Nur mal kurz zu dem bereits erwähnten Abenteuer:
Hab mich dann jenseits der Geleise recht bald südwestwärts in die Wälder geschlagen. Da war der Weg zunächst sehr weichsandig. Stieß dann navikonform auf eine Straße und dachte, hey, prima!
Wunderbares Rollen in zauberhaft immer goldener werdendem Spätnachmittagslicht!
Die Straße wurde dann zum übelsten, was ich je unter den
Reifen hatte! Asphaltreste wechselten sich ab mit Sand und grobem Schotter, der wohl mal irgendwann ein Straßenunterbau gewesen war. Korngröße 5-8 cm, scharfkantig. Damit war mein Entschluss gefallen, weder bis nach Buch noch bis nach Hause zu fahren, sondern in Bernau die S-Bahn zu besteigen. Juter Plan!
Dann kam nach einigen km wieder fester Asphalt in Sicht und bei einem besonders holprigen Stück Untergrund machte es Krach, das Hinterrad verweigerte den Dienst und ich konnte nur noch mit knapper Not auf 0 runterbremsen und ausklicken. Schnelldiagnose: Schaltwerk in die Speichen geraten, grausam deformiert und abgerissen. Oh, Mist! Das geht so nicht weiter!
Schaltauge ist auch gut verbogen. Hatte ich noch nie! Kurzer Check auf dem
Garmin: ca. 2 km bis Biesenthal. Das sollte sich laufen lassen. Von da vielleicht ein Taxi nach Bernau. Nachdem der Derailleur dann beständig pendelnd gegen die Speichen schlug, dachte ich: Der ist zu nix mehr gut. Den Schaltkäfig auseinander genommen, die Kette daraus befreit und den traurigen Rest in der Lenkertasche aufgebahrt.
Wie das passieren konnte? keine Ahnung. Die Begrenzerschraube hatte ich penibel eingestellt, weil sie bereits angekratzt war und ich extra einen Schlitz reinschleifen musste, um sie zu bewegen. Außerdem war ich etwa auf dem drittgrößten Ritzel, da ist es noch weit bis in die Speichen. Die haben auch ein paar Macken. Kleinere eher, wie der Check heute gezeigt hat. Vermutlich hatte der Befestigungsbolzen schon einen weg, denn das Schaltwerk, gebraucht gekauft, zeigte deutliche Spuren eines Sturzes, sah aber ansonsten völlig ok aus. Und/oder die üble Holperei hat ausgereicht, um die Schaltschwinge in die Speichen geraten zu lassen. Jedenfalls Glück gehabt, dass 1. es mich nicht gelegt hat und 2. das nicht auf dicht befahrener Straße passiert ist. Nun gut. Das Nachfolgemodell wird vielleicht eine neues
.
Also beschloss ich, das Ereignis als klassischen
Schwarzen Schwan anzusehen und einfach zu schauen, wie es von da an weitergeht
. Oder anders gesagt: Shit happens.
Das Frühabendlicht wurde dadurch nicht weniger golden, und nach einiger Zeit kündigte sich Biesenthal in Gestalt einer Tanke an. Die Kassiererin nannte mir netterweise die Telefonnummer eines örtlichen Taxista, der mir, da auswärts, einen Kollegen empfahl, der nicht ans Telefon ging. Nochmal drinnen, um einen Teil des Flaschenpfandes für flüssigen Nachschub in Snickers zu verwandeln, bekam ich mit, wie sie einem Kunden einen passenden Zug nach Berlin raussuchte. Es gibt hier noch einen Bahnhof! Und in 30 min fährt das Ferkeltaxi nach Berlin-Lichtenberg. Danke und Tschüß! Nochmal den
Garmin gecheckt: knapp 3 km bis zum Bhf. Eigentlich sollte das reichen, aber mit SPD-Schuhen... kann man auch joggen. Entgegenkommende Radler grüßen freundlich... Schönes
Garmin: Geschwindigkeit auf 9 km/h und Puls auf 140 festgezurrt, dann kann ja nicht viel schiefgehen. Und Riegel gibts auch noch. Wasser ist gut. Ja. Der Bahnhof. Steht da noch, aber nur das Haus. Kein Automat. Im Zug lösen. Hm. können Automaten im Zug auch mit ec-Karten? Drahtlos online? Hätte ich das Wasser in der Tanke doch mit dem vorhandenen 50er bezahlen sollen? Ich werde das alles wohl noch herausfinden.
Nein, werde ich nicht. Denn der Fahrzeugführer des nahenden Ferkeltaxis der ODEG macht sich gleich mal richtig Freunde unter den Wartenden und verkündet bereits einige Meter vor dem Stillstand seines einzelnen Kleinsttriebwagens: "Keine Fahrräder mehr!" Die Sichtprobe zeigt: Er hat recht. Voll. Voll im Sinne von: nicht steigerungsfähig. Vätern mit 2-jährigem Sohn vorne im Kindersitz klappt die Kinnlade runter. Jugendliche Freundinnen schauen sich betreten an. Die Menge zerstreut sich, schicksalsergeben irgendwie - und die Dagebliebenen nutzten ihre Fahrräder bestimmungsgemäß. Hm. Schöne Heimfahrt! Ich fang gerade an zu überlegen, was ich mache: Warten? In einer Stunde kommt der letzte Ausflüglercontainer hier durchgerollt - vermutlich ebenfalls voll bis unters Dach. Ob der zweite Taxifahrer wohl im heimischen Garten sitzend das klingelnde Telefon beachtet? "Und was machen Sie jetzt?" fragt mich die Frau, die gerade ihre Bekanntschaft zum Zug gebracht hat. "Ich würde Sie ja nach Bernau bringen, aber ich weiß gar nicht, ob das Fahrrad da reingeht." Da ist eine 190er Daimler-Limousine. Sie fährt den Wagen noch nicht lange, aber wir finden gemeinsam schnell heraus, dass man die Rücksitzbank nicht umklappen kann bei diesem Modell. Aber mein Vorderrad rausnehmen kann man, und so lassen sich 2/3 des Havaristen im Kofferraum verstauen. Einer von trifis Schlächen leistet gute Dienste dabei, die Hinterbaustreben gegen die zu erwartenden Angriffe der Kofferraumklappe zu schützen. Sie mache sowas ja eigentlich nicht, sagt meine Helferin etwas unsicher, aber sie habe auf dem Bahnhof gesehen, dass ich da ein Problem hätte... Etwas steif tauschen wir Namen aus. Wie immer vergesse ich ihren sofort. In der folgenden Viertelstunde erfahre ich, dass sie in der letzten Zeit Ostdeutschland per Rad erkundet hat. In Fünftagesrationen. Die großen Radwege. Und dann sind wir in Bernau, wo bereits das wohlbekannte grüne S grüßt. Ganz herzlichen Dank also fürs Mitnehmen!
Also: zurück im Plan. 2 Stunden später vielleicht. Mit einem fahrbaren Untersatz weniger als geplant. Vergeht ja doch viel Zeit bei all dem Gewiggel... Bei der Heimkehr wird der Pizzabäcker unten gleich in die Spur geschickt, ich verstau den velocipeden Pflegefall, nehme eine heiße Pappschachtel entgegen, befreie ein Hefeweizen aus dem Kühlschrank und schau mir an, wie die Tour zuende geht. Eigentlich ein schönes Abenteuer mit allen Aufs und Abs, die so dazugehören
Und mit happy aber erschöpftem Ende
Und morgen soll mal der Rahmenbaufuzzi von Ostrad was dazu sagen, ob er das
Schaltauge richten kann und will. Und Komponentix soll sich das Hinterrad mal ansehen. Die Chancen, dass er Ersatzspeichen vorrätig hat, stehen gut. Was schrub ich hier letztens: Hat Vorteile, mehr als ein fahrtüchtiges Rad zu Hause zu haben.
Allen hier nochmal ganz herzlichen Dank für den wunderschönen Tag. Gern wieder!
Gruß, svenski.