• Hallo Gast, wir suchen den Renner der Woche 🚴 - vielleicht hast du ein passendes Rennrad in deiner Garage? Alle Infos

Watt und Laktat

vogs

Mitglied
Registriert
20 September 2012
Beiträge
63
Reaktionspunkte
1
Hallo,
ich setzte mich in letzter Zeit mit der Trainingsgestaltung via Wattmeter auseinander. Dazu stellt sich mir die Frage welche Belastung tatsächlich zum Aufbau von Laktat führt. Beim Training nach Watt geht man ja davon aus, dass die Laktat-Schwelle bei einer bestimmten Wattzahl (z.B. Ermittelt durch Laktatschwellen-Messung) eintritt, mehr oder weniger unabhängig vom Puls. Der Puls ist ja, im Gegensatz zur Leistung, mehr Variationen ausgesetzt z.B. Dirft bei längerer Belastung, Tagesverfassung, ...
Meine Frage ist nun, welche Belastung tatsächlich das Laktat ansteigen lässt. Ist es die "Nettobelastung", sprich die Watt die ich trete oder die "gefühlte Belastung", also der höhere Puls?
 
Hilfreichster Beitrag geschrieben von Teutone

Hilfreich
Zum Beitrag springen →
Ich denke, simpel man kann es so formulieren, dass die Watt das Laktat erzeugen (also natürlich die Muskeln), aber der Puls (also der Blutfluss) die Muskeln ver- und entsorgt. Es hängt also beides in einem Kreislauf zusammen. Ob bspw. Die 4 mmol-Grenze überschritten wird, hängt zum einen davon ab, wieviel Laktat erzeugt, aber auch, wieviel wieder (über Leber und Niere) entsorgt und abgebaut wird. Vielleicht kann @pjotr das aber noch etwas wissenschaftlicher (oder besser) formulieren.
 
Insbesondere wird das Laktat ja da gebildet, wo der Puls noch gar nicht richtig nachgezogen hat. So erreichen zB 400m Läufer, oder sagen wir mal km Fahrer auf der Bahn bei einer Belastungszeit von rd. 1min extrem hohe Laktatwerte. Der Puls allerdings braucht in der Regel deutlich länger um stabil auf Belastung reagieren zu können. Deshalb steuert man ja speziell solche Belastungen auch nicht über Pulskontrolle. Bei längeren, gleichmäßigeren Ausdauerbelastungen hingegen kann man schon auf die Idee kommen diesen mindestens parallel mit zu betrachten.
 
Ich denke, simpel man kann es so formulieren, dass die Watt das Laktat erzeugen (also natürlich die Muskeln), aber der Puls (also der Blutfluss) die Muskeln ver- und entsorgt. Es hängt also beides in einem Kreislauf zusammen. Ob bspw. Die 4 mmol-Grenze überschritten wird, hängt zum einen davon ab, wieviel Laktat erzeugt, aber auch, wieviel wieder (über Leber und Niere) entsorgt und abgebaut wird. Vielleicht kann @pjotr das aber noch etwas wissenschaftlicher (oder besser) formulieren.
Ich weiß auch nicht, ob ich noch was beitragen kann, aber die grundsätzliche Darstellung ist wohl schon richtig. Die Eigenschaften der Muskulatur ( Muskelfaserstruktur, Dichte und Größe der Mitichondrien und ihre Aktivität, Dichte der Kapillare u.a.m. ) bestimmen zusammen mit anderen Faktoren (Temperatur, Ernährung), wie viel Laktat bei bestimmten Leistungen produziert wird, wobei es dabei auch auf die Zeitdauer der Belastung und die Art und Umfang der Vorbelastung ankommt. Bei wiederholten kurzen Sprints sinkt zum Beispiel der Anteil der anaeroben Energiebereitstlellung zugunsten einer Zunahme der aeroben Energiebereitstellung - siehe hier:

energy-systems-for-3-30-second-bouts.jpg


Die Hf ist dann eine abhängige Größe dieser Prozesse, die vom Sauerstoffbedarf der Muskulatur und einigen anderen Faktoren beeinflusst wird, wobei der Sauerstoffbedarf der Muskulatur wiederum durch die oben schon beim Laktat genannten Faktoren (Kapillarisierung, Mitchondrien etc.) beeinflusst werden. Und wie von @captain hook schon angemerkt darf man nicht vergessen, dass die Hf hinter den Prozessen in der Muskulatur nachläuft.
 
Hallo,
ich setzte mich in letzter Zeit mit der Trainingsgestaltung via Wattmeter auseinander. Dazu stellt sich mir die Frage welche Belastung tatsächlich zum Aufbau von Laktat führt. Beim Training nach Watt geht man ja davon aus, dass die Laktat-Schwelle bei einer bestimmten Wattzahl (z.B. Ermittelt durch Laktatschwellen-Messung) eintritt, ....
Halt Stop! Da liegt möglicherweise schon das entscheidende Mißverständnis: Denn die Laktat-Schwelle ist der Punkt, an dem die Laktat-Produktion die Laktat-Utilisation (= Abbau von Laktat durch irgendeine Form von Oxidation, also durch Gluconeogenese, Einschleusung in den Zitronensäurezyklus in Muskelzellen, Gehirnzellen oder wo auch immer usw.) deutlich überwiegt, so daß die Blut-Laktatkonzentration (das ist eine systemische Größe, also nicht zu verwechseln mit der Laktat-Konzentration in verschiedenen Muskel-Gruppen) sprunghaft ansteigt. Es geht also nicht darum, wann die Laktat-Produktion beginnt. Sie beginnt spätestens mit deinem ersten Atemzug, ich glaube aber, viel eher.

Ich vermute, du hast da ein Mißverständnis, falls ich mich irre, sorry.

Wenn es so wäre, würdest du dich überhaupt nicht in schlechter Gesellschaft befinden: In Zeiten der Anfänge der Laktat-Diagnostik unterlagen fast alle diesem Trugschluß (das war aber vor ca. 40 Jahren). Das führte zu solch bizzaren Ideen, wie z.B. im 100-m-Lauf nur ein einziges Mal aus- und einzuatmen, weil es ja unsinnig wäre, auch noch Energie an die Atmung zu verschwenden. Wenn du jetzt sagst, wer glaubt denn sowas - volle Zustimmung, aber die meinten das ernst...

Du hast ja gesehen, daß auch qualifizierte Leute nicht eine kompakte Antwort auf deine Frage geben können, was darauf hindeutet, daß sie eigentlich irrelevant ist. Es sei denn, du sagst, warum du das wissen wolltest. Dann könnte man das Ganze einer der Denkrichtungen zuordnen, die hier aufgekommen sind.
mehr oder weniger unabhängig vom Puls. Der Puls ist ja, im Gegensatz zur Leistung, mehr Variationen ausgesetzt z.B. Dirft bei längerer Belastung, Tagesverfassung, ...
Meine Frage ist nun, welche Belastung tatsächlich das Laktat ansteigen lässt. Ist es die "Nettobelastung", sprich die Watt die ich trete oder die "gefühlte Belastung", also der höhere Puls?
Die Frage wurde schon beantwortet.
 
Hallo,
ich setzte mich in letzter Zeit mit der Trainingsgestaltung via Wattmeter auseinander. Dazu stellt sich mir die Frage welche Belastung tatsächlich zum Aufbau von Laktat führt. Beim Training nach Watt geht man ja davon aus, dass die Laktat-Schwelle bei einer bestimmten Wattzahl (z.B. Ermittelt durch Laktatschwellen-Messung) eintritt, mehr oder weniger unabhängig vom Puls. Der Puls ist ja, im Gegensatz zur Leistung, mehr Variationen ausgesetzt z.B. Dirft bei längerer Belastung, Tagesverfassung, ...
Meine Frage ist nun, welche Belastung tatsächlich das Laktat ansteigen lässt. Ist es die "Nettobelastung", sprich die Watt die ich trete oder die "gefühlte Belastung", also der höhere Puls?
Wenn man neben der Belastung noch den Begriff der Beanspruchung nutzt. Dann kann man die Leistung als Belastung von außen messen und die HF als einen Parameter der Beanspruchung verstehen. Die Leistungsmessung über den PM zeigt auch nur die äußere Leistung an. Was der Körper innen produzieren muss ist von dem Rad (Geometrie), den Hebeln der Muskel-Sehnen-Komplexe und anderen Faktoren (intramuskuläres ) abhängig. So ergibt sich ein Laktatwert bei Dir bei einer gegebenen Leistung x, der bei anderen anders ausfallen kann. Laktat würde ich auch als einen summarischen Beansprungswert verstehen.
 
Vielen Dank für die Antworten.
Mir ist soweit klar, dass immer Laktat produziert wird und die Schwelle eben den Beginn der "Übersäuerung" markiert. Auch, dass im Körper immer ein komplexes Zusammenspiel für den Auf- und Abbau des Laktats zuständig ist, ist mir soweit klar. Nichtsdestotrotz sollte es ja einen "Haupttreiber" für die Entstehung von Laktat geben. Offenbar ist es eher die Nettobelastung, sprich die getretenen Watt, sonst würde das Training nach Watt ja nicht so viel Sinn machen. Ein Beispiel: wenn ich 200W bei einer HF von 150 trete müsste ich dann in einem ähnlichen Laktatbereich liegen als wenn ich ein paar Tage später die 200W bei einer HF von 165 trete (weil z.B. höhere Temperatur, ...).
 
Vielen Dank für die Antworten.
Mir ist soweit klar, dass immer Laktat produziert wird und die Schwelle eben den Beginn der "Übersäuerung" markiert. Auch, dass im Körper immer ein komplexes Zusammenspiel für den Auf- und Abbau des Laktats zuständig ist, ist mir soweit klar. Nichtsdestotrotz sollte es ja einen "Haupttreiber" für die Entstehung von Laktat geben. Offenbar ist es eher die Nettobelastung, sprich die getretenen Watt, sonst würde das Training nach Watt ja nicht so viel Sinn machen. Ein Beispiel: wenn ich 200W bei einer HF von 150 trete müsste ich dann in einem ähnlichen Laktatbereich liegen als wenn ich ein paar Tage später die 200W bei einer HF von 165 trete (weil z.B. höhere Temperatur, ...).
Ich glaube, du klebst zu sehr am Laktat. Worum geht es dir denn jetzt letztlich? Es scheint so, als wenn du wissen möchtest, ob es besser ist, sich an Watt-Werten als an der HF zu orientieren. Ist das so?
 
Die Laktatbildung hängt maßgeblich von der Sauerstoffaufnahme ab. Laktat wird dann gebildet, wenn dem Körper nicht genügend Sauerstoff zur energiegewinnung zur Verfügung steht.
Das ist falsch und gehört zu den alten Märchen rund ums Laktat. Wie hoch die Kapazität zur Sauerstoffaufnahme ist (obere Grenze = VO2max), hängt davon ab, wieviele Zellen (nicht nur Muskelzellen) in der Lage sind, Sauerstoff zu verstoffwechseln. Dies wiederum hängt von zwei Dingen ab:
  • Mitochondriendichte
  • Enzymausstattung.
Sauerstoff steht stets ohne Ende zur Verfügung. Im folgenden einige Infos, die aber letztlich unwichtig sind, deshalb in Kleindruck:

Bei hohen Leistungen kann die Energie nicht mehr überwiegend aus Fetten gewonnen werden, weil Fettverstoffwechselung zu langsam ist. Für den Laktatüberschuß (Überschuß der Bildung über die Utilisation) ist aber nicht nur dieser Sachverhalt ursächlich, sondern die beiden o.g. Faktoren. Solange die Energie in mitochondrienreichen Muskelfasern (Typ I und IIa), die dann auch entsprechend mit den notwendigen Enzymen (z.B. und vor allem Laktatdehydrogenase) ausgestattet sind, umgesetzt wird, wird viel Laktat utilisiert. Deshalb führt vor allem Schnelligkeitsausdauer-Leistung zu hohen Laktatkonzentrationen.

Laktat ist ein Anion, deshalb ist das Problem auch nicht "Übersäuerung". Soweit die Milchsäurebildung in der Muskulatur stattfindet, ist sie leistungssteigernd (Rechtsverschiebung der Sauerstoffbindungskurve des Hämoglobins), soweit die H-Ionen ans Blut weitergegeben werden, wird das Blut-ph-System locker damit fertig. Das Problem sind also nicht die Übersäuerung und damit die Kationen, sondern die Anionen. Die aber eben auch nicht aufgrund ihrer Elektronegativität (unerheblich), sondern der Armut an NAD+-Ionen und damit der schwach entwickelten Möglichkeit, Laktat zu oxidieren.


Das ist die Chemie. Blendet man die aus, bleibt unterm Strich: Laktat wird bei hoher Leistung im Überschuß gebildet, weil und wenn die Energie weitaus überwiegend durch die (anaerobe) Glykolyse gewonnen wird und für diesen Umsatz in Muskelarbeit in der betr. Muskulatur nicht genügend Mitochondrien und Enzyme vorhanden sind.

Die alte Hypothese, daß das Laktat die Ermüdung bewirke, gilt als obsolet und nicht beweisbar. Die Erhöhung der Schmerzempfindlichkeit der Muskulatur durch hohe Laktatkonzentrationen, wenn sie überhaupt gegeben ist, ist also eher eine vorauseilende Warnfunktion, die vom Laktat übernommen wird.

"Haupttreiber" für überschießende "Laktatbildung" (besser: Laktatakkumulation) ist also die fehlende/schwache Befähigung eines Teils der Muskelzellen, es zu utilisieren.

Dennoch: Das Laktat ist nicht das Problem. Das Problem ist fehlendes oder falsches Training. Tut Euch selbst den Gefallen und redet am besten nicht mehr von Laktat. Vergeßt es einfach. Es ist gut und unersetzlich (z.B. fürs Gehirn), fertig. Aber darüber muß man nicht reden.

Um Schwellenwerte festzustellen, ist es ebenfalls überflüssig. Da reicht die FTP.

Anmerkung: Edit (blau)
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für die ausführliche Betrachtung.
Laktat wird bei hoher Leistung im Überschuß gebildet, weil und wenn die Energie weitaus überwiegend durch die (anaerobe) Glykolyse gewonnen wird
Da habe ich mich falsch ausgedrückt. Das ist Im Grunde das, was ich meinte. Es geht also darum, dass Energie überwiegend anaerob, also ohne Sauerstoff gewonnen wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für die ausführliche Betrachtung.

Da habe ich mich falsch ausgedrückt. Das ist Im Grunde das, was ich meinte. Es geht also darum, dass Energie überwiegend anaerob, also ohne Sauerstoff gewonnen wird.
Dann ist ja alles bestens. Wobei das Problem eben letztlich nicht in der stark anaeroben Energiegewinnung, sondern in der zu geringen Utilisation liegt. Sprich: Wenn zwei Sportler sich in nichts anderem unterscheiden, als in ihrer Muskelfaserzusammensetzung kombiniert mit dem entsprechenden Trainingszustand, so daß der eine das Laktat schlechter nutzt (= utilisiert, nicht "abbaut" oder gar "entsorgt"), wird er bei gleicher Leistung mehr Laktat im Überschuß bilden.

Ich empfehle nach wie vor, dies zu lesen:
Wahl u.a.: Moderne Betrachtungsweisen des Laktats...

Es kursieren noch immer viel zu viele Versionen der alten Märchens. Z.B. diese wahllos gegooglete Geschichte:

Wenn du Sport treibst, wird auch dein Stoffwechsel angekurbelt und der Körper benötigt Energie, diese bekommt er durch die Verbrennung von Kohlenhydraten. Bei moderater Belastung erfolgt diese Energiegewinnung mit Hilfe des eingeatmeten Sauerstoffs. Bei Anstrengung reicht der Sauerstoff allerdings nicht mehr aus, um den Energiebedarf der Muskeln zu decken – hier kommt Laktat ins Spiel. Der Körper schaltet dann nämlich auf den anaeroben Stoffwechsel (kein Sauerstoff wird im Muskel benötigt) um. Dabei wird Zucker in Milchsäure umgewandelt, als “Abfallprodukt” entsteht dabei Laktat, das Salz der Milchsäure. Bei diesem Prozess wird in kurzer Zeit sehr viel Energie freigesetzt. Doch nach einer gewissen Zeit der Belastung wird mehr Laktat erzeugt, als der Körper abbauen kann und die Muskulatur übersäuert. Passiert das, werden die Muskeln müde und die Leistungsfähigkeit sinkt. Wann genau dieser Punkt erreicht ist, das ist bei jedem individuell.
(Quelle: https://www.johnharris.at/2017/04/11/laktat-alles-was-du-wissen-musst/)
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke, das paper hatte ich gerade auch gefunden.



Finde das Thema viel zu interessant als es in Ruhe zu lassen. 😉
Das ging mir vor ca. 10 - 15 Jahren genauso. Inzwischen nervt es eher, weil, wenn davon gesprochen wird, meistens viel Unfug dabei ist.

Aber solange der TE nicht erklärt, warum er die Frage gestellt hat... (# 8)
 
Zurück
Oben Unten