Okidoke, ich hau noch einen raus. Erst ewig nix und dann gleich zwei Brevetberichte in Folge. Diesmal etwas zeitnäher, aber auch kürzer, war relativ ereignislos...
300km ARA Ruhrgebiet am 01.04.2023
Distanz 316km
Höhenmeter 820hm
Bewegungszeit 12:34h
Gesamtzeit 13:44h
Höhenmeter werden zwischen 1000 und 1500 ermittelt, je nach gpx-Software...keine Ahnung wieso...
https://www.strava.com/activities/8817833098
Ich bin diesmal schon am Tag vorher angereist. Sind dann doch ca. 4h Fahrt von Frankfurt zum Start. Sehr günstiges Airbnb in der Nähe. Vermieter war gar nicht da, hat mir einfach den Schlüssel für sein Haus unter einen Blumentopf gelegt. Sehr entspannt. Pizza beim Italiener und ab ins Bett.
Nächsten Morgen früh raus, und ohne Frühstück im strömenden Regen zum Start. Ich war extra früh, kurz vor 7:00 da, aber das Café hatte sogar schon geöffnet und ich war auch nicht der erste. Cooler Startort, eine alte Zeche. Mit so schick renovierten Backsteingebäuden. Jetzt erstmal die Regenjacke an, einschreiben, Fahrrad ausladen, bisschen Gepäck in die Packtaschen und dann ein Pott Kaffee und ein Paar Milchbrötchen. Überhaupt, mein Geheimtipp: Alles aus Brioche Teig. Leicht verdaulich, geht wenns warm ist, wenns kalt ist. Wenns naßgeregnet wird auch nicht so schlimm, kaut man halt weniger.
Überhaupt, diesmal hatte ich, wie schon bei meinem DIY Brevet von Frankfurt nach Bonn, fast die kompletten Kalorien am Rad. Milchbrötchen, 3 Packungen Manner Waffeln, ein Riegel, 3 Portionen Maltodextrinpulver und 4 Portionen Iso-Pulver. Nur einen von diesen fiesen Eistees (noch ein Geheimtipp) "Durstlöscher" mit sagenhaften 45kcal pro 100ml habe ich irgendwann gekauft. Hat hervorragend so funktioniert.
Ok, zurück zum Thema. Ich glaube etwas über 90 Fahrer waren gemeldet und ich denke, so um die 50 maximal sind auch gestartet. Das Wetter war, was den Regen betrifft, absolut katastrophal prognostiziert. Ich kannte niemanden persönlich, konnte aber, nachdem ich mich vorgestellt hatte, einige Gesichter zu Forumsnamen hinzufügen. Witzig, wenn man die Leute dann in echt mal sieht. Und wie viele meinen Thread zu Fairlight kennen, am Strael wurde ich meistens erkannt.
Ach ja, das Thema Wetter, fast vergessen. Viel wichtiger auf so einer ultraflachen Strecke, als der Regen, ist der Wind. Und da war die Prognose so gut, wie man es sich nur hätte wünschen können. Laut Epic-Ride-Weather sollte der Wind nämlich, wenn man mit 25km/h unterwegs ist, genau mit der Route mitdrehen, so das man die komplette Strecke leichten Rückenwind hat. Ob das am Ende auch genau so war, kann ich nicht sagen, aber im Gegensatz zum Samstag vorher, habe ich zumindest keinerlei Gegenwind wahrnehmen können. Hier mal wie das die App anzeigt. Leider habe ich vergessen, einen Screenshot zu machen und in die Vergangenheit geht das nicht. Aber so ist es gemeint und jetzt stellt euch alle Pfeile immer in Fahrtrichtung (gegen den Uhrzeigersinn) vor:
Punkt 8:00 Uhr gings los für mich, wieder bin ich recht früh vom Hof gerollt, warum auch noch länger im Regen rumstehen. Dieser Regen. Das Hauptthema das Tages. Ich bin die komplette Strecke in vollem Ornat gefahren, keine Sekunde gab es Zweifel (stimmt nicht, einmal kurz aber das hat sich sofort gelegt), ob ich vielleicht was ausziehen sollte. Neoprenüberschuhe mit solchen Anschlußgamaschen, die ein Volllaufen der Schuhe von oben verhindern. Rainlegs. Cityrad-Regenjacke mit Kapuze, die ich unter dem
Helm getragen habe. Eigentlich nicht für sportliches Radfahren gemacht. Aber die Jacke hat mich gerettet. Die hat so einen absoluten weltklasse Job gemacht an dem Tag, ohne wär es echt hart geworden. Bisschen dicker, hält gut warm. Kein schickimicki mit Atmungsaktiv sondern absolut dicht. Genau so bin ich auch komplett gefahren. Ach ja, und die Neoprenhandschuhe, auch unverzichtbar. An den Kontrollen ausgewrungen, läuft da soviel Wasser raus, man kann es kaum glauben. Aber sie halten halt auch pitschnass noch gut warm.
Paar Kilometer "down the road" wieder die ersten Fahrer. Kleine Gruppe, zerteilt sich gleich wieder. Dann eine größere, sehr sportliche Gruppe die mich überholt hat. Dranbleiben. Hab die mir angeguckt und gedacht, oh prima, die haben eine Frau dabei. Dann wird ordentlich aber nicht so schnell gefahren, da kann ich bestimmt mitfahren. 15km später musste ich erkennen, nein du Macho, kannst du nicht. Die sind, ganz geschlechtsunabhänig, viel stärker als du. Musste sie ziehen lassen und hab niemanden wiedergesehen. Die waren echt schnell! Ein weiteres A-Ha Erlebnis und wieder eine kleine Lektion in Demut und Vorurteilen.
Weiter. Sehr nette Mitfahrer, 3-4 Leute, Gespräche, recht entspannt alles. Windschattenfahren macht bei dem Wetter allerdings keinen Spaß. Selbst mit langen Schutzblechen, spritzt vom Hinterrad des Vordermannes Dreckwasser hoch. Irgendwann knirscht alles, überall ist Sand, das Wasser ist ja nicht klar. Mein Rad sah am Ende aus, als hätte ich ein Offroad-Abenteuer bestanden...
Nach 78km die erste Kontrolle, ein Brunnen am Marktplatz. Kontrollfoto und sofort weiter. Jetzt hat sich schon so die Gruppe der 10-15 Fahrer herausgebildet, die in ähnlichem Tempo wie ich unterwegs waren und die ich, in wechselnden Konstellationen, immer mal wieder getroffen habe. An den Kontrollen oder unterwegs. Keine Sekunde ohne Regen bis jetzt.
Strecke zur zweiten Kontrolle erinnere ich mich an nix besonderes. Immer mal wieder kleine Gruppen. Hier gings zur einzigen echten Steigung zum Malepartus hoch. Oben einen Fahrer getroffen, dem die Kette an 2 Stellen (hab nicht gefragt wieso) gerissen war. Und dem ich gern geholfen hätte. Konnte ich aber nicht, ich hatte weder ein Kettenschloß, noch Nietstifte dabei. Oh Backe, Memo an mich selbst, warum hast du das nicht mit du Trottel? Nach der Misere des Singlespeedfahrers die Woche zuvor, habe ich (wieder) einen Schaltzug dabei.
Kontrolle 3 am Campingplatz Bistro. Zu essen hatten die nix (WTF? Die wussten das wir kommen, die hatten ja einen Stempel und waren eingeweiht. Wir hätten ihnen die Semmeln aus der Hand gerissen. Anscheinend ist Umsatz eher eine Belastung für manche. Werde ich niemals verstehen...). Hier den Fahrer mit den Kettenproblemen wiedergetroffen. Er hatte es mit 2 Schlössern, die ihm gut ausgerüstete Mitfahrer gegeben haben, hinbekommen.
Hier mal kurz was anderes. Ich bin zum ersten mal in meinem Leben mit Auflieger gefahren. Das war so die Idee, wird ein echt flaches Ding mit vielen langen Geradeauspassagen. Auflieger-Teststrecke. Und es war Liebe auf den ersten Blick. Unfassbar, was das ausmacht! Ich fahre auf den Hoods, die Lücke wird größer. Ich verändere nichts, gleiche Frequenz, gleicher Gang aber gehe in den Auflieger. Die Lücke schließt sich sofort. Eingewöhnungszeit war kaum vorhanden, hat sich direkt super angefühlt. Ich würde schätzen, 40% der Zeit war ich im Auflieger, mindestens. Schon geil son Teil!
Kontrolle 4, Kriegsdenkmal. Foto, Briochebrötchen, kurzer Schnack und weiter. Bis hierhin keine einzige Sekunde ohne Regen. Starkregen, Wolkenbruch, Nieselregen, Tröpfeln, leichter Sprühregen, normaler Regen, feine Tröpfchen die man kaum spürt aber in den Pfützen sieht, alles dabei.
Seit dem Campingplatz war ich in meiner Erinnerung allein unterwegs.
Kontrolle 5 (die letzte), Tankstelle. Nur einen Fahrer getroffen aber ich wollte nicht warten. Noch 90km, die wollte ich jetzt zügig fertigfahren. 200m weiter zwei Jungs die ich kannte, hey ihr müsst zurück, Kontrolle ist hinter uns. Jetzt hab ich nochmal Gas gegeben, war sehr viel im Auflieger und die ganze Zeit allein. Nur einmal kam von hinten der Fahrer, auf den ich nicht hatte warten wollen. Kurzer Schnack, dann sagt er, ich mach dann mal weiter, bis dann, gibt Gas und ist schon kurze Zeit später ausser Sicht. Scheiße, wie machen diese Jungs das? Wo hat der (jetzt noch) die Körner her? Beeindruckend.
Rest der Strecke fast komplett geradeaus. Kilometer fressen im Auflieger. Keine Vorkommnisse. Also nicht nur keine besonderen Vorkommnisse, sondern einfach gar keine.
Track ging bis zum Ziel für die Analogfahrer. 5 Minuten suchen, dann hatte ich auch den Kontrollpunkt für die eBrevet-Fahrer gefunden. Foto, hochladen, Brevet beenden und zurück zum Start. Hier war ich das einzige mal ein wenig unachtsam, leider. Hab nicht aufgepasst, wollte einfach nur aus den nassen Sachen raus und bin irgendwie ohne zu gucken vorwärts gerollt und über eine Steinkante gedängelt. Shit, muß mir die Felge später mal anschauen, hoffe die hat nix abgekriegt. Mal schauen.
Es regnet immer noch, keine einzige Sekunde ohne Regen! Ich habe extra aufgepasst, weil ich schon in Gedanken diesen Satz formuliert hatte. Keine einzige Sekunde ohne Regen, in 13 Stunden und 44 Minuten...
Zurück am Auto wollte ich dann nur noch raus aus den nassen Sachen. Alles aus und rein in den bereitliegenden, trockenen, kuschligen Jogginganzug. Endlich.
Trotz des Wetters, ich bin hochzufrieden. Keine groben Fehler gemacht. Kalorien, Flüssigkeit, Elektrolyte, Salz, hat alles gepasst. Der Auflieger war gold wert, die Regensachen haben ihr bestes gegeben. Rad mit richtigen, festen Schutzblechen spielt hier seine Stärken aus. Die noch aufgezogenen Conti GP4S ebenfalls, keine Reifenpanne. Durch das schlechte Wetter war ich gezwungen, die Standzeiten (ich spreche bewusst nicht von Pausen - ich habe eigentlich keine gemacht sondern nur für Erledigungen angehalten) so kurz wie möglich zu halten, sonst wäre ich schnell ausgekühlt. Für mich war das ein richtig schnelles Ding. Besser kann ichs einfach nicht, schneller bin ich aktuell nicht. Der Flache Track, der Wind, der Auflieger und irgendwie sogar der Regen, haben mir eine Zeit beschert, die ich so üblicherweise nicht fahren könnte.