Sich im Internet über die Digitalisierung zu beklagen ist zwar etwas komisch, aber wo soll man sonst seinen Frust mal loswerden, als in diesem Faden.
Eine früher einfache Nachfrage zur schulischen Laufbahn des Kindes der Familienkasse per Fragebogen, eine DIN A4 Seite, in 5 Minuten ausgefüllt und zurückgeschickt läuft jetzt folgendermaßen:
Man erhält einen Brief, immerhin analog, mit der Anfrage, aber ohne den Fragebogen.
Stattdessen der Verweis darauf, dass man dies unter Nutzung eines für kurze Zeit freigeschalteten Sicherheitscodes „einfach“ online erledigen könne. Tja. Wenn man denn kann.
Immerhin hat man daran gedacht, dass manch einer vielleicht nicht die zur Software des Amtes passende Hard- und Software haben könnte, es also nicht ganz so einfach ist.
Deshalb der Vermerk: Wenn man es nicht online erledigen kann, solle man bitte das entsprechende Formular ausfüllen, welches ja aber dem Schreiben nicht beiliegt. Es ist, und manch einer ahnt es sicher schon, genau, es ist nur online erhältlich.
Eine erste telefonische Anfrage, die heutzutage natürlich nur noch über eine bundesweite, zentrale Servicenummer möglich ist, brachte minutenlanges Computergequatsche, dann, nach Eingabe einer Nummer, um an die entsprechende Stelle weitergeleitet zu werden nur ein weiteres mal die Maschinenfrauenstimme, die im Grunde nur wiederholte, was im Schreiben steht, d.h. was alles online möglich ist und dann „Auf Wiederhören“ und Schluss.
Immerhin habe ich, nach neuerlichem Anruf, wieder Ansage von der Computerfrau und Eingabe einer anderen Nummer nach zehn Minuten Wartezeit mit endlos nerviger Musik und Ansagenschleife noch ein menschliches Wesen sprechen können.
Laut Digitalisierungsgesetz dürfen sie die Fragebögen gar nicht mehr herausschicken. Man muss das online erledigen.
Sozusagen Zwang zur Digitalisierung.
Das konnte ich gar nicht glauben und habe etwas recherchiert.
Auf dem sogenannten Digitalgipfel 2024, eine Veranstaltung auf der sich Politiker und Lobbyisten treffen, hielt Bundesdigitalminister Volker Wissing eine Rede zum „Digital Only“.
Hinter diesem englischen Namen steckt ein Programm zur Abschaltung analoger Wege zugunsten von digitalen Zugängen, um damit die Digitalisierung zu beschleunigen.
Warum?
Zitat: „Ohne konsequentes Gewinnen von Daten werden wir die Möglichkeiten nicht ausschöpfen können.“
Dazu noch ein Zitat von Minister Habeck auf diesem Gipfel, zu dem Thema, dass man den Datenschutz ändern müsse:
„Es geht ja beim Datenschutz nicht darum, die Daten zu schützen.“
(So gefunden auf heise.de)
Die vom Staat so gewonnenen Daten sollen dann per KI ausgewertet werden. Dabei stützt man sich, wie anders sollte es möglich sein, auf die Technik einer Handvoll amerikanischer und chinesischer Internetriesen.
Ah, jetzt habe ich das glaube ich verstanden.
Das muss wohl so sein. Eine schöne neue Welt, die unsere Politiker zusammen mit den Großkonzernen da bauen. Da muss man sich doch keine Sorgen um unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung machen, oder?
Apropos Freiheit! Die Freiheit, das Internet zu nutzen oder doch lieber analog zu leben, die wurde damit natürlich schon genommen.
Aber was bedeutet schon analoges, echtes Leben in einer total digitalisierten Welt?