Wenn man über einen langen Zeitraum ziemlich viel Zeit auf dem Rad verbringt und viele Menschen kennenlernt, sammelt sich einiges an und man hat zum Thema Fahrradinfrastruktur sowie dem Verhalten von Autofahrenden einen etwas anderen Blick.
Ich finde das ganze ist irgenwie ein schwieriges Thema. Wenn ich mich mit meinen Eltern unterhalte, haben die alle einige(!) Schulkameraden, die bei Autounfällen ums Leben gekommen sind. Unter meinen Schulkameraden kenne ich da eine einzige Person. Das liegt sicherlich nicht daran, dass die junge Generation vernünftiger ist, sondern dass die Autos einfach deutlich sicherer geworden sind.
Im Gegensatz zu den Autos haben Fahrräder (und auch Motorräder) diese Entwicklung nur in sehr engem Rahmen erleben können (beim Motorrad z.B. das ABS). Wenn man mit den "alten Hasen" in Motorradgruppen spricht, haben die auch alle unzählige und viel zu viele Kameraden durch Unfälle verloren - obwohl sie sich auf der gleichen Infrastruktur wie der restliche motorisierte Verkehr bewegen.
Außer Frage ist, dass man für Radfahrer mehr tun könnte. Außer Frage ist m.M.n. aber auch, dass das ganze sehr teuer ist und das Geld woanders fehlen würde. Jetzt ist - aus welchen historischen Verfehlungen und Gründen auch immer - der motorisierte Straßenverkehr nunmal die Achse, die unser Land am Leben hält, weil insbesondere der ÖPNV, aber auch der Güterverkehr auf der Schiene nicht das Level erreicht haben, was sie eigentlich haben müssten.
Im Sinne der Mehrheit ist es also sicherlich, den Fokus auf das Straßennetz zu legen und den Radverkehr so gut wie möglich zu machen, aber letzteres nur mit überschaubarem Aufwand. Finde ich persönlich auch doof, aber ist m.M.n. nachvollziehbar und eben Demokratie. Letztere muss man auch leben können, wenn man sich mal nicht zur Mehrheit zählt.
Von daher befürworte ich es immer, im Kleinen mit den Kommunen, und auch im großen mit Bewegungen und Initiativen seine eigene Motivation in die Verbesserung der Infrastruktur einzubringen. Im großen Ganzen glaube ich aber, it's a feature, not a bug.
Hinzu kommt, und bitte nimm mir das nicht krumm, dass zwar jeder einzelne Tode für alle betroffenen unglaublich schrecklich ist, aber mit 2.800 Verkehrstoten insgesamt(!) das gesellschaftliche Problem nicht groß genug ist, um es mit Geld zu erschlagen. Da tun wir der Bevölkerung mehr gutes, wenn wir Geld für das Gesundheitssystem und gesundheitliche Aufklärung ausgeben.
Jetzt habe ich einige Argumente aufgeschrieben und mit Sicherheit noch 10.000 Stück vergessen. Wenn die Dinge einfach wären, hätte sie eben schon einer gelöst. Um die Kollegen, die du über die Zeit verlieren musstest, tut es mir natürlich Leid - allen, die noch auf einem Rad sitzen können, wünschen wir hier wohl alle eine sichere und unfallfreie Fahrt.