stahlwade schrieb:
moin,
zu 1: grundsätzlich sind die columbusrohrsätze etwas schlanker als die (höherwertigen) von deda. da aber die rahmenhersteller oft rohre nach ihren vorgaben fertigen lassen, können die rohrformen variieren, obwohl dieselben rohrsätze verarbeitet wurden.
Das kann man so stehen lassen, keine Frage.
stahlwade schrieb:
zu 2: eine ovalisierung soll an betreffender stelle die verwindungssteifigkeit erhöhen. oft wird z.b. das unterrohr bei der anschlussstelle am tretlagergehäuse oval querverformt. das bringt manchmal auch was. kritiker von solchen verformten rohren behaupten aber, dass der kraftfluss gestört wird. außerdem werden besonders dünnwandige rohre (z.b. eom 16.5 von deda hat z.t. nur 0,4 mm wandstärke) verformt, um die beulanfälligkeit vor allem in der rohrmitte herabzusetzen.
Nun ja... eine Querovalisierung kann die Verwindungssteifigkeit gar nicht erhöhen; das Gegenteil ist der Fall. So ist das auch gar nicht gedacht!
Ein querovalisiertes Rohr wird in seitlicher Richtung steifer, während seine Steifigkeit in vertikaler Richtung sogar abnimmt. So kann man theoretisch komfortable Rahmen bauen, die dennoch seitensteif sind. Vor allem bei Crossern hat ein querovales Oberrohr noch einen ganz anderen Sinn: Der Rahmen ist bequemer zu tragen!
Ein am Tretlager querovales Sitzrohr hat übrigens ausschließlich Vorteile, da es in der anderen Richtung ohnehin kaum belastet wird.
Der Kraftfluss wird bei ovalen Rohren übrigens nicht gestört - hier sind Nuten, etc. weit "gefährlicher". Und Nuten wiederum werden tatsächlich gern verwendet, um Rohre weniger beulanfällig zu machen (wie auch Sicken bei Autoteilen). Ovale Rohre haben diesbezüglich nur in einer Richtung Vorteile, in der anderen eben nicht.
stahlwade schrieb:
zu 3: der unterschied zwischen muffen- und stumpflöt- bzw. -schweißbauweise besteht vor allem in der gewichtsreduktion. zum einen werden bei letzterem die muffen eingespart, zum anderen wird eine "überlappung" von rohr und muffe überflüssig. muffen wirken außerdem klassisch, stumpf verarbeitete rahmen eher moderner. wenn solche rahmen gut gemacht sind, hat man praktisch unsichtbare schweißnähte und harmonische rohrübergänge. bei sehr teuren, dünnwandigen rohren sollte allerdings mit silberlot im "fillet brazing"-verfahren gearbeitet werden. das geschieht bei niedrigen temperaturen und stresst deshalb das material an der fügestelle weniger als beim normalen autogenschweißen.
gruß
die wade
Da möchte ich zuerst einmal ergänzen, dass nur ganz furchtbar billige Fahrradrahmen von -zig Jahren autogen geschweißt wurden (also mit der Flamme). Billige Rahmen werden heute MIG-geschweißt (also mit abschmelzender Elektrode, wie "Schutzgas" beim Auto; MetallInertGas), zu erkennen an vergleichsweise plumpen Nähten (meist ohne Schuppen). Dabei gelangt vergleichsweise wenig Hitze ins Rahmenrohr, bzw. wird nur ein sehr kurzer Bereich überhitzt - in welchem das Rohr jedoch auf jeden Fall an Festigkeit einbüßt.
Moderner ist das WIG-Schweißen, bei dem eine nicht abschmelzende Wolframelektrode Rahmenrohr und Schweißstab auf Schmelztemperatur bringt, ebenfalls unter Schutzgas (WolframInertGas). Zu erkennen an den wunderbar fein geschuppten Schweißnähten. Der überhitzte Bereich ist hierbei deutlich kleiner.
Vorteile von geschweißten Rahmen: Leichter, freie Wahl der Geometrie, schnellere und billigere Fertigung.
Beim klassischen Hartlöten mit Silberlot bleibt die Temperatur meistens unter dem für einen Festigkeitsverlust kritischen Bereich (ca. 650°C - beim Schweißen ist's das doppelte!). Auf diese Weise kann man also theoretisch die besten Stahlrahmen bauen. Muffen allerdings sind fast immer falsch ausgelegt, da sich ihre Zungen oben und unten befinden. Hierduch wird der Rahmen in eben dieser Richtung unkomfortabler, während doch eine (End-)Verstärkung in seitlicher Richtung sinnvoll wäre...
Schön sieht das natürlich trotzdem aus.
Beim Auftragslöten ("Fillet Brazing") wird mit dem Lot ein fließender Übergang modelliert, was gewissermaßen die "hohe Kunst" im Rahmenbau ist. Hierbei ist natürlich zwangsweise die Erhitzungsdauer wieder länger. Zudem wird, der Stabilität wegen, hierfür oft ein Silber-Nickellot verwendet, welches wiederum höhere Verarbeitungstemperaturen benötigt. Dafür übertrifft die Festigkeit dieses Lotes unter Umständen sogar die des Rohrmaterials.
Man sieht schon: Ein "besser oder schlechter" gibt es eigentlich nicht.
Bei den verschiedenen Stahllegierungen gibt es das sehr wohl, aber ich muss jetzt erst mal Schluss machen...