Anstatt immer neue Themen aufzumachen, sammel ich meine Berichte lieber hier gebündelt.
Viele Brevets später, ist es wieder mal Zeit ein bisschen zu berichten finde ich. Leider ist die Handykamera kaputt (inzwischen hab ich aber ein neues) und deshalb gibt es kaum Fotos
Hier also mein Bericht von unserem
Fléche Allemagne zur Wartburg in Eisenach und meine aktuellen Gedanken, Tips & Tricks und Erfahrungen zum Thema Langstrecke
Start: 30.04.22 um 08:15 Uhr
Ankunft: 01.05.22 08:17 Uhr
Beim
Fléche Allemagne starten Teams von mindestens 3 bis maximal 5 Fahrern Samstag um 9:00 Uhr an unterschiedlichen Orten in Deutschland und kommen alle gleichzeitig am Sonntag um 9:00 Uhr auf der Wartburg in Eisenach (Thüringen) an.
Eigentlich sieht der Fléche „nur“ 360km vor. Wir wollten da aber einen 400er draus machen und haben deshalb etwas verlängert. Das Reglement ist recht streng und aus verschiedenen Gründen haben wir uns entschieden, außer Konkurrenz zu fahren. Also wir wollten pünktlich in Eisenach sein, haben aber unterwegs keine Stempel an den Kontrollpunkten geholt und auch das Gruppenlimit um einen Fahrer überschritten. Hier unsere Route:
https://www.komoot.de/tour/75347454...HMfrPF4qxENCQdDg99sOA76Rz04q9rexBqlZf&ref=wtd
Los gings um 8:10 Uhr im strömenden Regen. Kurz/Kurz mit Überschuhen und Regenjacke. Passt soweit gut. Da sich ein Mitfahrer verspätete, musste ich 20 Minuten warten, erfreulicherweise hatte es da schon aufgehört zu schütten. Gut gelaunt sind wir dann zu Siebt in Frankfurt gestartet. Es wurde kälter und hat immer mal wieder geregnet. Leider deutlich kälter als ich dachte. Bis zum Stop beim Bäcker in Fulda bin ich kurz/kurz plus Windjacke gefahren - das war eine richtig blöde Idee. Erstmal alles angezogen das ich mit hatte und im warmen versucht mich aufzutauen. So 100%ig hat das mit dem Auftauen aber nicht funktioniert. Hier hat sich dann (geplant) der erste verabschiedet und sich Richtung Bahnhof aufgemacht.
Kurz nach der Weiterfahrt ging es dann direkt bergauf und wurde wieder wärmer - Mist, jetzt etwas zu warm angezogen. Oh Mann…
Nach rund 170km und bei recht gutem Wetter gab es sogar ein wenig Sightseeing. Wir kamen direkt am
Point Alpha vorbei. Kurzer Stop, Gruppenfoto und weiter gings.
Danach ist erstmal nix berichtenswertes passiert meine ich. Das ist eben auch Brevet-fahren: Manchmal fährt man stundenlang vor sich hin und es passiert eigentlich nix.
Hier noch ein Paar Episoden/Eindrücke, an die ich mich erinnere. Ihr müsst entschuldigen, ich bin nicht so ein super Orientierungsweltmeister - ich fahr einfach und bin dann halt wo ich halt grad bin - wo auch immer das ist…
Nach einem längeren Stück bergauf haben wir irgendwann Nachts oben am Haus am Rennsteig (oder so ähnlich?) eine Pause eingelegt. Mitten in der Nacht, es war stockfinster. Ich habe draußen Zähne geputzt und auf den Boden ausgespuckt während ein Mitfahrer sich naggisch gemacht hat um die Hose von 3/4 auf 4/4 zu wechseln. Hatte echt was von Camping.
Ein anderer schöner Moment, auch irgendwo Nachts im Wald nach einer unerwartet langen, echt steilen Rampe: Zumindest ich war schon ewig nicht mehr mitten in der Nacht im Wald. Irgendwie cool! Und wo ich dachte: Wenn ich geschoben hätte, wäre ich sicher kaum langsamer gewesen, aber weniger fertig oben angekommen. Aber wer schiebt schon sein Rad, wenn andere zugucken?
Irgendwann gegen 2:00 Uhr ist dann ein Mitfahrer abgebogen und hat sich ein Hotelzimmer gesucht. Auch das für mich sehr lehrreich: Man muß nicht alles durchziehen und wenn man merkt, das die vorgenommene Aufgabe eben heute nicht machbar ist oder einem nicht gut tut, dann kann man auch einfach aufhören. Wir machen das ja zum Spaß - da muß ich manchmal dran erinnert werden - man muß sich nicht weh tun, bloß um etwas geplantes auch durchzuziehen!
[Edit] Hatte ich ganz vergessen, die Kaffeekloepisode! Bittesehr, hier kommt sie:
Eigentlich wollten wir uns mal 1 Stunde in ein McDonald’s setzen, was essen Kaffeetrinken und ein bisschen ausruhen und aufwärmen. Der hat aber nur bis 3:00 Uhr geöffnet und als klar war dass wir das nicht schaffen werden, mussten wir umplanen. Es wurde dann eine 24 Stunden Aral Tankstelle auf einem Autohof ausgesucht. Als wir dort ankamen haben wir uns tierisch gefreut, weil wir ja nicht wussten wie groß das Ding ist und ob man da auch drin sitzen kann. Und es war riesig, so richtig mit Kaffeebereich bequemen Sitzgelegenheiten etc. Bloß kamen wir nicht rein! Sie ist nämlich nachts im Innenbereich komplett geschlossen, nur der Nachtschalter ist geöffnet! Die Dame vor Ort hat uns natürlich nicht reingelassen, und alles durch dieses Metall Schublädchen verkauft. Damit wir uns wenigstens ein bisschen aufwärmen konnten, haben wir uns dann mit unseren Kaffeebechern und den Snickers in die Toilette zurückgezogen. Da standen wir dann ne halbe Stunde im Klo rum, haben unseren Kaffee getrunken und ein Kollege hat sogar auf dem Boden liegend versucht einen Powernap zu machen. So richtig gemütlich war’s nicht, deshalb ging’s dann auch ziemlich bald weiter.
Sonnenaufgang im Rücken an einem bewölkten Tag ist kein so grandioses Spektakel - da hatten wir schon beeindruckendere Morgen erlebt. Es wird halt irgendwann einfach hell.
Dann ein weiterer Aussteiger noch einige Kilometer später der zum Bahnhof abgebogen ist.
Morgens sind wir dann zu viert am Ziel in Eisenach angekommen. Zwei wollten direkt zum Bahnhof, um einen frühen Zug nach Hause zu bekommen. Am Ende ist dann nur einer von uns die letzten Meter zur Wartburg hoch gefahren. Ich selbst war hin- und her gerissen, ob ich Zug fahren will, oder die Rückreise mit dem Rad mache. Das wären nochmal 200km gewesen, diesmal auf direktem Weg und ziemlich flach. Eigentlich war ich noch recht fit, nur die Knie waren schon etwas müde. Wetter war nur so mittel, aber zumindest kein Regen. Was also tun? Ich habe mich dann erstmal im Bahnhof ins Cafe dazu gesetzt und gefrühstückt. Und da hat mir das Universum die Entscheidung abgenommen. Als ich die Überschuhe ausgezogen habe, habe ich gemerkt, daß sich die Sohle des rechten Schuhs, in der auch der Cleat befestigt ist, fast komplett gelöst hatte. Habe ich dann mit Kabelbinder und Klebeband fixiert. Genügt für die Bahnfahrt und ein Paar Meter vom Bahnhof nach Hause, aber nicht für eine längere Tour. Schuhe waren schon alt und schonmal nachgeklebt. Also Ticket gekauft und kurz geschluckt weil knapp 50€, aber egal.
Zugfahren ist natürlich sehr gemütlich wenn man müde ist. Aber wenn man 2x umsteigen muß, braucht man echt einen Wecker oder wie ich einen aufmerksamen Mitfahrer, sonst fährt man bis Endstation.
Alles in allem war es eine schöne Tour mit dem Potential, bei besserem Wetter eine sensationelle Tour hätte gewesen sein zu können…ähh…wie schreibt man das? Formulierungsvorschläge werden angenommen!
https://www.strava.com/activities/7068324473/embed/b698b06690390d7ef8ca8daabed8e4b460fa1e88
https://www.strava.com/activities/7068324473
Und nochmal ein Paar unsortierte Gedanken zu verschiedenen Themen:
In der Gruppe oder alleine?
Die Frage hat sich jetzt beim Fléche nicht gestellt, weil das Reglement ja ein Team von 3-5 Fahrern vorsieht. Aber ich habe mir da eben trotzdem meine Gedanken zu gemacht:
Mit einer Gruppe zu fahren hat Vor- aber eben auch Nachteile. Gesellschaft ist toll und Mitfahrer bedeuten immer zusätzliche Sicherheit und Hilfe wenn man sie braucht. Aber man muß dafür auch etwas geben - eben das man sich etwas an die andere anpasst. Man fährt einen Ticken schneller oder langsamer als man es in diesem Moment alleine machen würde. Man pausiert, wo man keine Pause braucht oder zögert anzuhalten, wenn man alleine gestoppt hätte. Das kann echt nach hinten losgehen, wie in meinem Fall: Ich war deutlich zu dünn angezogen und fror immer mehr. Aber die Gruppe rollte gerade so gut und der nächste Stop stand ja auch „kurz“ bevor - aber sooo kurz sind 20km halt dann doch nicht. Wenn man mal ausgekühlt ist, dauert das aufwärmen echt lange, selbst wenn man im warmen sitzen kann und alles angezogen hat, das man dabei hat.
Was man für einen Krempel mitschleppt, den man meint zu brauchen!
Das hat sich bewährt:
Gummizug-Dinger
Damit kann man überall am Rad Zeug befestigen, Jacke oder auch mal ne Bäckertüte
Haargummis
Klamotten rollen und nen Haargummi drum. Auch gut zum Notfall-festmachen von Kleinkram oder für den Bremsetrick im Zug
Zahnbürste mit Zahnpaste-Tabletten
Ein Muß! Und die Tabletten (DM Dentabs) sind winzig im Packmaß, ohne Verpackungsmüll. Putzen, ausspucken, fertig. Man muß kein Wasser aus der Trinkflasche zum ausspülen vergeuden, sie schäumen quasi nicht
Feuchttücher
Super zum schnell was saubermachen. Babylove (DM) entfernt auch zuverlässig Kettenfettreste
Sonnencreme und Sitzcreme
Umgefüllt in die kleinen Dosen. Bekommt so ein extra kleines Packmaß
Stirnlampe
Absolutes Muß. Nachts in den Taschen kruschen oder einen
Schlauch wechseln geht so echt komfortabel. Sowas gibts auch zum direkt am
Helm installieren, also eine kleine Helmleuchte die nach unten leuchtet. Brauch ich noch, weil während der Nachtfahrt habe ich die Stirnlampe ja nicht um und sehe nix in der Lenkertasche…
Kabelbinder und Klebeband
Schon oft gute Dienste geleistet. Am Ende für die Fahrt vom Bahnhof nach Hause hatte ich die gelöste Schuhsohle mit Kabelbinder und Klebeband fixiert - das hätte auch noch länger gehalten, war aber unbequem
Nicht abgebildet in der kleinen Tasche
Flickzeug,
Reifenheber, Ausweis, Impfgedöns-auf-Karte (weil Handyunabhängig), Autoverntil-Adapter, Kettenschloß, Bardgeld
Notfallplan
Das habe ich auch gelernt: Man sollte sich vorher Gedanken machen, was man in einem Notfall macht. Wenn man mitten in der Nacht feststellt, das man Abbrechen muß - was macht man dann? Irgendwo in der Pampa? Brevets ab 300km sind eigentlich keine „Gruppenausfahrten“ im engeren Sinne mehr. Wenn du abbrechen mußt, bist du ab da alleine, die anderen können nicht warten - die müssen ja weiterfahren sonst schaffen sie es selbst nicht.
Wie bei der Planung möglicher Versorgungsstops, sollte man auch mal für den Nofall nach Bahnhöfen und billo-Hotelketten gucken, am besten solche, die 24/7 Rezeption haben. Hier ist das Smartphone (das ich durchaus auch sehr kritisch sehe) ein echter Segen. Mal eben schnell gucken, wo das nächste Hotel ist (das auch geöffnet hat), anrufen, Zimmer buchen, hinnavigieren - das ging früher nicht so einfach. Selbes gilt für Bahnhöfe und Zugverbindungen. Also: Immer gucken das die halbschlaue Gurke auch Saft hat!
Beleuchtung
Da die Halo TB14 nicht lieferbar war (inzwischen unterwegs) konnte ich mein Nady-VR nicht bauen und musste auf Akkuleuchten ausweichen. Ich habe die Gvolt70 und finde die grundsätzlich gut. Durchdachte Halterung, Überkopfmontage, klein, leicht, dreistufiges Licht.
Allerdings hält der Akku nur auf der kleinsten Stufe eine Nacht durch - und das geht grad so auf der Landstraße aber nicht abseits. Zweithellste Stufe schafft keine ganze Nacht, hellste Stufe (dann aber echt sehr hell) nur ca. 3 Stunden.
Zusätzlich dazu hatte ich nicht bedacht, das ich durch die Lenkertasche die Montageposition am Lenker verliere. Ich habe mich dann für einen Montage am Gabelbein mit einer Bastellösung-mit-Krempel-der-da-war-plus-Schelle-von-was-anderem entschieden.
Das hat sehr gut funktioniert, die kleine Beschattung durch Felge/
Reifen macht nur wenig aus. Die unzureichende Leuchtdauer habe ich dann dadurch gelöst, das ich einfach eine zweite Lampe gekauft habe. So kann eine Leuchten und eine lädt an der Powerbank im Täschchen. Man kann die Gvolt nämlich nicht während dem Betrieb laden! Das ist bestimmt Absicht vom Hersteller - sonst wäre das Ding echt der Knaller - 10.000er (oder mehr) PB dran und das langt dicke auch für echt lange Fahrten. Egal, der SON liegt ja schon bereit…
Tips & Tricks
Bremsentrick im Zug
Danke an
@_Gerd_ Damit das angelehnte Rad im Zug nicht rutscht, blockiert man die VR-Bremse mit einem (Haar)Gummi. Rad steht bombenfest. So einfach und naheliegend. Aber ich hab das inzwischen echt schon oft bei Zugfahrten weitergegeben - kannte noch niemand, fanden alle gut.
Dönertrick
Danke an
@jlf_cleaner Wenns doch kälter als erwartet wird, kann man die Luftlöcher im Schuh blockieren, damit der Wind nicht reinpfeift. Das bringt schon ne Menge, hatte ich mal mit Klebebband gemacht. Noch viel besser aber ist folgender Trick: Nach dem Döneressen die Alufolie aufheben und einfach im Schuh über die Socke tüddeln. Isoliert sogar noch. Am besten aber ohne Soße!
Hier noch ein Bild vom Rad der Tour
So, fertig