur als Thumb einfügen