wenn mein rahmen lackiert ist, kommt eine 10-fach campa centaur schwarz alu dran. das ist m.E. die ehrlichste, funktionalste gruppe von campa derzeit. ich hatte mit dem gedanken gespielt, 11-fach athena zu nehmen, aber das ist mir dann wg. der ketten und kassetten doch zu teuer, ich möchte eine 30€-Kassette fahren können.
Zurück zum eigentlichen Bau, hier kam am Anfang ja die Frage der Rahmenlehre, und in der Tat habe ich auch eine benutzt, ich werd sie später auch noch in Bildern zeigen, aber vorerst wollte ich ein bisschen was schreiben zu meinen Überlegungen bezüglich Toleranzen.
Eine Rahmenbaulehre soll ja dazu dienen, die Rohre in den Winkeln zu fügen, die von der Auslegung vorgegeben sind. Tatsächlich lassen sich Rohre, lose zusammengelegt, deutlich verzerren und vertwisten, ohne dass man es am einseitig größeren Lötspalt sofort bemerkt.
Meine größten Bedenken waren daher Anfangs, einen schiefen Rahmen zu bauen.
Bei Velocipede Saloon oder auch im framebuildingforum wird heiss diskutiert, wie genau so ein Rahmen denn sein sollte. Es werden Werte in den Raum gestellt, bei denen man schon durch die Meßmethode große Zweifel hegen sollte! (Typisch Amis, bei denen hat alles immer so eine esoterische Konnotation).
Was ist überhaupt entscheidend dafür, wie ein Rahmen fährt? Man möchte ja, dass er möglichst geradeaus fährt, ohne viel Verluste.
Tatsächlich ist (eine gerade Gabel und Laufräder vorausgesetzt, die in meinem Fall ja zugekauft werden) nur eines entscheidend:
Die Achse des Hinterrads muss senkrecht zur Steuerrohrachse stehen.
Was zwischen diesen beiden Achsen mit den Rohren geschieht, ist (fast) egal. Das Sitzrohr sollte nicht zu stark nach links oder rechts gebogen sein, die Tretlagerachse sollte nicht zu schief sein, damit die Kurbel nicht so eiert - diese Toleranzen sind allerdings
sehr gut beherrschbar, anders als Steuerrohr zu Hinterachse.
Warum? Das hängt einerseits mit dem "durchreichen" der Toleranzen zusammen. Zwischen Steuerrohr und Hinterachse liegen in meinem Fall vier "Trennungen" (Steuerrohr->Oberrohr->Sitzrohr->Kettenstreben) an denen gefügt wird, und an denen Abweichungen (Drehung, Länge) der Verbindungen in allen drei Raumrichtungen möglich sind.
Andererseits besteht der Hinterbau im Gegensatz zum Hauptdreieck aus vier verwinkelten Rohren, die erstmal einen Bezugspunkt brauchen. Der beste Bezug ist die Längsebene durch das Hauptdreieck, gegen den es einige Toleranzfehler gibt:
Fall 1 ist der am leichtesten korrigierbare Fehler, hierfür haben die Ausfallenden etwas Spielraum, bereits ein oder zwei Millimeter reichen, um die Felge deutlich in die richtige Richtung zu lenken. Gegebenenfalls lassen sich vertikale Ausfallenden auffeilen.
Fall 2 ist eigentlich nicht weiter schlimm, wenn der Hinterreifen in die gleiche Richtung zeigt wie der Vorderreifen, hat man bei Geradeausfahrt keine Verluste. Bei Kurvenfahrt
kann das Einlenkverhalten seltsam sein, aber ich denke, da müsste der Hintereifen schon deutlich (>1cm) versetzt sein, dass man was merkt. Problematisch wird es, wenn man die Hinterradbremse montiert und der
Reifen an der Bremse mittig und an den Kettenstreben mittig positionieren will.
Dann tritt nämlich der "schlimmste" und wahrscheinlichste Fall 3 auf, bei dem das Rad in neutraler Lenkerstellung stehts eine Kurve fahren will! Eine kleine Abweichung in dieser Richtung hat jedes Fahrrad, eine Kurve macht jedes Fahrrad jedoch nicht - die Auswirkungen liegen darin, dass der Hinterreifen stehts ein wenig schräg läuft, also reibt. Das ist natürlich ein unerwünschter Verlust.
Anekdote: der Rahmenhersteller Nicolai hat (zumindestens früher) angegeben, dass das Hinterrad u.U. keinen gleichmäßigen Abstand von einer Kettenstrebe zur anderen haben wird. Das läge nicht an falschem Dishing, sondern dass die Winkligkeit der Achsen einmal eingestellt wird und diese optische Abweichung in Kauf genommen wird, statt dass das Rad stehts eine Kurve macht (Es wurde also auf Fall 2 eingestellt).
Ganz schwierig ist die Größenordnung der Abweichungen zu beurteilen. In amerikanischen Rahmenbauerforen wird die Abweichung bestimmter Achsen untereinander unsinnigerweise in Zehntelmillimetern diskutiert, alte Carbon- und Alurahmen hatten teilweise über 5mm Abweichung einzelner Elemente von der idealen Mittenebene und wurden trotzdem in Tour/Giro/Vuelta gefahren -
Ich orientiere mich daher an meinem Columbus-SLX-Rahmen, dessen Fahrverhalten ich sehr schätze.
Ich habe die Abweichung der Ausfallenden gegen die ideale Mittenebene gemessen, und zwar so:
An Unter- und Sitzrohr wird nach hinten zu den Ausfallenden ein 20mm-Vierkantrohr-Aluprofil gelegt.
Diese kaltgezogenen Aluprofile sind sehr sehr gerade und bieten die perfekte alternative zu einem Messtisch, über den auch heutzutage noch die wenigsten Haushalte verfügen.
Unter- und Sitzrohr haben den gleichen Durchmesser, daher sollte das Aluprofil nun über die ganze Länge ziemlich parallel zur idealen Mittenebene laufen. Der Einfluss des Eigengewichts des Aluprofils ist nicht zu vernachlässigen, daher sollte der Rahmen bei dieser Messung am besten aufrecht stehen.
Nun kann man mit einer Schieblehre o.ä. den Abstand zu einem Ausfallende messen, das ganze wiederholt man nochmal fürs andere Ausfallende, in dem man das Profil auf die andere Seite der Rohre anlegt.
Mit dieser Methode kam heraus, dass der Hinterbau etwa 2mm aus der Mitte läuft, das deckt sich so ziemlich mit dem was ich für einen italienischen Rahmen aus den Achtzigern erwartet hab. Und das ist ein toller Wert! Denn nun weiss ich, dass auch mit "Hausmitteln" ohne feinstgeläppte Gussstahl-Rahmenlehre und Granitmesstisch ein ordentlich fahrender Rahmen machbar ist.
Als nächstes schreibe ich, wie meine Rahmenlehre aussieht und welche Hilfmittel ich angewendet habe, um den Problemen oben zu begegnen