Achterbahn der Gefühle
19.02.2017
Ein Sonntag im Februar, der Wetterbericht versprach leichte Plusgrade und Regen ab 10 Uhr im Sauerland. Trotzdem startete ich mit dem Auto nach Neuenrade zum 7. Lauf der WWBT (Westfalen Winter Bike Trophy). Und das erste Mal war ich mehr als pünktlich am Start. Sogar noch Zeit für einen Kaffee. Mein MTB hatte ich die Tage vorher noch mit Rennlenker und festem Schutzblech hinten umgerüstet.
Punkt 10 Uhr erfolgte der Start ohne Regen. Nach ein paar Metern noch den Tacho gerichtet und es ging auf die Strecke. Kurz über Straße und dann bogen wir schon ins Gelände ab. Was noch halbwegs flach begann, wurde schnell bergig. Immer wieder Anstiege, gefolgt von kurzen Abfahrten. Auf und ab wie eine Achterbahn. Da ich immer etwas brauchte um warm zu werden, fuhr ich erst einmal etwas ruhiger.
Das Wetter war grau, aber von oben trocken und der Matsch auf der Strecke hielt sich noch in Grenzen. Es rollte immer besser. Ich machte meinen ersten Fotostopp in schöner Landschaft. Langsam kam ich auch in Schwung und es lief immer besser. Nach nur knapp 10 km dann die erste Kontrolle wo ich nur kurz stempelte und direkt weiter fuhr.
Das wellige Profil setzte sich fort und ich wurde auch berghoch langsam etwas schneller, wie man an meinem gequältem Lächeln sehen konnte. Danke an Ralf für das Foto.
Nach ca. 21 km war bereits die zweite Kontrolle beim Schloss Wocklum erreicht. Bis hierhin lief es noch ganz gut, auch wenn das auf und ab etwas an der Kondition saugte. Aber ich war guter Dinge und genoss die Landschaft. Hier musste ich mich nach dem Stempeln entscheiden ob ich die 35 km Route zurück zum Ziel wählen wollte, oder doch geradeaus die Steigung auf die 53 km Route nahm. Da ich nicht wusste was mich erwartete fuhr ich geradeaus. Wenn es weiter so gelaufen wäre, würde die Schleife kein Problem. Wenn......
Die Landschaft sah richtig nach Urlaub aus. Doch was mich erwartete war die Hölle. Ab hier kamen immer wieder steile, sehr matschige Abschnitte, die mir die letzte Kraft aus Körper und Geist saugten. Selbst auf fast ebenen Strecken bremste der zähe Matsch dermaßen das ich kaum noch voran kam. Immer mehr rebellierten meine Muskeln und mein Kopf gab schon beinahe auf. Laut vor mich hin fluchend und an den steilen Stücken schiebend, bewegte ich mich Meter für Meter weiter. Die Zeit verrann ohne das ich wirklich Strecke machte. Das würde mit der Zielzeit ziemlich knapp werden.
Bei Schloss Melschede machte ich noch einmal einen kleinen Fotostopp. Von vorne sah das Schloss mit seiner gelben Farbe sehr freundlich aus, aber die Rückseite erwies sich als schmutzig-grau. Da hatte die Farbe wohl nicht gereicht. Dafür hat sich bei meinem MTB der Rennlenker mit seinen vielen Griffpositionen sehr bewährt. Ebenso das hintere Schutzblech, welches dafür sorgte das ich hinten sauber blieb. Vorne sah ich bereits wie ein Dreckschwein aus.
Die schöne Strecke durch die Wälder und die Höhen konnte ich leider kaum genießen. Zu sehr beanspruchte mich der Gedanke weiter zu kommen.
Die Uhr rann gnadenlos weiter und ich wurde gefühlt immer langsamer. Dazu wurde es auf der Strecke immer einsamer. Die meisten hatten mich wohl schon überholt.
Nach einer kurzen Abfahrt dann eine nasse und matschige Bachabfahrt, die ich noch meisterte, aber dann blieb ich im tiefen Matsch berghoch einfach stecken. Also schieben. Aber selbst das schieben war mehr als anstrengend. Ich merkte wie die letzte Kraft meinen Körper zu verlassen drohte und fragte mich zum wiederholten Male warum ich mir das antat. Nie wieder, beschloss ich in diesem Moment. Nie wieder!
Einzelne Fahrer zogen an mir vorbei und auch Ralf kam mit Burghild, Dieter und ein paar Anderen vorbei. Mir war anzumerken wie fertig ich war. Schließlich verkündete ich es auch die ganze Zeit lautstark. Laut schimpfend und fluchend erreichte ich das Ende der Steigung an einem breiteren Forstweg. Hier stieg ich wieder aufs Rad. Noch ein paar kleinere Wellen und es ging zur 3. Kontrolle, wieder am Schloss Wocklum.
Hier traf ich die Anderen wieder. Ich gönnte mir heißen Zitronentee und zwei Stücke Waffeln. Nach einer kurzen Pause fuhren wir zusammen los, um die letzten 14 km unter die Räder zu nehmen. An der ersten Steigung musste ich sie ziehen lassen. Obwohl das Profil des Rückweges genau mein Ding wäre, nur leichte Wellen und keine stärkeren Steigungen mehr, fehlte mir einfach die Kraft. Ich fühlte auch schon ein Ziehen im Oberschenkel und über dem Knie, welches sich am nächsten Tag als leichter Muskelkater heraus stellte. Ab ca. 14 Uhr tröpfelte es dann etwas. Aber es wurde zum Glück noch kein richtiger Regen daraus. Trotzdem erreichte ich kurz vor 15 Uhr noch einigermaßen trocken nach 53 km das Ziel. Über die Durchschnittsgeschwindigkeit breite ich den Mantel des Schweigens. Es war die Langsamste die ich je gefahren bin. Schnell abmelden und dann gönnte ich mir Kaffee und Kuchen und versuchte mich zu erholen. Das ein oder andere Gespräch in gemütlicher Runde stimmte mich dann auch mit der Strecke wieder versöhnlich.
603 Teilnehmer starteten trotz nicht optimaler Wettervorhersage auf den verschiedenen Strecken. Die 53er Strecke war bisher das härteste was ich an CTF gefahren bin. Das war wirklich, nicht nur wegen den Höhenmetern, die Königsetappe der WWBT. Von meinem Urteil nie wieder, bin ich zwischenzeitlich wieder abgewichen. Was interessieren mich meine Gedanken von vor ein paar Stunden? Jetzt, frisch geduscht und mit sauberen Klamotten, satt gegessen und ausgeruht, sieht die Welt gleich wieder anders aus. Die Organisation war topp, die Leute alle freundlich und die Strecke sehr anspruchsvoll und landschaftlich ein absolutes Highlight. Was will man mehr?